Bergblog 2025 |
Dieser Blog präsentiert meine bergsteigerischen Highlights Die Darstellung der einzelnen Bergtouren erfolgt (im Gegensatz zu früheren Tourenberichten) in deutlich kompakterer Form. Es werden ausschließlich wenige (ausgewählte) Bilder pro Tour präsentiert, um den Dokumentations- und Arbeitsaufwand für mich auf Dauer beherrschbar zu halten. Der Schwerpunkt bei der Bildauswahl liegt auf ungewöhnlichen Perspektiven, besonderen Stimmungen und Motiven, die mir persönlich etwas bedeuten. Der Bergblog soll in erster Linie eine kurzweilige Inspiration für Besucherinnen und Besucher meiner Website sein - und ein virtuelles Tagebuch bzw. Tourenbuch für mich. Anfragen zur Bereitstellung ausführlicherer Informationen zu den einzelnen Touren werden natürlich weiterhin sehr gerne beantwortet. Bergtouren in den Berchtesgadener Alpen werden (ab 2019) in dem separaten Berchtesgadener Alpen Blog (BGA_Blog) dargestellt. Die entsprechende Verlinkung erfolgt zusätzlich unten über die Tourenliste der Bergtouren des Jahres 2025. |
Liste der Bergtouren 2025 |
Wilder Freiger (3418 m.) -
Überschreitung via Becherhaus (3195 m.)
28-29. Juni 2025
[Bild: Auf dem Weg zum Becherhaus (3195 m.) inmitten der Stubaier Alpen - Das im Italienischen „Rifugio Gino Biasi“ genannte Schutzhaus ist ein Idealbeispiel für eine Gipfelhütte (oder etwas poetischer ausgedrückt: für ein „Wolkenschloss“) und aufgrund seiner Nähe zum zentralen Stubaier Alpenhauptkamm eine der wichtigsten alpinen Unterkünfte des Gebietes. Schon seit vielen Jahren wollte ich dieser höchstgelegenen Schutzhütte Südtirols einen Besuch abstatten und nun ist es endlich so weit: Spontan 2 Tage vorher reserviert, erreichen wir nach einem kräftezehrenden Anstieg über 2000 Hm aus dem Stubaital via Nürnberger Hütte, Freigerscharte und Wilder Freiger Signalgipfel (und einem kurzen Zwischenabstieg über ca. 200 Hm) das Becherhaus schließlich am späten Nachmittag, während sich zu unserer Rechten mittlerweile der gewaltige Übeltalferner (der flächenmäßig größte Gletscher der Stubaier Alpen) ausbreitet und alle Blicke auf sich zieht. Leider waren wir an diesem Tag ab dem Freiger See über weite Strecken des Aufstiegs vom Nebel „verwöhnt“, so dass wir den Wilder Freiger Hauptgipfel am Signalgipfel gar nicht erst in Betracht gezogen haben. Für den morgigen Tag ist jedoch feinstes, absolut stabiles Hochdruckwetter vorhergesagt, so dass wir in dieser Hinsicht keinerlei „Druck“ haben und alle Hoffnung in die für den kommenden Tag geplante Überschreitung des Berges hin zur Seescharte setzen. Für heute heißt es daher nur mehr, das grandiose Setting rund das Becherhaus in Ruhe auf sich wirken zu lassen und die Aussicht über den Übeltalferner zu genießen: Was für ein Leben...]
[Bild: Ausblick vom Becherhaus (3195 m.) über den Übeltalferner zum kecken Schwarzwandspitz (3358 m.) und dem rechts daneben aufragenden, breiten Felskamm der Sonklarspitze (3444 m.) - Links in der Ferne schaut ein Teil der Ötztaler Alpen (Hochfirst, Hochwilde, Hinterer Seelenkogel, Granatenkogel) herüber, während man noch weiter links am Horizont im Dunst sogar die Brenta erahnen kann]
[Bild: Trotz seiner unmittelbaren Nähe zu mehreren alpinen Schutzhütten (u. a. Becherhaus, Müllerhütte, Teplitzer Hütte) wird der stolze Botzer (3251 m.) deutlich seltener bestiegen, als z. B. Wilder Freiger, Wilder Pfaff oder Zuckerhütl. Die alpine Literatur nennt den hier ersichtlichen Botznerferner (welcher noch nahtlos in den Übeltalferner übergeht) und den NO-Grat (I) als Hauptroute. Spätestens ab August muss jedoch heutzutage mit „unverdaulichen“ Ausaperungseffekten gerechnet werden, welche einen Anstieg deutlich erschweren bis gar unmöglich machen können. Wer am Becherhaus verkündet, dass er den Botzer bestiegen bzw. als Tourenziel hat, wird mit ziemlicher Sicherheit zur Minderheit gehören und vielleicht sogar erstaunte Blicke ernten]
[Bild: Vor wenigen Jahren noch von einer mächtigen Eiskappe gekrönt, hat die Sonklarspitze (3444 m.) in den vergangenen Jahrzehnten fast 20 Meter (!) an Höhe verloren. Dennoch handelt es sich hierbei immerhin noch um den sechsthöchsten Gipfel der gesamten Stubaier Alpen, welcher trotz der starken Ausaperung und des v. a. im Gipfelbereich äußerst brüchigen Gesteins (Schiefergneis) nach wie vor sehr gerne bestiegen wird. Besonders beliebt ist die Besteigung von der Müllerhütte (3145 m.) aus über den steilen Ostgrat (II), ggf. in Kombination mit der Überschreitung zur Siegerlandhütte hin]
[Bild: Wohl nur wenige Schutzhütten in den Ostalpen bieten eine so geniale, so hochalpin anmutende Szenerie wie das Becherhaus (3195 m.) - Mit Blick auf das fast 2 km lange Massiv der Sonklarspitze (3444 m.) lässt es sich definitiv aushalten! Während in regelmäßigen Abständen noch Seilschaften über die schier endlosen Gletscherweiten des Übeltalferners in Richtung Müllerhütte oder Becherhaus schreiten, sinnieren wir über Gott, die Welt und den morgigen Tag. Der Wilde Freiger (3418 m.) gilt ja als Aussichtsgipfel ersten Ranges und ich bin schon extrem gespannt, ob er seinem Ruf gerecht werden wird]
[Bild: Wilder Freiger (3418 m.) vom Becherhaus (3195 m.) aus gesehen - Bei dem vermeintlich höchsten Punkt handelt es sich in Wahrheit um den von einer kleinen Antenne „dekorierten“ Signalgipfel (3392 m.), welchen wir heute beim Zustieg zur Hütte via Freigerscharte bereits (im Nebel) überschritten haben. Der Aufstieg zum Gipfel wird morgen erneut über den hier im Bild ersichtlichen Südgrat erfolgen, welcher technisch leicht (I und Drahtseilpassagen A / K1) und praktisch kaum ausgesetzt ist. Auch der Übeltalferner reicht seit vielen Jahren kaum mehr an den Grat heran, so dass heutzutage Steigeisen und Eispickel zwar grundsätzlich zur Ausrüstung gehören sollten, jedoch in der Regel nicht mehr benötigt werden]
[Bild: Kaum ist die Sonne hinter dem Stubaier Alpenhauptkamm untergegangen, kehrt schlagartig eine alpine „Strenge“ rund um das Becherhaus ein. Aufgrund seiner Exponiertheit, Höhe und Nähe zum Übeltalferner wird es hier auch im Sommer bei schönem Wetter nachts empfindlich kalt! Sehr bald werden wir uns in die behagliche Schutzhütte zurückziehen, die angesichts des unangenehm kalten Nordwindes ihrem Charakter auch heute voll gerecht wird. Vorher genießen wir jedoch noch den Ausblick zum spitzen Zuckerhütl (3507 m.), welches sich rechts hinten erstmals zeigt. Dieser höchste Berg der gesamten Stubaier Alpen wird uns auch morgen über viele Stunden hinweg begleiten]
[Bild: Einer Himmelsleiter aus düsterem Urgestein gleich, strebt der ausgeprägte Südgrat des Wilden Freiger vom Becher gen Signalgipfel (3392 m.) - Da wir die Route bereits von heute Nachmittag (im Abstieg) kennen, machen wir uns keinerlei Sorgen, zumal für morgen Sonne pur und keine bis kaum Quellwolken vorhergesagt sind. Wenn wir ein bisschen Glück haben, wird die in wenigen Stunden anstehende Überschreitung ein wahres Fest für die Sinne, ein Paradebeispiel für eine hochalpine Genusstour am Zentralalpenhauptkamm, direkt auf der Grenze zwischen Südtirol (Italien) und Tirol (Österreich): Die Vorfreude steigt kurz vor dem Schlafengehen ins Unermessliche...]
[Bild: Sonnenaufgang am Becherhaus (3195 m.) - Auch wenn wir erst in ca. 1,5-2 h aufbrechen werden, haben wir uns natürlich (!) frühzeitig aus unserem Lagerplatz geschält, um den anbrechenden Tag auf dieser höchstgelegenen Schutzhütte Südtirols gebührend zu feiern. Während die Feuersteine (mittig im Hintergrund) und rechts daneben (am Horizont) die Hohen Tauern sowie die Zillertaler Alpen so langsam aber sicher von den ersten Sonnenstrahlen des Tages berührt werden, wird auch mir ums Herz auf einmal ganz warm: Ich habe im Gefühl, dass das heute einer jener unvergleichlich schönen Tage werden wird, von denen man noch lange zehren wird]
[Bild: Schwarzwandspitz (3358 m.), Hohes Eis (3392 m.), Sonklarspitze (3444 m.), Zuckerhütl (3507 m.) und Wilder Pfaff (3456 m.) im ersten Licht des Tages vom Becherhaus (3195 m.) aus gesehen - Für Momente wie diese muss man normalerweise extrem früh aufstehen oder gar im hochalpinen Bereich biwakieren... Aus einer warmen, gemütlichen Schutzhütte vor die Tür treten und unmittelbar diese Aussicht vor der Nase haben, es sind diese Momente des Bergsteigens, die einen immer wieder aufs Neue sprachlos zurücklassen und einem so viel geben, dass man es im Grunde nicht adäquat in Worte fassen kann]
[Bild: Alpenglühen an Zuckerhütl (3507 m.) und Wildem Pfaff (3456 m.) - Ganz unten kann man die (sich noch im Schatten befindende) Müllerhütte (3145 m.) erkennen, von welcher aus auch heute sicherlich wieder viele Seilschaften aufbrechen werden, um einen der umliegenden Stubaier Hochgipfel anzusteuern. Glücklich sind diejenigen, die an einem Tag wie heute die Zeit „am Berg“ verbringen können]
[Bild: Da geht's gleich hoch! Morgendlicher Ausblick von der Becherhütte (3195 m.) zum Wilden Freiger (3418 m.), welchen wir nach dem Frühstück über den markanten Südgrat ansteuern werden. Noch befinden sich die Felswände, Grate und Firnflanken dieses siebthöchsten Stubaier Gipfels im Schatten, doch das wird sich schon sehr bald ändern. Alpine Bergtouren oberhalb der 3000-Meter-Marke wie diese, sie haben einfach ihr ganz eigenes Flair]
[Bild: Die höhentechnische Königstour der Stubaier Alpen ist zweifellos die Überschreitung des Wilden Pfaff (3456 m.) von der Müllerhütte (3145 m.) aus über den Ostgrat (II) mit anschließender Besteigung des Zuckerhütl (3507 m.) über seine Ostflanke (II und ggf. steiler Firn bis 45 Grad) - Leider ist das Zuckerhütl von der klimawandelbedingten Ausaperung besonders hart getroffen, die Normalroute über die Ostflanke mittlerweile bereits ab dem Frühsommer akut steinschlaggefährdet, so dass viele Seilschaften bzw. Bergsteiger den Berg nur mehr im Winter (z. B. als Skitour) besteigen. Von den Stubaier Bergführern wird das Zuckerhütl im Sommer beispielsweise gar nicht mehr „angeboten“, so unkalkulierbar wird das Risiko mittlerweile von den Profis eingeschätzt. Natürlich gibt es noch andere Routen auf den höchsten Stubaier Berg (z. B. von Westen über die Pfaffenschneide), diese lassen sich jedoch nicht ganz so „elegent“ in den Übergang von der Müllerhütte zur (z. B.) Hildesheimer Hütte integrieren, wie es bei der Ostflanke der Fall war. Auch in diesem Jahr ist das Zuckerhütl bereits Ende Juni seit Wochen (!) praktisch komplett aper. Wer es also von nun an über die Normalroute probiert, geht in jedem Fall objektiv hohe Risiken ein]
[Bild: Ausblick vom Becherhaus (3195 m.) zum (im Italienischen „Il Capro“ genannten) Botzer (3251 m.) - Zählt dieser aussichtsreiche Stubaier 3000er doch bereits zu den eher exklusiveren Gipfelzielen im Umkreis, dürften seine umliegenden Trabanten wie z. B. die links ersichtliche Hochgewand (3189 m.), der hinter dem Botzer aufragende Nock (3202 m.) oder der rechts herübergrüßende Königshofspitz (3133 m.) sogar noch deutlich aufgesucht werden. Mancher dieser hochgradig einsamen Gipfel dürfte wahrscheinlich sogar in dem einen oder anderen Jahr gar keinen Besuch erhalten]
[Bild: Da kommen doch zwangsläufig Hochgefühle auf: Ausblick vom Becherhaus (3195 m.) zum Wilden Freiger (3418 m.), kurz bevor wir uns an den Aufstieg über den eleganten Südgrat zum Signalgipfel machen. Gemeinsam mit uns werden sich noch zahlreiche andere Wanderer bzw. Bergsteiger auf den Weg machen, zählt der Freiger aufgrund seiner relativ leichten Erreichbarkeit doch zu den beliebtesten (und begehrtesten) alpinen Gipfeln / 3000ern der Zentralalpen, zumal man ihn ohne Hochtourenequipment (v. a. ohne Seil) und damit guten Gewissens (entsprechende Erfahrung vorausgesetzt) auch solo anvisieren kann]
[Bild: Östlich des Becherhauses (3195 m.) dominiert das weitläufige Gletscherbecken des Übeltalferners die Szenerie. Auch wenn die friedlichen Verhältnisse auf dem Gletscher einen entspannten Eindruck vermitteln (und in der Tat hat es in diesem Jahr Ende Juni hervorragende Bedingungen für Hochtouren!), sollte man den Übeltalferner in jedem Fall nur angeseilt betreten, ist er doch gebietsweise äußerst spaltig. Die breit ausgetretenen Trassen der Seilschaften zur Müllerhütte mögen harmlos und verlockend aussehen. Dennoch sollte man einen Übergang bzw. eine ggf. anschließende Besteigung des Wilden Pfaff (3456 m.) nicht unangeseilt (solo) unternehmen]
