Bergblog 2024 |
Dieser Blog präsentiert meine bergsteigerischen Highlights Die Darstellung der einzelnen Bergtouren erfolgt (im Gegensatz zu früheren Tourenberichten) in deutlich kompakterer Form. Es werden ausschließlich wenige (ausgewählte) Bilder pro Tour präsentiert, um den Dokumentations- und Arbeitsaufwand für mich auf Dauer beherrschbar zu halten. Der Schwerpunkt bei der Bildauswahl liegt auf ungewöhnlichen Perspektiven, besonderen Stimmungen und Motiven, die mir persönlich etwas bedeuten. Der Bergblog soll in erster Linie eine kurzweilige Inspiration für Besucherinnen und Besucher meiner Website sein - und ein virtuelles Tagebuch bzw. Tourenbuch für mich. Anfragen zur Bereitstellung ausführlicherer Informationen zu den einzelnen Touren werden natürlich weiterhin sehr gerne beantwortet. Bergtouren in den Berchtesgadener Alpen werden (ab 2019) in dem separaten Berchtesgadener Alpen Blog (BGA_Blog) dargestellt. Die entsprechende Verlinkung erfolgt zusätzlich unten über die Tourenliste der Bergtouren des Jahres 2024. |
Hinterreintalschrofen (2669 m.)
11. November 2024
[Bild: Spätherbstliche Impressionen in Wettersteingebirge und Mieminger Kette: Beim Aufstieg vom Parkplatz P5 im Gaistal (westlich von Leutasch) zur Rotmoosalm zieht die gewaltige Hochwand (2719 m.) alle Blicke auf sich. Gleichwohl wird der Berg von dieser Seite (von Norden) nur alle Jubeljahre einmal angegangen, zu brüchig, zu gefährlich sind die Nordabstürze der Mieminger Kette. Meist wird die Hochwand von Süden (z. B. von Telfs aus) über den markierten (aber ziemlich anspruchsvollen!) Normalweg bestiegen. Ambitionierte Bergsteiger mit Klettererfahrung werden sich dagegen am kühn geschwungenen Ostgrat (III-/III) versuchen, der am links ersichtlichen Karkopf (2469 m.) startet]
[Bild: Während es auf dem sogenannten Jägersteig entlang des Salzbaches durch kühlen Bergwald langsam empor geht und die sonnenbeschienenen Wetterstein-Südwände dabei immer näher kommen, baut sich auch im Rücken (im Süden) ein Prachtstück von Berg immer mehr auf: die Hohe Munde (2662 m.) - Dieser im zentralen Tiroler Raum fast von überall sichtbare, speziell von Osten unverwechselbare östliche Eckpfeiler der Mieminger Kette wird ganzjährig und häufig bestiegen, auch ich habe die Hohe Munde in 2018 schon überschritten. Sicherlich werden sich auch heute wieder einige Bergsteiger von der Rauthhütte aus auf den Weg machen, um das Seefelder Wahrzeichen zu besteigen. Die vogelwilde Nordwand dagegen dürfte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keinen Besuch erhalten]
[Bild: Herbstliche Morgenstimmung über dem Seefelder Plateau - Noch hat der Winter Tirol nicht im Griff, aber die mittlerweile extrem kurzen Tag werfen unmissverständlich ihre langen Schatten. Eine knappe Woche noch, dann dürfte der Wintertourismus in Seefeld wieder Einzug halten. Doch noch besteht die Gelegenheit, (wie in meinem Fall) große Bergtouren ohne Schneekontakt zu unternehmen: Der Hinterreintalschrofen (2669 m.) ist aufgrund der gnadenlosen Südexposition seines Normalweges nämlich ein „Berg für den Herbst“, wenn die Temperaturen in den Wetterstein-Südwänden moderat sind und man nicht gegrillt wird]
[Bild: Hinterreintalschrofen (2669 m.) aus dem Gebiet der freien Almflächen (Schafleger) zwischen Schönberg und Plattach - Auch wenn es sich um keinen wirklich markant hervortretenden Spitz handelt, stellt der Hinterreintalschrofen doch den höchsten Punkt der gesamten Wetterstein-Südwände zwischen Hochwanner und Leutascher Dreitorspitze dar. Von allen Seiten unnahbar wirkend, gibt es nur eine wirkliche „Schwachstelle“, die sich die Normalroute dann auch zu Nutze macht. Durch die prallen Wände führen dagegen zahlreiche Kletterrouten, einige davon wurden im Jahr 2022 saniert. Da die nahe Rotmoosalm mit dem MTB anfahrbar ist und sogar Übernachtungsmöglichkeiten anbietet, ist nicht ausgeschlossen, dass der Hinterreintalschrofen in den kommenden Jahren der legendären Schüsselkarspitze ein paar Kilometer weiter östlich zumindest ein kleines bisschen Konkurrenz macht]
[Bild: Beim Aufstieg vom Schafleger zur Rotmoosalm beeindrucken die mächtigen Südwände von Hinterreintalschrofen und Großem Hundsstallkopf, welche durch die wilde Zackenschneide des Teufelsgrates miteinander verbunden sind. Hier „geht“ seilfrei für den Otto Normalbergsteiger wie mich nicht wirklich etwas und so gilt es, noch ein bisschen Strecke zu machen und den Rinnen-Einstieg der Normalroute nordwestlich vom Schönberg (2142 m.) zu suchen. Ein landschaftlich eindrucksvolleres Ambiente kann man sich bei einem Zustieg in jedem Fall wohl nur schwerlich wünschen. Und die Aussicht, in (im besten Fall) 2,5-3 Stunden da oben zu stehen: eine surreale Vorstellung...]
[Bild: Die idyllische Rotmoosalm (2030 m.) befindet sich in absoluter Gunstlage am südlichen Endpunkt des vom Schönbergs (2142 m.) nach Süden ziehenden Kammes, hoch über dem Gaistal gelegen und mit einem absoluten Traumpanorama gesegnet: Hohe Munde und Hochwand (rechts) stellen dabei die Highlights dar. Mittlerweile ist die Rotmoosalm zwar längst im Winterschlaf, doch ab Mitte/Ende Mai des kommenden Jahres wird sie wieder geöffnet sein und dann erneut für zahlreiche Gäste eine bewirtschaftete Mieminger-Aussichtsloge par excellence darstellen. Hätte die Alm noch geöffnet, ich würde vor dem Talabstieg in ein paar Stunden ganz sicher einkehren]
[Bild: Schon 2022 bei meiner Tour auf den Hochwanner habe ich es mir erstmalig gedacht und auch diesmal kommt der Gedanke unweigerlich auf: Wie landschaftlich wunderbar und ästhetisch doch das Gaistal ist! Dieser Kontrast, bestehend aus den düsteren, abweisenden Nordwänden der Mieminger Kette, der geschlossenen, von der Sonne verwöhnten Felsmauer der Wetterstein-Südabstürze und dem Mix aus Almflächen, Grashängen, bewaldeten Flanken und vereinzelten, inselartigen Felsgipfeln (wie dem Predigtstein rechts) dazwischen, ergibt ein attraktives Gesamtpaket, das man so im weiten Umkreis kein zweites Mal findet. Es ist nur allzu verständlich, warum das Gaistal Wanderer, Mountainbiker, Bergsteiger und Kletterer gleichermaßen anzieht, wie das Licht die Motten]
[Bild: Hinterreintalschrofen (2669 m.) vom Schönberg (2142 m.) aus gesehen - Die Normalroute führt vom Sattel zunächst entlang des Kammes über die grasigen Hänge empor bis knapp unter die Felswände. Zwar gibt es von dort laut AVF und vereinzelter Berichte im Internet die Möglichkeit, den untersten Wandgürtel relativ direkt zu überwinden, doch mir sieht das Ganze nicht sehr einladend (und v. a. technisch unschwierig) aus. Am besten quert man unterhalb des Wandgürtels so lange nach links (Westen), bis man ein markantes, relativ steiles Geröllfeld erreicht, welches direkt an eine Felswand anschließt. Schräg links (nordwestlich) oberhalb erkennt man dort eine mäßig steile und sehr breite, rampenartige Rinne, in der sich mehrere riesige Felsblöcke befinden. Sie vermittelt den Zugang zu den gerölligen Steilschrofen oberhalb des Wandgürtels, über die es im weiteren Verlauf bergauf gehen wird. Technisch sollte es nie über I (allenfalls I+) hinausgehen, wer das Gefühl hat, den Grad II. erreicht zu haben, hat sich wohl verstiegen]
[Bild: Dieses Geröllfeld vermittelt den Zugang zu der breiten, überraschend einfach zu begehenden Rinne (schräg links der Bildmitte), die in leichter Kraxelei (max. I) überwunden wird. Ob man indes das Geröllfeld vorher in seinem oberen Bereich quert oder die Rinne direkt anvisiert, ist Geschmackssache. Ab hier befindet man sich in jedem Fall im weglosen, ernsthaften Steilgelände (Helm aufsetzen!) - Zwar werden im Folgenden ein paar wenige Steinmänner den „Weg“ zum oberen Westgrat des Hinterreintalschrofen weisen, doch im Allgemeinen gilt hier: Augen auf und intuitiv den Weg des geringsten Widerstandes quer über die geröllige Südflanke suchen]
[Bild: Oberhalb der gerölligen, rampenartigen Rinne, die die Überwindung des steilen Wandgürtels oberhalb vom Schönberg ermöglicht - Diesen vorgelagerten, grasbewachsenen und von einem kleinen Steinmann dekorierten Punkt muss man erreichen, er vermittelt auch im Abstieg linkerhand den Einstieg in die Rinne. Bevor es von hier nun über die splitterbrüchigen Steilhänge der Hinterreintalschrofen Südflanke weiter bergauf geht, halte ich kurz inne, um die gigantische Aussicht zur Hohen Munde (2662 m.), zur Hochwand (2719 m.) und zum Hochplattig (2768 m.) zu bewundern - Für so etwas muss immer Zeit sein!]
[Bild: In der Hinterreintalschrofen Südflanke, ca. 200 Hm unterhalb des Westgrates - Nachdem es von dem grasbewachsenen, vorgelagerten Punkt oberhalb der Einstiegsrinne zunächst geradewegs ein Stück empor gegangen ist, wird (wenn das Gelände oberhalb markant aufsteilt), über abschüssige, zum Teil recht unangenehm zu begehende Steilschrofen (leicht ansteigend) nach rechts gequert, bis man eine markante Rippe erreicht. Sie vermittelt im Anschluss den weiteren Aufstieg zum oberen Westgrat]
[Bild: Rückblick über die Querung der von geröllig-grasigen Steilschrofen geprägten Hinterreintalschrofen Südflanke - Das Gelände ist steiler und ernster, als es auf dem Bild den Anschein hat. Stürzen sollte man hier aufgrund der enormen Schroffheit des Terrains tunlichts vermeiden, gleichzeitig sind die Schrofen nicht so steil, dass man in echtes Klettergelände gerät. Hier fühlt sich der Bergsteiger der „alten Schule“ wohl, einen Schönheits- oder Genusspreis gewinnt dieser Abschnitt der Route sicherlich nicht. Hier gilt es, sich unbeirrt nach oben zu „wühlen“ und nicht zu verzagen. Gleichzeitig herrscht hier anhaltende Steinschlaggefahr, so dass man sich wirklich sehr umsichtig bewegen sollte. Immerhin stimmt das Panorama: Die Mieminger Kette präsentiert von hier ihre schroffste, wildeste Seite, die mit jedem gewonnenen Höhenmeter immer mehr zurücktritt]
[Bild: Aufstieg über die Felsrippe, die durch die Hinterreintalschrofen Südflanke in relativ direkter Linie zum oberen Westgrat führt. Die Schwierigkeit übersteigt an keiner Stelle den Grad I+, gleichzeitig braucht es hier eine gediegene Trittsicherheit sowie Vertrautheit mit brüchigen Wettersteinkalk-Schrofen. Wirklich angenehm sind diese Steilschrofen nicht zu begehen! Teilweise kommen die gerölligeren Passagen nämlich mit fiesen Kugellager-Effekten einher, so dass man mitunter echt aufpassen muss. Im oberen Bereich gibt es schließlich mehrere Möglichkeiten, den Grat zu erreichen. Ich wähle eine etwas steilere Variante weiter rechts (geschätzt I+), die mich dafür schon relativ weit oben am Grat „ausspuckt“]
[Bild: Ausblick vom Westgrat des Hinterreintalschrofen zum Hochwanner (2744 m.) - Hier oben, auf dem in diesem Abschnitt zahmen Teufelsgrat, befindet man sich nicht nur auf der deutsch-österreichischen Grenze, sondern gewissermaßen auch zwischen zwei alpinen Gegensätzen: Links (südlich) die sonnenverwöhnten, einladenden Felsflanken oberhalb des Gaistales und rechts (nördlich) die schattigen, weltenfernen Hochkare oberhalb des Reintales (mit so illustren Namen wie „In der Jungfer“ bzw. Jungfernkar oder Kleiner Hundsstall), die nur ab und zu (meist von der Oberreintalhütte aus) von Individualisten aufgesucht werden. Links sind die Hochwand (2719 m.) und der Hochplattig (2768 m.) erkennbar, während rechts erstmals die Zugspitze (2962 m.) oberhalb des gleichnamigen Platt auf den Plan tritt]
[Bild: Aufstieg über den obersten Westgrat des Hinterreintalschrofen (zugleich ein Abschnitt des Teufelsgrates): Nach den zum Teil extrem mühsamen und abschüssigen Steilschrofen der Südflanke ein unerwarteter Genuss, lässt sich die nur an wenigen kurzen Abschnitten ausgesetzte Schneide doch relativ entspannt begehen. An 1-2 Stellen muss man ein bisschen kraxeln (max. I), ansonsten ist das (so kurz vor dem höchsten Punkt) ein mehr als versöhnliches Finale, ist die Aussicht doch mittlerweile schier endlos weit und der saugende Tiefblick in die Untiefen des Reintales derartig eindrucksvoll, dass einem (vor Freude?) der Atem stockt]
[Bild: Knapp unterhalb des Gipfels des Hinterreintalschrofen (2669 m.) - Während links hinten das mehrgipfelige Massiv der Partenkirchner Dreitorspitze (2633 m.) herübergrüßt, zeigt sich links unten der oberste Teil des Verbindungsgrates vom Hinterreintalschrofen zum entlegenen Jungfernkarkopf (2355 m.) oberhalb des gleichnamigen Kares (z. T. auch „In der Jungfer“ genannt). Eines Tages werde ich mich vom Oberreintal in diesen wahrscheinlich abgelegendsten Bereich des Wetterstein vorarbeiten, für den heutigen Tag lautet die Devise hingegen: Into the Light]
[Bild: Ausblick vom Hinterreintalschrofen (2669 m.) über das Seefelder Plateau zu den Zillertaler Alpen und Hohen Tauern in der Ferne. Mitte November auf dem höchsten Punkt zwischen Hochwanner und Leutascher Dreitorspitze stehen und dabei fast (aber auch nur fast) in den Genuss von T-Shirt-Wetter kommen, das ist wirklich nicht selbstverständlich. Während ich es mir auf dem ziemlich exponierten Gipfel so gut es geht gemütlich mache, lasse ich den Blick gen Inntal schweifen, während ich mittig im Hintergrund sogar die beiden (vor einer knappen Woche besuchten) Solsteine erkennen kann]
[Bild: Tiefblick vom Hinterreintalschrofen (2669 m.) zum Oberen Hundsstall (links der Bildmitte) - Dieses abgelegene Hochkar, eingerahmt von Kleinem Hundsstallkopf, Teufelsgrat, Großem Hundsstallkopf und Zunderkamm, wird meistens von der Oberreintalhütte aus angesteuert, wobei es auch einen direkten Aufstieg (Ausgangspunkt ist die Bockhütte) aus dem Reintal gibt (Beschreibung siehe: AVF). Im Hintergrund präsentiert sich dagegen stolz die Leutascher Dreitorspitze (2682 m.) als höchster Berg des östlichen Wettersteingebirges]
[Bild: Atemberaubender Ausblick vom Hinterreintalschrofen (2669 m.) über das Gaistal zur Hohen Munde (2662 m.) und weiter zu den dahinter liegenden Stubaier Alpen in der Ferne. Wie weit weg doch die von hier unscheinbare Graskuppe des Schönberges (2142 m.) wirkt... Auch wenn das nachher beim Abstieg ziemlich sicher wieder eine äußerst ruppige und mühsame Angelegenheit werden wird, ist das angesichts solcher Panoramen für den Moment doch vollkommen egal. Schauen und genießen, der Fantasie freien Lauf und den Blick gen Zentralalpen schweifen lassen, ist das Gebot der Stunde]
[Bild: Partenkirchner Dreitorspitze (2633 m.) und Leutascher Dreitorspitze (2682 m.) im Zoom vom Hinterreintalschrofen (2662 m.) aus gesehen. Rechts von der Leutascher Dreitorspitze kann man in der Ferne den höchsten Berg des Karwendel erkennen, die von zahllosen brüchigen Trabanten umgebene Birkkarspitze (2749 m.) - Es gibt übrigens auch von dieser Seite Möglichkeiten, die Leutascher DTS zu erreichen. Entweder probiert man es aus dem Oberreintal über die Westflanke (II, schwierige Orientierung), oder von der Schüsselkarspitze kommend via Plattenschuss (II/II+, Aufstieg zur Schüsselkarspitze via W-Grat III+) - Was für Möglichkeiten...]