[Bild: Am Beginn des Südgrates auf den Wilden Freiger, welcher (nach einem kurzen Höhenverlust bzw. Zwischenabstieg vom Becherhaus) in ziemlich gerader Linienführung im blockigen Urgestein bergauf führt. An manchen Stellen ist der Grat zwar mit Drahtseilen versichert, doch sind die entsprechenden Passagen so einfach (max. A / K1), dass man keine Klettersteigausrüstung benötigt. Immer wieder müssen zudem leichte Kraxelstellen (I) bewältigt werden, was jedoch angesichts des trockenen und festen Gesteins purer Genuss ist. Sollten man zwischen den Felsblöcken des Grates (Alt-)Schneereste vorfinden bzw. kurzzeitig ein Stück auf den Gletscherrand links vom Grat ausweichen müssen, schadet es indes nicht, Steigeisen (oder zumindest Grödel) im Rucksack zu haben]
[Bild: Was für eine Lage! Wohl nur wenige alpine Schutzhütten haben das Prädikat „Wolkenschloss“ so sehr verdient, wie das Becherhaus (3195 m.) - Warum eine Übernachtung auf so einer exponierten Gipfelhütte zwangsläufig etwas ganz Besonderes ist, wird beim Rückblick vom Südgrat des Wilden Freiger mehr als deutlich. Es ist kaum zu fassen, was für eine Logistik dahinter steckt, den Betrieb einer solchen Schutzhütte mit 100 Schlafplätzen (!) zzgl. Notlager und Winterraum zu gewährleisten. An so einem tollen Ort so komfortabel übernachten zu dürfen, ist ein Privileg]
[Bild: Das bereits im Jahr 1894 in seiner ursprünglichen Form erbaute und zu Beginn „Kaiserin-Elisabeth-Schutzhaus“ genannte Becherhaus wurde aufgrund seiner Beliebtheit und alpinistischen Bedeutung im Laufe der vergangenen 130 Jahre mehrfach umfangreich erweitert und modernisiert (zuletzt 2020-2021 in Form einer Generalsanierung). Gleichzeitig hat die Hütte eine höchst wechselhafte Geschichte (inkl. einer Enteignung der DAV Sektion Hannover durch den italienischen Staat nach dem 1. Weltkrieg) hinter sich. So war das Becherhaus z. B. in den 1960 und 70er Jahren lange Zeit geschlossen bzw. militärisch (!) besetzt. Gut dass solche Zeiten lange hinter uns liegen und das Becherhaus heutzutage wieder das ist, was seine Erbauer ursprünglich für die Hütte vorgesehen hatten: eine (heutzutage urig-heimelige) Unterkunft für Bergsteiger im Hochgebirge]
[Bild: Unterwegs am fotogenen Wilder Freiger Südgrat - Da das Gelände nicht wirklich schwierig ist (max. I und A / K1), die Steigeisen im Rucksack bleiben können und der Fels bereits zu dieser frühmorgendlichen Stunde warm und v. a. trocken ist, gestaltet sich der Aufstieg zum Signalgipfel äußerst entspannt: Wir lassen uns bewusst Zeit um zu fotografieren und um die Aussicht über den Übeltalferner bzw. in Richtung Dolomiten zu genießen. Zugleich steigt mit jedem gewonnenen Höhenmeter die Spannung, wie sich das Panorama vom Gipfelgrat aus darstellen wird, haben wir tagszuvor zwischen Freiger See und Becherhaus doch praktisch nur in die „dicke Suppe“ gestarrt]
[Bild: Auch wenn der Übeltalferner stellenweise (noch) bis an den Südgrat zum Signalgipfel heranreicht, sind hier in der heutigen Zeit Steigeisen im Normalfall nicht mehr notwendig, speziell dann, wenn die Sommersaison bereits im fortgeschrittenen Zustand ist. In manchen (schneereichen) Jahren können Steigeisen (bzw. zumindest Grödel) am Anfang der Saison aber noch notwendig sein! Am besten erkundigt man sich vor der Tour telefonisch im Becherhaus, da man sich dann ggf. das Gewicht sparen kann]
[Bild: Innehalten und genießen beim Aufstieg über den Südgrat des Wilden Freiger - Links kann man das von hier bereits seltsam klein wirkende Becherhaus (3195 m.) erkennen, welches im Westen und Süden vom Übeltalferner eingerahmt wird. Während (links) der Botzer (3251 m.) und (ganz rechts) der Schwarzwandspitz (3358 m.) in der Regel nicht ansatzweise so viel Besuch erhalten wie der Freiger, dürften die rechts in der Ferne ersichtlichen Berge rund um die Hochwilde (3480 m.) und den Hinteren Seelenkogel (3470 m.) in den Ötztaler Alpen heute ebenfalls von vielen Bergsteigern angesteuert werden, handelt es sich doch bei beiden Gipfeln um gletscherfreie, technisch nicht allzu schwierige Touren bis nahe an die 3500-Meter-Marke]
[Bild: Unschwieriges Blockgelände (max. I, Drahtseile bis A / K1) kurz vor dem Signalgipfel, wobei das Ganze sogar markiert ist. Nur noch wenige Hm, dann werden wir den Gipfelgrat erreichen, über welchen die Staatsgrenze von Italien (Südtirol) und Österreich (Tirol) verläuft. Auch wenn mir hier einerseits fast ein bisschen die alpinistische Herausforderung (z. B. eine moderat ausgesetzte Kletterstelle im Schwierigkeitsgrad II-III) fehlt, so ist es andererseit auch einmal sehr angenehm, so völlig entspannt (und gleichzeitig von hochalpinem Gletscherterrain umgeben!) im leichten Blockgelände zu kraxeln. Den Kopf ausschalten und in Muße stressfrei vor sich hin steigen: Manchmal tatsächlich eine absolute Wonne]
[Bild: Traumhafte Bedingungen beim Aufstieg zum Wilden Freiger über seinen aussichtsreichen Südgrat: Umgeben von den (für Ostalpenverhältnisse vergleichsweise imposanten) Weiten des Übeltalferners steigt es sich besonders beschwingt, muss man beim Blick über den Gletscher in Richtung Sonklarspitze, Zuckerhütl und Wilder Pfaff doch unweigerlich grinsen. Wie schön es doch ist, sich keinerlei Gedanken um das Wetter machen und sich einfach nur auf den immer näher kommenden Gipfel freuen zu können]
[Bild: Schier endlos weite Fernsicht vom Wilder Freiger Signalgipfel (3392 m.) zu den Feuersteinen (links), den dahinter in der Ferne herübergrüßenden Zillertaler Alpen sowie über das mehr als 2000 Meter tiefer gelegene Ridnauntal in Richtung Dolomiten - Mit dem Erreichen des vom Hauptgipfel nur etwas mehr als 300 m entfernten Signalgipfels haben wir Südtirol wieder verlassen und die Landesgrenze erreicht. Der nun folgende rasche Übergang zum höchsten Punkt wird also im wahrsten Sinne des Wortes ein echter „Grenzgang“]
[Bild: Rückblick vom Wilder Freiger Signalgipfel (3392 m.) zum Becherhaus (3195 m.) - Zwar nur ca. 1 km Luftlinie und 200 Hm entfernt, ist unsere Unterkunft der vergangenen Nacht doch bereits gefühlt so unendlich weit weg (und das, obwohl wir wohl in ca. 30 Minuten bereits wieder durch ihre Tür spazieren könnten). Auch heute werden sich wieder zahlreiche motivierte Wanderer, Bergsteiger und Hochtourengeher aus allen Himmelsrichtungen zu dieser höchstgelegenen Schutzhütte Südtirols aufmachen und das grandiose Panorama von der Terrasse aus genießen: Irgendwie eine schöne Vorstellung]
[Bild: Ende des 20. Jahrhunderts noch ein hochalpiner, überfirnter Kamm in unmittelbarer Nähe zum nördlichen (hier rechts) gelegenen Wilder-Freiger-Ferner (auch Grünauferner genannt), präsentiert sich der Verbindungsgrat zwischen Signalgipfel (3392 m.) und Hauptgipfel (3418 m.) heutzutage im (Hoch-)Sommer meist als knochentrockene Blockhalde, die allenfalls auf den letzten Metern den Einsatz von z. B. Steigeisen notwendig machen kann]
[Bild: Finales Schlussstück des Verbindungsgrates zwischen Wilder Freiger Haupt- und Signalgipfel: Da der Wilder-Freiger-Ferner hier tatsächlich noch bis an den Grat heranreicht und die Flanke relativ steil abfällt, kommt hier (v. a. im Frühsommer) auf den letzten Metern noch ein Hauch von Alpinismus auf, wobei in unserem Fall aufgrund der Trittspuren die Steigeisen im Rucksack bleiben können. Die anschließende leichte Blockkraxelei (I) ist dann ebenfalls kein Hindernis mehr, so dass wir nach etwa 1 Stunde Gehzeit ab Becherhaus (inkl. Fotopausen) schließlich den höchsten Punkt des Wilden Freiger erreichen. Die Gipfelschau kann beginnen...]
[Bild: Ausblick vom Wilden Freiger (3418 m.) über die nach Norden abfallende, seltsam hochflächenartig-wirkende Gipfelflanke zu den markanten Feuersteinen und zum kühnen Horn des Pflerscher Tribulaun (links dahinter) - Der Wilde-Freiger-Ferner (links) reicht indes kaum mehr an den Gipfelgrat heran, bei den meisten Schneefeldern v. a. in der Bildmitte handelt es sich lediglich um Altschnee]
[Bild: Atemberaubender Tiefblick über den Wilder Freiger Nordgrat, welcher den gleichnamigen Wilder-Freiger-Ferner im oberen Bereich in zwei Arme teilt. Über diesen Gletscher zum / vom Gipfel auf- oder abzusteigen, ist heutzutage (vor dem Hintergrund zahlreicher unkomplizierterer Alternativen) absolut unüblich, zumal er abschnittsweise recht steil und zerschrunden ist. Links im Hintergrund grüßen dagegen der zweit- bzw. dritthöchste Berg (die Pfaffenschneide zählt aufgrund der geringen Schartenhöhe als Gipfel, nicht als eigenständiger Berg!) der gesamten Stubaier Alpen herüber: der Schrankogel (3497 m.) und die Ruderhofspitze (3474 m.) - Diese stolzen Stubaier Granden können analog zum Freiger ebenfalls gletscherfrei bestiegen werden, wobei man bei der Ruderhofspitze routentechnisch schon wissen sollte, was man macht]
[Bild: Westlich des Wilder-Freiger-Ferners ragt einer der wahrscheinlich besten Aussichtsgipfel für den Stubaier Hauptkamm in die Höhe: der Apere Freiger (3262 m.) - Diese Aussichtsloge par excellence kann in ca. 3-4 Stunden von der Sulzenauhütte aus über einen Teil des Lübecker Weges und schließlich den W-Grat (Kraxelei bis I) erreicht werden. Für Begeher des Stubaier Höhenweges handelt es sich um eine der lohnendsten Gipfeloptionen unterwegs und den idealen Auftakt vor dem Übergang zur Dresdner bzw. Nürnberger Hütte (wobei der Tag dann natürlich sehr lang wird!). Links in der Ferne (ganz außen) kann man überdies die Watzespitze (3532 m.) erkennen, welche zu den anspruchsvollsten hohen Zielen der Ostalpen gehört]
[Bild: Sonklarspitze (3444 m.) und Wilder Pfaff (3456 m.) im Zoom vom Wilden Freiger (3418 m.) aus gesehen - Das Zuckerhütl (3507 m.) ragt zwar unmittelbar über dem Pfaff ein paar Meter in die Höhe, hebt sich jedoch aus dieser Perspektive kaum von seinem Nachbarn ab. Keinerlei Probleme hat man dagegen beim Erkennen der beiden Berge mittig am Horizont, handelt es sich doch um den dritthöchsten (links) bzw. zweithöchsten (rechts) Berg von ganz Österreich: die Weißkugel (3738 m.) und die Wildspitze (3768 m.) in den Ötztaler Alpen. Hinter diesen Giganten müssen selbst die stolzen Hochgipfel der Stubaier Alpen klar zurücktreten]
[Bild: Ausblick vom Wilden Freiger (3418 m.) über seinen Westgrat, über welchen der Abstieg zur (bzw. Anstieg von der) Sulzenauhütte via Lübecker Weg (Gratkletterei I-II, Gletscherpassage auf der Fernerstube) erfolgen kann. Dahinter ragen wuchtig die noch etwas höheren Nachbarberge des Wilden Freiger in den Himmel: Sonklarspitze (3444 m.) und Wilder Pfaff (3456 m.) - Angesichts dieses gewaltigen, durch und durch hochalpinen Panoramas wird automatisch klar, warum der Freiger seit weit über 100 Jahren als eines der begehrtesten Hochtourenziele der Stubaier Alpen gilt. Die Aussicht ist wirklich unerhört schön]
[Bild: Hinter dem Signalgipfel (3392 m.) des Wilden Freiger grüßen am Horizont die Dolomiten herüber und künden von großen Taten. Es ist müßig zu versuchen, sie alle zuzuordnen oder zu benennen, aber sichtbar sind die Giganten der „Bleichen Berge“ von dieser gewaltigen Stubaier Aussichtswarte tatsächlich (fast) alle: Dreischusterspitze, Drei Zinnen, Hohe Gaisl, Piz Popena und Monte Cristallo, Sorapiss, die Tofane, Monte Pelmo, Furchetta und Sass Rigais, Civetta, Piz Boè (Sella), Marmolada, Langkofel, Pala, Rosengarten und Schlern - Die Liste, sie ließe sich endlos fortführen. Mit was für einem Panorama der Wilde Freiger doch aufwartet...]
[Bild: Ausblick vom Wilden Freiger (3418 m.) über den Übeltalferner. Ganz links bildet der aus dieser Perspektive ein bisschen an einen Nunatak erinnernde Becher mit dem auf seiner Spitze trohnenden Becherhaus (3195 m.) die östliche Begrenzung für den größten Stubaier Gletscher. Ganz rechts kann man die Pfaffennieder (3136 m.) erkennen, wobei sich hinter der unscheinbaren Kammerhebung (Punkt 3227 m.) die Müllerhütte (3145 m.) befindet. Das Herz des „klassischen“, vom Gletscherskizirkus ungestörten Stubaier Hochtourengehens, es schlägt hier]
[Bild: Nordöstlich vom Wilden Freiger ragt in etwa 11 km Entfernung einer der markantesten Berge der gesamten Stubaier Alpen in den Himmel, der Habicht (3277 m.) - Diesen (im Tiroler Volksmund auch „Hager“ oder „Hoger“ genannten) imposanten Berg habe ich im Jahr 2010 bestiegen, wodurch er für mich auf ewig der erste große 3000er-Gipfelerfolg in den Stubaier Alpen sein wird - Auch abseits vom Habicht ist die Aussicht vom Freiger nach Norden über die schier endlosen Weiten der Tiroler Bergwelt schlichtweg ein Traum! Das Auge, es weiß gar nicht an welchem Gipfel es zuerst ruhen soll]
[Bild: Gipfelfreuden auf dem Wilden Freiger (3418 m.) inmitten des zentralen Stubaier Alpenhauptkammes - Schon seit vielen Jahren wollte ich diesem Paradeberg im Herzen der Ostalpen einen Besuch abstatten. Dass es nun in Kombination mit einer Übernachtung auf dem Becherhaus (3195 m.) spontan und dann auch noch bei absolut perfektem Wetter geklappt hat, ich kann es einfach nicht fassen. Was für ein Glück!]
[Bild: Nördlich vom Wilder Freiger Signalgipfel (3392 m.) breitet sich eine relativ flache, im Hochsommer mittlerweile apere Hochebene aus, die nach Norden zum NO-Grat hin zwar sanft abfällt, aufgrund der zahlreichen ebenen Mulden jedoch viel Platz für ein (Not-)Biwak bietet, wenn z. B. der Abstieg zum Becherhaus oder zur Nürnberger Hütte nicht (mehr) möglich ist. Vor Steinschlag bzw. sonstigen Naturgefahrenereignissen ist man hier weitestgehend sicher, wobei man in diesem Bereich natürlich sehr exponiert ist. In jedem Fall hat man von hier eine atemberaubend schöne Aussicht nach Osten zu den Feuersteinen sowie nach Norden zum wuchtigen Habicht (3277 m.) - Schwer vorzustellen, dass das hier vor wenigen Jahrzehnten noch durch und durch vergletschertes Terrain war]
[Bild: Wieder im Bereich des Signalgipfels (3392 m.) angekommen, bietet sich uns ein spannender Ausblick über den östlichsten Nebenarm des Wilder-Freiger-Ferners und zu den von den Hängegletschern des Grüblferners dekorierten Feuersteinen (links hinten). Als wir gestern von der Freiger Scharte (ganz rechts vor dem Roten Grat erkennbar) hier heraufgekommen sind, war das Wetter bei weitem noch nicht so fein]
[Bild: Abstieg über den langgezogenen Nordostgrat des Wilden Freiger, welcher vom Signalgipfel etwa 350 Hm und 1,5 km zum Gamsspitzl (3051 m.) abfällt. Auch wenn der östliche Bereich des Wilder-Freiger-Ferners hier formell an 1-2 Stellen (noch) ganz knapp an den Grat heranreicht, ist vollständige Gletscherausrüstung doch nicht mehr notwendig. Je nach Verhältnissen können Steigeisen bzw. zumindest Grödel nützlich sein, in der Regel wird man hier (v. a. im Hochsommer und Herbst) aber mit regulärer Wanderausrüstung gut bedient sein. Technisch ist die markierte Route unkompliziert, so dass man an einem Tag wie heute maximal entspannt gen Seescharte abwärts steigen kann, den Habicht (3277 m.) dabei immer im Blickfeld]
[Bild: Von allen Anstiegen, die von Norden aus dem Stubaital auf den Wilden Freiger führen, handelt es sich beim NO-Grat zweifellos um die landschaftlich schönste Route, geht es doch über ca. 300 Hm fast direkt über den Grat berauf (oder wie in unserem Fall bergab), während der Wilder-Freiger-Ferner zu beiden Seiten für ein hochalpines Ambiente sorgt. Nur im Bereich einer Felsrippe muss man kurzzeitig dezent kraxeln (Umgehung über den Gletscher möglich, aber bei normalen Bedingungen kaum empfehlenswert), ansonsten ist das Ganze in erster Linie eine genussreiche Panoramawanderung]
[Bild: Im Abstieg über den Wilder Freiger NO-Grat zur Seescharte - Während links das unscheinbare Gamsspitzl (3051 m.) kaum aus der Umgebung herausragt, stellt der lange Gratkamm zwischen Feuersteinen und Habicht einige sehr eindrucksvolle Berggestalten zu Schau. Die von hier besonders markante, pyramidale Innere Wetterspitze (3053 m.) kann beispielsweise von Osten von der Bremer Hütte aus unkompliziert (I-II) bestiegen werden und stellt so z. B. eine ideale Zugabe für einen Übergang zur Innsbrucker bzw. Nürnberger Hütte dar]
[Bild: Rückblick über den Wilder Freiger Nordostgrat, welcher v. a. westseitig noch vom (in diesem Bereich relativen steilen und durchaus spaltigen) Wilder-Freiger-Ferner begrenzt wird. Die markante Felsrippe kann indes ostseitig auf dem hier ziemlich harmlosen Gletscher(-rest) umgangen werden, wobei das nur bei z. B. vereisten Felsen ernsthaft in Betracht gezogen werden sollte. Im Normalfall wird der direkte An- bzw. Abstieg über die Felsen die klar schnellste, sicherste und letztlich sinnvollste Variante sein. Die Markierungen leiten einen in jedem Fall direkt über den NO-Grat hinweg]
[Bild: Kurz vor dem Gamsspitzl (3051 m.) leitet die markierte Route vom NO-Grat weg und rechterhand über eine blockreiche Flanke bergab in eine (oft schneegefüllte) Mulde. Dabei haben wir stets die beiden eindrucksvollen Feuersteine vor Augen, welche über dem Freiger See ihre düsteren Nordwestabstürze zur Schau stellen. Eine der Hauptrouten auf den Östlichen Feuerstein (3267 m.) führt von der Nürnberger oder alternativ Bremer Hütte über den hier ersichtlichen Grüblferner (der linke Gletscher) zum Pflerscher Hochjoch (3164 m.) und dann über den NO-Grat zum höchsten Punkt. Je nach Ausaperung (Bergschrund!) handelt es sich dabei aber um eine durchaus ernste Angelegenheit, bei der man sinnvollerweise mit vollständiger Hochtourenausrüstung unterwegs ist]
[Bild: Wer sich den Wilden Freiger (3418 m.) aus welchem Grund auch immer nicht zutraut, hat mit dem schuttigen Gamsspitzl (3051 m.) eine zwar wenig markante, aber dafür ebenfalls sehr aussichtsreiche Alternative! Der Aufstieg führt von dem markierten Weg zur Seescharte über den gerölligen Osthang (im Profil) in 15-20 Minuten (ca. 100 Hm) auf den Gipfel, wobei wir uns das Gamsspitzl heute sparen. Unser Bedarf nach Gipfeln ist für heute gedeckt, uns zieht es unmittelbar weiter zur Nürnberger Hütte und zu einem herzhaften Knödelgericht in Kombination mit einem kalten Getränk]
[Bild: Ausblick von dem Abschnitt zwischen Gamsspitzl und Seescharte über das weite Kar zwischen Freiger See und Rotem Grat zu den mächtigen, vom Grüblferner dekorierten Feuersteinen: Der Archetypus einer kristallinen Zentralalpengebirgslandschaft, er befindet sich hier im Herzen der wunderbaren Stubaier Alpen nordöstlich vom Wilden Freiger]
[Bild: Kurz vor Erreichen der Seescharte (2762 m.) baut sich das spitze Felshorn der Urfallspitze (2805 m.) vor uns auf. Bei der eigentlichen Seescharte handelt es sich um eine von mehreren Übergangsoptionen von der Nürnberger Hütte zur Sulzenauhütte (und umgekehrt). Wer auf dem Stubaier Höhenweg unterwegs ist und auf möglichst direktem Weg die jeweils nächste Hütte ansteuern will, wird hier in der Regel nicht vorbeikommen, ist die Route über das Niederl (2680 m.) doch die deutlich direktere Variante. Wer jedoch Gipfelambitionen im Hinblick auf den Wilden Freiger oder zumindest das Gamsspitzl hegt, für den stellt die Seescharte einen wichtigen Etappenpunkt dar]
[Bild: Sowohl die beiden Feuersteine als auch der pittoreske Freiger See dürften heute wieder von zahlreichen Bergsteigern, Wanderern und Hochtouristen Besuch erhalten haben. Wie weit indes Gletscher wie der Grüblferner einst herunterreichten, wird an der gewaltigen Moräne (links) deutlich. Kaum zu glauben, dass wir dort unten im Kar erst vor knapp 24 Stunden durchgekommen sind und dabei in den dichten Nebel gestarrt haben... Wie anders die Berge doch bei strahlendem Sonnenschein bzw. gutem Wetter sind]
[Bild: Im Abstieg von der Seescharte zur Nürnberger Hütte - Während der markierte Steig unterhalb der Urfallspitze über schuttige Berghänge quer in das Kar abwärts führt und dabei langsam aber sicher die Vegetation „zurückkommt“, bauen sich die beiden Wetterspitzen vor uns immer bedrohlicher auf. Noch sind es zwar über 1000 Hm bis zum Parkplatz, aber alles was nun noch vor uns liegt, fällt unter die Kategorie „Autopilotmodus“. Technisch anspruchsvolle Wegabschnitte stehen uns bis zum Stubaital nicht mehr bevor und so können wir die Tour ab sofort bequem auslaufen lassen]
[Bild: Während wir nach einer ausgiebigen „Knödel-und-Kaltgetränk-Pause“ bei der Nürnberger Hütte schließlich am Nachmittag noch den Schlussabstieg durch das wunderbare Langental zum Parkplatz im Stubaital in Angriff nehmen, muss ich unweigerlich an den erst vor wenigen Stunden erreichten Gipfel des Wilden Freiger (3418 m.) denken: Als ich mich vor vielen Jahren zum ersten Mal mit den Stubaier Alpen auseinandersetzte, war relativ schnell klar, dass ich diesem aussichtsreichen 3000er mitten am Zentralalpenhauptkamm irgendwann einmal einen Besuch abstatten werde. Gleichzeitig war aufgrund der Nähe zum Becherhaus (3195 m.), diesem höchstgelegenen Südtiroler Wolkenschloss hoch über den „arktischen“ Weiten des Übeltalferners, schnell der Wunsch geboren, eine Freiger-Tour idealerweise mit einer Übernachtung in der genannten Schutzhütte zu verbinden. Doch dies sollte sich jahrelang nicht realisieren lassen, u. a. aufgrund der enormen Beliebtheit des Becherhauses und des langjährigen Unwissens über den faktisch gletscherfreien Aufstieg via Freiger Scharte (wodurch sich die Möglichkeit einer Rundtour ergibt). Dass diese landschaftlich so wunderbare Tourenkombination (Wilder Freiger Überschreitung via NO-Grat und Freiger Scharte + Übernachtung im Becherhaus) nun endlich (ganz spontan!) geklappt hat und uns noch dazu so unfassbar schönes Wetter vergönnt war, ich werde einige Zeit brauchen, um das alles zu realisieren. In jedem Fall kann ich den Wilden Freiger jedem ambitionierten Bergwanderer ans Herzen legen: Wirklich schwierig ist die Tour zu keiner Zeit, Steigeisen / Grödel und Helm sind letztlich während der gesamten 2 Tage im Rucksack geblieben. Man muss sich natürlich jederzeit bewusst sein, dass man im hochalpinen Terrain unterwegs ist und sich z. B. ein Wettersturz oder schlechte Bedingungen (Neuschnee, vereister / nasser Fels) rasch sehr drastisch auf das allgemeine Anforderungsniveau auswirken. Ensprechende bergsteigerische Reserven „nach oben“ (alpine Erfahrung, Trittsicherheit, Schwindelfreiheit etc.) sollten sinnvollerweise vorhanden sein. Wer aber die Anforderungen souverän erfüllt und von solchem AKW verwöhnt wird, wie wir es hatten, wird keinerlei Probleme bekommen und diese Traumtour vollauf genießen können. Hochalpin angehauchte Touren nahe der 3500-Meter-Marke am Zentralalpenhauptkamm: Sie haben einfach ein ganz besonderes bergsteigerisches Flair...]
Reichenspitze (3303 m.) via Kuchelmooskees
21-22. Juni 2025
[Bild: Beim Aufstieg von der Staumauer des Speichers Zillergründl zur Plauener Hütte hat man den entsprechenden Stausee in der Anfangszeit direkt neben sich. Dieser hinterste Talschluss des Zillergrundes (ein 20 km langes Seitental des eigentlichen Zillertales) wird Zillergründl genannt und beherbergt ringsherum einige der vornehmsten Berggestalten der Region, darunter den (links hinten erkennbaren) Rauchkofel (3251 m.) - Unser Hochtourenziel für dieses WE, die elegante Reichenspitze (3303 m.), ist hier noch nicht in Sicht. Doch das wird sich sehr bald ändern...]
[Bild: Nachdem der Zustieg zur Plauener Hütte am Anfang noch durch einen langen Tunnel und oberhalb des Speichers Zillergründl auf schottrigen Fahrstraßen dahingeführt hat, geht das Ganze schließlich in einen „klassischen“ Wanderweg über und führt quer über von Latschenkiefern bewachsenen Hängen in Richtung Kuchelmooskar. Dabei zeigt sich mit dem Nördlichen Schwarzkopf (3079 m.) im Hintergrund bereits ein idealtypischer Vertreter der Reichenspitzgruppe, die aufgrund ihrer zersägten, wildgezackten Grate und des allgemein schroffen Erscheinungsbildes als eine der wildesten Untergruppen der Zillertaler Alpen gilt]
[Bild: Die Reichenspitze (3303 m.) in all ihrer herben Pracht vom (unteren) Kuchelmooskar aus gesehen - Die Wildheit der Reichenspitzgruppe, sie wird hier im Angesicht der plattigen, vom Gletscher geformten Geländestufe und der zahlreichen imposanten, vom Kuchelmooskees gespeisten Wasserfälle allzu deutlich. Der große Hermann Delago nannte die Reichenspitze einst ein „herausfordernd kühnes Horn“. Und wenn ein solch legendärer Dolomitenkletterer das sagt, dann heißt das schon was!]
[Bild: Inmitten des landschaftlich traumhaft schönen Kuchelmooskares, welches man beim Zustieg zur Plauener Hütte im unteren Bereich durchquert. Wie es am Zentralalpenhauptkamm oftmals der Fall ist, so erlebt man auch hier in der Reichenspitzgruppe diesen faszinierenden Kontrast zwischen lieblichen alpinen Matten auf der einen Seite und wildzerklüfteten Felsgraten, Wasserfällen, Gletschern und zerborstenen Spitzen auf der anderen Seite: In seiner Gesamtkomposition ist das einfach so schön, so ästhetisch, dass einem das Weitergehen nicht immer leicht fällt]
[Bild: Der untere Bereich des Kuchelmooskares ist vom oberen Bereich durch eine imposante Geländestufe abgetrennt. Vor vielen, vielen Jahrzehnten reichte das Kuchelmooskees noch fast bis zu der plattigen Stufe, doch diese Zeiten sind lange vorbei. Heutzutage beträgt die Distanz deutlich über 1 km und in nicht allzu ferner Zukunft wird es wohl nur mehr in dem hochgelegenen Becken zwischen Reichenspitze, Hahnenkamm, Wildgerlosspitze und Kuchelmooskopf einen kümmerlichen Gletscherrest geben, bis auch dieser im Laufe der kommenden Jahrzehnte irgendwann verschwunden sein wird. Das „klassische“ Hochtourengehen, es ist (zumindest in den Ostalpen) eine langsam aber sicher aussterbende Bergsportdisziplin]
[Bild: Zillertaler Bergidylle beim maximal entspannten Zustieg zur Plauener Hütte via Kuchelmooskar - Während die zahlreichen Wasserläufe des Kuchelmoosbaches friedlich gen Speicher Zillergründl fließen, erheben sich im Hintergrund so unbekannte Gipfel wie (von links nach rechts) der Südliche Magnerkopf (2892 m.), der Nördliche Magnerkopf (2878 m.) und der Große Magner (2873 m.) - All diese Gipfel können vom Stausee via Magnerkar und Magnerscharte (bei der Namensgebung hat man es sich leicht gemacht) erreicht werden. Technisch ist das Ganze wohl nicht schwieriger als I (laut AVF), aber aufgrund der Einsamkeit und Entlegenheit ein mutmaßlich ziemlich ernstes Unterfangen]
[Bild: Reichenspitze (3303 m.), Hahnenkamm (3209 m.) und Kuchelmooskees (im Zoom) vom Aufstieg zur Plauener Hütte aus gesehen - Selten habe ich den Zentralalpen so eindrucksvolle Wasserfälle gesehen wie hier in der Reichenspitzgruppe! Andererseits dürfte es klimawandelbedingt leider auch dieses Jahr wieder zu rekordverdächtigen Masseverlusten der Gletscher kommen. Das mit brachialer Wucht gen Speicher Zillergründl fließende Schmelzwasser, es hat leider einen (in meinen Augen) sehr traurigen Hintergrund bzw. Beigeschmack]
[Bild: Während wir dem durchgehend sehr angenehm zu begehenden Wanderweg zur Plauener Hütte über grasbewachsene Hänge bergauf folgen, bringt sich in der Phalanx der höchsten Spitzen der Reichenspitzgruppe mittlerweile ein anderer Gigant in Stellung: der links erkennbare Kuchelmooskopf (3214 m.) - Auch wenn es aus dieser Perspektive nicht den Anschein hat, so ist seine Besteigung via Kuchelmooskees und Nordgrat (max. I) doch eine relativ unkomplizierte Angelegenheit]
[Bild: Ausblick von der Plauener Hütte (2363 m.) über die Weiten des Kuchelmooskares zur Reichenspitze (3303 m.) - Während wir den Nachmittag rund um die herrlich gelegene Hütte ausklingen lassen und manche noch das nahe gelegene Rainbachköpfl (2690 m.) „mitnehmen“, beginnen die Gedanken so langsam um den morgigen Tag zu kreisen: Wie wohl die Verhältnisse auf dem Gletscher sein werden (das Kuchelmooskees gilt ja als vergleichsweise spaltig)...? Aus der Ferne scheint der Gletscher in vermeintlich gutem Zustand. Doch auch die Verhältnisse in der (von hier nicht einsehbaren) Westflanke, über die letztlich der finale Anstieg erfolgen wird, werden maßgeblich über den Gipfelerfolgt entscheiden. Ich bin schon sehr gespannt!]