[Bild: Auf dem Gipfel des Hinterreintalschrofen (2669 m.) am südlichen Randpunkt des Wettersteingebirges - Der sehr schmale, exponierte Gipfel ist letztlich nur der höchste Punkt der gewaltigen Felsmauer, die sich vom Hochwanner bis zur Leutascher Dreitorspitze zieht und in seinem westlichen Teil den Namen „Teufelsgrat“ trägt. Dieser wildgezackte Felsgrat (bis III+) zwischen Großem Hundsstallkopf und Hochwanner ist einer der 5 großen, klassischen Wettersteingrate. Eines Tages werde ich mir diese traumhafte Klettertour vornehmen, heute wird es für mich indes aus diversen Gründen (natürlich) wieder über die Normalroute zurück gen Rotmoosalm gehen]
[Bild: Ausblick vom Hinterreintalschrofen (2669 m.) zur oberhalb des Platt aufragenden Zugspitze (2962 m.) und zum langgezogenen Jubiläumsgrat, welcher über die Höllentalspitzen und die Vollkarspitze (2630 m.) bis zum Hochblassen (2703 m.) zieht. Links präsentiert sich stolz der Hochwanner (2744 m.) mit seiner (im November vollkommen schattigen) 1400 Meter hohen, zum Reintal abfallenden Nordwand. Wird er zwar vom Schneefernerkopf an Höhe klar übertroffen, stellt der Hochwanner doch den zweithöchsten (Haupt-)Berg Deutschlands dar, wobei das den meisten Wanderern im Wettersteingebirge wohl nicht bekannt sein dürfte]
[Bild: Die Aussicht vom Hinterreintalschrofen (2669 m.) dürfte in der näheren Umgebung wohl nur von wenigen Gipfel getoppt werden: Der Kontrast von Mieminger Kette, Gaistal, Wetterstein-Südwänden, Hochwanner und Reintal ist in seiner Gesamtheit von so enormer landschaftlicher Ästhetik, ich könnte es hier leicht stundenlang aushalten. Doch leider ist dieser Tage die Zahl der täglichen Sonnenstunden stark limitiert, weswegen ich mich (auch mit Blick auf den anspruchsvollen Abstieg zurück zum Schönberg) nach vergleichsweise kurzer Zeit an die Rückkehr in die Zivilisation mache. Ein letztes Mal den herrlichen Ausblick zum Hochwanner und über die langgezogene Mieminger Kette genießen, dann heißt es Abschied nehmen vom Hinterreintalschrofen]
[Bild: Zugspitze (2962 m.) mit Jubiläumsgrat im Zoom vom Hinterreintalschrofen (2669 m.) aus gesehen - Wer genau hinschaut, kann am Fuße des Brunntalgrates (der linke der drei markanten Felsgrate in der Bildmitte) das weiße Gebäude der Knorrhütte (2051 m.) erkennen. Für den Aufstieg über den Normalweg auf den Zugspitze stellt sie (zusammen mit der Reintalangerhütte) einen sehr wichtigen Stützpunkt dar, wobei sie sich auch für Notabstiege vom „Jubi-Grat“ (via Brunntalgrat) seit jeher bewährt hat. Auf dem Zugspitzplatt links laufen indes bereits die Vorbereitungen für die kommende Skisaison. Mein Augenmerkt liegt aber selbstverständlich auf dem kühnen Jubiläumsgrat, den ich in 2025 endlich „gehen“ will. Eigentlich war seine Begehung bereits diesen Juli geplant, doch nicht-ideale Wetterverhältnisse (in Kombination mit einer ausgebuchten Wiener-Neustädter-Hütte) haben das Ganze leider verhindert]
[Bild: Abstieg über den obersten W-Grat des Hinterreintalschrofen, die (von hier ungewohnt kühne) Spitze des Hochwanner (2744 m.) immer im Blickfeld - Es gilt, zur richtigen Zeit in die linkerhand ersichtlichen Steilschrofen der Südfllanke „abzubiegen“ und idealerweise über die schon vom Aufstieg bekannte Felsrippe weiter abzusteigen, bis weiter unten die entsprechende Abwärtsquerung zur Einstiegsrinne möglich ist. Abseits vom Grat ist das Gelände allseits unaufgeräumt, heikel-abschüssig und von gemeinem Splitterbruch bedeckt, weswegen man den „Einstieg“ nicht leichtfertig angehen sollte. Hat man sich erst einmal an den wilden Ritt durch die Hinterreintalschrofen Südabstürze begeben, gibt es in der Regel nämlich kein Zurück mehr]
[Bild: Im oberen Bereich der vom Hinterreintalschrofen W-Grat nach Süden abstürzenden Steilschrofen - Es gilt zunächst, schräg nach links zu der etwas aus dem Gelände hervortretenden Rippe zu queren und sich anschließend vorsichtig über die splitterbrüchige Flanke hinabzutasten, bis sich das Gelände etwas zurücklehnt (es ist deutlich steiler, als es auf dem Bild den Anschein hat) und eine Querung nach rechts möglich wird. Die Steinschlaggefahr ist hier sehr hoch, losgetretene Steine fliegen meist sehr weit! Ist man hier zu zweit (oder gar in einer größeren Gruppe) unterwegs, sollte man also wirklich (!) aufpassen. Abfahren ist nicht möglich, da das plattige Gelände häufig nur mit einer dünnen Geröllschicht bedeckt ist und daher bösartige Kugellagereffekte jeden Genuss verunmöglichen - Hier gilt die Devise: Augen auf und durch]
[Bild: Ausblick beim Abstieg über die Hinterreintalschrofen Südflanke zur zentralen Mieminger Kette - Während die jeweiligen Eckpunkte dieser kleinen Gebirgsgruppe (Hohe Munde im Osten sowie die Gipfel rund um die Coburger Hütte im Westen) vielbesucht sind und von Bergsteigern bzw. Wanderern seit langem sehr geschätzt werden, fristen die höchsten Mieminger-Berge (Hochwand sowie v. a. Hochplattig und Griesspitzen) ein vollkommendes Schattendasein. Wird immerhin noch die Hochwand aufgrund des markierten Normalweges recht regelmäßig bestiegen, zählen Hochplattig (2768 m.) und Griesspitzen zu den einsamsten großen Bergen der Nördlichen Kalkalpen]
[Bild: Tiefblick aus der Hinterreintalschrofen Südflanke zum grasbewachsenen Schönberg (2142 m.) - Rechts dominiert die massige Hohe Munde (2662 m.) das weite Seefelder Plateau, während am Horizont die Hohen Tauern, Zillertaler und Stubaier Alpen herübergrüßen. Noch ist der Zeitpunkt, an dem ich (im Bereich rund um die Rotmoosalm) mein Hirn faktisch ausschalten und in den Autopilotmodus wechseln kann, nicht gekommen, zu anspruchsvoll und durchgehend fordernd sind die mich umgebenden, splitterbrüchigen (!) Steilschrofen. Immerhin zeigt sich die Tiroler Bergwelt wettertechnisch nach wie vor von ihrer ultimativ perfekten Seite, kein einziges Wölkchen trübt den blauen Spätherbsthimmel über den Ostalpen]
[Bild: Inmitten der langen Abwärtsquerung durch die Hinterreintalschrofen Südflanke - Als Orientierungspunkt gilt der prägnante Felszacken rechts der Bildmitte. Schräg links davon kann man eine grasbewachsene Fläche erkennen. Dies ist der der Südflanke vorgelagerte, mit einem Steinmann versehene Mini-Sattel, von dem es linkerhand relativ unschwierig durch die Einstiegsrinne hinab auf die Grasflanken westlich des Schönbergs geht. Orientierungstechnisch ist die Route also im Grunde nicht extrem schwierig, an 2-3 Stellen muss man aber definitiv entsprechend aufpassen. Wer über keine gute Tourenbeschreibung verfügt oder mit dichtem Nebel konfrontiert wird, lebt hier gefährlich]
[Bild: Aus der Hinterreintalschrofen Südflanke wirkt der Hochwanner (2744 m.) völlig unnahbar. Bis auf den relativ beliebten (aber unmarkierten) Normalweg von Süden und die hin und wieder angegangene Nordwand (III, meist I und II) haben die meisten der Routen an diesem Berg nur mehr historische Bedeutung. Auch die Klettertouren aus dem Gaistal, wie z. B. die Südverschneidung (V-), werden nur mehr sehr selten begangen. Wer im Wetterstein klettern will, tut dies in der Regel im Oberreintal, an der Schüsselkarspitze oder aber begeht einen der 5 großen Wettersteingrate]
[Bild: Auf dem „Weg“ zu dem grasbewachsenen, der Hinterreintalschrofen Südflanke vorgelagerten Mini-Sattel (schräg rechts der Bildmitte), von dem mich (linkerhand) nur mehr eine mäßig steile, relativ breite Schrofenrinne (max. I) von den Grashängen südlich unterhalb der Wetterstein-Südwände trennt. Das Gröbste ist an dieser Stelle glücklicherweise bereits geschafft und so kann ich den nach wie vor großartigen Ausblick zur Mieminger Kette und zum Hochwanner (rechts) noch etwas mehr genießen, als weiter oberhalb in der splitterbrüchigen, ziemlich abschüssigen und dadurch viele Nerven kostenden Schrofenflanke]
[Bild: Mit Blick in Richtung Karwendel, Zillertaler und Stubaier Alpen geht es durch die von steilem Geröll geprägte Einstiegsrinne abwärts zu den mäßig steilen Grashängen am Fuße der Hinterreintalschrofen Südwände. Auch wenn mir von hier noch über 1000 Hm Abstieg bevorstehen und es mittlerweile bereits früher Nachmittag ist, habe ich es doch nicht eilig. Da ich spätestens ab dem Schönberg (2142 m.) bzw. der nahe gelegenen Rotmoosalm auf breiten, vollkommen unschwierigen Wanderwegen sowie teilweise Fahrstraßen unterwegs sein werde (und zudem eine Stirnlampe dabei habe), steige ich entspannt (und regelmäßig für Fotos anhaltend) über die Schrofen abwärts. Solch eine schöne Herbststimmung werde ich nämlich so schnell wahrscheinlich erst einmal nicht mehr erleben dürfen]
[Bild: Rückblick zu dem weniger steilen, westlichen Abschnitt der Hinterreintalschrofen Südabstürze, die in Form der (von hier nicht ganz so eindeutig ersichtlichen) Rinne links oben überwunden werden. Wer sich vorher nicht umfassend über die Normalroute auf diesen schroffen Wetterstein-Riesen informiert hat, wird angesichts dieser abweisenden Steilflanke wohl eher nicht auf die Idee kommen, dass man hier vergleichsweise einfach (max. I+) durchkommt. Man sollte natürlich genau wissen, was man tut. Wer hier planlos hochsteigt, kommt ggf. sehr schnell in deutlich schwierigeres Felsgelände]
[Bild: Während einer kurzen Pause auf den sonnenverwöhnten, wunderbar idyllischen Grashängen unterhalb der Hinterreintalschrofen Südwände lasse ich den Blick zur abweisenden Mieminger Kette schweifen und frage mich, ob heute wohl einer der großen Berge zwischen Hochwand und Griesspitzen bestiegen wurde. Sehr gut möglich ist in jedem Fall, dass der markante Predigtstein (2234 m.) an diesem heutigen traumhaften Spätherbsttag aufgesucht wurde! Bei Bergen wie dem Hochplattig (2768 m.) habe ich dagegen aber meine Zweifel... Umso mehr reizt es mich, im kommenden Jahr den Miemingern endlich (!) mal wieder einen Besuch abzustatten. Es wird Zeit, den einsamen, zentralen Teil dieser Gebirgskette zu erforschen]
[Bild: Es ist wirklich kein Wunder, dass die Gipfel der Wetterstein-Südseite gerade jetzt im Herbst bei Bergsteigern und Kletterern hoch im Kurs stehen (ohne, dass auch nur einer von ihnen ansatzweise überlaufen wäre!) - Während man hier im Hochsommer mitunter im wahrsten Sinne des Wortes gebraten wird, ist dies an einem sonnigen, angenehm warmen November-Tag wie heute der ideale Ort, um vor dem unweigerlich anstehenden Winter noch einmal in T-Shirt und Pulli (der Wind geht dann phasenweise doch stark) den Ausblick über das Seefelder Plateau zu den Zillertaler, Tuxer und Stubaier Alpen sowie zur vermeintlich unnahbaren Hohen Munde zu genießen. Würde nicht bereits in wenigen Stunden die Sonne untergehen, ich würde mich hier für ein Stündchen (oder auch zwei) in die Sonne legen...]
[Bild: Rückblick vom Schönberg (2142 m.) zum gewaltigen Hinterreintalschrofen (2669 m.) - Kaum 20...25 Leute waren in diesem Jahr laut Gipfelbuch oben (praktisch alle davon via Teufelsgrat) und es ist nur allzu wahrscheinlich, dass der Berg trotz der Nähe zur im Sommer vielbesuchten Rotmoosalm auch in Zukunft nicht großartig mehr Besuch erhalten wird. Angesichts der abweisenden, kaum einladenden Felswände und Steilschrofen (letztere v. a. im westlichen Teil) sowie vor dem Hintergrund der nur spärlichen Begehungsspuren (wenige Steinmänner) werden diesen höchsten Gipfel zwischen Hochwanner und Leutascher Dreitorspitze auch künftig nur Kenner und Liebhaber urtümlicher Wetterstein-Kolosse aufsuchen. Ob die vor kurzem sanierten Kletterrouten der Südwand dem Hinterreintalschrofen einen Popularitätsschub verschaffen werden, bleibt abzuwarten]
[Bild: Traumhafter Weitblick vom Schönberg (2142 m.) über das Seefelder Plateau zur Inntalkette (Nordkette) sowie zu den Zillertaler, Tuxer und Stubaier Alpen - Links stellt sich gekonnt die Gehrenspitze (2367 m.) zur Schau, welche zwar gerne und regelmäßig bestiegen wird (meist von Westen via Scharnitzjoch, aber auch eine Überschreitung ist möglich), sich in Summe angesichts der nördlich gegenüber aufragenden, prallen Wettersteinwände von Scharnitzspitze, Leutascher Dreitorspitze und v. a. Schüsselkarspitze jedoch eher bescheiden ausnimmt]
[Bild: Oberreintalschrofen (2523 m.) und Schüsselkarspitze (2553 m.) im Zoom vom Schönberg (2142 m.) aus gesehen - Beide gehören zu den exklusivsten, am schwierigsten zu erreichenden Haupt-Gipfeln des Wettersteingebirges (die zahlreichen, untergeordneten Felstürme und -zinnen rund um das Oberreintal bzw. Reintal nicht mitzählend). Während der Oberreintalschrofen durchaus auch von Normalbergsteigern über die Normalroute (II+) bestiegen wird, „gehört“ die Schüsselkarspitze den Kletterern, wird beim W-Grat (welcher den klassischen, einfachsten Anstieg darstellt) doch der Grad III+ (anhaltend II-III, zudem technisch anspruchsvolle Zustiege) erreicht]
[Bild: Der Hinterreintalschrofen (2669 m.) in all seiner abweisenden Wetterstein-Pracht von Süden - Bis zu 500 Meter Höhe weist seine Südwand an der höchsten Stelle auf, zahlreiche anspruchsvolle Kletterrouten durchziehen sie. Wer sich nicht gerade zu den versierten Kletterern zählt, dem bleiben mit dem Teufelsgrat (III+) und/oder der Normalroute (I+) nur wenige realistische Optionen, um sich dieses herrlich spröde Ziel ins Tourenbuch zu schreiben. Empfehlenswert oder gar genussvoll ist der Normalweg in meinen Augen nicht, aber ein bisschen stolz ist man im Angesicht dieses Giganten, wenn man es wieder heil zum Schönberg geschafft hat, ja schon]
[Bild: Der Bereich rund um das Seefelder Plateau (v. a. Karwendel, Wetterstein, Mieminger Kette und Stubaier Alpen) gehört meiner Meinung nach in seiner Gesamtkomposition zu den landschaftlich schönsten Regionen von ganz Tirol! Dieser wunderbare Kontrast aus einem in weiten Teilen dicht bewaldeten und gleichzeitig angenehm „offenen“ Hochplateau sowie den umliegenden Wettersteinkalk-Wunderwelten gefällt mir seit jeher ungemein gut. Ich kann verstehen, warum sich Menschen ganz bewusst in Scharnitz, Leutasch oder (wenn es etwas touristisch-mondäner sein darf) Seefeld in Tirol niederlassen - Angesichts solcher Outdoor-Möglichkeiten unmittelbar vor der Haustür kann man im Grunde nur neidisch werden]
[Bild: Ausblick von der Rotmoosalm zum Hochwanner (2744 m.) - Da ich beim nun folgenden Abstieg zurück zum Parkplatz P5 bewusst (soweit möglich) „das Hirn ausschalten“ und mich in den kühler werdenden Nachmittagsschatten des Gaistales hineintreiben lassen möchte, entscheide ich mich für den Schotterpisten-Abstieg entlang des Predigtsteins, wobei das Ganze weiter unten im Bereich des Leitenbaches (zumindest kurzzeitig) auch noch einmal den Charakter eines einfachen Bergwaldsteiges annehmen wird. Doch hier, im oberen Abschnitt zwischen Schönberg und Predigtstein, kann ich erst einmal tiefenentspannt dahinflanieren und die mächtigen Hochwanner Südwände in aller Ruhe bewundern: So lässt sich eine Tour doch ideal ausklingen]
[Bild: Während das Gaistal mittlerweile vollständig vom frostigen Schatten der Nordwand der Hohen Munde (2662 m.) „verwöhnt“ wird, sind mir hier oben in den Ausläufern der Wetterstein-Südwände noch ein paar letzte Sonnenstrahlen vergönnt. Doch schon bald wird sich die Sonne hinter der langgezogenen Mieminger Kette zurückziehen und die Temperatur dadurch rasch fallen lassen. Die Tage, sie sind Mitte November einfach sehr, sehr kurz]
[Bild: Beim Abstieg von der Rotmoosalm zurück zum Parkplatz P5 im Gaistal präsentieren sich die zu den Stubaier Alpen zählenden schroffen Kalkkögel von geradezu dolomitenartiger Schönheit! Das liegt natürlich in erster Linie am Gestein (Dolomit), weswegen sie mitunter auch als „Nordtiroler Dolomiten“ bezeichnet werden. Bisher hat sich für mich eine Tour rund um die Schlicker Seespitze oder die Große Ochsenwand leider noch nicht ergeben. Mal schauen, ob ich eines Tages auch mal aufbrechen werde, um den Dolomit der Kalkkögel in Augenschein zu nehmen...]
[Bild: Ein Panorama, das den Weiten Kanadas im Grunde in Nichts nachsteht: Ausblick beim Abstieg durch das Gaistal über das (scheinbar endlos weite) Seefelder Plateau zu den Zillertaler Alpen und Kalkkögeln (Stubaier Alpen) - Wüsste man nicht, dass sich nur wenige Kilometer Luftlinie entfernt das dicht besiedelte Inntal befindet, man könnte es im Ansatz für Wildnis halten... Doch natürlich ist das letztlich nur eine Illusion. Nichtsdestotrotz handelt es sich in meinen Augen um eines der landschaftlich ästhetischsten Settings, das ich in den Bergen in 2024 erleben durfte. Tirol, du bist einfach wunderbar!]
[Bild: Hohe Munde (2662 m.) beim Abstieg durch das Gaistal zurück zum Parkplatz P5 westlich von Leutasch - Ein ziemlich anstrengender, phasenweise auch unangenehmer (splitterbrüchige Steilschrofen!) Tourentag neigt sich langsam aber sicher dem Ende entgegen. Der Hinterreintalschrofen (2669 m.) hat sich als das erwartet ruppig-spröde Gipfelziel entpuppt, dessen Besteigung man sich hart erarbeiten muss. Wirklich genussvoll ist der Aufstieg durch die Steilschrofen der Südflanke nicht, erst ab dem luftigen W-Grat kam bei mir so etwas wie Euphorie auf. Dafür waren sowohl die spektakuläre Aussicht vom Gipfel als auch das (von der Hochwanner-Tour im Jahr 2022 bereits geschätzte) landschaftlich hochgradig ästhetische Setting im Gaistal (Kontrast zu den schaurigen Nordwänden der Mieminger Kette...) vom Feinsten! So schnell werde ich den Hinterreintalschrofen trotzdem sicher nicht mehr aufsuchen (für den Teufelsgrat würde ich ggf. eine Ausnahme machen), die Normalroute reicht mir einmal im Leben. Aber an die Wettersteinkalk-Wunderwelten rund um das Seefelder Plateau habe ich möglicherweise (zumindest ein Stück weit) mein Herz verloren. Ich komme wieder, ob nun für Touren in der Mieminger Kette, in den sonnigen Wetterstein-Südwänden oder im Karwendel, das steht fest. Das Leben ist schön - Und das Bergsommer- bzw. Bergherbst-Finale 2024 hätte ich mir letztlich nicht schöner ausmalen können]
Kleiner Solstein (2637 m.) + Großer Solstein (2541 m.) +
Erlspitze (2405 m.) + Kuhljochspitze (2297 m.)
01-03. November 2024
[Bild: Von den idyllischen Grasflächen der Solenalm (1644 m.) zeigt sich (nach entspanntem Aufstieg ab Hochzirl) erstmals unser morgiges Tourenziel, der Große Solstein (2541 m.) - Der eigentliche Gipfel ist aus dieser Perspektive zwar noch nicht sichtbar, dafür die (bis auf ein paar freigeschnittene Gassen praktisch undurchdringliche) Latschenwildnis seiner WSW-Flanke. Für den heutigen Tag haben wir uns dagegen als Auftakt unserer dreitägigen „Karwendel-Exkursion“ die Besteigung der Erlspitze (2405 m.), Hausberg des Solsteinhauses, vorgenommen. Nach einem v. a. (bzw. ausgerechnet) von Mitte September bis Mitte Oktober verregnet-verschneiten Herbst 2024 ist er seit Mitte/Ende Oktober endlich da: der goldene Herbst. Zwar spät, aber dafür mit aller Macht. Und was kann es Schöneres geben, als den Berg-„Sommer“ bei AKW im Karwendel ausklingen zu lassen...?!]
[Bild: Die Erlspitze (2405 m.) ist der höchste Berg der gleichnamigen Erlspitzgruppe, einer Karwendel-Untergruppe, welche von der Inntalkette durch den Erlsattel deutlich abgetrennt ist. Von dem im Sattel gelegenen Solsteinhaus sind es ca. 600 Hm oder aber 1,5 h Gehzeit bis zum höchsten Punkt. Die Tage sind mittlerweile zwar sehr kurz, aber natürlich wollen wir diesen tollen Gipfel vor dem Abendessen noch mitnehmen, verspricht die Erlspitze doch u. a. eine grandiose Aussicht in die abweisenden Nordabstürze der Solsteine]
[Bild: Bei der Überquerung des vom Höllkar herabfließenden Ehnbaches zeigt sich erstmals der Dolomiten-artige Charakter der Erlspitzgruppe, was natürlich nicht zuletzt am Gestein (Hauptdolomit) liegt. Wer rund um die Erlspitze kletternd unterwegs sein möchte (z. B. an einer der berühmten Nadeln), muss schon sehr genau wissen, was man tut. Abseits der bekannten Kletterrouten sind die Wände und Flanken hier nämlich teilweise extrem brüchig und unzuverlässig]
[Bild: Im Erlsattel angekommen, offenbart sich nordostseitig in der Gleirsch-Halltal-Kette eine Aneinanderreihung wilder Felsgipfel, die zu den imposantesten Gestalten des Karwendel zählen (von links nach rechts): Jägerkarspitzen, Praxmarerkarspitzen, Kaskarspitze, Sonntagkarspitze, Bachofenspitzen, Großer Lafatscher und Rosskopf sind allesamt dem erfahrenen, mit (häufig weglosem) Bruch und Schotter vertrauten Karwendel-Gänger vorbehalten und faktisch echte „Trophäen“. Die zur Inntalkette zählende Kumpfkarspitze (ganz rechts) dürfte sogar zu den am seltensten bestiegenen großen Karwendel-Gipfeln überhaupt zählen, ist die Routenführung doch sehr verwickelt und die Schwierigkeit der leichtesten Route über die Südwestflanke (mind. III-) ziemlich hoch]
[Bild: Die schroffe Kuhljochspitze (2297 m.) zählt sinnbildlich für den teilweise sehr wilden Charakter der Erlspitzgruppe, ist sie doch allseits von abweisenden Steilflanken, Gräben und Rippen umgeben. Der Zugang vom Solsteinhaus erfolgt in der Regel über den ruppigen Freiungen Höhenweg (Verbindung zur Nördlinger Hütte, nördliche Umgehung via Eppzirler Scharte möglich), der u. a. die Südostabstürze der Kuhljochspitze in kühner Linienführung quert. Diesen formschönen und im Vergleich zur Erlspitze in Summe technisch deutlich anspruchsvolleren Gipfel haben wir uns für den letzten Tag (als Grande Finale vor dem Abstieg) vorgenommen]
[Bild: Rückblick beim Aufstieg zur Erlspitze zu den beiden Solsteinen: Gemeinsam mit der Hohen Warte und den Brandjochspitzen bilden Kleiner Solstein (2637 m.) und Großer Solstein (2541 m.) die Krone der Inntalkette, welche nach Norden hin in gewaltigen Felswänden abbricht. Besonders die 600 Meter hohe Wandflucht des Kleinen Solstein muss sich auch vor den berühmten Abstürzen von Hinterautal-Vomper- und Gleirsch-Halltal-Kette nicht verstecken. Der Normalweg der Erlspitze (Südkamm) weist indes nur geringe technische Schwierigkeiten auf, ansatzweise wird der Grad I. touchiert. Da jedoch an den etwas steileren Stellen vereinzelt Drahtseilsicherungen (A/K1) angebracht sind, ist das Ganze ein in Summe beschauliches Unterfangen]
[Bild: Ausblick von der Erlspitze (2405 m.) zur Kuhljochspitze (2297 m.) - Während der Westgrat (im Vordergrund) durch den Zirler Klettersteig (C/K3, Variante D/K4) erschlossen wurde, ist der anschließende Grat zur Kuhljochspitze (II, teilweise ausgesetzt!) eine ganz andere Nummer. Die rechts erkennbaren Gipfel der Freiungen können dagegen von Süden (vom gleichnamigen Höhenweg aus) relativ einfach bestiegen werden]
[Bild: Tiefblick von der Erlspitze (2405 m.) ins Höllkar und weiter gen Inntal. Während die Stubaier Alpen bzw. das Sellrain im Hintergrund nach den intensiven Schneefällen im September und Oktober nach wie vor verschneit sind (und diesen Status bis Juni/Juli 2025 wohl auch nicht mehr großartig verändern werden), ist im Karwendel bergsteigerisch wieder alles möglich. Selbst in den noch vor wenigen Wochen winterlichen Nordabstürzen der Kuhljochspitze (2297 m.) könnte man sich aktuell wieder rumtreiben, wenn man denn ein Faible für heillos brüchige (und entsprechend gefährliche!) Karwendel-Wände hat...]