[Bild: Nordöstlich der Plauener Hütte ragen ein paar Gipfel auf, die sinnbildlich für das ruppige Erscheinungsbild der Reichenspitzgruppe stehen: Während die links ersichtliche Richterspitze (3052 m.) gerne und häufig bestiegen wird, fristen der Nördliche Schwarzkopf (3079 m.) und der Südliche Schwarzkopf (3042 m.) ein ziemliches Schattendasein. Das liegt natürlich daran, dass die Richterspitze durch einen Klettersteig (C / K3) „erschlossen“ ist, wobei zusätzlich auch noch leichte Kraxelei (max. I-II) verlangt wird. Zudem verläuft über die Gamsscharte (2972 m.) zwischen Richterspitze und Nördlichem Schwarzkopf der markierte Übergang von der Plauener Hütte zur Richterhütte, so dass viele Wanderer die Richterspitze elegant „mitnehmen“. Im Gegensatz dazu wird bei den beiden Schwarzköpfen richtige Kletterei verlangt, unter dem Schwierigkeitsgrad II (siehe Alpenvereinsführer) geht da nichts. Es dürfte sich um eher alpine, herbe Anstiege handeln]
[Bild: Der Winterraum der Plauener Hütte wird speziell im Frühling gerne genutzt, zählen Reichenspitze und Kuchelmooskopf doch zu den begehrtesten Skihochtourenzielen weit und breit. Die beiden Schwarzköpfe (im Hintergrund) dürften zwischen November und Mai jedoch noch weniger Besuch erhalten, als sie es ohnehin schon tun. Ihre Besteigung über eine der zahlreichen Kletterrouten ist etwas für die Sommermonate, wenn der Fels trocken und die Plauener Hütte bewirtschaftet ist, erreicht man die Berge doch von der Hütte in angenehm kurzer Zeit]
[Bild: Die im Süden aufragende Kleinspitze (3169 m.) gehört zu den eher einsamen Gesellen der östlichen Zillertaler Alpen. Obwohl der Berg von Südwesten (aus dem Hundskehlgrund) einigermaßen einfach (max. I, ca. 6 h Gehzeit) erreicht werden kann, nehmen sich nur wenige Bergsteiger diese kühne Spitze als Tourenziel. Es gibt schlichtweg so viele vermeintlich attraktivere Gipfelziele in der näheren Umgebung (Rauchkofel, Berge der Reichenspitzgruppe, Grundschartner), dass es die Kleinspitze da manchmal etwas schwer hat. Wer an diesem formschönen Berg unterwegs ist, wird sich indes zwangsläufig in der Zeit zurückversetzt fühlen: Wer „Bergsteigen wie Anno 1900“ sucht, wird an der Kleinspitze definitiv fündig]
[Bild: Die Reichenspitze (3303 m.) am nächsten Morgen (im Zoom) von der Plauener Hütte aus gesehen - Rechterhand ist die Spur im Geröll zu sehen, die uns nun zunächst in nördliche Richtung quer durch das Kuchelmooskees zum gleichnamigen Gletscher führen wird. Die Wettervorhersage für den heutigen Tag ist perfekt, stabiles Hochdruckwetter steht uns bevor. Jetzt müssen nur noch die Verhältnisse auf dem Kuchelmooskees mitspielen, dann steht einem grandiosen Tourentag praktisch nichts mehr im Wege]
[Bild: Kurz vor Beginn des Kuchelmooskeeses wird endgültig klar, wie wir heute den Gletscher betreten werden: Es gilt, den markanten Eisschlauch direkt in Falllinie unterhalb der Reichenspitze anzuvisieren, der von links unten nach rechts oben führt. Diese breite Firnrinne vermittelt den Zugang zum Kuchelmooskees, wobei die Verhältnisse natürlich jedes Jahr anders sind. Sollte der Eisschlauch verschwunden sein, dürfte ein Zugang zum Gletscher über das geröllige Plattengelände links davon möglich sein, wobei wir natürlich dankbar sind, dass wir direkt im Firn aufsteigen können. Die größte Herausforderung bei Hochtouren dürfte künftig nicht der Gang über den Gletscher, sondern der Zugang zum Gletscher sein]
[Bild: Auf dem Weg zum Eisschlauch, über den wir das eigentliche Kuchelmooskees unterhalb der Reichenspitze Südwand gewinnen werden. Hier könnte man strenggenommen noch seilfrei gehen, da das Anseilen weiter oben aber deutlich umständlicher wäre, gehen wir ab diesem Zeitpunkt als Seilschaft: Die eigentliche Hochtour hat begonnen]
[Bild: Aufstieg über den Eisschlauch am Beginn des Kuchelmooskeeses, welcher den einfachsten Zugang zum Gletscher darstellt, führt er doch (nur mäßig steil) zwischen glatten Gletscherschliffen in gerader Linie elegant bergauf. Der über uns ersichtliche Felsgrat (zwischen Reichenspitze und Zillerspitze) kann übrigens erklettert werden, allerdings ist das Ganze angesichts der gerüttelten Schwierigkeiten (Stelle V- / A0, mehrfach IV und anhaltend II-III) nur etwas für sehr erfahrene Alpinkletterer]
[Bild: Nach dem Eisschlauch macht die Route über das Kuchelmooskees einen Linksschwenk und führt unterhalb der Reichenspitze Südwand in relativ gerader Linie auf den Kuchelmooskopf (links hinten) zu. Das Ganze ist im Detail natürlich von den Verhältnissen vor Ort abhängig, grundsätzlich sollte man aber ausreichend Abstand von der Südwand der Reichenspitze halten, gilt sie doch als sehr steinschlaggefährdet]
[Bild: Mittlerweile in der Sonne, geht es mit gebührendem Abstand zu den Bruchzonen des Kuchelmooskeeses entspannt über den Gletscher bergauf. Wir haben Topverhältnisse erwischt, Spalten bereiten uns überhaupt keine Probleme. Und so marschieren wir vergnügt in Richtung des oberen Gletscherbeckens, Hahnenkamm und Wildgerlosspitze (rechts hinten) als geländetechnische Orientierungspunkte nutzend. Die letzte Unbekannte des Tages werden die Verhältnisse in der W-Flanke der Reichenspitze sein, da wir vom Gletscher heute allem Anschein nach nichts zu befürchten haben werden]
[Bild: Während wir die nächste (nur mäßig steile) Geländeschwelle auf dem Kuchelmooskees in Angriff nehmen, kommt langsam aber sicher die Westflanke der Reichenspitze in unser Blickfeld. Sie vermittelt den mit weitem Abstand einfachsten Zugang zur Gipfelregion, stellen alle anderen Anstiege (z. B. Ostwand, Übergang vom Gabler) doch deutlich (!) höhere Ansprüche an die Bergsteiger bzw. Kletterer]
[Bild: In der weiten „Arena“ des oberen Kuchelmooskeeses, welche u. a. von Wildgerlosspitze (3280 m.) und Hahnenkamm (3209 m.) eingerahmt wird. Hierbei handelt es sich in der Regel um den (abgesehen von allfälligen Spalten) harmlosesten Bereich des Gletschers, das Kuchelmooskees ist hier fast eben. Auch wer nicht wie wir die Reichenspitze als Tourenziel hat, sondern z. B. Kuchelmooskopf oder Wildgerlosspitze anvisiert, wird hier in der Regel vorbeikommen, laufen doch fast alle Gletscherrouten in diesem Bereich zusammen]
[Bild: Hat fast Pistenqualität: Rückblick über das Kuchelmooskees zum Rauchkofel (3251 m.) und zur Kleinspitze (3169 m.) - Links davon kann man in der Ferne die höchsten Berge der schönen Rieserfernergruppe (Hochgall, Magerstein, Schneebiger Nock) ausmachen, während rechts im Hintergrund Zillertaler Granden wie die Napfspitze, die Wollbachspitze oder der Große Löffler herübergrüßen - Das Panorama wird nun mit jedem gewonnenen Höhenmeter immer besser]
[Bild: Solche „Untiefen“ umgehen wir auf dem Gletscher natürlich weiträumig, doch bereiten uns Spalten am heutigen Tag grundsätzlich keinerlei Probleme. Die Besteigung der Reichenspitze via Kuchelmooskees gilt prinzipiell ja als eher spaltige Hochtour, die später im Jahr bei starker Ausaperung teilweise ziemlich „giftig“ werden kann. Doch wir sind früh im Jahr da und müssen uns um solche Beschwernisse keine Sorgen machen. Stattdessen heißt es nun, in relativ direkter Linie die Westflanke der Reichenspitze (rechts hinten) anzuvisieren. Noch fehlt uns ein bisschen die Phantasie, wo es letztlich hochgehen könnte, doch eine markante Firnrinne (hier nicht ersichtlich) hat bereits unser Interesse geweckt]
[Bild: Rückblick über die sehr steile Firnrinne (teilweise 40-45 Grad), über die wir das Kuchelmooskees gen Reichenspitze W-Flanke verlassen haben. Inwieweit der Aufstieg später im Jahr technisch einfacher ist (wenn der Firn hier weitestgehend abgeschmolzen sein dürfte), kann ich nicht sagen. Ein Ausweichen in die Randfelsen ist jedoch mit Kletterei (wohl mind. II) verbunden und aufgrund der lockeren Struktur nur bedingt zu empfehlen. Sinnvollerweise nutzt man die Firnrinne als Aufstieg, vermittelt sie doch den schnellsten Zugang zur W-Flanke. Wir haben indes Glück, finden wir doch bereits eine gute Spur vor, wodurch uns einiges an Arbeit erspart bleibt. Ernst ist das Gelände aber in jedem Fall: Stürzen ist hier angesichts der Steilheit tabu!]
[Bild: Mit einem Mal kommt beim Aufstieg über die Reichenspitze Westflanke ein Gipfel ins Blickfeld, den wir bisher noch überhaupt nicht auf dem Schirm hatten: der Gabler (3263 m.) - Dieser kühne Nebengipfel der Reichenspitze wird gerne und ganzjährig bestiegen, v. a. im Frühling steht er auf der Wunschliste von ambitionierten Skitourengehern ganz oben! Aber auch im Sommer wird er regelmäßig angegangen, zählt seine Besteigung über die sogenannte Glatze (damit ist der obere Bereich seiner zum Wildgerloskees gehörenden NO-Flanke gemeint, welche man in der Bildmitte erkennen kann) mit anschließender Gratüberschreitung zur Reichenspitze hin (luftige Kletterei bis III) doch zum Feinsten, das man aus alpinistischer Sicht in der näheren Umgebung unternehmen kann]
[Bild: Im Anstieg zum obersten Gipfelaufbau der Reichenspitze (3303 m.) - Nachdem die steile Firnrinne, welche den Zugang vom Kuchelmooskees zur Westflanke vermittelt hat, nun hinter uns liegt, steht vor der finalen Kraxlei erst einmal ein „dankbarer“ Firngrat bevor. Das Ganze ist nämlich nicht schwierig oder ausgesetzt und so können wir noch einmal etwas verschnaufen, bevor uns am Gipfelaufbau eine durchaus knackige Mischung aus steilem Firn (40-45 Grad) und bröseliger Kraxelei (max. I-II) bevorsteht]
[Bild: Rückblick zu dem Punkt, an dem man die Firnrinne (Zugang zur W-Flanke der Reichenspitze) verlässt. Dahinter baut sich der wildgezackte Hahnenkamm (3209 m.) auf, welchen nur sehr erfahrene Kletterer versuchen sollten. Wer sich an die gesamte Gratüberschreitung von diesem Punkt bis zur Wildgerlosspitze (3280 m.) im Hintergrund macht, wird mit Schwierigkeiten bis zum Grad V+ in nicht immer zuverlässigem Fels konfrontiert. Dagegen nimmt sich die Normalroute auf die Reichenspitze geradezu bescheiden aus]
[Bild: Rückblick aus der Westflanke der Reichenspitze zum Kuchelmooskees, welches im Westen vom gleichnamigen Kuchelmooskopf (3214 m.) und von der imposanten Wildgerlosspitze (3280 m.) eingerahmt wird. Ausgangspunkt für ihre Normalrouten ist der Firnstattel Punkt 3118 m. zwischen den beiden Gipfeln. Während der Nordgrat des Kuchelmooskopfes eine gutmütige Angelegenheit ist (I), stellt der Südgrat der Wildgerlosspitze (Stellen III) deutlich höhere Anforderungen an eine Besteigung]
[Bild: Unterwegs am obersten Gipfelaufbau der Reichenspitze - Da die Altschneereste ziemlich hart sind, ist das Ganze trotz der guten Spur nicht ganz trivial. Ohne eine saubere Steigeisentechnik und den Einsatz des Pickels geht hier nicht viel. Das Gipfelkreuz ist zwar bereits zum Greifen nah, die letzten Höhenmeter wollen aber hart verdient werden. Nachdem wir die stellenweise bis zu 45 Grad steile Firnrampe hinter uns gebracht haben, geht es anschließend im bröseligen Fels in leichter Kletterei (I-II) rasch empor zum höchsten Punkt]
[Bild: Ausblick von der Reichenspitze (3303 m.) nach Süden über den langen, zerborstenen Verbindungsgrat zur Zillerplattenspitze (3148 m.) - Rechts in der Tiefe kann man einen Teil des Speichers Zillergründl erkennen, während darüber der Rauchkofel (3251 m.) und die Kleinspitze (3169 m.) emporragen. Während ganz links im Hintergrund mit der Rötspitze (3496 m.) einer der tollsten Zentralalpenberge überhaupt herüberschaut, zeigen sich mittig (in der Ferne) die großen Spitzen der Rieserfernergruppe (Hochgall, Magerstein, Schneebiger Nock) von ihrer besten Seite]
[Bild: Schier endlos weiter Blick von der Reichenspitze nach Norden - Wer genau hinschaut, kann an den Ufern des Unteren Gerlossees (rechts) vielleicht die Zittauer Hütter ausmachen. Dieses wunderbar gelegene Refugium ist für Touren rund um das traumhaft schöne Wildgerlostal der ideale Ausgangspunkt, so z. B. für die Besteigung des Gabler (3263 m.) über die Glatze. Aber auch Übergänge zur Richterhütte mit anschließendem Abstieg ins schöne Krimmler Achental oder alternativ der von dort möglichen Besteigung der Richterspitze (ggf. inkl. Übergang ins Zillergründl) sind möglich]
[Bild: Obwohl die Wildgerlosspitze (3280 m.) der Reichenspitze (3303 m.) die höhentechnische Krone der Umgebung nur knapp überlassen muss, wird doch klar, dass wir uns auf dem eindeutig höchsten Berg der Umgebung befinden. Erst in Person der über 12 km Luftlinie entfernten Dreiherrenspitze (3499 m.) manifestiert sich letztlich ein noch höherer Zentralalpen-3000er. Wie spektakulär der Ausblick von der Reichenspitze über das weite Gletscherbecken des Kuchelmooskeeses zu den Nachbarbergen ist, spottet am Ende jeder Beschreibung: Man muss es einfach selbst erlebt haben]
[Bild: Warum der Gratübergang vom Gabler (3263 m.) zur Reichenspitze (3303 m.) als sprichwörtlicher „Tanz auf der Rasierklinge“ gilt, wird aus dieser Perspektive schnell klar: Man muss schon sehr routiniert im maximal ausgesetzten Felsgelände (Kletterschwierigkeit III) sein, um angesichts dieser wilden Gratschneide nicht ins Schwitzen zu geraten. Wer indes über die entsprechende Erfahrung verfügt und das Seilhandling (inkl. Abseilen) routiniert beherrscht, kann den Übergang in gut 1-1,5 h schaffen]
[Bild: Ausblick von der Reichenspitze (3303 m.) zum Großvenediger (3657 m.) und zur gewaltigen Mauer der von den Maurerkeesköpfen über die Simonyspitzen zur Dreiherrenspitzen ziehenden Felswand, die nordseitig (noch) vom zerklüfteten Krimmler Kees beherrscht wird. Im Vordergrund kann man das schwindende Rainbachkees erkennen, über das der Zustieg zur Ostwand (III) der Reichenspitze erfolgt. Ausgangspunkt für diese Tour ist in der Regel die Richterhütte, welche sich (mittig) in der rechten Bildhälfte befindet (links von dem weiten Geröllfeld). Links am Horizont kann man indes die großen Berge der Glocknergruppe (u. a. Großes Wiesbachhorn, Johannisberg, Großglockner) ausmachen - Was für ein unfassbares Panorama...]
[Bild: Gipfelglück auf der Reichenspitze (3303 m.) in den westlichen Zillertaler Alpen - Aufgrund seiner dem Hauptkamm vorgelagerten Position bietet die Reichenspitze eine einmalig schöne Aussicht auf weite Teile der Venedigergruppe, Rieserfernergruppe und Zillertaler Alpen. Andererseits ist die Sicht nach Norden vollkommen frei, meint man hinter den grünen Kitzbüheler Alpen im Dunst doch bereits das bayerische Alpenvorland zu erkennen. Wir könnten es auf dieser herrlichen Aussichtswarte leicht stundenlang aushalten (zumal wir AKW haben), doch das Kuchelmooskees mahnt zum zeitigen Aufbruch, wollen wir den Gletscher im Abstieg doch nicht in gar faulem Zustand erwischen]
[Bild: Im Abstieg von der Reichenspitze - Aufgrund der schon etwas fortgeschrittenen Tageszeit ist der Firn mittlerweile angenehm sulzig, so dass sich die steileren Firnpassagen in der Westflanke etwas einfacher begehen lassen, als noch vor 1-2 Stunden. Dennoch bleibt das hochalpine Terrain absolut ernsthaft, Absturzgefahr ist in den bis zu 45 Grad steilen Firnrinnen bzw. -rampen durchgehend gegeben. Einen Gang runter schalten, werden wir erst auf dem flachen Kuchelmooskees können]
[Bild: Rückblick aus der Reichenspitze W-Flanke zum Gipfel, während links der Gabler (3263 m.) keck herüberschaut. Dieser etwas wenige steile, angenehm offene Abschnitt der W-Flanke ist der technisch einfachste Abschnitt dieser Auf- bzw. Abstiegsroute. Wer es bis hierher geschafft hat, wird es im Normalfall auch bis zum Gipfelkreuz schaffen]
[Bild: Der Abstieg über die bis zu 45 Grad steile Firnrinne, die in einem Bogen direkt auf das oberste Becken des Kuchelmooskeeses führt, verlangt noch einmal höchste Konzentration. Wie steil und anspruchsvoll das Ganze ist, verdeutlicht die Haltung der Bergsteiger: Geradeaus absteigen, ist hier stellenweise nicht mehr! Stattdessen heißt es, sich mit dem Gesicht zum Firn und dem Eispickel in der Hand vorsichtig nach unten zu „arbeiten“. Wie gut, dass wir TOP-Verhältnisse (= guter Trittfirn, Spuren etc.) haben. Wer hier indes auf Blankeis stößt, ist (vorsichtig ausgedrückt) nicht zu beneiden]
[Bild: Wieder zurück auf dem mittlerweile gleißend weißen Kuchelmooskees - Haben wir im Aufstieg die Westflanke der Reichenspitze noch in einem weiten Rechtsbogen angesteuert (die direkte, steile Variante vermeidend), werden wir im Folgenden in ziemlich direkter Linie absteigen (die beiden Bergsteiger unten dienen als Orientierungspunkt): Der sulzige Gletscher gibt das mittlerweile mehr als nur her, wir wollen keine Zeit „vergeuden“ und das Kuchelmooskees möglichst bald hinter uns lassen]
[Bild: Beim Abstieg über das Kuchelmooskees haben wir die ganze Zeit den formschönen Rauchkofel (3251 m.) und die Kleinspitze (3169 m.) vor Augen. Ich weiß noch gut, wie ich vor 3,5 Jahren den Rauchkofel aus dem Ahrntal bei traumhaftem Herbstwetter bestiegen (Link zum Tourenbericht) und von seinem Gipfel aus die Reichenspitze erblickt habe. Dass es so „bald“ mit einer Besteigung dieses eindrucksvollen Zillertaler 3000ers (noch dazu ebenfalls bei AKW) klappen würde, ich hätte es mir damals nicht besser vorstellen können]
[Bild: Warum man v. a. im Abstieg (wenn sich die Felswände ringsherum im Tagesverlauf aufgeheizt haben) die Südwand der Reichenspitze (links im Bild) mit gebührendem Abstand und möglichst zügig passieren sollte, wird angesichts der zahlreichen Steine, die offenbar erst vor wenigen Tagen auf den Gletscher gestützt sind, sehr deutlich. Das Verschwinden des Permafrosts, der auch hier in der Reichenspitzgruppe als natürlicher „Kleber“ der Berge fungiert, wird die Bergsteiger in Zukunft (positiv gesprochen) vor immer größere Herausforderungen stellen, sie (negativ gesprochen) jedoch vielfach auch akut gefährden, so dass viele Tourenziele und Routen zwangsläufig unbegehbar werden]
[Bild: Rückblick vom Kuchelmooskees zum gleichnamigen Gletscher und zur Reichenspitze (3303 m.) - Hier liegen nun alle größeren Schwierigkeiten und v. a. objektiven Gefahren (Spalten, Steinschlag) hinter uns, so dass wir uns vor dem Rückmarsch zur Plauener Hütte eine längere Pause gönnen. Am Seil müssen wir hier logischerweise auch nicht mehr gehen und so kann das gesamte Hochtouren-Equipment in den Rucksack wandern. Die Pflicht ist geschafft, jetzt folgt die genussreiche Kür]
[Bild: Inwieweit Kletterrouten durch die Südwand des Kuchelmooskopfes führen, ist mir nicht bekannt (der AVF verweist lediglich auf eine ältere Ausgabe aus den 80er Jahren, was in diesem Fall definitiv kein gutes Zeichen ist). Der SW-Grat (links im Profil) stellt wohl eine lohnende Klettertour (III, 3-4 h ab Plauener Hütte) dar, wobei (mindestens) 99 % aller Besteigungen sicherlich über den Nordgrat (via Kuchelmooskees) erfolgen dürften]
[Bild: Reichenspitze (3303 m.) und Hahnenkamm (3209 m.) im Zoom vom Kuchelmooskar aus gesehen - Aus dieser Perspektive kann man sich kaum vorstellen, dass dieser stolze Zillertaler Urgesteins-3000er so vergleichsweise „einfach“ bestiegen werden kann (sofern denn wie in unserem Fall die Verhältnisse auf dem Gletscher und in der W-Flanke mitspielen). Das gilt natürlich nur für die Normalroute, da alle anderen Anstiege an diesem Berg z. T. deutlich (!) anspruchsvoller sind]
[Bild: Auf dem Weg durch das Kuchelmooskar zurück zur Plauener Hütte - Da der entsprechende Pfad spätestens mit dem Zusammentreffen der Route von der Gamsscharte (Übergang zur Richterhütte) zum breiten, maximal entspannten Wanderweg „mutiert“, bleibt viel Zeit, um die gegenüber aufragenden Spitzen rund um Rauchkofel (3251 m.) und Kleinspitze (3169 m.) ausgiebig zu bewundern]
[Bild: Tiefblick aus dem Kuchelmooskar zum Speicher Zillergründl und zum Zillergrund, welchen man jenseits der Staumauer erkennen kann. Links im Hintergrund zeigt sich ein berühmter Zillertaler 3000er, der v. a. bei versierten Skitourengehern und bei Kletterern, welche z. B. die Nordkante (V+, anhaltend IV) in Angriff nehmen, hoch im Kurs steht: der Grundschartner (3065 m.) - Auch der im weglosen Felsterrain erfahrene Normalbergsteiger kann sich diesen Berg vornehmen (z. B. von Westen via Grundscharte oder von Osten aus dem Sundergrund), sollte sich dabei jedoch auf tendenziell eher einsame (und entsprechend ernsthafte) Gefilde einstellen]
[Bild: Während wir uns der Plauener Hütte immer weiter nähern (und das kalte Getränk schon fast schmecken können!), müssen wir doch immer wieder anhalten und den Blick zurück zu den schroffen Spitzen über dem Kuchelmooskees schweifen lassen... Gerade waren wir noch in der stellenweise 45 Grad steilen, hochalpinen Westflanke der Reichenspitze unterwegs und nun nähern wir uns schon wieder mit jedem Schritt der Zivilisation und dem Ausflugstrubel auf der Staumauer vom Speicher Zillergründl: Fast schon surreal diese Kontraste...]
[Bild: „Wohin uns wohl die nächste Bergtour führen wird...?“ - Vermutlich eher nicht auf die Kleinspitze (3169 m.), dafür stehen dann doch noch zu viele andere Gipfelziele auf der Wunschliste weiter oben. Aber dass wir wieder für eine gemeinsame (Hoch-)Tour in die Zillertaler zurückkehren werden, das steht fest. Ich persönlich bin sowieso seit bald 15 Jahren ein Riesenfan dieser wunderbaren Zentralalpengruppe, in der noch so viele schöne Gipfel (wie z. B. der Große Möseler, der Große Löffler, der Schwarzenstein, der Hohe Weißzint oder auch die so wunderbar abgelegene Napfspitze) darauf warten, Besuch zu erhalten. Und wer weiß, vielleicht klappt es ja sogar eines Tages mit dem legendären Turnerkamp...]
[Bild: Nach einer etwas längeren Pause bei der Plauener Hütte machen wir uns schließlich am mittleren Nachmittag auf den Weg zurück in die Zivilisation. Hierfür folgen wir dem schon vom Vortag bekannten Weg in einigen ausladenden Kehren über weite, grasbewachsene Hänge bergab in den unteren Bereich des Kuchelmooskares. Dabei haben wir stets die Reichenspitze (3303 m.) und ihre wilden Trabanten vor Augen, so dass der Abstieg zum Speicher Zillergründl vielleicht nicht ganz so flott vonstatten geht, wie es normalerweise der Fall wäre: Das Wetter ist einfach nach wie vor so unglaublich toll, dass es eine Schande wäre, bei diesem Setting einfach zu rushen]
[Bild: Fast schon kitschig: Ausblick beim Abstieg von der Plauener Hütte über den Speicher Zillergründl - Rechts ist der aus dem Kuchelmooskar herausleitende Wanderweg erkennbar, welcher uns letztlich oberhalb des Speichersees zur mittig erkennbaren Staumauer führen wird]
[Bild: Kuchelmooskopf (3214 m.), Hahnenkamm (3209 m.) und Reichenspitze (3303 m.) beim Abstieg von der Plauener Hütte ins untere Kuchelmooskar - Ich habe im Laufe meines Bergsteigerlebens ja schon ein paar Touren in den Zentralalpen unternehmen können, aber das Zillergründl, dieser so wunderbar wilde Talschluss des Zillergrundes, gehört definitiv zu den eindrucksvollsten Ecken zwischen Bielerhöhe und Maltatal, die ich bisher kennenlernen durfte!]
[Bild: Ein letzter traumhaft schöner Blick durch das malerische Kuchelmooskar zum gleichnamigen Gletscher und den darüber aufragenden Felsspitzen namens Kuchelmooskopf (3214 m.) und Reichenspitze (3303 m.), dann heißt es Abschied nehmen von dieser östlichen Perle der Zillertaler Alpen. Wahrscheinlich werde ich jetzt erst einmal nicht so schnell wieder genau in diese Ecke der Ostalpen kommen. Aber wer weiß, von welchem nächsten Gipfel aus ich die Reichenspitze wiedersehen werde... Sie ist so markant, so dominant, dass sie bei Touren zwischen Inntal und Pongau fast schon zwangsläufig ins Auge sticht]
[Bild: Der zwar künstliche, aber trotzdem landschaftlich sehr schöne Speicher Zillergründl zeigt sich beim Abstieg zur Staumauer noch einmal von seiner ästhetischsten Seite. Der Wanderweg oberhalb des Sees ist technisch unschwierig und so bleibt viel Zeit, um gedanklich bereits ein bisschen Revue passieren zu lassen... Viele klassische hochalpine Gipfelziele der Ostalpen kann man heutzutage ja seilfrei bzw. ohne Hochtourenausrüstung angehen. Dass sich die Gletscher immer weiter zurückziehen, eröffnet vielfach neue Optionen für Bergbesteigungen mit tendenziell „leichtem Gepäck“. Die Reichenspitze (3303 m.) ist jedoch trotz des massiv schrumpfenden Kuchelmooskeeses nach wie vor einer jener Zentralalpen-3000er, welche sinnvollerweise nur mit vollständiger Hochtourenausrüstung angegangen werden. Und das wird auch erst einmal noch einige Jahre so bleiben. Umso glücklicher bin ich, dass uns die Besteigung dieses begehrten Zillertaler Gipfels gelungen ist und das noch dazu bei absolut perfektem Wetter. Denn wie wir letztes Jahr am Großvenediger gesehen haben (oder vielmehr wie wir nicht(s) gesehen haben...), ist das absolut nicht selbstverständlich. Dass ich zudem erst vor zwei Tagen auf dem Patteriol im Verwall gestanden habe, fühlt sich fast unwirklich an. Ich werde erst einmal ein paar Tage brauchen, um diese Fülle an Eindrücken zu verarbeiten. Doch natürlich wird es mir sehr bald wieder „nach draußen“ ziehen, ist der alpine Bergsport doch letztlich für mich das sprichwörtliche Lebenselixier, die Luft zum Atmen, ohne die ich nicht leben kann]
Patteriol (3056 m.)