[Bild: Das rechts im Erlsattel gelegene Solsteinhaus (1806 m.) zählt aufgrund seiner ideal gelegenen Position zwischen Erlspitzgruppe und Inntalkette zu den wichtigsten Schutzhütten des Karwendel. Direkt oberhalb der Hütte ragt der wuchtige Große Solstein (2541 m.) auf, welche von der Hütte unschwierig in 1,5-2 h bestiegen werden kann. Wer es sich zeitlich, konditionell und wettertechnisch leisten kann, sollte unbedingt im Anschluss noch den Übergang zum Kleinen Solstein (2637 m.) dranhängen. Beide Gipfel zählen aufgrund ihrer freien Lage 2000 Meter hoch über dem Inntal zu den besten Aussichtspunkten weit und breit]
[Bild: Ausblick von der Erlspitze (2405 m.) zur Nördlichen Karwendelkette (links und mittig) und zum westlichen Abschluss der Hinterautal-Vomper-Kette, zur Pleisenspitze (2569 m.) ganz rechts. Während die mittig erkennbaren Gipfel namens Tiefkarspitze, Wörner und Hochkarspitze technisch vergleichsweise anspruchsvoll sind und nur von erfahrenen Bergsteigern angegangen werden sollten, führt über die links ersichtlichen Gipfel zwischen Westlicher Karwendelspitze und Rotwandlspitze der berühmte Mittenwalder Höhenweg (B), eine der bekanntesten klettersteigartig versicherten Höhenrouten der Nördlichen Kalkalpen, welche sich auch trittsichere, schwindelfreie (und ggf. mit KS-Set ausgerüstete) Wanderer zutrauen können]
[Bild: Wie an einer Perlenkette aufgereiht, ragen nördlich der Erlspitze die großen Gipfel der Hinterautal-Vomper-Kette (auch Karwendelhauptkette bzw. Karwendelkauptkamm genannt) in den Himmel (von links nach rechts): Pleisenspitze (2569 m.), Larchetkarspitze (2541 m.), Große Riedlkarspitze (2585 m.), Breitgrieskarspitze (2590 m.), Große Seekarspitze (2677 m.), Marxenkarspitze (2636 m.), Ödkarspitzen und Birkkarspitze (2749 m.) bilden das westliche Rückgrat des Karwendel, das weiter östlich (Kaltwasserkarspitze, Laliderer Wände, Grubenkarspitze, Eiskarlspitze, Hochglück) seine unvergleichliche Fortsetzung findet. Wer diesen landschaftlich großartigen Gebirgszug durchqueren will, wird im Toni-Gaugg-Weg (einem der lohnendsten Höhenwege der Nördlichen Kalkalpen) fündig]
[Bild: Ausblick von der Erlspitze (2405 m.) zu den Solsteinen, welcher in der Hohen Warte (2596 m.) und den Brandjochspitzen ihre östliche Fortsetzung finden. Die nach Norden zum Knappenkarl und Hippenkar abfallenden Felswände des Kleinen Solstein (2637 m.) zählen indes zum Eindrucksvollsten, dass das Karwendel zu bieten hat. Dagegen nimmt sich unsere für morgen geplante „klassische“ Überschreitung der beiden Solsteine fast bescheiden aus]
[Bild: Die zentrale Gleirsch-Halltal-Kette (im Zoom) von der Erlspitze (2405 m.) aus gesehen - Die nördlich oberhalb des Samertales aufragenden Felsgipfel mit so illustren Namen wie z. B. Jägerkarspitze, Praxmarerkarspitze oder Bachofenspitze werden sinnvollerweise von der Möslalm oder der Pfeishütte aus angegangen. Leider habe ich diesem landschaftlichen Juwel noch keinen Besuch abstatten können, doch ein mehrtägiger Aufenthalt auf der Pfeis, um „Gipfel zu sammeln“, ist für die nächsten 1-2 Jahre fest eingeplant]
[Bild: Wieder beim Abstieg (Rückweg) von der Erlspitze (2405 m.) zum Solsteinhaus (1806 m.) - Während wir entspannt in zahlreichen Serpentinen über die grasigen und stellenweise versicherten Schrofen des Südkammes absteigen und die Schatten dabei immer länger werden, haben wir die ganze Zeit über die beiden wuchtigen Solsteine vor Augen. Ich bin schon sehr auf den morgigen Tag gespannt, habe ich doch schon viel Gutes über die Tour gehört. Wenn die Überschreitung vom Großen zum Kleinen Solstein nur annähernd so eindrucksvoll wird, wie die Bettelwurf-Tour 2022, dann steht uns morgen der Inbegriff einer Genusstour bevor, zumal absolut perfektes, wolkenloses Herbstwetter vorhergesagt ist]
[Bild: Eine uns misstrauisch beäugende Gämse genießt auf dem grasigen Südkamm der Erlspitze die letzten Sonnenstrahlen des Tages. Nach einem heftigen, wochenlang andauernden Wintereinbruch Mitte September ergibt sich für sie aufgrund eines anhaltenden Hochdruckgebietes seit Wochen noch einmal die Gelegenheit, sich Winterreserven anzufressen. Allgemein gilt das Karwendel als ein äußerst gamsreiches Gebirge, speziell bei Touren in eines der einsamen Hochkare ist die Wahrscheinlichkeit groß, eines der zahlenmäßig riesigen Rudel anzutreffen]
[Bild: Schauen und genießen beim Abstieg von der Erlspitze (2405 m.) - Die Variante, vor der eigentlichen Haupttour (in diesem Fall die Solstein-Überschreitung) auf einen aussichtsreichen Nebengipfel zu steigen um sich einen ersten Überblick über das Gebiet zu verschaffen, hat mir schon immer sehr getaugt. Bei der Besteigung der Erlspitze bieten sich einem so viele spannende Ansichten der Solstein Nordabstürze, wir würden uns hier wohl für ein Stündchen (oder gar mehrere) in die grasigen Schrofen legen... würde nicht bereits in knapp 1,5 Stunden die Sonne untergehen]
[Bild: Sehnsucht Nördliche Kalkalpen... Posieren vor der großen Kulisse der beiden Solsteine - Auch wenn ich bei weitem (!) noch nicht so viele Touren im Karwendel unternommen habe, wie in den Allgäuer oder gar Berchtesgadener Alpen, beginne ich doch so langsam zu verstehen, worin die Magie dieser einzigartigen Gebirgsgruppe begründet liegt. Ich werde sicherlich noch viele Streifzüge durch die Hochkare von Hinterautal-Vomper- und Gleirsch-Halltal-Kette unternehmen „müssen“, um so einen Zugang zum Gebiet zu finden, wie zu den Berchtesgadenern. Aber wie 2022 bei der Bettelwurf-Speckkarspitze-Lafatscher-Tour spüre ich auch diesmal dieses Kribbeln im Bauch. Das wird gut morgen, da bin ich mir absolut sicher]
[Bild: Abendstimmung beim Solsteinhaus (von links nach rechts): Der Katzenkopf (2531 m.), die Nördliche Jägerkarspitze (2596 m.), die Mittlere Jägerkarspitze (2608 m.) und die Südliche Jägerkarspitze (2579 m.) erglühen im letzten Licht des Tages. Das gewaltige Massiv der Jägerkarspitzen zählt sicherlich zu den schönsten Berggestalten der Gleirsch-Halltal-Kette, besonders dem wilden Barthgrat (der Verbindungsgrat zwischen Katzenkopf und Mittlerer Jägerkarspitze) eilt ein geradezu legendärer Ruf voraus. Wer es auf das Haupt einer dieser abweisenden Spitzen schaffen will, sollte allerdings über profunde Bergerfahrung verfügen, sind doch sämtliche Routen im Reich der Jägerkar weitestgehend weglos und vielfach mit Kletterei in brüchigem Fels verbunden]
[Bild: Herbstliche Morgenstimmung im Karwendel: Blick beim Aufstieg über die (zunächst von Latschenkiefern geprägte) Westflanke des Großen Solsteins zur Nördlichen Karwendelkette (links) und zur Hinterautal-Vomper-Kette (mittig und rechts), die ihren westlichen Abschluss in der markanten Pleisenspitze (2569 m.) findet. Trotz des großartigen Herbstwetters werden heute vermutlich nicht alle auf dem Foto ersichtlichen Gipfel bestiegen werden, ist der Zugang zu manchen von ihnen doch sehr aufwendig und weit, was angesichts von nur ca. 10 Stunden Tageslicht eine nicht zu unterschätzende Herausforderung darstellt]
[Bild: Im oberen, vollkommen hindernislosen Bereich der Westflanke des Großen Solsteins (2541 m.) - Nachdem es vom Solsteinhaus zunächst durch schattige (und entsprechend kalte!) Latschenkiefern bergauf gegangen ist, führen die obersten 300 Hm schließlich über geröllige Schrofenflanken, von denen man während der ganzen Zeit vollkommen freie Ausblicke über das 2000 Hm tiefer (!) gelegene Inntal in Richtung Stubaier Alpen genießen kann]
[Bild: Rückblick beim Aufstieg über die Westflanke des Großen Solsteins zur Kuhljochspitze (2297 m.) - Dahinter kann man (ganz links) die Mieminger Kette mit der Hohen Munde (2662 m.) als östlichem Eckpunkt erkennen, während mittig in der Ferne das weitläufige Zugspitzplatt im Wettersteingebirge herübergrüßt, welches vom Schneefernerkopf (2875 m.) und der Zugspitze (2962 m.) gekrönt wird. Mit jedem gewonnenen Höhenmeter weitet sich nun das Panorama, bald haben wir den Gipfel des Großen Solsteins (2541 m.) erreicht]
[Bild: Ausblick vom Großen Solstein (2541 m.) zum (ironischerweise höheren) Kleinen Solstein (2637 m.), welcher nach Norden hin (links) in bis zu 600 Meter hohen, wilden Felswänden abstürzt. Der Aufstieg zum höchsten Berg der Inntalkette (in Tirol meist Nordkette genannt) führt von dem begrünten Weiten Sattel (2465 m.) zwischen den beiden Solsteinen über die steile, aber technisch (max. I) relativ einfach zu begehende SW-Flanke, bei der man zu Beginn aufgrund eines zu querenden (versicherten) Felsbandes sogar leichte „Brenta-Vibes“ bekommt]
[Bild: Ausblick vom Großen Solstein (2541 m.) nach Norden über das Großkristental - Wo die Nördliche Karwendelkette, die Hinterautal-Vomper-Kette und die Gleirsch-Halltal-Kette voneinander durch tief eingeschnittene Täler abgetrennt werden, ist aus dieser Perspektive nur schwierig zu erklären bzw. zu erkennen. Indes kann man fast alle großen Gipfel des westlichen Karwendel auf diesem Foto ausmachen: ein „Meer aus Wettersteinkalk“, das seit 150 Jahren die Wanderer und Bergsteiger (sowie früher auch die Kletterer) anzieht, wie das Licht die Motten]
[Bild: Südwestliches Panorama vom Großen Solstein (2541 m.) - 2000 Meter hoch über dem Inntal gelegen, zählt der Große Solstein zu den lohnendsten Aussichtsgipfeln weit und breit. Während im Westen (rechts) die Mieminger Kette zu sehen ist, präsentieren sich im Süden die Zillertaler, Stubaier (links) und Ötztaler Alpen. Aufgrund seiner leichten Erreichbarkeit (ab Solsteinhaus oder Neuer Magdeburger Hütte) zählt der Große Solstein zu den meistbestiegenen großen Karwendel-Gipfeln]
[Bild: Kleiner Solstein (2637 m.) vom Großen Solstein (2541 m.) aus gesehen - Während er nordseitig als Gipfelhaube über einer düsteren Felswand erscheint, zeigt der Kleine Solstein von Westen die Ansicht eines wuchtigen Horns, das mich entfernt (NICHT in Bezug auf die Eleganz) an die Schönfeldspitze erinnert. Formschön ist er ja in jedem Fall schon einmal, nun müssen nur noch der Normalweg und dann die Aussicht vom Kleinen Solstein zeigen, was sie „draufhaben“]
[Bild: Gipfelglück auf dem Großen Solstein (2541 m.) am südwestlichen Rand des Karwendel hoch über dem Inntal. An klaren Tagen wie heute, an denen der Alpenhauptkamm zum Greifen nah erscheint und keine einzige Wolke den blauen Himmel dekoriert, möchte man stundenlang hier oben verweilen und das schier endlose Ostalpenpanorama genießen - Was für ein herrlicher Tag!]
[Bild: Hoher Gleirsch (2492 m.) und Katzenkopf (2531 m.) im Zoom vom Großen Solstein (2541 m.) aus gesehen. Wer genau hinschaut, kann (in der Latschenzone) den Normalweg aus dem Rigelkar auf den Hohen Gleirsch erkennen, welcher (in Kennerkreisen bzw. bei Karwendel-Experten) jedoch v. a. für seinen technisch unschwierigen (max. I), landschaftlich wunderschönen Westgrat bekannt ist. Im Hintergrund grüßen die Gipfel der Hinterautal-Vomper-Kette herüber, die letztlich (ganz rechts hinten) im höchsten Berg des Karwendel, der Birkkarspitze (2749 m.), kulminieren]
[Bild: Nach einem kurzen (ca. 100 Hm) Abstieg über geröllige Schrofen in den Weiten Sattel (2465 m.) zwischen den beiden Solsteinen folgt anschließend zunächst eine Querung über grasbewachsene Flanken (Vordergrund), bis das Gelände im Bereich einer Felsrippe markant aufsteilt. Etwa 200 Hm liegen nun noch zwischen uns und dem höchsten Punkt der Inntalkette (Nordkette), für die man etwa 30-45 Minuten einplanen sollte - Auf geht's!]
[Bild: Tiefblick beim Aufstieg zum Kleinen Solstein in das entlegene Weite Tal (rechts unten), das lediglich an seinem westlichen Rand (auf dem grasbewachsenen Kamm) vom Höttinger Schützensteig (Verbindungsweg zur Neuen Magdeburger Hütte) kurz gestreift wird. 1900 Hm tiefer kann man die westlich von Innsbruck gelegene Landebahn des Flughafens erkennen, während sich im Süden die dunklen Felsspitzen der Stubaier Alpen gekonnt zur Schau stellen]
[Bild: Inmitten der langen, im mittleren Teil mit Drahtseilen (A/K1) versicherten Querung vom Weiten Sattel zum eigentlichen Gipfelaufbau des Kleinen Solsteins (2637 m.) - Die Markierungen und die deutlich erkennbare Spur im Geröll verdeutlichen den Verlauf der Route. Technisch nicht wirklich schwierig, erfordert dieses an die Brenta bzw. an die Dolomiten erinnernde Terrain doch in jedem Fall Trittsicherheit und Schwindelfreiheit, geht es linkerhand (südlich) doch annähernd senkrecht in die Tiefe]
[Bild: Nach der Querung vom Weiten Sattel geht es schließlich über die steilen, aber nie wirklich schwierigen Schrofen der Südflanke in gerader Linie empor zum Westgrat. Das Gelände ist dabei überraschend „angenehm“ zu begehen, ist die Flanke (für Karwendelverhältnisse) gerölltechnisch doch ziemlich abgeräumt, was u. a. natürlich an den unzähligen Begehungen der hervorragend markierten Route liegt. Ganz rechts ist bereits das Gipfelkreuz zu erkennen, der höchste Punkt der gesamten Inntalkette ist nun nicht mehr weit entfernt: die Vorfreude steigt]
[Bild: Angekommen auf dem obersten Abschnitt des Kleiner Solstein-Westgrates, von dem sich unvermittelt ein atemberaubender Tiefblick in die düsteren Untiefen der Nordwand ergibt. Bis zum höchsten Punkt ist es nun nur mehr ein Katzensprung: Immer auf der schroffen Schneide bleibend, geht es in wenigen Minuten zum Gipfelkreuz]
[Bild: Ausblick vom Kleinen Solstein (2637 m.) über die Inntalkette in östliche Richtung - Rechts zeigt sich der messerscharfe Verbindungsgrat (III-) zur Hohen Warte (2596 m.), welcher eine der lohnendsten (einfachen) Klettereien der Umgebung darstellt, kann man doch potentiell in einem Rutsch Brandjochspitzen, Hohe Warte und Solsteine (ggf. mit Zustieg über den Innsbrucker Klettersteig) besteigen. Links im Hintergrund zeigen sich dagegen die hoch über dem Samertal aufragenden Gipfel der Gleirsch-Halltal-Kette, welche in Großem Bettelwurf (2726 m.) und Großem Lafatscher (2696 m.) ihre höchsten Vertreter finden]
[Bild: Tiefblick vom Kleinen Solstein (2637 m.) zur Tirolerischen Landeshauptstadt Innsbruck. Während der Inn unter einer milden November-Sonne ruhig dahinfließt und die Autokarawane auf der Brennerautobahn gen Italien rollt, grüßt mittig in der Ferne der dritthöchste Berg der Zillertaler Alpen herüber, der das Hintertuxer Gletscherskigebiet überragende Olperer (3476 m.) - Alles wie immer also]
[Bild: Die Gleirsch-Halltal-Kette in all ihrer herben Pracht vom Kleinen Solstein (2637 m.) aus gesehen - Auch wenn versierte (und v. a. extrem konditionsstarke) Kletterer diese Karwendelkette zwar theoretisch in einem Rutsch überschreiten können, werden die meisten der Gipfel zwischen Hohem Gleirsch und Hoher Fürleg einzeln für sich angegangen. Abgesehen von den mittels Steiganlagen zugänglich gemachten Gipfeln (z. B. Großer und Kleiner Bettelwurf, Speckkarspitze, Kleine Stempeljochspitze) handelt es sich dabei meist um ziemlich einsame, ruppige Unternehmungen, für die man sich eine gute Gebietskenntnis sowie Vertrautheit mit brüchigstem Wettersteinkalk (Liebhaber sagen „Karwendelschutt“) aneignen sollte]
[Bild: Die westliche Gleirsch-Halltal-Kette (im Zoom) vom Kleinen Solstein (2637 m.) aus - Die Besteigung eines jeden Felsgipfels zwischen Hohem Gleirsch und Großem Lafatscher stellt eine anspruchsvolle Unternehmung dar, für die man entsprechend gewappnet sein sollte. Die Möslalm und v. a. die Pfeishütte stellen hierbei die besten Ausgangspunkte für so kühne Felsgipfel wie die Praxmarerkarspitzen, die Kaskarspitze oder den Roßkopf dar. Wer dagegen über ein MTB verfügt, kann diese lohnenden Tourenziele auch als Tagestour von Scharnitz aus via Gleirschtal und Samertal ansteuern]
[Bild: Bei traumhaftem Spätherbstwetter auf dem Kleinen Solstein (2637 m.) - Während die Erlspitze (mittig) gegenüber der höchsten Erhebung der Inntalkette höhentechnisch klar zurücktreten muss, überragen die in der Ferne erkennbaren Gipfel von Mieminger Kette (links hinten) und v. a. Wetterstein das gesamte Karwendel noch einmal um einige Meter. Speziell die oberhalb des Platt aufragenden Berggipfel namens Schneefernerkopf und Zugspitze erreichen Höhen, die in den Nördlichen Kalkalpen erst wieder in den Lechtaler Alpen (rund um die Parseierspitze), in den Berchtesgadener Alpen (Hochkönig) und beim Dachstein erreicht werden]
[Bild: Ausblick vom Kleinen Solstein (2637 m.) über den dicht bewaldeten Kreuzungspunkt von Gleirsch-, Großkristen-, Kleinkristen- und Samertal, in dem sich auf einer Lichtung die idyllische Möslalm (1262 m.) befindet. Darüber ragen nordöstlich oberhalb der Hohe Gleirsch (2492 m.) und das Massiv von Katzenkopf (2531 m.) und Jägerkarspitzen auf, wobei die meisten der Wanderer und Bergsteiger wohl (zu Fuß oder per MTB) gen Scharnitz oder Pfeishütte weiterziehen werden, sind die „Wege“ auf die genannten Spitzen den meisten doch völlig unbekannt]
[Bild: Vom Kleinen Solstein (2637 m.) aus, zeigen sich (im Zoom) einige der eindrucksvollsten Gipfel des Karwendel (von links nach rechts) in ihrer ganzen herben Schönheit: Mittlere Jägerkarspitze (2608 m.) mit Birkkarspitze (2749 m.) dahinter, Kaltwasserkarspitze (2733 m.), Westliche Praxmarerkarspitze (2642 m.), Südliche Sonnenspitze (2665 m.) und Laliderer Spitze (2588 m.) gehören allesamt zu den ganz Großen, deren Besteigung (abgesehen von der Birkkar) einen in ungemein entlegene, wilde Karwendel-Welten entführt, in denen man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keinem anderen Bergsteiger begegnen wird]
[Bild: Hohe Warte (2596 m.) und (links dahinter) Hintere Brandjochspitze (2596 m.) vom Kleinen Solstein (2637 m.) aus gesehen - Aufgrund der Nähe zum Frau-Hitt-Sattel (Innsbrucker Klettersteig) bzw. zur Landeshauptstadt Innsbruck wird die Überschreitung von der Hohen Warte zum Solstein (oder umgekehrt) tatsächlich öfter durchgeführt, als es die gerüttelte Schwierigkeit (III-, ausgesetzt!) auf den ersten Blick vermuten ließe]
[Bild: Der Kleine Solstein (2637 m.) ist eine TOP-Karwendel-Aussichtsloge par excellence! Satte 2000 Hm über dem weiten Inntal gelegen, bieten sich von hier unzählige spannende Ausblicke in Richtung der Stubaier Alpen. Vor allem das Sellrain präsentiert sich hier von seiner besten Seite, zahlreiche schroffe Gipfel wie der Lüsener Fernerkogel, der Hohe Seeblaskogel oder der Strahlkogel grüßen herüber. Doch auch berühmte Zentralalpengipfel wie der Pflerscher Tribulaun, der Habicht oder die Hauptkammgipfel rund um das Zuckerhütl sind vom Kleinen Solstein aus erkennbar - Was für ein gewaltiger Aussichtspunkt!]