19-20. Juni 2025
[Bild: Beim Anmarsch von St. Anton am Arlberg durch das Verwalltal zur Konstanzer Hütte hat man ab einem gewissen Punkt das berühmte „Matterhorn des Verwall“ stets vor Augen: den Patteriol (3056 m.) - Dieses kühne Felshorn ist einer der wenigen 3000er der Gebirgsgruppe und neben Kuchenspitze, Küchlspitze und Fasulspitze sicherlich eine der kühnsten Gestalten weit und breit. Am Patteriol ist alles steil, abweisend und unnahbar. Doch der Blickfang der Konstanzer Hütte hat eine Schwachstelle, die sich der alpin erfahrene Bergsteiger mit etwas Geschick zunutze machen kann, um eine seilfreie Besteigung zu schaffen: die Südflanke. Angeblich nicht schwieriger als II, aber orientierungstechnisch wohl nicht ganz einfach, steinschlaggefährdet und anhaltend steil, wollen wir morgen über sie eine Besteigung wagen. Beim abendlichen Entspannen rund um die Hütte wandern schließlich die Blicke in regelmäßigen Abständen zur knapp 1400 vertikale Meter entfernten Spitze. Vorfreude und (gesunde) Nervosität wechseln sich dabei ab. Wir können es kaum erwarten, endlich loszulegen]
[Bild: Morgenstimmung im Fasultal - Wir befinden uns hier mittlerweile schon auf dem sogenannten Bruckmannweg, welcher den Übergang von der Konstanzer Hütte zur Neuen Heilbronner Hütte via Wannenjöchli sowie gleichzeitig den Zustieg zur Patteriol Südflanke ermöglicht. Technisch stellt dieser markierte Wanderweg keine große Herausforderung dar, so dass wir uns in aller Ruhe „warmlaufen“ (und v. a. auch wachwerden) können]
[Bild: Nachdem der Bruckmannweg aus dem Fasultal zunächst v. a. über grasbewachsene Hänge bergauf geführt hat, erreicht er unterhalb der Patteriol Südabstürze schließlich eine geröllige, im Frühsommer häufig noch schneegefüllte Mulde. Hier kann man (wie wir) bereits vom markierten Wanderweg abzweigen und die Einstiegsrinne ansteuern. Oder man folgt dem Weg sinnvollerweise noch ein Stück bis zu der Anhöhe, von wo der Bruckmannweg leicht bergab führt und man das Wannenjöchli bereits erkennen kann. Letzteres hat den Vorteil, dass man dann für den Zustieg zur Einstiegsrinne eine Pfadspur durch das steile, teilweise relativ fiese Geröll nutzen kann]
[Bild: Im Bann der Patteriol Südabstürze: Es gilt, den markanten, Keil-artigen Wandteil anzuvisieren, der am weitesten nach unten in die Geröllflanke hinabreicht. Links von ihm zieht eine markante Rinne schräg von rechts unten nach links oben (darüber erkennt man ein auffällig helles Stück Felswand). Diese Rinne markiert den Beginn der Patteriol Normalroute, wobei der Zustieg zu der eigentlichen Rinne wesentlich mühsamer ist, als der eigentliche Einstieg]
[Bild: Beim Zustieg zur Einstiegsrinne in die Patteriol Südabstürze weitet sich mit jedem gewonnenen Höhenmeter die Sicht - Während das Fasultal und die westlichen Felswände bzw. Flanken der von der Kuchenspitze zum Schafbichljoch ziehenden Gebirgskette noch im Schatten liegen, dürfen Patteriol und Fasulkamm bereits die Sonne eines großartigen Tages spüren. Gleich wird es „ernst“, wobei wir uns wohl kein besseres Setting für unsere Verwall-Premiere hätten wünschen können]
[Bild: Einstiegsrinne der Patteriol Normalroute - Technisch nie schwierig (max. I-II) oder ausgesetzt, führt sie in ziemlich direkter Linie bergauf zu dem hier teilweise erkennbaren Schneefeld, um sie dann rechterhand über plattiges Gelände zu verlassen. Die Hauptschwierigkeit v. a. im Frühsommer stellt Altschnee dar, welcher den Aufstieg über die Rinne deutlich (!) erschweren kann, da sie vergleichsweise steil ist. Steigeisen bzw. zumindest Grödel sollte man (wenn man früh im Sommer einen Aufstieg wagt) in jedem Fall dabei haben]
[Bild: Die prächtige Vollandspitze (2928 m.) gehört zu den eher selten bestiegenen hohen Bergen des Verwall. Dieser höchste Gipfel des südlichen Fasulkammes kann z. B. über den Nordgrat (Stellen III-), die Westwand (II) oder den Fasulferner (oben steil!) bestiegen werden. Vermutlich dürfte man diesen aussichtsreichen Verwaller Gesellen exklusiv für sich haben, stehlen ihm doch Patteriol und Kuchenspitze ziemlich die Schau]
[Bild: Im oberen Bereich der Rinne erfolgt über plattiges Gelände eine markante Aufwärtsquerung nach (in Aufstiegsrichtung) rechts bzw. Nordosten. Bei trockenem Fels handelt es sich hierbei um eine relativ unschwierige Passage, mit echten Kletter- / Kraxelpassagen wird man nicht konfrontiert. Liegt jedoch Schnee auf den Platten oder sind diese nach einem Regenschauer aufgrund der Nässe unangenehm abschüssig, kann dieser Teil der Route schnell kritisch werden. Wir haben (obwohl es sich klettertechnisch um prinzipiell relativ harmloses Terrain handelt) hier sogar einen relativ neuen Bohrhaken gefunden]
[Bild: Nach dem plattigen Gelände, einer Begrenzungsrippe und einem anschließenden (steilen und relativ unangenehm zu begehenden) Geröllkar, welches man geradewegs nach Nordosten queren muss (nicht linkerhand durch den steilen Schutt zur Scharte zwischen Horn (3003 m.) und Patteriol aufsteigen!), geht es über eine Felsrippe steil bergauf. Auch wenn man beim Kraxeln über die von Felsstufen und Blockwerk geprägte Rippe stets auf Steinschlag achtgeben muss, handelt es sich doch um einen der landschaftlich schönsten Abschnitte der Route, ist die Kletterei doch nie wirklich schwierig (max. I-II) oder allzu ausgesetzt. Man gewinnt sehr schnell an Höhe, während der Patteriol-Gipfel immer näher kommt]
[Bild: Ausblick beim Aufstieg über die Felsrippe über den südlichen Fasulkamm (Vollandspitze, Fasulspitze etc.) zur Silvretta - Die markante Felsspitze ist das 2023 von einem gewaltigen Bergsturz erschütterte und höhentechnisch gestutzte Fluchthorn (3397 m.), während man weiter rechts (hinter der Vollandspitze) u. a. den Piz Buin (3312 m.) erkennen kann. Ganz links grüßt der Muttler (3296 m.) in der Samnaungruppe herüber, während geübte Augen (links vom Fluchthorn) sogar den Ortler (3905 m.) in der Ferne ausmachen können]
[Bild: Im oberen Bereich der Felsrippe, über die man sich (aus dem steilen Geröllkar zwischen Horn (3003 m.) und Patteriol (3056 m.) kommend) dem Gipfelaufbau annähert. Nur mehr ein paar Felsblöcke und -stufen müssen überwunden werden, dann wechselt man kurzzeitig in die schattige Nordflanke. Denn der anspruchsvollste Abschnitt der Normalroute steht uns noch bevor: die Besteigung des Patteriol muss man sich im wahrsten Sinne des Wortes hart verdienen]
[Bild: Gipfelgrat des Patteriol (3056 m.) - Leider kann man von hier nicht einfach über den Grat „spazieren“ und sich unkompliziert dem Gipfelaufbau nähern. Es gilt, der Gratschneide von hier noch ein kurzes Stück zu folgen, dann jedoch bald linkerhand etwas absteigend in die Nordflanke zu wechseln und über abschüssiges, teilweise ausgesetztes Plattengelände (II) unterhalb der Gratschneide zum Gipfelaufbau herüber zu queren]
[Bild: In der Patteriol Nordflanke, in der man (nur wenige Meter unterhalb des Grates) zu der Scharte vor dem Gipfelaufbau herüberqueren muss. Knackpunkt ist hier (wie auch in unserem Fall) oftmals der Altschnee, welcher in Form betonharter Firnrinnen ein Queren massiv erschweren oder sogar unmöglich machen kann. Schon viele Bergsteiger sind an dieser Stelle umgekehrt, da sie (selbst mit Steigeisen und Eispickel bewaffnet) eine Querung risikotechnisch nicht verantworten konnten bzw. wollten (wer hier linkerhand im steilen Firn abrutscht, wird mutmaßlich sterben). Auch wir müssen erst ein bisschen rumprobieren (inkl. einem kleinen Verhauer), bis wir einen gangbaren Abstieg in die Flanke finden, der eine Querung zur Scharte ermöglicht: In unserem Fall definitiv der anspruchsvollste Teil des Aufstiegs zum Patteriol]
[Bild: Schlussanstieg zum Patteriol: Nachdem wir die Querung in der Nordflanke gut bewältigt haben, geht es im leichten Kraxelgelände (max. I) aus der Scharte zwischen Süd- und Hauptgipfel in wenigen Minuten zum höchsten Punkt. Da wir in der Nordflanke aufgrund der tückischen Altschneefelder bzw. Firnrinnen kurzzeitig gezweifelt hatten, ob wir es tatsächlich bis zum höchsten Punkt schaffen würden, fliegen wir diese letzten Höhenmeter förmlich empor... Die Euphorie ist zurück!]
[Bild: Ausblick vom Patteriol (3056 m.) über das Schönverwalltal und die Pflunspitzen in Richtung Lechquellengebirge (rechts hinten in der Ferne) - Da der Patteriol (mit Ausnahme der Kuchenspitze bzw. Küchlspitze im Osten) alle umliegenden Gipfel und Täler sehr deutlich überragt, kommt der „Aussichtskanzel-Faktor“ hier besonders gut zum Tragen. Ringsherum ist einfach alles steil, wild und vertikal]
[Bild: Tiefblick vom Patteriol (3056 m.) zur Abzweigung vom Schönverwalltal in Richtung Freschalp(e) bzw. Langer See - Wie deutlich sich das Verwall landschaftlich von anderen Gebirgsgruppen der Zentralalpen / Nördlichen Kalkalpen unterscheidet, wird hier gut deutlich: Solche weiten, nur von wenigen Almen und Schotterwegen durchzogenen Hochtäler habe ich in der Form in den Ostalpen bisher nur sehr wenige gesehen]
[Bild: Wie wild und abweisend sich ein Aufenthalt am Gipfel des Patteriol (3056 m.) anfühlt, wird hier fast greifbar: Zu allen Seiten stürzen imposante Wände, Felsrippen und Grate in die Tiefe (rechts zeigt sich im Profil die Felsrippe, über die wir zum Gipfelgrat aufgestiegen sind), wodurch der Eindruck der Vertikale hier besonders intensiv ist. Mittig im Bild erkennt man den hinteren Bereich des Fasultales (über das man z. B. nach Galtür oder Ischgl gelangen kann), während in der Ferne Samnaungruppe und Silvretta herübergrüßen]
[Bild: Das östlich vom Patteriol (3056 m.) aufragende Gipfelpaar bestehend aus Kuchenspitze (3148 m.) und Küchlspitze (3147 m.) ist (nicht zuletzt aufgrund der wildgezackten Gipfelschneide) die Krone des Verwall. Der Hohe Riffler (3168 m.) mag der höchste Berg dieser schönen Gebirgsgruppe sein. Doch an Erhabenheit, Wucht und Wildheit wird er von diesem mitten im Zentrum des Verwall gelegenen Duo haushoch geschlagen. Besteigen kann man Kuchenspitze und Küchlspitze über eine Vielzahl von Routen, doch alle sind hochalpin, anspruchsvoll (mind. II-III) und teilweise arg von klimawandelbedingter Ausaperung betroffen. Von Westen her können die Gipfel über ihre jeweilige SW-Wand (II) bestiegen werden, wobei sich nur wirklich hochalpin erfahrene Bergsteiger an diesen beiden brettharten „Keulen“ versuchen sollten]
[Bild: Ausblick vom Patteriol (3056 m.) nach Norden zum Zusammentreffen von Schönverwalltal (links) und Fasultal (rechts), wo sich gleichzeitig auch die Konstanzer Hütte (1688 m.) befindet. Im Hintergrund zeigen sich (ganz links hinten) das Lechquellengebirge mit der Braunarlspitze (2649 m.) und der Unteren Wildgrubenspitze (2753 m.) sowie (mittig) über dem Arlberg die westlichen Lechtaler Alpen (Valluga, Weißschrofenspitze) mit den Allgäuer Alpen schräg rechts dahinter]
[Bild: Gipfelglück auf dem Patteriol (3056 m.) inmitten des schönen Verwall. Schon seit vielen Jahren wollte ich dieser zwischen Silvretta, Rätikon, Lechquellengebirge und Lechtaler Alpen „eingequetschten“ Gebirgsgruppe an der Grenze von Vorarlberg und Tirol einen Besuch abstatten und nun hat es endlich geklappt. Dass es dann bei der ersten Verwall-Tour gleich der Patteriol geworden ist (und dann noch dazu bei so traumhaftem AKW), ich hätte es mir nicht besser ausmalen können. Das Leben ist schön]
[Bild: Blick vom Patteriol (3056 m.) zum vorgelagerten Südgipfel und zum Horn (3003 m.) rechts daneben. Rechterhand präsentiert sich der obere Teil der noch von zahlreichen Altschneefeldern und Firnrinnen dekorierten Nordflanke. Sehr bald werden wir uns wieder daran machen, diese düsteren Abstürze in ihrem oberen Bereich zu queren. Doch da wir nun wissen, dass es „gut geht“, sind wir relativ entspannt. Und so lassen wir noch ein letztes Mal den Blick in Richtung Silvretta schweifen, bevor wir uns schließlich an den (langen!) Abstieg ins Tal machen]
[Bild: Von der Scharte zwischen Patteriol Haupt- und Südgipfel geht es ein kurzes Stück nach links bergauf, bis der Grat abrupt aufsteilt und ein (seilfreies) Weiterkommen unmöglich macht. An der Stelle (schräg rechts unterhalb vom Schneefeld) erfolgt dann die leicht abwärts führende Querung in die Nordflanke]
[Bild: Kletterei (I-II) am Gipfelgrat des Patteriol. Es ist steiler und ausgesetzter, als es auf dem Bild den Anschein hat. 2,5 Stunden haben wir ab der Abzweigung vom Bruckmannweg für den Aufstieg (für nur ca. 400 Hm) gebraucht und auch im Abstieg wird es nicht wesentlich schneller gehen. Am Patteriol will jeder Griff und Tritt geprüft werden, ist das Gestein doch leider teilweise ziemlich locker und unzuverlässig]
[Bild: Bevor es über die markante Felsrippe der Südflanke wieder abwärts geht, werfen wir noch einen letzten Blick über den schroffen Gipfelgrat zurück zum Patteriol-Gipfel. Bis auf einen kleinen 10-Minuten-Verhauer (oder eher „Test“) in der Nordflanke, der kurzzeitig etwas an den Nerven gezehrt hat, haben wir die Route stets auf Anhieb gefunden. All die Schauergeschichten über falsch stehende Steinmännchen, die einen in die Irre leiten, können wir nur bedingt bestätigen. Wer sich mit einer guten, belastbaren Routenbeschreibung und ein paar ausgedruckten Bildern bzw. Screenshots der neuralgischen Stellen auf den Weg macht, sollte eigentlich keine größeren Orientierungsschwierigkeiten bekommen]
[Bild: Inmitten der Patteriol Südabstürze fühlt man sich klein und unbedeutend, ist man doch ringsherum von vogelwilden, hochgradig brüchigen Felswänden und Graten umgeben. Wir halten uns brav an „unsere“ Felsrippe und arbeiten uns vorsichtig im I-IIer Gelände bergab. Da die Felsrippe zu keiner Zeit stark ausgesetzt oder unangenehm abschüssig ist, können wir das Ganze (trotz Steinschlaggefahr) auch genießen, fühlen wir uns doch (auch angesichts des stabilen Hochdruckwetters) absolut sicher]
[Bild: Tiefblick über die steile Felsrippe der Patteriol Südabstürze ins hintere Fasultal, welches im Osten von so illustren und vor allem völlig unbekannten Gestalten wie den Schönpleisköpfen, dem Karkopf oder dem Matnalkopf überragt wird. Hinter den genannten Gipfeln befindet sich das Paznauntal, welches von Pians/Grins via Ischgl und Galtür bis zur Bielerhöhe führt. Gleichzeitig befindet sich hinter Bergkamm rechts im Hintergrund auch der Verbindungsweg („Paznauner Höhenweg“) von der Darmstädter Hütte zur Neuen Heilbronner Hütte, während sich (links) die Küchlspitze (3147 m.) von all dem gänzlich unbeeindruckt zeigt. Was für Möglichkeiten...]