[Bild: Gipfelglück auf dem höchsten Berg der Inntalkette (Nordkette), dem Kleinen Solstein (2637 m.) - Nach einer für Spätherbstverhältnisse vergleichsweise langen Gipfelpause heißt es für uns nun bald, sich an den Abstieg zurück zum Solsteinhaus (1806 m.) zu machen. Doch bevor es über den Normalweg retour zum Weiten Sattel und anschließend via Wörgltal und Stiftensteig gen Erlsattel geht, werfen wir noch einen letzten Blick in Richtung Ostalpenhauptkamm: Ob nun Zillertaler, Stubaier oder Ötztaler Alpen, es wird in den kommenden 1-2 Jahren definitiv wieder Zeit für das eine oder andere „Urgesteins-Abenteuer“ zwischen Reschenpass und Gerlospass]
[Bild: Abstieg über den obersten Westgrat des Kleinen Solstein - Entspannt geht es über die brüchige, aber technisch unkomplizierte und in Summe angenehm zu begehende Schneide dahin. Das erste Etappenziel auf unserem Marsch zurück zum Solsteinhaus ist der unscheinbare Vorgipfel (Bildmitte), von dem es linkerhand in die nach Süden ausgerichtete Gipfelflanke hinabgeht. Das Gehen fällt dabei allerdings nicht immer leicht, zu sehr verleitet das grandiose Zentralalpenpanorama dazu, innezuhalten und die Augen gen Sellrain schweifen zu lassen]
[Bild: Blick aus der Gipfelflanke des Kleinen Solstein zum „Großen“ Bruder - Auch wenn es von hier den Anschein hat, als könne man einfach dem steilen Gratverlauf zum Weiten Sattel zwischen den beiden Solsteinen folgen, so muss die (von hier unscheinbare aber senkrechte) Felsrippe im unteren Abschnitt (links unten) erst via Südflanke und dann in Form von Felsbänderquerungen umgangen werden. Ansonsten würde man in deutlich (!) schwierigeres Terrain gelangen]
[Bild: In der Gipfelflanke des Kleinen Solstein - Es ist doch immer wieder erstaunlich, wie vergleichsweise mühelos man durch solch steile und ziemlich schroffe Geröllflanken ab- bzw. aufsteigen kann (den alpinen Wegebauern sei Dank!) - Zwar sollte man hier aufgrund der Steilheit und Rauheit des Terrains tunlichst einen Stolperer vermeiden, allerdings ist das Gelände dann doch wieder so moderat, dass wir regelmäßig das fantastische Panorama (am Horizont der Olperer!) bewundern können. Zwischen uns und Innsbruck liegen hier indes nach wie vor fast 2000 Meter vertikale Distanz]
[Bild: Szenerien wie in der Brenta oder den Sextener Dolomiten: Bei der mit Drahtseilen (A/K1) versicherten Bänderquerung unterhalb der senkrecht zum Weiten Tal abfallenden Felsrippe - Kaum zu glauben, dass wir uns hier im Karwendel befinden! Landschaftlich ist die Besteigung des Kleinen Solstein (2637 m.), ob nun vom Solsteinhaus oder der Neuen Magdeburger Hütte, in jedem Fall ungemein abwechslungsreich! Hier kommt man wirklich voll auf seine Kosten]
[Bild: Rückblick zum Kleinen Solstein (2637 m.) beim Rückweg zum Weiten Sattel - Aus dieser Perspektive wird sehr gut deutlich, dass die Südflanke (rechts im Profil) zwar steil, aber dann wiederum nicht so steil ist, dass man klettern müsste. Auch wenn sich Hinweise zur Orientierung aufgrund der wirklich hervorragenden und durchgehenden Markierung der Normalroute im Grunde erübrigen, so sei doch betont: Wer am Normalweg das klettern (schwieriger als I) anfängt und das eigentlich nicht vorhatte, hat wohl die Markierung bzw. den Normalweg verloren. Landschaftlich ist der Abschnitt zwischen Gipfelgrat und Weitem Sattel in jedem Fall unglaublich spektakulär und sicherlich das Highlight der Solstein-Überschreitung]
[Bild: Wunderschöner Ausblick vom Weiten Sattel (2465 m.) über das Großkristental zur Nördlichen Karwendelkette und zum Estergebirge (links hinten) - Der vermeintliche Nachteil der kurzen Tage mit entsprechend wenig Sonnenlicht wird im Spätherbst durch die dafür umso fotogeneren und landschaftlich unglaublich ästhetischen Licht-Schatten-Spiele der Gebirgsketten mehr als nur wettgemacht. Die Szenerie verändert sich an diesen Tagen so schnell, ständig ergeben sich neue zauberhafte Motive]
[Bild: Beim Abstieg vom Weiten Sattel durch das von (speziell im oberen Teil) steilen Geröll- und Schuttflanken geprägte Wörgltal - Da wir aufgrund der mittlerweile doch fortgeschrittenen Tageszeit auf dem schnellstmöglichen Weg zum Solsteinhaus zurückkehren möchten, entscheiden wir uns für die Variante Wörgltal-Stiftensteig. Wer mehr Zeit (bzw. Tageslicht) zur Verfügung hat, wird sicherlich den alternativen Abstieg über den Höttinger Schützensteig und die Neue Magdeburger Hütte vorziehen. Diese Variante ist nicht nur landschaftlich etwas interessanter, v. a. ist das Terrain im Wörgltal (splitterbrüchiges Geröll, das man jedoch meist NICHT abfahren kann und vielfach mit unangenehmen Kugellagereffekten daherkommt!) einfach deutlich räudiger! Wer die Solstein-Überschreitung von der Neuen Magdeburger Hütte aus angeht, dem sei der Aufstieg über den Höttinger Schützensteig und der Abstieg über den Stiftensteig empfohlen, so umgeht man das unangenehm zu begehende obere Wörgltal]
[Bild: Im mittleren Bereich des Wörgltales ist der unangenehmste Teil des Abstiegs vom Kleinen Solstein geschafft. Von hier geht es nun (immer der Geröllspur folgend) quer durch das Kar nach rechts zur Felswand und im Anschluss auf dem sogenannten Stiftensteig, einem klettersteigartig (max. B/K2) versicherten Steig, etwa 100 Hm steil (aber in anregender Routenführung) bergauf, bis sich das Gelände im Bereich der Südwestflanke des Großen Solstein schlagartig zurücklehnt. Was nun folgt, ist die Panoramaweg-artige Querung der WSW-Flanke - Im ausgehenden Nachmittagslicht der Erlspitze entgegen: ein Fest für die Sinne...]
[Bild: Rückblick vom Stiftensteig zum oberen Wörgltal, welches den direktesten Auf- oder Abstieg zum/vom Kleinen Solstein von/nach Süden darstellt. An beiden Seiten wird das geröllige Kar von brüchigen Steil- und Schrofenflanken begrenzt, aus denen man sich sinnvollerweise fernhält (außer, man „steht auf sowas“). Zwar mussten wir vom Weiten Sattel nur gut 400 Hm im Abstieg bewältigen, bis wir das Kar via Stiftensteig verlassen konnten, doch hat sich dieser Abschnitt unverhältnismäßig mühsam und langwierig angefühlt. Es gibt sie einfach, diese Geröllkare, die einem den sprichwörtlichen Buckel runterrutschen können!]
[Bild: Wegekreuzung im Bereich der WSW-Flanke des Großen Solsteins - Hier besteht die Möglichkeit, unschwierig zum Gipfel aufzusteigen (ca. 300 Hm), den Stiftensteig bzw. die Neue Magdeburger Hütte anzuvisieren oder (und das ist unser Weg) in nördliche Richtung die Großer Solstein-Westflanke eben zu queren und den Normalweg vom Solsteinhaus zu erreichen. Da die Schatten nun sehr schnell sehr lang werden und wir gewissermaßen in den Sonnenuntergang hineinflanieren, ist das Ganze die mehr als nur würdige Krönung eines absoluten Genusstages. Im Hochsommer ist man bei so einem traumhaften Setting meist längst wieder im Tal oder bei der Schutzhütte der Wahl: Let's go!]
[Bild: Herrliche Spätnachmittagsstimmung in der Westflanke des Großen Solstein - Während Stubaier Alpen, Lechtaler Alpen (in der Ferne), Mieminger Kette und Erlspitzgruppe in ein sanftes Licht getaucht werden, schweben wir (hoch über dem Inntal) nur so über die grasigen Flanken dahin, so sehr trägt uns das Erlebte des heutigen Tages. Auch wenn wir es noch nicht ganz wieder bis zum Solsteinhaus zurückgeschafft haben, ist es doch bereits jetzt eine der in Summe schönsten Kalkalpen-Touren, die ich bis dato erleben durfte. Technisch nie besonders schwierig, ist die Solstein-Überschreitung (noch dazu bei einem Wetter wie heute...) in meinen Augen der Inbegriff einer abwechslungsreichen Genusstour: Einfach Good Times]
[Bild: Auf dem Weg zurück zum Solsteinhaus (und den gebratenen Kaspressknödeln beim Abendessen...) haben wir stets die eindrucksvollen Hauptdolomit-Gipfel der Erlspitzgruppe vor Augen. Nachdem wir am ersten Tag gleich den höchsten Berg dieser Karwendel-Untergruppe, die Erlspitze (2405 m.), bestiegen haben, wird morgen die abweisende Kuhljochspitze (2297 m.) auf dem Programm stehen. Glücklich ist, wer nach einem Tag wie heute noch nicht absteigen muss, sondern gleich am darauffolgenden Tag zu neuen Abenteuern aufbrechen darf]
[Bild: Ausblick von der Großer Solstein-Westflanke zur Kuhljochspitze (2297 m.) und zur Erlspitze (2405 m.) - Kaum zu glauben, dass aus dem gerölligen Höllkar unterhalb der Eppzirler Scharte ein (zwar ziemlich anspruchsvoller, aber in Summe dann doch gut machbarer) Verbindungssteig quer durch die wilden Südabstürze der Kuhljochspitze führt. Dieser östliche Abschnitt des großartigen Freiungen Höhenweges wird morgen für uns der faktische Zustieg zur Kuhljochscharte (2171 m.) sein, von wo aus der Normalweg zur gleichnamigen Spitze abzweigt]
[Bild: Der Hoher Gleirsch (2492 m.) und das gewaltige Massiv rund um den Katzenkopf (2531 m.) und die mehrgipfelige Jägerkarspitze (2608 m.) erstrahlen im letzten Licht des Tages - Wir sind mittlerweile wieder beim Solsteinhaus (1806 m.) angekommen und können nun das leuchtend Rot glühende Karwendel in Ruhe auf uns wirken lassen - Was für ein erhabener Moment...]
[Bild: Einer schier uneinnehmbaren Trutzburg aus Wettersteinkalk gleich, stellt die von ihren nicht minder schroffen Trabanten umgebene Mittlere Jägerkarspitze (2608 m.) die unangefochtene Königin der westlichen Gleirsch-Halltal-Kette dar. Wer diesem stolzen und sehr selten besuchten Karwendel-Gipfel aufs verweiste Haupt steigen möchte, sollte sich in brüchigem und weglosem Schutt wohlfühlen und über eine wirklich sehr solide Gebietskenntnis verfügen. Ob nun durch das Kar „In den Flecken“, via Rigelkar oder gar vom Katzenkopf aus über den kühnen und höllisch ausgesetzten Barthgrat (!): der Jägerkarspitze sollte man sich nicht planlos und unüberlegt nähern]
[Bild: Am nächsten Morgen beim Solsteinhaus - Während über dem Inntal inversionsbedingt (noch) eine dichte Wolkendecke liegt, herrscht auf den Bergen erneut allerfeinstes Herbstwetter. Während wir uns am Morgen für unseren Aufstieg zur Kuhljochspitze bereit machen, grüßen von Süden die hohen Spitzen der Stubaier Alpen herüber: Besonders der markante Lüsener Fernerkogel (3298 m.) schräg links der Bildmitte macht dabei eine so gute Figur, dass bei mir unweigerlich Überlegungen aufkommen, seinen gewaltigen Nordgrat (1200 Hm Grat, Kletterei bis II) in 2025 endlich einmal anzugehen. Zu lange schon schwebt mir die Besteigung dieses formschönen Granitgneis-Giganten im Sellrain vor! Zeit wird es, das Ganze mittelfristig endlich in die Tat umzusetzen]
[Bild: Unterwegs auf dem Freiungen Höhenweg zwischen Höllkar und Kuhljochspitze-Südflanke - Bei so einem landschaftlich ästhetischen Setting fällt die Motivation, sich durch die stellenweise ziemlich abschüssigen, mühsamen und durchaus auch ausgesetzten Hauptdolomit-Flanken der Kuhljochspitze zu „wühlen“, nicht allzu schwer. Immer wieder halten wir inne, um den Blick über das Wolkenmeer zu den Zentralalpen schweifen zu lassen]
[Bild: Trittsicherheit und eine gewisse Routine im Umgang mit abschüssigen Geröllflanken ist beim Zustieg zur Kuhljochscharte via Freiungen Höhenweg in jedem Fall wichtig. Wem das Ganze nicht ganz geheuer ist, kann den Abschnitt zwischen Höllkar und Kuhljochspitze-Südgrat via Kreuzjöchl (2043 m.) umgehen bzw. auslassen, was (vom Solsteinhaus kommend) zu Beginn allerdings leider erst einmal einen Höhenverlust von ca. 150 Hm bedeuten würde. Wer solchen ruppigen Höhenwegen aber etwas abgewinnen kann, wird von der kühnen Routenführung des Freiungen Höhenweges sicher ziemlich angetan sein]
[Bild: Rückblick vom Freiungen Höhenweg zur Erlspitze (2405 m.) - Stellenweise müssen zwischen Höllkar und Kuhljochscharte leichte Drahtseilpassagen (A/B) bewältigt werden (siehe links unten). Die Hauptschwierigkeit dieses Abschnittes liegt jedoch ganz klar in der teilweise unangenehm „festgebackenen“ Beschaffenheit der Geröllflanken begründet. An 2-3 Stellen muss man sich kurzzeitig ziemlich konzentrieren, da es südlich sehr steil in die Tiefe geht und die Wegspur kaum 30 cm breit (und v. a. sehr abschüssig!) ist. Einen Ausrutscher kann man sich vielfach nicht leisten. Bei Schneelage, Vereisung und Nässe sollten man sich eine Querung der Südflanken der Kuhljochspitze sehr gut überlegen!]
[Bild: Ausblick vom Freiungen Höhenweg (an der Wegekreuzung zwischen Kreuzjöchl und Kuhljochscharte) über das Inntal zum markanten Rietzer Grießkogel (2884 m.), welcher den höchsten Berg der Nördlichen Sellrainer Berge darstellt. Während am Horizont die Lechtaler Alpen herübergrüßen und von (vergangenen wie künftigen) Abenteuern künden, stellt das von mächtigen Gräben (v. a. Schlossbach und Grieskarbach) durchzogene Gebiet zwischen Hochzirl und Freiungen Höhenweg (ein Teil ist im Vordergrund zu sehen) den Inbegriff von Terra Incognita dar. Nur ein paar wilde Jägersteige bzw. längst vergessene (= aufgelassene) Bergsteige findet man in diesem zerklüfteten Areal vor: Ein Paradies für Leute, die schon allzu viel von den Alpen gesehen haben und für die es nicht immer hoch hinaus gehen muss]
[Bild: Grandioser Ausblick vom Aufstieg zur Kuhljochspitze über das von einem Nebelmeer verdeckte Inntal zu den Stubaier Alpen. Rechts in der Ferne kann man den Hohen Riffler (3168 m.) im Verwall sowie recht daneben die Lechtaler Alpen ausmachen. Solche Tage wie heute, an denen sich die durch Inversion erzeugte Wolkendecke vormittags nicht rasch auflöst, sind besonders kostbar. Immer wieder halten wir daher beim Aufstieg von der Kuhljochscharte inne, um das einmalig schöne Ostalpenpanorama auf uns wirken zu lassen]
[Bild: Tiefblick von der Kuhljochscharte (2171 m.) ins gleichnamige (zu dieser Jahreszeit ziemlich schattige) Kuhljoch, das in der Regel v. a. dann passiert wird, wenn der anspruchsvolle Freiungen Höhenweg via Eppzirler Scharte und Ursprungssattel nördlich umgangen wird. Folgt man dagegen dem Talverlauf an der Eppzirler Alm vorbei in nördliche Richtung (dabei ist man kurzzeitig auf dem bekannten „Adlerweg“ unterwegs), kommt man irgendwann in Scharnitz an]
[Bild: Nachdem es von der Kuhljochscharte zunächst drahtseilversichert (B/K2) eine steile Rinne in ziemlich direkter Routenführung nach oben gegangen ist, erreichen wir knapp unterhalb des Gipfels vor dem finalen Schlussanstieg diesen (äußerst fotogenen!) vorgelagerten Punkt. Natürlich lassen wir es uns nicht nehmen, auch hier kurz zu verweilen, zu sehr fesselt der Kontrast von schier endlos weitem Zentralalpenpanorama und Inntaler Nebelmeer]
[Bild: Ausblick von der Kuhljochspitze (2297 m.) zur benachbarten Erlspitze (2405 m.) - Vielleicht komme ich eines Tages noch einmal wieder, um den spannenden Verbindungsgrat (II, ca. 3 h Gehzeit) via Kirchlspitze (2161 m.) auszukundschaften. Heute fehlt uns dafür u. a. die Zeit, doch das ist absolut in Ordnung. So haben wir dafür mehr Zeit auf dem exponierten Gipfel (den wir übrigens ganz für uns alleine haben), um die Gipfel der Hinterautal-Vomper-Kette (links im Hintergrund) anzupeilen]
[Bild: Von der Kuhljochspitze (2297 m.) aus wirken die Stubaier Alpen so nah und gleichzeitig doch so fern... Lediglich Inntal und Sellrain trennen uns vom Alpenhauptkamm, der in diesem Teil der Ostalpen höhentechnisch im formschönen Zuckerhütel (3507 m.) kulminiert. Es ist mir im Grunde seit dem ersten Tag bzw. der Besteigung der Erlspitze klar, doch jetzt weiß ich es mit Gewissheit: Ich muss sehr bald endlich mal wieder eine Hochtour (am liebsten eine alpine Bergtour mit Gratkletterei) in dieser wunderbaren Gebirgsgruppe unternehmen und mich vom dunklen Granitgneis einlullen lassen]
[Bild: Ausblick von der Kuhljochspitze (2297 m.) über den schroffen Zackenkamm der mehrgipfeligen Freiungen (2322 m.) zur Reither Spitze (2374 m.), welche den Hausberg der Nördlinger Hütte bzw. von Seefeld in Tirol darstellt. Dahinter kann man (rechts) die breiten Felsmauern und langgezogenen Grate des Wettersteingebirges erkennen, während man die großen Gipfel der Lechtaler Alpen (links am Horizont) indes nur erahnen kann]
[Bild: Tiefblick von der Kuhljochspitze (2297 m.) zur idyllisch gelegenen Eppzirler Alm, welche ringsherum von den Hauptdolomit-Gipfeln der Erlspitzgruppe eingerahmt wird. Auch wenn es sich in Summe keineswegs um ein einsames Gebiet handelt (Stichwort: Adlerweg, Freiungen Höhenweg sowie die Nähe zu Innsbruck und Seefeld), so ist doch speziell der von der Erlspitze nach Norden ziehende Fleischbankgrat (Überschreitung der Fleischbanktürme 1,5-2 h und Kletterei bis III) ganz rechts (nur ein Teil ist sichtbar) ziemliches Niemandsland, dem man sich wenn überhaupt nur mit AVF, guter topographischer Karte und reichlich alpiner Erfahrung nähern sollte]
[Bild: Neben der Erlspitze (2405 m.) gehört auch die Kuhljochspitze (2297 m.) definitiv zu den besten Aussichtslogen, um das ungleiche Gipfelpaar der Solsteine zu bewundern. Während der massige, im Westen und Süden von dichten Latschenkieferflanken überwucherte Große Solstein (2541 m.) das Gebiet rund um den Erlsattel geographisch klar dominiert, muss er doch letztlich (speziell in der Ansicht von Norden) hinter dem höheren Kleinen Solstein (2637 m.) zurückstehen, welcher (links hinten) eine gewaltige, über 600 Meter hohe Nordwand über dem Knappenkarl zur Schau stellt]
[Bild: Kleiner Solstein (2637 m.) und Großer Solstein (2541 m.) im Zoom von der Kuhljochspitze (2297 m.) aus gesehen - Im Vordergrund ist das im Erlsattel gelegene Solsteinhaus (1806 m.) erkennbar, welches heute (nach zweiwöchiger Verlängerung aufgrund des anhaltend stabilen Hochdruckwetters seit Mitte Oktober) die Saison 2024 endgültig beschließt. Nach diesen drei wunderbaren Tagen in der westlichen Inntalkette (Nordkette) ist für mich indes nur allzu verständlich, wo die Beliebtheit dieser gemütlichen Schutzhütte herrührt: Wer über so viele, landschaftlich ungemein lohnende Hausberge verfügt, hat im Grunde das sprichwörtliche große Los gezogen]
[Bild: Beim Abstieg von der Kuhljochspitze bzw. der gleichnamigen Scharte zum Kreuzjöchl (2043 m.) fällt der Blick ein letztes Mal zur benachbarten Erlspitze (2405 m.), welche ihre von zahllosen wilden Felstürmen und Nadeln gespickten Südabstürze hoch über dem gerölligen Höllkar zur Schau stellt. Sollte ich die Erlspitzgruppe noch einmal besuchen, wird es sicherlich eine Kombination aus Freiungen Höhenweg sowie Kuhljochspitze-Erlspitze-Gratüberschreitung (inkl. Zirler Klettersteig bzw. „Mitnahme“ von Reither Spitze und Freiungen) werden, das steht für mich fest: Wenn schon, dann richtig]
[Bild: Ausblick vom Kreuzjöchl (2043 m.) über den von Latschenkiefern überwucherten Kamm, der über den Garberskopf (1903 m.) weiter zum Brunstkopf (1719 m.) zieht und (laut Karte) wohl ebenfalls begangen werden kann. Dahinter zeigt sich das im Süden von den Stubaier Alpen begrenzte Inntal, welches nun nur mehr unter einem dunstartigen Schleier liegt, da sich die Wolkendecke mittlerweile aufgelöst hat. Für uns steht vom Kreuzjöchl im weiteren Verlauf der Abstieg (400 Hm) zur Solenalm bevor, bevor es anschließend auf dem vom ersten Tag bekannten Aufstiegsweg zurück gen Hochzirl gehen wird]
[Bild: Vom Kreuzjöchl (2043 m.) aus ist der Kleine Solstein mittlerweile nicht mehr sichtbar, wird er doch vom (seinem Namen alle Ehre machenden) Großen Solstein (2541 m.) verdeckt. Letzterer präsentiert von hier die (nur von ein paar freigeschnittenen, quer verlaufenden Gassen durchzogene) Latschenkiefer-„Wildnis“ seiner WSW-Seite. Ohne das Engagement und Herzblut der alpinen Wegebauer wäre die Besteigung des Großen Solsteins wohl nur via Wörgltal bzw. Neue Magdeburger Hütte für das Gros der Wanderer möglich]
[Bild: Großer Solstein (2541 m.) im Zoom vom Kreuzjöchl (2043 m.) aus gesehen - Deutlich sind die quer verlaufenden Verbindungswege vom Solsteinhaus zur Neuen Magdeburger Hütte zu erkennen, welche die von dichten Latschenkiefern überwucherte Flanke erst begehbar machen. Links im Hintergrund ist die orgelpfeifenartige Kumpfkarspitze (2393 m.) zu erkennen, welche heute im Gegensatz zu den Solsteinen vermutlich eher keinen Besuch erhalten hat, zu anspruchsvoll (mind. III-, bei dem empfehlenswerteren Aufstieg via S-Grat auch III+/IV-) und entbehrungsreich ist eine Besteigung]
[Bild: Spätherbstliche Impressionen beim Abstieg vom Kreuzjöchl (2043 m.) zur Solenalm (1644 m.) - Während über dem Inntal nach wie vor eine Dunstglocke liegt, ragen links im Hintergrund die schroffen Kalkkögel rund um die Schlicker Seespitze (2804 m.), die Große Ochsenwand (2700 m.) und die Marchreisenspitze (2620 m.) in den verheißungsvoll blauen November-Himmel der Stubaier Alpen]
[Bild: Beim Abstieg vom Kreuzjöchl zur Solenalm begleitet uns die ganze Zeit der dominierende Große Solstein (2541 m.) - So langsam aber sicher neigt sich unsere dreitägige Karwendel-„Exkursion“ dem Ende entgegen, sehr bald werden wir uns bei Hochzirl wieder in unser Auto setzen und die Heimreise antreten. Doch noch sind uns ein paar letzte Stunden in der wunderbaren Gebirgswelt des Karwendel vergönnt. Es ist eine Schande, dass ich nicht öfters in dieser so einzigartigen Gebirgsgruppe zwischen Scharnitz und Achensee, zwischen Isarwinkel und Innsbruck unterwegs bin! Hoffentlich wird sich das zukünftig ändern...]
[Bild: Oberhalb der Solenalm (1644 m.) an der Schnittstelle von Inntalkette (Nordkette) und Erlspitzgruppe - Mit Blick zu den an die Dolomiten erinnernden Kalkkögeln (rechts hinten) folgen wir der Grasflanke beschwingt bergab zur Alm und weiter zum vom Solsteinhaus nach Hochzirl verlaufenden Hüttenweg. 3 wundervolle Tage im Karwendel inklusive 4 Gipfeln (Kleiner und Großer Solstein, Erlspitze, Kuhljochspitze) bei absolut perfektem Spätherbstwetter liegen hinter uns. Nach dem heftigen Wintereinbruch im September ist das (in Kombination mit der Watzmann-Überschreitung eine Woche zuvor) ein mehr als versöhnlicher Bergherbst sowie der (vermeintliche) Abschluss einer in Summe dann doch ziemlich ergiebigen Berg-Saison. Doch wer weiß, vielleicht geht sich kommendes WE ja noch einmal eine „gscheite“ Tour aus: Das stabile Hochdruckwetter soll nämlich noch ein bisschen anhalten...]
Geigelstein (1808 m.)
21. September
[Bild: Ausblick von den idyllischen Wiesenflächen der Schreckalm in Richtung Tuxer Alpen (links in der Ferne), Inntal, Karwendel, Brandenberger Alpen und Bayerische Voralpen - Zahlreiche Wege führen aus den umliegenden Tälern auf den dritthöchsten Berg der Chiemgauer Alpen, den Geigelstein (1808 m.), wobei wir uns diesmal für den Aufstieg von Westen (aus dem Bergsteigerdorf Sachrang) entschieden haben. Aufgrund seiner freistehenden Lage zählt der Geigelstein zu den schönsten Aussichtspunkten zwischen Inntal und Berchtesgaden. Ich bin schon gespannt und freue mich sehr, endlich einmal wieder in meinem (neben den BGA) Heimatgebirge unterwegs zu sein]
[Bild: Geigelstein (1808 m.) von Westen. Mehr als deutlich ist der massive Schneefall der letzten 1,5 Wochen zu erkennen, die obersten 300 Meter des Berges sind in ein vorwinterliches Weiß gehüllt. Unser Plan ist, über die mäßig steile Westflanke (links) in die Scharte zwischen Geigelstein und Roßalpenkopf aufzusteigen und dann via Nordwestkamm den höchsten Punkt zu erreichen]
[Bild: Winterliche Verhältnisse in der Geigelstein Westflanke. Da schon seit ein paar Tagen intensiviertes Tauwetter herrscht, ist der Schnee sehr feucht, schwer und ohne Bindung zum Boden. Entsprechend mühsam gestaltet sich der Aufstieg (v. a. abseits der ausgetretenen Spur). Zumindest entschädigt aber das großartige Panorama (der Wilde Kaiser ist omnipräsent!) für die teilweise Plackerei]
[Bild: Geigelstein Westflanke Mitte September 2024 - Nachdem es in weiten Teil Osteuropas bzw. Österreichs einige Tage anhaltend (zum Teil extrem intensiv) geregnet und geschneit hatte, präsentieren sich die Ostalpen und sogar die höhentechnisch eher bescheideneren Chiemgauer sowie Bayerischen Voralpen (für die Jahreszeit) ungewohnt winterlich. Noch vor kurzem herrschte hier Lawinengefahr, doch mittlerweile erhält der Geigelstein wieder regulär Besuch. Dass das Ganze indes technisch und konditionell deutlich anspruchsvoller als bei trockenen Verhältnissen ist, versteht sich von selbst]
[Bild: Am Beginn des kurzen Geigelstein Nordwestkamms beginnt die Latschenzone. Damit (sowie in Verbindung mit der Höhe) nimmt auch die Schneehöhe nun rasch zu, so dass wir nachfolgend mit einigen wirklich tiefen Trittspuren und abschüssig-rutschigen Stufen konfrontiert sind: In Kombination mit Teleskopstöcken technisch kein Problem, aber dann doch gar nicht so unanstrengend. Während sich angesichts des grandiosen Wetters (trotz der winterlichen Verhältnisse) auch heute zahlreiche Wanderer auf den Weg zum Geigelstein-Gipfel machen, fristet der unbekannte Roßalpenkopf (rechts hinten) ein absolutes Schattendasein]
[Bild: Ausblick vom Geigelstein (1808 m.) nach Osten zum Hochgern (links) und in Richtung Berchtesgadener Alpen und Loferer Steinberge (ganz rechts) - Unten im Tal befindet sich Ettenhausen, ein zu Schleching (wie Sachrang ein Bergsteigerdorf) gehörender Gemeindeteil, von dem aus der Geigelstein auf einigen sehr lohnenden Routen bestiegen werden kann]
[Bild: Fantastische Aussicht vom Geigelstein (1808 m.) ins Inntal, welches vom Kaisergebirge (links) und den Brandenberger Alpen sowie Bayerischen Voralpen (rechts hinten) eingerahmt wird. Links in der Ferne kann man die tief verschneiten Tuxer Alpen erahnen, welche heute (aufgrund aktuer Lawinengefahr oberhalb von 2000 mH!) vermutlich (bzw. wohl eher hoffentlich) nicht allzu viel Besuch erhalten. An Tagen wie heute ist man in den Bergen sinnvollerweise eher defensiv unterwegs]
[Bild: Der Geigelstein (1808 m.) zählt seit langer Zeit zu den berühmtesten Aussichtswarten der Bayerischen Alpen, erhebt er sich doch völlig frei und an Höhe unübertroffen zwischen Östlichen Chiemgauer Alpen (Sonntagshorn, Steinplatte etc.), Kaisergebirge und Bayerischen Voralpen. Mit einer Schartenhöhe von 1140 Metern ist der Geigelstein eigenständiger bzw. prominenter als Watzmann, Hochkalter und Hoher Göll. Nur das Sonntagshorn ragt in den Chiemgauer Alpen noch deutlicher aus seiner Umgebung hervor - Was für ein toller Aussichtsgipfel...]
[Bild: Schauen und genießen... Gipfelglück auf dem Geigelstein (1808 m.) im Herzen der wunderbaren Chiemgauer Alpen. Während wir es uns auf dem aussichtsreichen Panoramagipfel hoch über dem Achental gemütlich machen, schweift der Blick in Richtung Berchtesgadener Alpen, schweifen die Gedanken zu vergangenen (und zukünftigen) Abenteuern - Das Leben ist schön]
[Bild: Tiefblick vom Geigelstein (1808 m.) über die düsteren Abstürze der Nordostwand. Wohl nur alle Jubeljahre einmal wird sich hier ein „verirrter“ Kletterer bzw. Bergsteiger rumtreiben. Es gibt zwar Steige bzw. Pfade im Bereich von Latschkogel, Ahornkopf und Spitzberg, hierbei handelt es sich jedoch in erster Linie (bzw. bestenfalls) um Jägersteige. Gleichwohl bieten auch die Chiemgauer Alpen jede Menge weglose Abenteuer abseits der ausgetretenen Wege, wenn man denn über das entsprechende Spezialwissen sowie alpine Erfahrung verfügt]
[Bild: Durch das Tal von Wirtsalm (mittig erkennbar) bzw. Wuhrsteinalm verläuft der direkteste Abstiegsweg vom Geigelstein nach Ettenhausen (Schleching). Für uns ist diese Variante heute irrelevant, da wir wieder zum Ausgangspunkt bei Sachrang zurückkehren müssen. Daher geht es nach dem von Latschenkiefern geprägten Zick-zack-Abstieg über die Geigelstein Südwestflanke zunächst zur Scharte („Käferl“) vor dem (theoretischen) Anstieg zum Breitenstein und anschließend in westliche Richtung über Grashänge abwärts zur Priener Hütte]
[Bild: Geigelstein (1808 m.) von Süden im winterlich angehauchten Herbstkleid - Noch ist die Sonne stark genug, noch sind die Temperaturen (zu schnell wieder) zu mild, als dass sich der Schnee dauerhaft halten kann. Es wird sicher noch 2-3 Monate dauern, bis auch in den Chiemgauer Alpen der Winter so richtig Einzug hält. Dann jedoch werden hier wieder unzählige Skitouren- und Schneeschuhgeher unterwegs sein, zählt der Geigelstein doch auch im Winter zu den lohnendsten Touren im weiten Umkreis. Zudem ist unser nächstes Ziel vor dem eigentlichen Abstieg, die Priener Hütte, grundsätzlich ganzjährig (abgesehen von einzelnen Wochentagen) bewirtschaftet]
[Bild: Ausblick von der Priener Hütte (1410 m.) zum Wilden Kaiser - Nach einigen Jahren haben wir es endlich mal wieder im Rahmen einer klassischen Wandertour in die Chiemgauer Alpen geschafft. Wirklich schön war's, einfach der Inbegriff einer herbstlichen Genusstour! Es müssen nicht immer die hohen, wilden Berge sein, manchmal (speziell wenn man witterungsbedingt kleinere Semmeln backen muss) ist eine Bergtour à la Geigelstein (1808 m.) schlicht und ergreifend genau das Richtige]
Großes Ochsenhorn (2511 m.) + Großes Reifhorn (2488 m.)
07-08. September
[Bild: Knapp oberhalb der Baumgrenze beim Aufstieg von Maria Kirchental über den Schärdinger Steig - Nach über 10 Jahren bin ich endlich wieder in den herrlichen Loferer Steinbergen unterwegs. Nachdem ich mir 2013 mit der Begehung des aussichtsreichen Nuaracher Höhenweges damals zum Auftakt gleich einmal die vermeintliche Königstour des Gebietes in mein Tourenbuch schreiben konnte, habe ich mir nach langer „Stoaberge-Abstinenz“ nun den höchsten Berg der Gruppe als Ziel gesetzt: das Großes Ochsenhorn (2511 m.) mit anschließender (erstmaliger) Übernachtung auf der urigen Schmidt-Zabierow-Hütte. Das Große Reifhorn (2488 m.) soll dann am zweiten Tag (vor dem Abstieg ins Loferer Hochtal) die bergsteigerische Kirsche auf der Torte sein. Die Wetterprognose (vor einem anstehenden, gewaltigen Wetterumschwung mit über 1 Meter Neuschnee!) ist bestens: Stabiles Herbstwetter ist angesagt - Auf geht's!]
[Bild: Es wird Herbst in Loferer Steinbergen, Chiemgauer und Berchtesgadener Alpen. Ein manchmal arg quellwolkiger und teilweise ziemlich labiler, in Summe aber dann doch versöhnlicher Bergsommer neigt sich dem Ende entgegen. Rechts im Hintergrund ragt in bester Karstplateau-Manier die Reiter Alm in den Himmel, während man links in der Ferne Zwiesel und Hochstaufen erkennen kann. Wie viele Wanderer und Bergsteiger wohl den heutigen Kaiserwettertag in den Bergen verbringen...?]