[Bild: Innehalten im unteren Bereich der Felsrippe, bevor wir an geeigneter Stelle auf das steile Geröllkar queren, welches von der Scharte zwischen Horn (3003 m.) und Patteriol (3056 m.) herunterkommt. Während wir beim Abstieg die kühne Spitze (links im Hintergrund) des Fluchthorns (3397 m.) stets vor Augen haben, muss ich immer wieder an das Jahr 2023 denken, als bei einem gewaltigen Bergsturz der Südgipfel (damals 3399 m., heute ca. 3380 m.) kollabierte. Tatächlich hatte ich für den Sommer 23 eine (schon lange geplante) Besteigung des Fluchthorn Südgipfels via Weilenmannrinne (Normalroute) anvisiert... Tja, daraus wird wohl vernünftigerweise nie etwas, sollte man die Gipfel des Fluchthorns doch vorerst (= für mutmaßlich viele Jahre!) meiden]
[Bild: Ausblick über das steile, unangenehm zu begehende Geröllkar zum Horn (3003 m.) - Dieser stolze Nebengipfel des Patteriol ist einer von gerademal neun 3000ern der Verwallgruppe. Will man sich auch diese kecke Spitze ins Tourenbuch schreiben, muss man durch das Geröllkar zunächst bergauf in Richtung der Scharte steigen. Noch vor der Scharte muss man jedoch links über eine Rinne (bzw. am besten in den entsprechenden Begrenzungsfelsen), durch welche das Kar mit dem Grat verbunden ist, zur Kammhöhe und dann linkerhand unschwierig (aber teilweise ausgesetzt) zum Gipfel]
[Bild: In der mühsamen Querung des Geröllkares, welche entscheidend ist, um die Einstiegsrinne zu erreichen. Als (grober) Orientierungspunkt kann die vom Horn herabreichende Felsrippe (rechts) dienen. Allerdings sollte man sich hier nicht zu hoch halten, da man sonst in schwieriges Felsgelände kommt. Da die Abwärtsquerung in die Rinne sinnvollerweise wieder über die markante Felsplatte erfolgt, sollte man sich gut nach Steinmännchen umschauen und im Zweifel lieber etwas länger Ausschau halten. Wir haben das in die Rinne führende, plattige Felsgelände auf Anhieb (wieder) gefunden, hatten keinerlei Orientierungsschwierigkeiten und fanden den Routenverlauf eigentlich sehr logisch / natürlich]
[Bild: Was für ein Berg! Die Küchlspitze (3147 m.) gehört definitiv zu den bergsteigerischen Trophäen des Verwall. Die meisten der Wanderer, die auf dem Bruckmannweg unterwegs sind bzw. Konstanzer oder Darmstädter Hütte ansteuern, werden zwar ehrfurchtsvoll zu diesem mehrgipfeligen Felskastell emporblicken, aber vermutlich keine Besteigung in Erwägung ziehen. Wer indes über profunde Alpin- bzw. Klettererfahrung (II-III inkl. Reserven) sowie absolute Trittsicherheit und Schwindelfreiheit verfügt, kann ggf. via Ostgrat (II) oder Südwestwand (II) einen Versuch wagen, wobei nach oben hin natürlich kaum routentechnische Grenzen gesetzt sind]
[Bild: Kurz vor dem plattigen Felsgelände, welches rechterhand in Form einer technisch unschwierigen Abwärtsquerung (max. I) in die steile Einstiegsrinne leitet. Da der Einstieg in die Rinne aufgrund der steilen Altschneereste im oberen Abschnitt mutmaßlich etwas knifflig wird, halten wir vorher noch einmal inne, um den nach wie vor grandiosen Ausblick in Richtung Silvretta und Samnaun zu genießen. Denn obwohl es mittlerweile schon Nachmittag ist, zieren immer noch kaum Quellwolken den Himmel. Es ist einfach ein Tag für die Götter]
[Bild: Im unteren Abschnitt der Rinne sind die größten Schwierigkeiten bereits geschafft. Nur mehr ein paar technisch einfache Kraxelstellen (I) trennen uns von dem steilen Geröllfeld unterhalb der Patteriol Südabstürze, über das es zu der Anhöhe (rechts der Bildmitte) geht, welche den höchsten Punkt des Bruckmannweges (und damit das Ende der eigentlichen Gipfeltour) markiert. Während das „Abenteuer Patteriol“ nun also so langsam aber sicher auszulaufen beginnt, ziehen Kuchenspitze (3148 m.) und Küchlspitze (3147 m.) angesichts der mittlerweile perfekten Ausleuchtung die Blicke fast schon magisch an]
[Bild: Rückblick über die steile Rinne, welche den Anfang oder das Ende einer Patteriol-Gipfelbesteigung markiert. Mehr als ein bisschen steinschlaggefährdete Kraxelei (I-II) wird zwar nicht verlangt. Dennoch signalisiert die Rinne sehr deutlich, dass man sich nun im weglosen bzw. ernsten Felsgelände bewegt. Ist die Rinne noch ganz oder (wie in unserem Fall) teilweise mit (Alt-)Schnee gefüllt, steigen die technischen Schwierigkeiten noch einmal markant an]
[Bild: Genussbergsteigen im traumhaft schönen Verwall - Während wir es hier mittlerweile fast wieder auf die Geröllflanke unterhalb der Patteriol Südabstürze geschafft haben, zeigen sich Kuchenspitze (3148 m.) und Küchlspitze (3147 m.) von hier von einer ihrer absoluten Schokoladenseiten! Eines Tages werde ich mir auch diese formschönen Verwaller Giganten vornehmen, hier und heute sind sie jedoch einfach „nur“ hochalpine Bilderbuchkulisse für die anstehende Wanderung zum Wannenjöchli]
[Bild: Entspanntes Auslaufen im Geröll unterhalb der Patteriol Einstiegsrinne. Nun liegen alle technischen Schwierigkeiten hinter uns, so dass wir de facto in den Autopilotmodus schalten können. Auch wenn von hier der schnellste Weg zurück zur Konstanzer Hütte bzw. ins Tal über den uns bekannten östlichen Teil des Bruckmannweges (Zustieg via Fasultal) führen würde, beschließen wir, die „Extended Version“ via Wannenjöchli und Schönverwalltal zu gehen. Das Wetter ist einfach zu verheißungsvoll, um die optionale Umrundung des Patteriol einfach auszulassen]
[Bild: Rückblick vom Bruckmannweg zum Patteriol (3056 m.) - Wüsste man nicht um die Möglichkeit einer technisch einigermaßen einfachen Besteigung, man käme wohl nie auf den Gedanken, dass man von hier einigermaßen unkompliziert (max. I-II) den Gipfelgrat erreichen kann. Am heutigen Tag waren wir übrigens (trotz des Wetters!) die einzigen Menschen, die den Patteriol über die Normalroute bestiegen haben. Inwieweit Kletterer heute (z. B. am NO-Grat) am Berg unterwegs waren, ist uns dagegen nicht bekannt. Überlaufen ist der Patteriol jedoch definitiv nicht]
[Bild: Von der Anhöhe des Bruckmannweges (südlich des Patteriol) aus präsentiert sich im SW die Fasulspitze (2835 m.) als wuchtiger, monolithischer Felsturm. Doch dieser Eindruck täuscht gewaltig, wie man spätestens im Wannenjöchli (2633 m.) feststellen wird. Bei der Fasulspitze handelt es sich nämlich um einen der wildesten, am seltensten bestiegenen Gipfel des Verwall, besteht der Gipfelaufbau doch aus zahlreichen imposanten Türmen und Felsnadeln, die einen dezent an die Dolomiten erinnern]
[Bild: Unterwegs auf dem Bruckmannweg in Richtung Wannenjöchli, welches von Fasulspitze (südlich) und Patteriol (nördlich) eingerahmt wird. Der nun folgende Übergang vom Fasultal ins Schönverwalltal ist zweifellos der landschaftliche Höhepunkt beim Übergang von der Konstanzer zur Neuen Heilbronner Hütte. Zwar kann man den Patteriol auch westlich passieren (wobei man lediglich das Schönverwalltal durchschreitet), was v. a. als Schlechtwetteralternative zu empfehlen ist. In unserem Fall ist die faktische Umrundung des Patteriol jedoch die logische Fortsetzung eines bisher schlichtweg grandiosen Tourentages und auch grundsätzlich jedem zu empfehlen, der hier von Hütte zu Hütte wandert]
[Bild: Kuchenspitze (3148 m.) und Küchlspitze (3147 m.) im Zoom vom Wannenjöchli (2633 m.) aus gesehen. Was für einen Nimbus, was für einen Ruf speziell die Kuchenspitze hat, verdeutlicht die Beschreibung im Alpenvereinsführer sehr gut. Dort wird sie als „Mini Jorasses", die sich als „breite, fünfgipflige Felsmauer, [...] über blendendem Firn erhebt“, tituliert. Der blendende Firn mag klimawandelbedingt stark gelitten und vielfach auch komplett verschwunden sein, doch strahlen die Kuchenspitze und ihre Trabanten nach wie vor eine ganz besondere Aura aus, die (v. a. im Winter oder nach einem Neuschneefall) vielleicht tatsächlich ein bisschen an den berühmten 4000er im Mont-Blanc-Gruppe erinnert]
[Bild: Ein letzter Rückblick vom Wannenjöchli (2633 m.) in Richtung Fasultal und zum gewaltigen Bergmassiv rund um Kuchenspitze (3148 m.) bzw. Küchlspitze (3147 m.), bevor es nach SW abwärts gen Schönverwalltal geht. Solche Tage wie heute, wettertechnisch absolut perfekt (= wolkenlos und windstill) und zugleich mit maximaler Tageshelligkeit gesegnet, sie sind selten und daher umso kostbarer]
[Bild: Südlich über dem Wannenjöchli (2633 m.) zeigt die Fasulspitze, warum sie als einer der (via Normalroute) am schwierigsten zu besteigenden Berge der Ostalpen gilt und man praktisch kaum Informationen im Netz bzw. Alpenvereinsführer findet. Die kühne, fast schon unverschämt schlanke Fasulnadel (2835 m.) stellt den höchsten Punkt des Berges dar und kann nur in schwieriger Kletterei (V, 0,5 h ab Fasulscharte) erklommen werden. Die Nördliche Fasulspitze (der Gipfel links außen) ist etwas leichter (Stelle III, sonst II, 1 h ab Wannenjöchli), aber definitiv auch nicht geschenkt]
[Bild: Beim Abstieg vom Wannenjöchli in Richtung Schönverwalltal kommt man nach kurzer Zeit am pittoresken Wannensee vorbei, welcher an einem heißen Tag wie heute für viele Wanderer eine willkommene Erfrischung darstellt. Aufgrund der Höhenlage und der frühsommerlichen Speisung durch Schmelzwasser handelt es sich dabei aber um eine eher frische Angelegenheit]
[Bild: An den Ufern des idyllischen Wannensees - Bei einer Wassertemperatur von nur knapp über 0 Grad Celsius dauert es meist nicht sehr lange, bis badende Wanderer wieder an Ufer kommen. Während wir eine kurze Pause am See machen und die Spiegelungen der Berge im Wasser bewundern, wird mir wieder einmal bewusst, wie sehr mir manchmal Seen und Gebirgsbäche in den (aufgrund von Topographie bzw. Geologie tendenziell doch eher trockeneren) Nördlichen Kalkalpen fehlen. Es ist schon eine feine Sache, wenn (gefühlt) alle paar Meter ein Gebirgssee auftaucht oder man an einem Wasserlauf seine Wasserflasche auffüllen kann]
[Bild: Unnahbar wirkt das Massiv der Fasulspitze (2835 m.) vom Wannensee aus. Und hier täuscht der Eindruck auch tatsächlich nicht, zählt die Besteigung des höchsten Punktes mit dem Namen Fasulnadel (links hinten) doch zum Anspruchsvollsten (V, starke Ausgesetztheit), was man hier in der Umgebung in Bezug auf eine Normalroute (!) unternehmen kann]
[Bild: Bei der langen Querung der vom Fasulkamm ins Schönverwalltal herabreichenden Bergflanken bleibt der Blick (nicht nur einmal) am höchsten Gipfel der Fluhgruppe hängen: dem Schrottenkopf (2890 m.) - Dieser schöne Berg wird von keinem bezeichneten Steig erreicht, kann jedoch von der Neuen Heilbronner Hütte aus weglos über die West- bzw. Südflanke erreicht werden. Mehr als ein bisschen einfache Kraxelei (max. I) wird für eine Besteigung nicht verlangt]
[Bild: Eine Landschaft, die mich ein bisschen an die weiten Fjell-Hochtäler Skandinaviens erinnert: Beim Abstieg ins hintere Schönverwalltal kommen wir aus dem Staunen kaum mehr heraus, so ästhetisch, so paradiesisch-grün präsentiert sich dieser (teilweise auch Ochsental genannte) Teil des Verwall. Gäbe es nicht zahlreiche markierte Wanderwege, Hütten und Schafherden im näheren Umfeld, man könnte mir dieses traumhaft schöne Hochtal als norwegische Wildnis verkaufen]
[Bild: Inmitten der frühsommerlichen, intensiv-grünen Weiten des hinteren Schönverwalltales (laut AV-Karte auch Ochsental genannt) - Unschwierig leitet der Bruckmannweg über die westlichen Hänge des Fasulkammes in südliche Richtung bergab, um dann im Talgrund schließlich einen Rechtsbogen zu machen und entlang des Flusses Rosanna wieder nach Norden (in Richtung Konstanzer Hütte) zu führen]
[Bild: Bevor der Weg durch das Schönverwalltal zurück zur Konstanzer Hütte schließlich in eine monotone Schotterpiste übergeht, geht es noch ein Stück an der malerischen Rosanna entlang. Die wandertechnische Pflicht ist geschafft, jetzt folgt bald die buchstäbliche „Hatscher-Kür“. Und so wandern wir vor uns hin, lassen den Gedanken freien Lauf, während linkerhand so unbekannte Spitzen wie der Valschavielkopf (2696 m.) vorbeiziehen]
[Bild: Inmitten des wunderbaren Schönverwalltales zwischen Patteriol, Fraschkopf (Faraschkopf) und Drosberg (Drosbergkopf) - Während wir entspannt das Tal in Richtung Konstanzer Hütte durchschreiten, fliegen die Gedanken unweigerlich empor zum erst vor wenigen Stunden betretenen Patteriol-Gipfel. Was für eine Wahnsinnstour das heute war! Es ist schon etwas Besonderes, auf solch einem wilden Felshorn zu stehen, das irgendwie (gefühlt) den Kletterern vorbehalten ist. Tatsächlich aber kann der Patteriol-Normalweg jedem absolut trittsicheren, schwindelfreien und kletteraffinen Alpinbergsteiger wärmstens empfohlen werden, geht die technische Schwierigkeit (sofern man sich nicht versteigt) doch nie über II. hinaus. Die Tour ist in Summe sehr anspruchsvoll, nicht zuletzt aufgrund der (trotz Steinmännchen) stellenweise etwas kniffligen Orientierung und des anhaltend ernsten Absturzgeländes. Man muss über ca. 4,5-5 Stunden seine sieben Sinne voll beisammen haben, kann man sich einen kapitalen Fehler zwischen Einstiegsrinne und Gipfel doch keinesfalls leisten. Am Patteriol ist alles steil, wild und vertikal. Wenn aber die genannten Anforderungen erfüllt werden und man dann auch noch von so wunderbarem Hochdruckwetter verwöhnt wird, wie wir es hatten, dann steht einem großen, erfüllenden Berg-Abenteuer im Herzen des Verwall nichts im Wege. Mein erster Verwall-Gipfel: der Patteriol. Hört sich in meinem Kopf wirklich sehr gut an und ich weiß, dass ich definitiv (!) wiederkommen werde. Die Kuchenspitze ruft...]