[Bild: Im mittleren Abschnitt des Schärdinger Steiges - Nachdem es zu Beginn von Maria Kirchental zunächst auf einem immer wieder etwas steileren und schmierigeren Steig bergauf gegangen ist, bleibt der Bergwald nach einiger Zeit schließlich zurück. In Schlagdistanz zur Felswand des Lärchhörndl (links) leitet der Schärdinger Steig über Matten und (noch) grasbewachsene Karren bergauf, das Große Ochsenhorn (2511 m.) immer vor Augen. Im Gegensatz zum Weg durch das Loferer Hochtal ist der Schärdinger Steig dabei herrlich ruhig, v. a. morgens wird man hier häufig vollkommen alleine unterwegs sein (ich habe zwischen dem Parkplatz und der Abzweigung zum Großen Ochsenhorn nicht einen einzigen Menschen getroffen). Das erste wichtige Etappenziel ist die Ludwig-Rieger-Biwakschachtel (1765 m.) am Beginn der Schneegrube]
[Bild: Die Ludwig-Rieger-Biwakschachtel oder auch Prax-Biwakschachtel (1765 m.) genannte Mini-Hütte am Beginn der Schneegrube bietet eine fantastische Aussicht in Teile der Chiemgauer und Berchtesgadener Alpen, sollte als Übernachtungsoption aber nur im Notfall genutzt werden. Die Biwackschachtel ist nicht versperrt bzw. jederzeit geöffnet, verfügt über eine Koch- und Heizmöglichkeit und einige wenige Schlafplätze. Speziell wenn die Schmidt-Zabierow-Hütte nicht (mehr) geöffnet hat, zieht es mitunter einsamkeitssuchende Individualisten hierher]
[Bild: Ausblick von der Ludwig-Rieger-Biwakschachtel über die Schneegrube zum Großen Ochsenhorn (2511 m.) - Das nächste Etappenziel beim Aufstieg über den Schärdinger Steig wird der markante Sattel zwischen Sattelhorn (rechts) und Ochsenhorn sein. Um dorthin zu gelangen, gilt es, die von schroffen Felswänden eingerahmte Schneegrube zu durchqueren und anschließend über steile Karrenfelder und Schrofen rechterhand den Sattel anzuvisieren]
[Bild: Beim Aufstieg durch die gerölligen Weiten der Schneegrube. Eine markierte und ausgetretene Spur leitet unkompliziert bergauf in den hintersten Karwinkel, aus dem es nach Westen in Richtung der sonnenbeschienenen Karren geht. Wie der Name schon impliziert, handelt es sich bei der Schneegrube um ein sehr schattiges, entlegenes Schneeloch, das hauptsächlich von Ochsenhorn-Aspiranten aufgesucht wird]
[Bild: Zerfurchte Wasserrillen und Karstflanken prägen den Ausstieg aus dem hinteren Schneeloch in den Sattel zwischen Sattelhorn und Großem Ochsenhorn. Der oberste Abschnitt des Schärdinger Steiges vermittelt einen guten ersten Eindruck von der schroffen Gipfelroute, die mich nun bald erwartet: Alles technisch kein Hexenwerk, aber dann doch zu ernst, um in den Autopilot-Modus zu schalten. Wer sich hier den Haxen ernsthaft vertritt, hat (sofern man keinen Empfang hat, der Tag bereits weit fortgeschritten ist und niemand mehr vorbeikommt) unter Umständen ein echtes Problem]
[Bild: Aus dem Sattelbereich zwischen Sattelhorn und Großem Ochsenhorn zeigen sich schließlich erstmals Großes Reifhorn (2488 m.) und Breithorn (2413 m.) in ihrer ganzen herben Pracht. Beide Gipfel können nur in Kletterei (II) bestiegen werden und zählen deshalb zu den eher anspruchsvolleren Zielen im Umfeld der Schmidt-Zabierow-Hütte. Während das Breithorn (rechts) ein andermal (z. B. via Griesbacher Steig) das Ziel sein wird, habe ich mir die Besteigung des Reifhorns für morgen fest vorgenommen]
[Bild: Etwa 500 Hm sind es nun von der Abzweigung bis zum Gipfel des Großen Ochsenhorns. Obwohl es sich um eine im Detail ziemlich komplizierte und verwickelte Route handelt, kommen doch aufgrund der durchgehend hervorragenden Markierung keinerlei Orientierungsprobleme auf. Über zahlreiche Absätze, Karrenfelder und Felsstufen geht es steil bergauf, wobei es sich meist um anspruchsvolles Gehgelände mit teilweise länger anhaltender Ier-Kraxelei handelt. Bei schlechten Verhältnissen (nasser Fels oder gar Schnee bzw. Vereisung) handelt es sich trotz der relativ geringen klettertechnischen Schwierigkeiten um eine sehr ernste, abweisende Route]
[Bild: Großes Reifhorn (2488 m.) von Osten vom Aufstieg zum Großen Ochsenhorn aus. Kaum zu glauben, dass eine vergleichsweise einfache Route (I, meist Gehgelände) durch den oberen Teil der gebänderten Wand zum Gipfelaufbau führt. Der rechte der beiden Hauptgipfel, das sogenannte Kreuzreifhorn (2465 m.), stellt für die meisten kraxelaffinen Wanderer das meistbesuchte Gipfelziel dar. Der Hauptgipfel (links davon ) wird aufgrund des technisch anspruchsvollen Gipfelaufbaus (I-II und A0, frei geklettert II) deutlich seltener aufgesucht]
[Bild: Aufstieg zum Großen Ochsenhorn über den Normalweg - Speziell die sehr steilen und teilweise auch ausgesetzten Rinnen am oberen Gipfelaufbau (sehr anhaltend I) verlangen einen sicheren Tritt und Versiertheit im Umgang mit dem ziemlich ruppigen Felsterrain. Zuletzt leiten eine brüchige Steilrinne und eine mit Drahtseilen versicherte kesselartige Querung sowie eine letzte Felsstufe zum Gipfelgrat. Von dort geht es in wenigen Minuten zum höchsten Punkt der Loferer Steinberge]
[Bild: Tiefblick vom Großen Ochsenhorn (2511 m.) in das Niemandsland zwischen Loferer und Leoganger Steinbergen. Dieses von dem völlig unbekannten Gipfel der Hochsäul (1757 m.), einem Truppenübungsplatz und dichten Wäldern bzw. Latschenkieferzonen geprägte Gebiet zieht wohl v. a. Wanderer an, die schon zu viel von der Region gesehen haben. Ob ich eventuell eines Tages die Hochsäul, diesen „Widerborstig zwischen Loferer und Leoganger Steinbergen“ (Mark Zahel), besteigen werde? Wohl eher unwahrscheinlich, aber man soll bekanntlich ja niemals nie sagen. Gleichwohl wird es mich tendenziell wohl auch in Zukunft eher in die Hohen Tauern bzw. Glocknergruppe (rechts in der Ferne) oder eben dann doch die Leoganger ziehen, das Grießener Hochbrett lockt schließlich schon seit vielen, vielen Jahren...]
[Bild: Endlos weite Fernsicht vom Großen Ochsenhorn (2511 m.) in Richtung Hohe Tauern - Auch auf dem mittig am Horizont erkennbaren Großvenediger (3657 m.) werden heute sicher wieder zahlreiche glückliche Seilschaften stehen und das an diesem Tag absolut perfekte Wetter im Ostalpenraum genießen]
[Bild: Tiefblick vom Großen Ochsenhorn (2511 m.) in die Schneegrube und weiter gen Lofer. Fast 2000 Hm vertikale Distanz liegen zwischen dem höchsten Punkt der Loferer Steinberge und dem namensgebenden Talort. Rechts im Hintergrund präsentiert sich stolz die Reiter Alm mit dem (erst vor zwei Wochen bestiegenen) Großen Häuselhorn, dem Wagendrischelhorn und dem Stadelhorn, während mittig in der Ferne das Staufen-Massiv herübergrüßt]
[Bild: Die Anzahl der Berchtesgadener und Leoganger Gipfel, die man heute vom Großen Ochsenhorn aus erkennen kann, ist schier endlos. Aufgrund seiner imposanten Schartenhöhe von über 1300 Metern und der sehr hohen geographischen Dominanz Richtung Westen und Norden zählt die Aussicht vom höchsten Berg der Loferer Steinberge (neben dem Panorama vom Birnhorn) zum Eindrucksvollsten, das man in der weiten Umgebung finden kann]
[Bild: Gipfelglück auf dem Großen Ochsenhorn (2511 m.), dem höchsten Berg der Loferer Steinberge - Auch wenn es sich um einen naturgemäß sehr attraktiven Gipfel für Bergsteiger handelt, ist das Große Ochsenhorn keineswegs überlaufen. Zwar wird der höchste Loferer gerne und regelmäßig bestiegen, die durchaus knackigen Anforderungen des Normalweges und die vielen Höhenmeter sorgen aber für ein handverlesenes Publikum. Das Ochsenhorn muss man sich ehrlich verdienen, was das bergsteigerische Erlebnis der Besteigung bei schönem Wetter umso tiefer und wertvoller macht]
[Bild: Ausblick vom Großen Ochsenhorn (2511 m.) über die Kleine Wehrgrube zum mehrgipfeligen Massiv der Reifhörner und zum Breithorn (2413 m.) - Wer weiß, wo sie sich befindet, wird unterhalb des Breithorns am Beginn der Großen Wehrgrube zudem die Schmidt-Zabierow-Hütte (1966 m.) erkennen können. Ansonsten dürfte es sich wohl eher um ein Suchspiel handeln, ist die Hütte inmitten dieser schier unendlichen Dachsteinkalk-Welten doch kaum auszumachen]
[Bild: Nach dem geglückten Abstieg vom Großen Ochsenhorn (über den Normalweg) gilt es im Anschluss, via Kleine Wehrgrube das heutige Übernachtungsziel, die Schmidt-Zabierow-Hütte, zu erreichen (in der Bildmitte ist die Wegspur zu erkennen). In einigem Auf und Ab geht es dabei über zerklüftetes Karstgelände, begrünte Schrofen und latschenkieferbewachsene Erhebungen dahin, während das imposante Reifhorn (2488 m.) die Szenerie dominiert: Was für ein eindrucksvoller Gipfel!]
[Bild: Inmitten der felsigen Weiten der Kleinen Wehrgrube - Abgesehen von dem im Sommer sehr regelmäßig begangenen Verbindungsweg von der Schmidt-Zabierow-Hütte in Richtung Schneegrube (= gleichzeitig Zustieg zum Großen Ochsenhorn von Westen) gibt es in dieser Gegend ansonsten nur die sehr einsame Route zur Rotscharte (2239 m.), von wo man via Fellerer Sand nach Hochfilzen gelangen kann. Hierbei handelt es sich allerdings um eine ziemlich raue und ernste Tour, bei der man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keinem anderen Menschen begegnen wird. Auch das (im Winter als Skitour sehr begehrte) Schihörnl (2286 m.) fristet während der schneefreien Monate ein absolutes Schattendasein. Wer also im Sommer in den (ohnehin eher ruhigen) Loferer Steinbergen nach einsamen Gefilden sucht, wird hier in der Kleinen Wehrgrube schnell fündig]
[Bild: Entspanntes Kalkstein-Wandern in der Kleinen Wehrgrube, das markante Breithorn (2413 m.) stets vor Augen - Wem das Große Ochsenhorn als Gipfel technisch zu anspruchsvoll ist, dem kann die Tour von Maria Kirchental zur Schmidt-Zabierow-Hütte mit anschließendem Abstieg ins Loferer Hochtal (bzw. umgekehrt) trotzdem sehr (!) empfohlen werden (sofern man entsprechende Trittsicherheit und Ausdauer mitbringt). Auch ohne Gipfel handelt es sich dabei um eine äußerst abwechslungsreiche, landschaftlich wunderschöne Tour, bei der man dem herb-schroffen Nucleus der Loferer Steinberge bereits sehr nahe kommt]
[Bild: Großes Ochsenhorn (2511 m.) von Nordwesten - Der markierte Normalweg auf den höchsten Berg der Loferer Steinberge zweigt links unterhalb der sattelartigen Anhöhe (südlich des Sattelhorns) zwischen Kleiner Wehrgrube und Schneegrube ab und führt im Anschluss in teilweise recht anhaltender Ier-Kraxelei durch die gebänderte Nordflanke auf den Gipfel. Aufgrund der Exposition ist man (v. a. im Frühsommer sowie nach Neuschneefällen im Herbst) öfters mit ungünstigen Verhältnissen konfrontiert, so dass man sich vorab gut informieren sollte. Bei trockenem Fels und stabilem Wetter handelt es sich jedoch in erster Linie um eine der spannendsten klassischen Kalkalpen-Genusstouren weit und breit]
[Bild: Kurz vor der Schmidt-Zabierow-Hütte (1966), welche vom wuchtigen Breithorn (2413 m.) überragt wird. Bei der Schmidt-Zabierow-Hütte handelt es sich um die einzige bewirtschaftete Schutzhütte der Loferer Steinberge, entsprechend überragend ist ihre Bedeutung für Kletterer und Bergsteiger. Mit ca. 56 Schlafplätzen (zzgl. Notlager und Winterraum) ist die SZH eine eher kleine, heimelige Hütte. Gleichzeitig ist sie sowohl bei Tagesgästen als auch bei Bergsteigern, Kletterern und Klettersteiggehern hoch im Kurs. Im Umfeld der Hütte wird nämlich jeder entsprechend seiner Façon glücklich, ob im Klettergarten der Breithorn Ostwand, in den anspruchsvollen Klettersteigen Nackter bzw. Wilder Hund oder auf einem der zahlreichen Gipfel (Ochsenhorn, Reifhorn, Hinterhorn, Breithorn) im Umkreis. Die Schmidt-Zabierow-Hütte und ihr entsprechendes Tourenangebot muss man sich ehrlich erarbeiten, mindestens 1200 Hm sind als Zustieg in jedem Fall zu bewältigen. Das passt zum Wesen der Loferer Steinberge, welche sich tendenziell eher an Liebhaber ruhigerer Gebirgsgruppen richten. In jedem Fall handelt es sich bei der Schmidt-Zabierow-Hütte um eine sehr gemütliche, routiniert geführte Schutzhütte in idealer Position am Rand der Großen Wehrgrube, in der ich mich stets sehr wohl gefühlt habe]
[Bild: Ausblick von der Schmidt-Zabierow-Hütte (1966 m.) in Richtung Reiter Alm und Hochkalter-Hocheisgruppe. Etwa 1200 Hm (Loferer Hochtal) bzw. 1350 Hm (Lofer) liegen zwischen Talgrund und Hütte, entsprechend remote ist das Ambiente hier oben am nordöstlichen Rand der Großen Wehrgrube (vom Setting während eines echten Unwetters mal ganz zu schweigen). An einem wettertechnisch so perfekten Tag wie heute lässt es sich rund um die SZH in jedem Fall sehr gut aushalten, findet man doch unzählige gemütliche Spots, um die warme Nachmittagssonne zu genießen und Pläne für den morgigen Tag zu schmieden]
[Bild: Das mehrgipfelige Bergmassiv der Reifhörner ist das Herz der Loferer Steinberge, ragt es doch als Knotenpunkt mehrerer langer Grate genau zwischen Großer und Kleiner Wehrgrube auf. Wer schon einmal an einem Schönwettertag über das Kleine deutsche Eck in Richtung Lofer bzw. Pinzgau gefahren ist, wird das imposante (seinem Nachnamen alle Ehre machende) Reifhorn zwangsläufig als den alles dominierenden Berg der Stoaberge wahrgenommen haben. Großes Ochsenhorn und Großes Hinterhorn (Mitterhorn) mögen jeweils um einige Meter höher in den Himmel ragen, doch an Eleganz und Kühnheit können sie dem Großen Reifhorn (2488 m.) nicht das Wasser reichen. Es ist daher nur natürlich, dass ich morgen vor dem obligatorischen Abstieg ins Tal eine Besteigung wagen möchte. Bis zur Scharte zwischen Hauptgipfel und Kreuzreifhorn (dem von hier vermeintlich höchsten Punkt) ist es wohl nur felsige (markierte) Steigarbeit, inwieweit sich die dann folgende Kletterei (II) darstellt, wird sich zeigen]
[Bild: Mehr noch als Kleine Wehrgrube und v. a. Schneegrube steht die Große Wehrgrube sinnbildlich für die Faszination, die die Loferer Steinberge ausstrahlen. An einem verheißungsvoll stabilen Schönwettertag wie heute vermeintlich zugänglich (und fast schon lieblich), handelt es sich doch letztlich in erster Linie um ein entlegenes, nur durch die Schmidt-Zabierow-Hütte einigermaßen „gebändigtes“ Hochkar, das ringsum von steilen Felswänden eingerahmt wird. Wer von der Hütte aus das Wehrgrubenjoch erreichen oder einen der Klettersteige (Wilder bzw. Nackter Hund) zwischen Hinterhorn und Reifhorn gehen will, wird mit dieser kalkalpinen Urlandschaft zwangsläufig in Berührung kommen. Und auch wenn es an einem AKW-Tag wie heute kaum vorstellbar erscheint, so ist die Große Wehrgrube bei Gewitter bzw. Unwetter doch ein Ort zum Fürchten. Wer schon einmal während eines echten (!) Sturms von der Terrasse der Schmidt-Zabierow-Hütte in Richtung Große Wehrgrube geblickt hat, wird Zeit seines Lebens der allergrößte Fan alpiner Schutzhütten bleiben]
[Bild: Morgenstimmung bei der Schmidt-Zabierow-Hütte - Am südlichen Ende der Großen Wehrgrube ragen der doppelgipfelige Nackte Hund, die bizarre Felsformations namens „Heinrich und der Löwe“ und die Nr. 2 der Loferer Steinberge, das Große Hinterhorn (2506 m.), in einen erneut strahlend blauen Herbsthimmel. Bevor sich im Laufe der kommenden Woche das Wetter im Ostalpenraum massiv verschlechtern soll (inkl. intensivem Dauerregen und meterhohem Neuschnee), ist heute vielleicht eine der letzten idealen Gelegenheiten in 2024 für ambitionierte Gipfeltouren in den Stoabergen]
[Bild: Der quer durch den Gipfelaufbau des Nackten Hundes (2372 m.) via „Heinrich und der Löwe“ in Richtung Gipfelaufbau des Großen Hinterhorns verlaufende gleichnamige Klettersteig zählt aufgrund seiner relativ hohen technischen Anforderungen (Stelle D, oft C/D) zum Anspruchsvollsten, das man als Nicht-Kletterer rund um die Große Wehrgrube unternehmen kann. Wer sich als Zustieg dann sogar noch den Wilder Hund-Klettersteig (viele sehr steile D-Passagen) vorgenommen hat, braucht schon ordentlich Armkraft und Durchhaltevermögen, um es einigermaßen genussvoll bis zum Großen Hinterhorn (2506 m.) zu schaffen. Diese beiden ziemlich sportlichen Klettersteige sind schon von vielen Ferratisti unterschätzt worden]
[Bild: Auf geht's zum Großen Reifhorn! Dazu geht es von der Schmidt-Zabierow-Hütte zunächst ostseitig ein kurzes Stück bergab und in der Nähe der kleinen (mit Mini-Übungsklettersteigen versehenen) Schlucht mit der markanten Seilbrücke zur Wegekreuzung. Hier zweigt die markierte und ausgeschilderte Route zum Reifhorn ab und führt am Anfang über weite Karstflächen bzw. Rundkarren unschwierig bergauf. Das erste wichtige Etappenziel ist der nach Nordosten auslaufende Grat des Kleinen Reifhorns (2352 m.), welcher im Bereich der sogenannten Nas'n (links oben) über gebänderte Felsstufen überwunden wird]
[Bild: Rückblick zur Schmidt-Zabierow-Hütte (1966 m.) beim Aufstieg zum Großen Reifhorn. Dahinter ragen (links) das Große Hinterhorn (2506 m.) und das Breithorn oberhalb der Großen Wehrgrube auf. Da ich recht früh (noch während des allgemeinen Frühstückes bei der Hütte) aufgebrochen bin, muss ich die Route zum Großen Reifhorn heute (trotz des grandiosen Wetters) mit niemandem teilen: Ich habe den Berg praktisch für mich alleine]
[Bild: Genussvolles, technisch unschwieriges Kraxeln (max. I) über karstige Felsstufen mit dem Ziel, im Bereich der Nas'n den Reifhorn Nordostgrat an einer „Schwachstelle“ (geschickt angelegt) zu überschreiten und auf die Südostseite (oberhalb der Kleinen Wehrgrube) zu wechseln. Der weitere Anstieg zum Gipfelaufbau von Großem Reifhorn und Kreuzreifhorn wird nämlich durch den oberen (herrlich sonnigen) Abschnitt der Südostwand führen]
[Bild: Ausblick vom Reifhorn Nordostgrat (im Bereich oberhalb der Nas'n) zum Großen Ochsenhorn (2511 m.) - Auch wenn es vermeintlich den Anschein hat, als könne man linkerhand direkt und unkompliziert zur Kleinen Wehrgrube absteigen, liegen doch über 200 Hm (und von hier nicht einsehbare, wilde Steilstufen) zwischen mir und dem Kargrund. Der für mich einzig gangbare „Weg“ führt rechterhand über teils grasbewachsene Felsbänder mäßig steil bergauf durch die Reifhorn Südostwand]
[Bild: Unterwegs in der Reifhorn Südostwand - Meistens handelt es sich um moderates Gehgelände, das aber in jedem Fall Trittsicherheit verlangt. An einer Stelle muss eine (versicherte) Felsstufe abgestiegen werden, ansonsten ist das Ganze aber v. a. ein entspanntes Schaulaufen hoch über der wild-schroffen Kleinen Wehrgrube. Der markante Spitz links ist übrigens nicht der Hauptgipfel, sondern das Östliche Reifhorn (2408 m.) - Dieser formschöne Trabant wird (wenn überhaupt) in erster Linie von Kletterern aufgesucht (z. B. „Märchenprinz“, „Schlendrian“ oder „Altherrenpartie“), kann aber auch von dieser Seite (wenn man weiß wie) einigermaßen einfach erreicht werden]
[Bild: Im Bann der Loferer Steinberge: Einsam und entrückt ragt das kühn geschwungene Östliche Reifhorn (2408 m.) oberhalb der Kleinen Wehrgrube in den Himmel und kündet von vergangenen Kletterabenteuern. Links in der Ferne kann man Teile der Hohen Tauern erkennen, wobei es längst nicht mehr so klar ist wie tagszuvor. Der Wetterumschwung am Abend wirft seine diesigen Schatten... Umso besser, dass ich frühzeitig zum Reifhorn aufgebrochen bin, um den zentralen Gipfel der Loferer Steinberge bei hoffentlich noch sonnigem Wetter zu erleben]
[Bild: Tiefblick aus dem oberen Bereich der Reifhorn Südostwand in das abgelegene südliche Ende der Kleinen Wehrgrube, welche vom wuchtigen Großen Ochsenhorn (2511 m.) beherrscht wird. Mittig kann man das Schihörnl (2286 m.) und dahinter das Traunspitzl (2300 m.) erkennen. Während die Rotscharte (zwischen Großem Ochsenhorn und Traunspitzl) zumindest hin und wieder von einsamkeitssuchenden Individualisten aufgesucht wird, ist die Weberscharte (rechts unten) Terra Incognita]
[Bild: Steiler Aufstieg (max. I) in die Einschartung zwischen Großem Reifhorn und Kreuzreifhorn. Dort oben muss man sich dann entscheiden: Entweder wird (linkerhand) der Hauptgipfel (I-II und A0, frei geklettert II) probiert oder rechterhand das Kreuzreifhorn (I und Eisentritte) angegangen. So oder so geht es sehr bald so richtig zur Sache, am Reifhorn wird es nämlich erst am obersten Gipfelaufbau wirklich ernst]
[Bild: Gipfelaufbau des Großen Reifhorns (2488 m.) - Hierbei handelt es sich (unmittelbar oberhalb der kleinen Einschartung zwischen Hauptgipfel und Kreuzreifhorn) gleich um die technisch schwierigste Stelle. Dieser nach unten (hier leider nicht ersichtlich) senkrecht abfallende Wulst ist mittlerweile mit einer Reepschnur und einigen Eisenbügeln versichert (was die Ernsthaftigkeit deutlich reduziert), aber auch so muss man ein paar Höhenmeter sehr beherzt zupacken. Unter Zuhilfenahme der Versicherungen ist das Ganze technisch moderat (I-II und A0), wer „clean“ klettert (II) muss sich einige Meter wirklich sehr konzentrieren, v. a. im Abstieg ist diese relativ ausgesetzte bzw. luftige Passage frei geklettert durchaus ernsthaft. Ich bin ganz ehrlich: Ich war speziell um die Eisenbügel sehr froh (Puristen mögen mir diese Aussage bitte verzeihen), kann aber verstehen, wenn man dem Großen Reifhorn in natürlichem Zustand ein wenig hinterhertrauert. Oberhalb dieses Steilaufschwungs geht es im Anschluss in leichter Kraxelei (I) zügig in wenigen Minuten zum höchsten Punkt]
[Bild: Ausblick vom Großen Reifhorn (2488 m.) über die Große Wehrgrube zum Großen Hinterhorn (2506 m.) und zum Breithorn (2413 m.) - Interessanterweise verläuft über den langen Verbindungsgrat zwischen Reifhorn, Nacktem Hund, Hinterhorn, Waidringer Nieder (die Scharte mittig im Hintergrund) und Breithorn die Landesgrenze zwischen Salzburg und Tirol]
[Bild: Fantastischer Ausblick vom Großen Reifhorn (2488 m.) zum Großen Ochsenhorn (2511 m.) - Rechts im Hintergrund grüßen (hinter Schihörnl und Traunspitzl) die Leoganger Steinberge (rund um das alles dominierende Birnhorn) herüber, während man links in der Ferne Hochkalter (2607 m.) und Watzmann (2713 m.) erkennen kann. Ob wohl gerade jemand aus der Kleinen Wehrgrube zu mir heraufschaut? Ich wage es sehr zu bezweifeln...]
[Bild: Landschaftlicher Kontrast in den Loferern: Während die schattige Reifhorn Nordwestwand aufgrund der unaufgeräumten Felsbänder (Steinschlag!) wohl nur alle Jubeljahre einmal Kletterer anzieht, ziehen die sonnenverwöhnten Felsfluchten des Breithorns (2413 m.) die Seilschaften an wie das Licht die Motten. Ganz rechts kann man das Gipfelkreuz des Kreuzreifhorns (2465 m.) erkennen, welches für Besucher der Schmidt-Zabierow-Hütte scheinbar den höchsten Punkt des Berges darstellt. Auch die meisten Reifhorn-Aspiranten begnügen sich letztlich in der Regel mit diesem (ebenfalls sehr lohnenden) Gipfel, hat der abweisende Gipfelaufschwung des Hauptgipfels doch schon viele verzagen lassen]
[Bild: Gipfelfreuden auf dem dritthöchsten Berg der Loferer Steinberge, dem Großen Reifhorn (2488 m.) - Positiv überrascht bin ich nicht nur von der absolut gigantischen Aussicht, die der vom Großen Ochsenhorn (2511 m.) in wirklich nichts nachsteht, sondern auch vom sehr modernen (und wie ich finde herrlich anachronistischen) „Gipfel-Karabiner“. Traditionalisten mögen die Nase über dieses Gipfelkreuz rümpfen, ich finde es passt wunderbar zum etwas rebellischen Geist der Stoaberge!]
[Bild: Seltsam klein und zugleich unnahbar wirkt das Östliche Reifhorn (2408 m.) vom Hauptgipfel. Nach Westen hin (rechts) stürzt es in wilden, abweisenden Felswänden (zum Hafenloch) ab, die wirklich nur sehr selten durchstiegen werden. Und auch allgemein ist das Gebiet zwischen den Geiselhörnern und dem Traunspitzl eher ein Gebiet für Liebhaber abgeschiedenerer Gefilde: Allzu häufig stehen die Geiselhörner oder auch der kühne Bischof nicht auf der Tourenliste der Bergsteiger bzw. Kletterer]
[Bild: Auf dem Großen Reifhorn (2488 m.) inmitten der wunderbaren Loferer Steinberge. Nach dem Nuaracher Höhenweg als sozusagen erste „Stoaberge-Kennenlerntour“ im Jahr 2013 hätte es (speziell in Verbindung mit dem gestrigen Tag) keine schönere Fortsetzung geben können. Sowohl das Große Ochsenhorn (rechts) als auch das Reifhorn waren bzw. sind mir bei allerfeinstem Herbstwetter vergönnt - Das Leben ist schön]
[Bild: Rückblick zum Reifhorn Hauptgipfel (2488 m.) beim Übergang zum Kreuzreifhorn. Aus dieser Perspektive gut zu erkennen, ist der steile Aufschwung direkt oberhalb der Scharte (I-II und A0, alternativ II), den es (leicht ausgesetzt) zu meistern gilt. Aber auch das Kreuzreifhorn wird einem keineswegs geschenkt, müssen doch ein paar wenige steile Kraxelstellen (I und Eisenbügel) bewältigt werden. Gleichwohl stehe ich schon nach wenigen Minuten am höchsten Punkt und kann mir damit den zweithöchsten Reifhorn-Gipfel ins Tourenbuch schreiben]
[Bild: Auf dem Kreuzreifhorn (2465 m.) - Dieser zwar (formell) nur wenig selbstständige (aber doch als solcher anerkannte) Gipfel bietet im Gegensatz zum Hauptgipfel einen fantastischen Tiefblick ins Tal nach Lofer und erscheint auch von der Schmidt-Zabierow-Hütte aus als der vermeintlich dominierende höchste Punkt dieses zentralen Loferer Bergmassivs. Nach einer diesmal nur kurzen Rast, mache ich mich schließlich an den Abstieg. 1700 Hm Abstieg (und unglücklicherweise anschließende 300 Hm Gegenanstieg, um via Wechsel zurück nach Maria Kirchental zu gelangen) stehen mir nun bevor]
[Bild: Ausblick vom Kreuzreifhorn (2465 m.) zum Großen Ochsenhorn (2511 m.) - Auch wenn es heute deutlich diesiger bzw. „greller“ ist als gestern, so ist es doch erneut ein wunderbarer Herbsttag in den Nördlichen Kalkalpen. Kaum zu glauben, dass es hier in wenigen Tagen über 1 Meter (!) Neuschnee geben wird... Letztlich sollte ich (natürlich ohne es zu diesem Zeitpunkt bereits zu wissen) im Rahmen dieser Tour das letzte schöne WE an der Schmidt-Zabierow-Hütte in 2024 erwischt haben, musste die Hüttensaison aufgrund des außergewöhnlich heftigen Wintereinbruchs eine knappe Woche später doch frühzeitig beendet werden]
[Bild: Knapp oberhalb der Scharte zwischen Großem Reifhorn und Kreuzreifhorn - Hierbei handelt es sich (trotz der Reepschnur und der installierten Eisenbügel) um die klar schwierigste Stelle, will man den höchsten Punkt des Reifhorns erreichen. Wie ich diese Schlüsselstelle (I-II und A0, ohne Versicherungen II) frei wahrgenommen hätte, ich weiß es nicht. Ich war aber (v. a. im Abstieg) dankbar ob der Versicherungen und habe sie gerne in Anspruch genommen. Der Fels ist ansonsten zwar grundsätzlich bombenfest, aber das Gelände ist auf einigen Metern durchaus abschüssig und ausgesetzt. Ich kann verstehen, warum Bergsteiger oftmals „nur“ das Kreuzreifhorn besteigen, ist dieser felsige Wulst doch auf den ersten Blick relativ einschüchternd]
[Bild: Beim Abstieg durch die gebänderte Reifhorn Südostwand in Richtung Nas'n - Ein langer und anstrengender Rückweg zum Parkplatz steht mir nun bevor, doch das ist an dieser Stelle unbedeutend. Mein Tourenplan für dieses Wochenende ist nämlich gipfeltechnisch perfekt aufgegangen und so schreite ich beschwingt dahin, die Kleine Wehrgrube immer zu meiner Rechten und die Gipfel der westlichen Berchtesgadener Alpen immer im Blick: Das ist die Art von Laufsteg, wie sie mir vorschwebt]
[Bild: Im Bereich des mittleren Tret - Nachdem es von der Schmidt-Zabierow-Hütte zunächst über schroffe Karstformationen bzw. Karren ein Stück bergab gegangen ist, wird nach das Gelände nach kurzer Zeit rasch grüner und freundlicher. In zahlreichen Kehren führt der Weg immer weiter abwärts Richtung Loferer Hochtal, wobei man die ca. 1200 Hm (ab Hütte) sehr zügig „abspult“. Gleichzeitig muss ich immer wieder innehalten und einen Blick zurück zum Großen Ochsenhorn (rechts hinten) werfen. Schee wars!]
[Bild: Im Bergwald knapp oberhalb des Loferer Hochtals - Da mein Auto leider ein Tal weiter östlich steht, muss ich nach dem Abstieg zu der grünen Wiesenfläche rechterhand noch einen ungemein lästigen Gegenanstieg (im Bergwald) von 300 Hm via Wechsel (1049 m.) hinter mich bringen. Das Ganze demotiviert mich beim Abstieg ehrlich gesagt ziemlich, letztlich geht die Fleißaufgabe aber unkompliziert und schneller als gedacht vonstatten. Man kann natürlich Großes Reifhorn und Großes Ochsenhorn auch von hier aus besteigen und auf der Aufstiegsroute wieder zum Auto zurückkehren (zumal der Parkplatz im Loferer Hochtal im Gegensatz zu Maria Kirchental sogar kostenlos ist), allerdings wird man dann weder Schärdinger Steig noch Schneegrube kennenlernen. Wer also über diesen kleinen Schönheitsfehler hinwegsehen kann, dem sei meine hier vorgestellte Rundtour (bzw. natürlich auch in umgekehrter Variante) aus tiefster Seele empfohlen. Und auch generell muss ich nach diesem wunderbaren Wochenende eine Lanze für die Loferer Steinberge brechen: Sie mögen nicht so hoch, bekannt oder auch (vermeintlich) spektakulär wie z. B. der Wilde Kaiser, die Berchtesgadener oder der Dachstein sein. Wer aber ein intensives, ursprüngliches Naturerlebnis in einer atemberaubend schönen Kalkgesteins-Urlandschaft erleben und dabei ein paar formschöne Gipfel (mit wirklich spektakulärer Aussicht!) besteigen sowie eine urige Schutzhütte besuchen will, der wird hier fündig. Versprochen. Wer nach einer Tour, wie ich sie die letzten 2 Tage erleben durfte, nicht begeistert nach Hause fährt, hat wohl (vorsichtig gesprochen) einen speziellen Geschmack]
Hochfrottspitze (2649 m.) + Mädelegabel (2645 m.)
Überschreitung via Heilbronner Weg
29-31. August
[Bild: Ausblick von der Rappenseehütte (2091 m.) zum Hochrappenkopf (2425 m.) und zum Rappenköpfle (2276 m.) - Nach vielen, vielen Jahren bin ich endlich mal wieder in den wunderbaren Allgäuer Alpen unterwegs! Zu lange habe ich mich (seit den entsprechenden „Hochzeiten“ im Studium...) nicht mehr in dieser westlichsten deutschen Gebirgsgruppe der Alpen herumgetrieben. Nach einem entspannten Aufstieg (ca. 1200 Hm) von der Bushaltestelle der Fellhornbahn via Birgsau, Einödsbach, Petersalpe und Enzianhütte bis zum heutigen Tagesziel, der Rappenseehütte, verbringe ich angesichts des unerwartet wechselhaften Wetters (anstatt des vorhergesagten strahlenden Sonnenscheins ist es äußerst quellwolkig, zudem beginn es immer wieder leicht zu tröpfeln) den Nachmittag in unmittelbarer Nähe zur Hütte. Die ursprünglich geplante Besteigung von Linkerskopf und Rotgundspitze fällt heute leider (buchstäblich) ins Wasser. Bei nassem Gras sollte man in den Allgäuern im Hinblick auf das Tourenziel besonders vorsichtig sein. Doch das ist im Grunde nicht allzu schlimm, ist das Hauptziel dieser dreitägigen Unternehmung doch die für morgen geplante Überschreitung von Hochfrottspitze und Mädelegabel (mit Zustieg via Heilbronner Weg und anschließendem Abstieg zum Waltenbergerhaus). Seit etwa 10 Jahren will ich diese große, anspruchsvolle Tour gehen und endlich ist es soweit]
[Bild: Der (Große) Rappensee (2047 m.) wird im Süden von zwei stolzen Berggestalten überragt: Rappenseekopf (2469 m.) und Hochrappenkopf (2425 m.) - Beide Gipfel können relativ unschwierig und zügig auf markierten Routen von der Rappenseehütte aus bestiegen werden und bieten eine fantastische Aussicht in die Lechtaler Alpen, das Lechquellengebirge und die zentralen Allgäuer Alpen]
[Bild: Im Gegensatz zum pyramidalen Rappenseekopf (2469 m.) fristet die links erkennbare Hochgundspitze (2460 m.) trotz ihrer Nähe zur Hütte ein ziemliches Schattendasein. Das liegt einerseits an den vergleichsweise hohen klettertechnischen Anforderungen (einige Stellen II), andererseits an der Weglosigkeit der Route (ab Rappenseescharte). Wer aber (mutmaßlich) weiß, wie er/sie hochkommt, kann den abweisenden Gipfel bereits in ca. 1 Stunde ab der Rappenseehütte besteigen]
[Bild: Inmitten der fast schon klischeehaft-grünen Allgäuer Bergwelt rund um den Rappensee - Links zeigen sich stolz der Linkerskopf (2459 m.) und die Rotgundspitze (2486 m.) über dem breiten Einschnitt der Großen Steinscharte (2262 m.), welche den klassischen Zugang zum Heilbronner Weg vermittelt. Die Rappenseehütte befindet sich links hinter der grünen Kuppe und obwohl es sich bei ihr um die größte DAV-Hütte überhaupt handelt, hält sich das Gefühl von Massentourismus absolut in Grenzen. Die meisten Wanderer halten sich nämlich unmittelbar um die bzw. in der Hütte sowie rund um den (Großen) Rappensee auf]
[Bild: Abendstimmung in den Allgäuer Alpen - Links hinten zeigt sich mit der Braunarlspitze (2649 m.) einer der ganz großen Berge des (zu unrecht!) unterschätzten Lechquellengebirges. Über den markanten Kamm in der Bildmitte verläuft dagegen die deutsch-österreichische Grenze, wobei es sich bei dem Abschnitt zwischen Gehrner Berg und Haldenwanger Kopf um das südlichste Gebiet von ganz Deutschland handelt. Gleichzeitig befindet sich unmittelbar dahinter auf österreichischer Seite der Hochtannbergpass (1660 m.) bzw. die Grenze zwischen Tirol und Vorarlberg]
[Bild: Die Rappenseehütte (2091 m.) gehört mit über 300 Schlafplätzen (!) zu den größten Schutzhütten weltweit. Ihre enorme Größe vermittelt einen Eindruck und Vorgeschmack von der Beliebtheit der absoluten Paradetour der Umgebung, des Heilbronner Weges. Was den Berchtesgadener Alpen die Watzmann-Überschreitung und dem Wettersteingebirge Höllental-Route bzw. Jubiläumsgrat auf die Zugspitze sind, ist der Heilbronner Weg für das Allgäu: Eine Tour, die man (trotz etwaiger Vorbehalte aufgrund möglicher Staus) irgendwann einmal gegangen sein muss. Man muss letztlich nur antizyklisch gehen...]
[Bild: Rotgundspitze (2486 m.) und Hochgundspitze (2460 m.) erstrahlen im letzten Licht des Tages, das Alpenglühen hat begonnen - Während die Schatten nun immer schneller die grünen Hänge rund um den (Großen) Rappensee emporkriechen, zeigt sich im Hintergrund über der Großen Steinscharte (2262 m.) mit dem Hohen Licht (2651 m.) der zweithöchste Berg der gesamten Allgäuer Alpen. Dieser äußerst lohnende Gipfel kann bei einer Begehung des Heilbronner Weges in ca. 1-1,5 Stunden „mitgenommen“ werden]
[Bild: Hochgundspitze (2460 m.) und Rappenseekopf (2469 m.) erstrahlen in einem warmen Spätsommerlicht. Während ich etwas oberhalb der Rappenseehütte die wunderbare Abendstimmung auf mich wirken lasse, kreisen die Gedanken schon um den morgigen Tag: Da ich (fast zwangsläufigen) Staus auf dem Heilbronner Weg aus dem Weg gehen und zudem (getrieben von der Sorge vor obskuren Quellungen) möglichst frühzeitig an der Bockkarscharte sein möchte (um die Besteigung der Hochfrottspitze über den steilen Südwestgrat anzugehen), ist der Plan, morgen bereits um kurz nach 5 Uhr (deutlich vor dem Frühstück) loszugehen. Wie gesagt: Manchmal muss man am Berg antizyklisch unterwegs sein]
[Bild: Atemberaubende Sonnenuntergangsstimmung in den Allgäuer Alpen - Bevor ich mich so langsam in die Rappenseehütte zurückziehe, bewundere ich noch ein letztes Mal die spektakulären Konturen des Rappenköpfle (2276 m.) - Dieser wilde Steilgrasberg gehört zu den anspruchsvolleren Gipfelzielen in der Umgebung, speziell von dieser Seite (Kletterei II-III und Steilgras). Wer sich dem stolzen Gipfel dagegen ab der Schafalpe über die Westflanke nähert, dürfte es mit entsprechender Trittsicherheit, Schwindelfreiheit und alpiner Erfahrung aber auch deutlich leichter nach oben schaffen]
[Bild: Am Beginn des Heilbronner Weges zwischen der Abzweigung zum Hohen Licht und der Kleinen Steinscharte kurz nach dem Heilbronner Törle - Nachdem ich wie geplant um kurz nach 5 Uhr von der Rappenseehütte (noch in totaler Dunkelheit) losmarschiert bin, beginnt es nun langsam zu dämmern. Und auch wenn es (logischerweise) nicht gerade leicht gefallen ist, ohne Kaffee (!) aufzubrechen, so bin ich doch im weiten Umkreis der einzige Mensch (nur ein Trailrunner ist ebenfalls so früh unterwegs) und habe den Heilbronner Weg ganz für mich alleine]
[Bild: Rückblick vom Aufstieg zur Kleinen Steinscharte zu den Bergen über dem (Großen) Rappensee (von links nach rechts): Rappenseekopf (2469 m.), Hochgundspitze (2460 m.), Rotgundspitze (2486 m.) und Linkerskopf (2459 m.) erwachen so langsam aus ihrem tiefen Schlaf, wobei nur dem formschönen Biberkopf (2599 m.) bereits Morgensonne vergönnt ist. Im Hintergrund grüßen dagegen so berühmte Kleinwalsertaler Berggestalten wie der Große Widderstein, der Elferkopf oder die Schafalpenköpfe (über die der großartige Mindelheimer Klettersteig führt) herüber - I am back!]
[Bild: Endlich Sonne! Tiefblick vom Heilbronner Weg, nachdem er kurz vor dem Steinschartenkopf auf die Ostseite des klettersteigartig versicherten Grates (A/B) zwischen Wildem Mann und Hohem Licht geführt hat, ins wildromantische Schochenalptal. Über dem begrünten Kargrund präsentieren sich so unbekannte Berge wie (von links nach rechts) der Muttekopf (2431 m.), die Wildmahdspitze (2489 m.) und der Wilde Kasten (2542 m.) - All diese schönen Gipfelziele können (wenn man weiß wie) von Süden aus dem Lechtal bestiegen werden]
[Bild: Ausblick vom Steinschartenkopf (2615 m.) nach Südwesten zum Hohen Licht (2651 m.) - Obwohl die meisten Bergsteiger diesen vergleichsweise unscheinbaren, kreuzlosen Gipfel in der Regel einfach überschreiten, handelt es sich hierbei doch um den sechsthöchsten Berg der gesamten Allgäuer Alpen (!) und gleichzeitig den formell höchsten Punkt des Heilbronner Weges. Hohes Licht und Mädelegabel sind nämlich jeweils offiziell nicht Bestandteil der Höhenroute, sondern de facto lediglich (äußerst lohnende) Add-ons]
[Bild: Unterwegs auf dem landschaftlich großartigen Heilbronner Weg kurz nach Sonnenaufgang - Dieser Abschnitt gehört wohl zu den absoluten Filetstücken der Höhenroute, wandelt man doch für einige Zeit direkt über die schroffe Gratschneide hinweg. Dabei hat man bereits das nächste wichtige Etappenziel vor Augen: den wuchtigen Bockkarkopf (2609 m.) - Die dahinter befindliche Hochfrottspitze hebt sich wie auch die Trettachspitze (noch) kaum ab und so gilt alle Aufmerksamkeit vorerst weiterhin dem Allgäuer Skywalk]
[Bild: On the Sunny Side of the Heilbronner Weg: Nachdem die Höhenroute nach dem Steinschartenkopf für einige Minuten (hochgradig fotogen!) direkt über den Grat geführt hat, leitet sie im Bereich des Wilden Mann (links), welcher in wenigen Minuten vom Weg aus bestiegen bzw. mitgenommen werden kann, nach rechts in die geröllige Flanke oberhalb der Socktalscharte. Der Bockkarkopf kommt mit großen Schritten näher]
[Bild: Gerölliger Abstieg vom Wilden Mann in die Socktalscharte (2460 m.) - Aus der Scharte ist linkerhand via Hinteres Bockkar ein etwas ruppiger, v. a. aber schneller (Not-)Abstieg zum Waltenbergerhaus möglich. Diese Option ist unter anderem dann sehr hilfreich, sollten Physis und/oder Wetter nicht (mehr) mitspielen. Rechts präsentiert sich dagegen der wuchtige Bockkarkopf (2609 m.) als Kulminationspunkt wildschroffer Felsflanken - Auf geht's!]