Pleisenspitze (2569 m.)
01. Mai 2025
[Bild: Ausblick von der herrlich gelegenen Pleisenhütte (1757 m.) zum Hohen Gleirsch (2492 m.) und seinem langgezogenen Westgrat, über den eine in weiten Abschnitten weglose, aber technisch wenig schwierige Anstiegsroute auf diesen lohnenden Aussichtsgipfel führt. Links vom Gleirsch präsentieren sich stolz die abweisenden Jägerkarspitzen und (ganz links) die Westliche Praxmarerkarspitze (2642 m.), während rechts im Hintergrund Brandjochspitzen und Kleiner Solstein (2637 m.) herübergrüßen. Bei der Aussicht kein Wunder, dass der legendäre Pleisentoni hier Mitte des 20. Jahrhunderts auf den Gedanken kam, ein Schutzhütte zu errichten]
[Bild: Ausblick von der Pleisenhütte (1757 m.) über den Talboden von Scharnitz zur Mieminger Kette - Während Hohe Munde (2662 m.) und Hochwand (2719 m.) in diesem Jahr Anfang Mai schon (fast) sommerlich wirken, ist im Verwall (links in der Ferne) noch tiefer Winter. Der Anstiegsweg von Scharnitz zur Pleisenhütte ist indes eine entspannte Angelegenheit, handelt es sich doch (abgesehen von ein paar optionalen Wanderweg-Shortcuts) die meiste Zeit um eine relativ flache Schotterpiste]
[Bild: Von der Pleisenhütte führt der Weg zunächst durch lichten Bergwald und weiter oben dann durch Latschen unschwierig bergauf bis zu einer Wegkreuzung (an dieser Stelle muss man sich zwischen Pleisenspitze und Toni-Gaugg-Weg entscheiden). Schon hier ist absehbar, dass es sich wohl auch weiterhin um eine ziemlich schneefreie Angelegenheit handeln wird, befindet sich doch bereits im kesselartigen Vorderkar kaum mehr vom „weißen Gold“]
[Bild: Im Gegensatz zum Hinteren Pleisengrat (auch als „die Pleisen“ bezeichnet) fristet der das Vorderkar westlich begrenzende Vordere Pleisengrat (links) ein ziemliches Schattendasein, weichen hier doch kaum je Wanderer vom markierten Normalweg ab. Ganz so verloren und entlegen wie so viele andere Hochkare im Karwendel ist das Vorderkar zwar nicht, aber auch hier gilt theoretisch die alte Weisheit, dass man im Grunde meistens nur wenige Meter von den markierten Hauptrouten abweichen muss, um Stille und Bergeinsamkeit vorzufinden - Nicht dass der Normalweg auf die Pleisenspitze heute überlaufen wäre! Abgesehen von uns sind heute nur noch zwei weitere Wanderer unterwegs...]
[Bild: Während wir dem markierten Wanderweg über grasige Schrofenhänge unschwierig bergauf folgen und langsam aber sicher die Kammhöhe der Pleisen (Hinterer Pleisengrat) gewinnen, weitet sich das Panorama mit jedem hinter uns liegenden Höhenmeter: Ob nun Stubaier Alpen, Verwall, Mieminger Kette oder Wetterstein, das Auge weiß im Grunde fast nicht, auf welcher grandiosen Ostalpen-Gebirgsgruppe es denn nun ruhen soll...]
[Bild: Im Anstieg zum Hinteren Pleisengrat - Nur wenige Karwendel-Gipfel der zentralen Hinterautal-Vomper-Kette (darunter z. B. die Birkkarspitze oder die Lamsenspitze) können so vergleichsweise einfach bestiegen werden, wie die Pleisenspitze. Kraxelei (oder gar Kletterei) wird an keiner Stelle verlangt, abgesehen von einem Mindestmaß an Trittsicherheit und Bergerfahrung braucht es hier (angesichts der 1600 zu bewältigenden Hm) letztlich v. a. Kondition]
[Bild: Im oberen Bereich der Pleisen wird der Hintere Pleisengrat zunehmend felsiger, aber nie wirklich steil oder technisch anspruchsvoll. Stets etwas links unterhalb der Kammhöhe geht es entspannt dahin, während der höchste Punkt nur langsam näher kommen will. Aber wir haben es nicht eilig, handelt es sich doch um einen wettertechnisch absolut stabilen, maximal sonnigen Traumtag]
[Bild: Rückblick vom Hinteren Pleisengrat zum Hoher Gleirsch W-Grat (links), zu den Solsteinen (links in der Ferne) und zu den noch tief verschneiten Ötztaler Alpen (mittig am Horizont) - Wie viele Wanderer, Bergsteiger und Skitourengeher wohl den heutigen Tag in Tirol nutzen...? An der Pleisenspitze hält sich die Zahl in jedem Fall erstaunlicherweise sehr in Grenzen]
[Bild: Am Gipfelaufbau der Pleisenspitze angekommen, offenbart sich erstmals ein spektakulärer Ausblick zur östlich gelegenen Larchetkarspitze (2541 m.) mit ihrem langgezogenen, zerklüfteten Südgrat, der u. a. vom unbekannten Gaugg-Turm (2491 m.) gekrönt wird. Der höchste Punkt des westlichen Endpunkts der Hinterautal-Vomper-Kette ist nun nicht mehr weit weg]
[Bild: Nur noch wenige Meter bis zum Gipfelkreuz der Pleisenspitze (2569 m.) - Bis auf zwei kurze, völlig harmlose Schneefelder im oberen Bereich der Pleisen war der Normalweg heute tatsächlich bereits zu 99 % schneefrei und das Anfang Mai! Was den Bergwanderer bzw. Bergsteiger tendenziell wohl freut, muss im Grunde genommen aber sehr zu denken geben. Ich bin mal gespannt, wie es den Ostalpen-Gletschern diesen Sommer ergehen wird...]
[Bild: Ausblick von der Pleisenspitze (2569 m.) zur Nördlichen Karwendelkette, die so illustre Berggestalten wie (links) den Wörner (2474 m.) und die Hochkarspitze (2482 m.) sowie (ganz rechts) die Vogelkarspitze (2522 m.) und die Östliche Karwendelspitze (2537 m.) aufweist. Ein jeder dieser schönen Gipfel kann auf lohnenden Normalrouten (Kraxelbereich I-II, viele davon weglos bzw. unmarkiert) bestiegen werden]
[Bild: Vom Gipfel der Pleisenspitze (2569 m.) kann man den Großteil des Aufstiegsweges über den Hinteren Pleisengrat sehr gut einsehen. Während der breite Kamm linkerhand (östlich) in steilen Felswänden ins Mitterkar abbricht, läuft er auf der anderen Seite vergleichsweise sanft aus. Grandios ist natürlich auch die Aussicht, zeigen sich im Hintergrund (von links nach rechts) doch so eindrucksvolle Gipfel wie die Westliche Praxmarerkarspitze (2642 m.), die Mittlere Jägerkarspitze (2608 m.), die Solsteine sowie die Erlspitze (2405 m.) - Ganz rechts am Horizont sind zudem Teile der Stubaier und Ötztaler Alpen erkennbar]
[Bild: Wörner (2474 m.) und Hochkarspitze (2482 m.) im Zoom von der Pleisenspitze (2569 m.) aus gesehen - Während der Wörner meist über die Westflanke (Stelle II, viel I, markiert) bestiegen wird, ist der Anstieg von Süden aus dem Großkar (II, brüchig und ausgesetzt laut AVF) den meisten Karwendel-Bergsteigern tendenziell unbekannt. Die südlichen Anstiege auf die formschöne Hochkarspitze (Südgrat, Route von SW aus dem Großkar, Route von SO aus dem Hochkar) sind ebenfalls nicht trivial, da sie v. a. weglos bzw. wenig begangen und daher entsprechend ernst sind]
[Bild: Die höchsten, noch tief verschneiten Karwendel-Gipfel im Zentrum der Hinterautal-Vomper-Kette (im Zoom) von der Pleisenspitze (2569 m.) - Ganz links erkennt man (im Vordergrund) die schroffe Larchetkarspitze (2541 m.), welche von dieser Seite von Südwesten eine ziemlich ruppige Angelegenheit (bis III- am Gipfelaufbau) ist, von der anderen Seite aus dem Hinterkar jedoch leicht (I) erstiegen werden kann. Direkt hinter der Larchetkarspitze erkennt man die Große Riedlkarspitze (2585 m.), welche auf einer Vielzahl von weglosen Anstiegen vergleichsweise einfach „zu haben“ ist. Im Hintergrund ragen indes (von links nach rechts) die Ödkarspitzen, die Birkkarspitze (2749 m.), die Kaltwasserkarspitze (2733 m.) und die Große Seekarspitze (2677 m.) in den Himmel: Höher geht's nimmer im Karwendel!]
[Bild: Vogelkarspitze (2522 m.) und Östliche Karwendelspitze (2537 m.) im Zoom von der Pleisenspitze - Hierbei handelt es sich um die beiden höchsten Gipfel der Nördlichen Karwendelkette, über die im westlichen Abschnitt die deutsch-österreichische Grenze verläuft. Beide Gipfel können von Süden vom Karwendelhaus bzw. Hochalmsattel in ca. 2,5-3 Stunden in verschiedensten Varianten bestiegen werden. Zwar erhält v. a. die Östliche Karwendelspitze (als höchster Berg der Kette) noch regelmäßig Besuch, doch angesichts der nahen Birkkarspitze sowie des verlockenden Übergangs zur Falkenhütte ist es nicht verwunderlich, dass der Großteil der Wanderer und Bergsteiger eine Besteigung tendenziell eher nicht in Erwägung zieht]
[Bild: Gipfelglück auf der Pleisenspitze (2569 m.) am westlichen Rand der Hinterautal-Vomper-Kette - Als ich vor ca. 3,5 Jahren erstmals die Pleisenhütte ansteuerte, tat es mir in der Seele weh, diesen lohnenden Gipfel (angesichts des damals anstehenden Mammutprogramms: die Begehung des Toni-Gaugg-Weges an einem einzigen Tag) auszulassen. Umso glücklicher bin ich, dass es nun endlich mit der Besteigung dieses herrlichen Aussichtsgipfels geklappt hat. Viva Karwendel!]
[Bild: Blick von der Pleisenspitze (2569 m.) über die Hinterautal-Vomper-Kette, von der indes nur ein Teilabschnitt erkennbar ist, da die höchsten Karwendelspitzen rund um die Ödkarspitzen sowie die Birkkarspitze die dahinter liegende Fortsetzung verbergen. Wohl nur wenige Gebirge der Nördlichen Kalkalpen (wenn nicht gar der Ostalpen) vermitteln das Gefühl einer solchen Urlandschaft...]
[Bild: Ausblick von der Pleisenspitze (2569 m.) in Richtung Seefelder Plateau (mittig im Hintergrund), welches von Karwendel, Wetterstein, Mieminger Kette und dem Abbruch zum Inntal hin eingerahmt wird. Etwa in Bildmitte ist zudem Scharnitz (der Ausgangspunkt für die heutige Tagestour) erkennbar: Es wird also ein vergleichsweise langer Rückmarsch (1600 Hm, 11 km einfach) werden. Wem das als Tagestour zu viel ist, dem ist bei entsprechender Öffnung eine Übernachtung in der urigen Pleisenhütte in jedem Fall (!) zu empfehlen]
[Bild: Vielleicht der eindrucksvollste Ausblick von der Pleisenspitze (2569 m.): der östlich angrenzende Abbruch ins Mitterkar, über dem das langgezogene, abweisende Felsmassiv der Larchetkarspitze (2541 m.) in den Himmel ragt. Rechterhand zeigt sich mit dem von der Westlichen Praxmarerkarspitze zum Großen Lafatscher reichenden Bergkamm der vielleicht eindrucksvollste Abschnitt der Gleirsch-Halltal-Kette, die nach Norden hin in furchteinflößend-düsteren, geschlossenen Felswänden abbricht. Aber auch das Bettelwurf-Massiv (mittig im Hintergrund) und die höchsten Gipfel der Hinterautal-Vomper-Kette (links) ziehen die Blicke geradezu magisch an. Es fällt wirklich schwer, sich von diesem tollen Panorama zu lösen...]
[Bild: Beim Abstieg von der Pleisenspitze zur Pleisenhütte. Wir befinden uns hier bereits wieder am Beginn des Vorderkares, wo der Weg irgendwann in dichte Latschen mündet und anschließend linkerhand unschwierig weiter bergab führt, bis das Ganze schließlich nahtlos in den Bergwald übergeht. Mittlerweile hat sich auch die Quellwolkenbildung intensiviert, es fühlt sich tatsächlich (fast) hochsommerlich an]
[Bild: Während einer letzten (größeren) Pause bei der Pleisenhütte (1757 m.) genießen wir noch ein Mal den spektakulären Ausblick zum Hohen Gleirsch (2492 m.) und zu seinem Himmelsleiter-artigen W-Grat. Eine Überschreitung dieses markanten Berges, vielleicht mit anschließender Übernachtung in der Möslalm und Besteigung der Jägerkarspitze tagsdarauf (die bergsteigerischen Möglichkeiten, sie sind im Karwendel im Grunde genommen unendlich), kommt mir natürlich sofort in den Sinn... Doch hier und heute heißt es nun erst einmal, die gelungene Besteigung der Pleisenspitze und den damit geglückten Start in die Bergsaison 2025 gebührend zu „feiern“. Schade, dass die Hütte heute noch nicht offen hat, doch die launigen Hüttenabende, sie werden kommen. Schee war's! Wie eigentlich immer im Karwendel. Bis zum nächsten Mal]