[Bild: Tiefblick vom Aufstieg aus der Socktalscharte zum Bockkarkopf in Richtung Waltenbergerhaus - Rechterhand (östlich) wird die Schutzhütte vom schroffen Westgrat der Hochfrottspitze überragt, welcher als markante Doppelspitze die sogenannten Berge der guten Hoffnung trägt. Der Blickfang schlechthin ist jedoch das kühne Felshorn der Trettachspitze (2595 m.) - Dieser Berg, welcher den arg strapazierten (aber durchaus passenden) Spitznamen „Allgäuer Matterhorn“ trägt, ist neben der Höfats wohl der schönste Gipfel der Allgäuer Alpen. Was der Watzmann für die Berchtesgadener ist, ist die Trettachspitze für die Oberstdorfer]
[Bild: Auf dem Gipfel des Bockkarkopfes (2609 m.) - Auch wenn es sich hierbei nicht um den höchsten Punkt des Heilbronner Weges handelt (diesen Titel trägt der Steinschartenkopf), stellt der Bockkarkopf doch den mit Abstand eindrucksvollsten Gipfel zwischen Hohem Licht und Hochfrottspitze dar. Nach Westen, Norden und Süden/Südosten hin fällt der Gipfel in schwindelerregenden Felsflanken ab, die wohl so gut wie nie durchstiegen werden. So gut wie jeder Bergsteiger, der von diesem siebthöchsten Gipfel der Allgäuer Alpen die wunderbare Aussicht zum Hohen Licht (2651 m.) genießt, ist über den Heilbronner Weg heraufgestiegen. Da ich mich faktisch aber immer noch im Zustieg zur eigentlichen Haupttour befinde, werde ich mich trotz der herrlichen Ausblicke sehr bald schon wieder auf den Weg machen]
[Bild: Ausblick vom Bockkarkopf (2609 m.) zur Hochfrottspitze (2649 m.) - Von der Bockkarscharte (2504 m.) rechts unten zieht der Südwestgrat (Stelle II+, einige Stellen I-II, sonst Gehgelände) zum Gipfel, welchen ich hoffentlich noch vor der Bildung der ersten Quellwolken erreichen werde. Obwohl dieser eindrucksvolle Berg direkt über dem vielbegangenen Heilbronner Weg aufragt, wird er vergleichsweise selten bestiegen, wissen doch die wenigsten um die Möglichkeit einer Besteigung]
[Bild: Frühmorgendlicher Ausblick vom Bockkarkopf (2609 m.) in die Lechtaler Alpen mit der unverkennbaren Holzgauer Wetterspitze (2895 m.) ganz links. Mittig präsentieren sich als südlicher Abschluss der Allgäuer Alpen (hoch über dem Lechtal) die Wildmahdspitze (2489 m.), der Wilde Kasten (2542 m.) und die Ellbognerspitze (2552 m.), während das Hohe Licht (2651 m.) ganz rechts wohl mittlerweile langsam aber sicher die ersten Wanderer des Tages (von der Rappenseehütte aus) willkommen heißt]
[Bild: Hohes Licht (2651 m.), Wilder Mann (2578 m.) und Biberkopf (2599 m.) im Zoom vom Bockkarkopf aus gesehen. Wer genau hinschaut, erkennt die Wegspur des Heilbronner Weges (und sogar zwei Wanderer). Aus der Ferne grüßen dagegen die höchsten Berge des Lechquellengebirges (Große Wildgrubenspitze, Spullerschafberg, Mehlsack) herüber - Was für ein tolles Panorama!]
[Bild: Beim Abstieg vom Bockkarkopf zur gleichnamigen Bockkarscharte habe ich das große Tagesziel stets vor Augen: Düster, schroff und abweisend baut sich vor mir die Hauptdolomit-Ruine der Hochfrottspitze (2649 m.) auf, den (vor allem im oberen Abschnitt) ziemlich steilen Südwestgrat zur Scharte entsendend. Auch wenn es sich ab der Bockkarscharte um lediglich etwa 150 Hm handelt, habe ich doch ein etwas flaues Gefühl im Magen. Vor allem auf die Schlüsselstelle am Gipfelaufbau (II+, senkrechte Rinne) bin ich gespannt, zumal sie durchaus streng bewertet sein soll]
[Bild: Rückblick von der Bockkarscharte (2504 m.) zum Bockkarkopf (2609 m.) - Links zeigt sich der obere Teil des gerölligen Socktales, welches weiter unten ins Schochenalptal mündet. Abgesehen vom Heilbronner Weg und dem Verbindungsweg von der Kleinen Steinscharte (in der Nähe des Hohen Lichts) zur Schochenalp gibt es hier auf österreichischer Seite keine markierten oder ausgeschilderten Wege. Wer sich auch nur ein paar Meter von den (wenigen) Hauptrouten entfernt, befindet sich ganz schnell in einsamstem Allgäuer Felsterrain]
[Bild: Ausblick von der Bockkarscharte (2504 m.) über das wildromantische Schochenalptal zu Muttekopf (2431 m.), Wildmahdspitze (2489 m.) und Wildem Kasten sowie zu den Lechtaler Alpen im Hintergrund - Ausblicke wie diese haben entscheidend dazu beigetragen, dass der Heilbronner Weg seit Jahrzehnten zu den absoluten Königstouren der Bayerischen Alpen zählt. Indes habe ich im Bereich der Bockkarscharte schließlich (abgesehen von dem Trailrunner, der gemeinsam mit mir von der Rappenseehütte aufgebrochen ist) die ersten Menschen des heutigen Tages getroffen. Doch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit werden bis zum Gipfel der Mädelegabel erst mal keine weiteren Bergsteiger folgen, übersteigt das nun Folgende die Schwierigkeiten des Heilbronner Weges doch bei weitem]
[Bild: Hochfrottspitze (2649 m.) von Südwesten - Der von steilen, brüchigen Schrofen und ein paar wenigen (dafür recht herzhaften) Kletterstellen geprägte Südwestgrat besteht aus etwa drei Abschnitten. Zunächst geht es von der Bockkarscharte rechts vom Grat über steile, schuttige Schrofen (teilweise I) aufwärts zum Grataufschwung vor dem Gipfelaufbau. Dort an der Kante schräg nach rechts über einen ersten Aufschwung (II) und danach querend (manchmal fixseilartige Schlinge) in eine senkrechte Rinne (II+, oben Bohrhaken). Anschließend geht es in leichter werdendem Gelände (I-II) zum Südgipfel und über die zerklüftete Schneide (I) zum höchsten Punkt: So die Theorie...]
[Bild: Im unteren, technisch unschwierigen Abschnitt des Hochfrottspitze Südwestgrates - Rechts unterhalb vom Grat geht es über steile, brüchige Schrofen (teilweise Kraxelei bis max. I) zügig aufwärts. Das Ziel ist die markante Einsattelung vor dem Steilaufschwung, ab dort wird es klettertechnisch ernst. Wer sich allerdings hier schon geländetechnisch unwohl fühlt, sollte in jedem Fall (!) umdrehen]
[Bild: Gipfelaufbau der Hochfrottspitze - An dieser Stelle steilt der Südwestgrat abrupt auf und führt einige Meter ziemlich ausgesetzt direkt an der Kante hoch (II), wobei es nach kurzer Zeit querend nach rechts (manchmal Schlinge) zur Schlüsselstelle geht. Von der entsprechenden senkrechten Rinne (II+ gemäß AVF, laut diverser Berichte im Internet und Auskunft eines Bergwachtler am Waltenbergerhaus eher III-/III) habe ich leider kein Foto gemacht, da ich schlichtweg alle gedankliche Energie auf die (ungesicherte) Bewältigung dieser Kletterstelle aufwenden musste. Die Rinne weist zwar relativ gute Griffe und Tritte auf, ist aber (in meinen Augen) wirklich nicht ohne, im Abstieg hätte ich sie nur sehr ungern ungesichert angehen wollen (die Bohrhaken am oberen Ende zeugen davon, dass hier oft abgeseilt wird bzw. Nachsteiger gesichert werden). Angeblich kann man die Rinne auch kurz vorher links umgehen (II), als allzu „einladend“ habe ich die die Rinne einrahmenden Felsaufschwünge und Rippen jedoch nicht empfunden. So oder so: Hier sollte man in jedem Fall wissen was man tut und souverän einen ungesicherten IIIer klettern können. Glücklicherweise wird es nach der Rinne sehr schnell sehr viel einfacher...]
[Bild: Auf dem Gipfelgrat der Hochfrottspitze mit Blick zum Hauptgipfel, zur Trettachspitze (2595 m.) und zur Mädelegabel (2645 m.) - An diesem Punkt ist der Südwestgrat grundsätzlich gemeistert und nur mehr in leichter Kraxelei (I-II) der zerborstene Grat zwischen Süd- und Hauptgipfel zu bewältigen. Rechts unten kann man in der Tiefe den Schwarzmilzferner erkennen, über den der Heilbronner Weg führt]
[Bild: Auf dem dritthöchsten Berg der Allgäuer Alpen, der Hochfrottspitze (2649 m.) nach erfolgreichem Aufstieg über den Südwestgrat. Rechts im Hintergrund die beiden anderen Gipfel des Allgäuer Dreigestirn: Trettachspitze (2595 m.) und Mädelegabel (2645 m.) - Seit etwa 10 Jahren wollte ich dieses wildschroffe „Felskastell“ (Dieter Seibert) besteigen und nun hat es (nach langer Allgäuer Berg-Abstinenz) endlich geklappt. Nur etwa eine halbe Stunde hat der Aufstieg über den Südwestgrat gedauert (zzgl. 3 Stunden Zustieg inkl. Pausen ab Rappenseehütte via Heilbronner Weg) und so gönne ich mir trotz der noch bevorstehenden (ebenfalls ziemlich anspruchsvollen) Überschreitung zur Mädelegable hin eine „richtige“ Pause. Quellwolken scheinen vorerst kein Thema zu sein]
[Bild: Mädelegabel (2645 m.) und Trettachspitze (2595 m.) von der Hochfrottspitze (2649 m.) aus gesehen. Über die technischen Schwierigkeiten der Überschreitung scheiden sich die Geister, laut AVF ist das Ganze de facto nicht anspruchsvoller als der Südwestgrat der Hochfrottspitze. Manche Tourenberichte im Internet sprechen von I-II, während vielfach auch von II-III die Rede ist. Ich hoffe, dass die Wahrheit irgendwo dazwischen liegt und gehe in Gedanken und mit den Augen schon den SW-Grat der Mädelegabel ab]
[Bild: Tiefblick von der Hochfrottspitze zum Schwarzmilzferner. Deutlich ist die Spur des Heilbronner Weges zu sehen, die von der Bockkarscharte über den (spaltenfreien) Gletscher zur Schwarzen Milz und via Mädelejoch weiter zur Kemptner Hütte führt. Links im Hintergrund zeigt sich die Hornbachkette (neben der Umgebung der Höfats mein liebster Teil der Allgäuer Alpen!) mit dem Großen Krottenkopf (2656 m.) als höchstem Berg der gesamten Gebirgsgruppe]
[Bild: Hohes Licht (2651 m.) und (davor) Steinschartenkopf (2615 m.) und Bockkarkopf (2609 m.) im Zoom von der Hochfrottspitze (2649 m.) - Links neben dem Hohen Licht zeigen sich die Ellbognerspitze (2552 m.) und schräg links dahinter (in der Ferne) die vom Arlberger Skizirkus geprägte Valluga (2809 m.) - Wer genau hinschaut, kann am Bockkarkopf die Zick-zack-artige Spur des Heilbronner Weges erkennen]
[Bild: Von der Hochfrottspitze (2649 m.) aus wirkt der von Steilgras geprägte Linkerskopf (2459 m.) seltsam klein, nur der stolze Biberkopf (2599 m.) behauptet sich (neben den hohen Spitzen des Allgäuer Hauptkammes) in Punkto Höhe. Mittig am Horizont kann man (im Dunst) die exakt gleichhohe Braunarlspitze erkennen, neben der Roten Wand eines der bergsteigerisch lohnendsten Gipfelziele des gesamten Lechquellengebirges]
[Bild: Abstieg von der Hochfrottspitze über den Nordgrat in Richtung der Scharte vor dem Mädelegabel SW-Grat. Anfangs bleibt man noch ziemlich direkt am Grat (leichte Kraxelstellen I-II), nach kurzer Zeit wird aber (im Abstieg) nach rechts in die (recht brüchige) Flanke ausgewichen, da ansonsten im mittleren Gratabschnitt einige ziemlich ausgesetzte Kletterstellen (II) zu bewältigen wären. Das Ganze verläuft routentechnisch (in meinen Augen) aber sehr natürlich und harmonisch, normalerweise sollte man den Weg des geringsten Widerstandes ohne Probleme finden. Da es von Gipfel bis Scharte nur ca. 80 Hm sind, geht das Ganze letztlich sehr zügig vonstatten]
[Bild: Kurz vor der Scharte (2563 m.) zwischen Hochfrottspitze und Mädelegabel - Ganz schön steil sieht der Südwestgrat der Mädelegabel aus dieser Perspektive aus! Kaum zu glauben, dass man dort ohne allzu schwierige Kletterei (angeblich max. II) „durchkommen“ soll. Im Notfall soll man wohl rechterhand (ostseitig) über geröllige Steilschrofen und Plattengelände den Schwarzmilzferner erreichen können, doch ich hoffe natürlich, dass ich diese (mir informationstechnisch völlig unbekannte) Option nicht in Betracht ziehen muss]
[Bild: Rückblick von der Scharte vor dem Mädelegabel SW-Grat zur Hochfrottspitze - Speziell in den (von hier aus) unteren 2/3 hält man sich sinnvollerweise links in der Ostflanke auf, wobei man darauf achten sollte, sich nicht zu weit vom Grat zu entfernen. Das Gestein ist nämlich mitunter sehr brüchig und die Steinschlaggefahr aufgrund des unaufgeräumten Geländes hoch! Einige sehr prägnante bänderartige Querungen speziell im mittleren Teil erleichtern die Orientierung (in meinen Augen) aber sehr. Faustregel: Wer sich mit Kletterei schwieriger als I-II konfrontiert sieht, befindet sich auf dem sprichwörtlichen Holzweg]
[Bild: Mädelegabel Südwestgrat - Etwa 80 Hm anhaltend steiles (!) Gelände (durchgehend I-II) sind es von der Scharte bis zum Gipfel. Zudem müssen einige ausgesetzte Kletterstellen im Schwierigkeitsgrad II. bewältigt werden, wobei speziell am Beginn des Grates kurzzeitig (im Ansatz) der Schwierigkeitsgrad II+ erreicht wird. Bei einigen Tourenberichten im Internet findet man Schwierigkeitsbewertungen im Bereich II-III oder III-, ich bin jedoch der Meinung, dass der 3. Grad hier noch (ganz knapp) nicht erreicht wird. Und technisch anspruchsvoller als die Schlüsselstelle (II+, senkrechte Rinne) am Hochfrottspitze SW-Grat ist es hier in meinen Augen definitiv nicht (der AVF ist insofern in meinen Augen korrekt). Wer den Aufstieg auf die Hochfrottspitze gemeistert hat, wird auch den Übergang zur Mädelegabel schaffen. Meistens geht es direkt über den Grat empor, hin und wieder wird jedoch ganz leicht nach rechts in die sehr bröselige Flanke ausgewichen. Nur etwa 45 Minuten nach Aufbruch von der Hochfrottspitze stehe ich mit einem Mal unvermittelt auf dem Gipfelgrat (I-II) der Mädelegabel. Das Kreuz, es ist in Reichweite!]
[Bild: Tiefblick vom Gipfel der Mädelegabel nach Nordwesten in den wilden Talschluss des Bacherlochs, über das man von Einödsbach aus das Waltenbergerhaus erreichen kann (meine morgige Abstiegsroute). Rechts zeigt sich die elegante Trettachspitze (2595 m.) mit ihren abweisenden, so gut wie nie durchstiegenen Südabstürzen. Im Hintergrund links vom Oberstdorfer Becken grüßen die Berge des Naturparks Nagelfluhkette herüber, während rechts hinten der unverkennbare Grünten seinem Namen als Wächter des Allgäus alle Ehre macht]
[Bild: Tiefblick von der Mädelegabel (2645 m.) zum Schwarzmilzferner mit dem dahinter aufragenden Muttekopf (2431 m.) - Im Hintergrund kann man am Horizont die höchsten Berge der Lechtaler Alpen erkennen, wobei v. a. das markante Felshorn der Holzgauer Wetterspitze (2895 m.) hervorsticht, ebenso wie der wuchtige Hohe Riffler (3168 m.) als höchster Berg des Verwall schräg rechts dahinter]
[Bild: Hochfrottspitze (2649 m.) im Zoom von der Mädelegabel - Nicht nur Bergsteigern gefällt offenbar die grandiose Aussicht vom vierthöchsten Gipfel der Allgäuer Alpen, auch Alpendohlen suchen die Mädelegabel nur allzu gerne auf, verspricht die Gipfelregion aufgrund der hohen Beliebtheit des Normalweges doch ein vergleichsweise zuverlässiges „Nahrungsangebot“]
[Bild: Ausblick von der Mädelegabel (2645 m.) zur Trettachspitze (2595 m.) - Obwohl dieses kühn geschwungene Felshorn vor allem von Westen und Osten beeindruckt, kann man sich auch vom Gipfel der Mädelegabel (von Süden) aus kaum vorstellen, dass man diesen enorm steilen Turm via Nordwestgrat vergleichsweise „einfach“ (II/II+) besteigen kann, wobei die meisten diese Route für den Abstieg nutzen und stattdessen über den Nordostgrat (III) aufsteigen. In Kombination ergibt das bei schönem Wetter wohl eine der schönsten „klassischen“ (leichten) Klettertouren des Allgäus und der Bayerischen Alpen]
[Bild: Tiefblick von der Mädelegabel ins Hintere Bockkar und zum dahinter aufragenden Grat vom Heubaum (Habaum) zum Linkerskopf (2459 m.) - In Verbindung mit dem Gratübergang zur Rotgundspitze wohl einer der lohnendsten (und dabei vergleichsweise einfachen) Steilgras-Grattouren im Umkreis! Wer sich im Frühsommer nach der Schneeschmelze (wenn das Gras besonders intensiv Grün ist) bei Kaiserwetter von der Petersalpe aus aufmacht, diese steile Allgäuer Himmelsleiter hoch über dem Bacherloch zu begehen, ist der Prototyp eines Glückspilzes]
[Bild: Gipfelglück auf dem vierthöchsten Berg der Allgäuer Alpen, der Mädelegabel (2645 m.) - Als ich 2013 bei der (damals faktisch hochwinterlichen) Begehung des Heilbronner Weges erstmals an ihrem Gipfelaufbau stand, aufgrund der einsetzenden Dämmerung jedoch unverzüglich den Marsch Richtung Kemptner Hütte fortsetzen musste, schwor ich mir, eines Tages wiederzukommen und diesen vielleicht bekanntesten Allgäuer Berg zu besteigen. Das es nun in Form der großen Überschreitung von der Hochfrottspitze her auf so stilvolle Art und Weise geklappt hat, ich hätte es mir damals nicht schöner ausmalen können. Was für eine tolle Tour]
[Bild: Hochfrottspitze (2649 m.) von Nordosten von der Mädelegabel (2645 m.) - Obwohl dieser wuchtige Klotz so eindrucksvoll und markant gegenüber aufragt, versuchen nur die wenigsten Begeher des Heilbronner Weges aufgrund der hohen Gesamtanforderungen (v. a. aber aufgrund fehlender Routenkenntnisse) eine Besteigung. Wäre der SW-Grat ab der Bockkarscharte markiert und die Schlüsselstelle versichert, die Hochfrottspitze würde wohl ähnlich viel Besuch erhalten wie die Mädelegabel. Doch so fristet sie (für Bergsteiger wie mich) dankenswerterweise ein alpines Schattendasein und offenbart ihre bergsteigerischen Geheimnisse nur denjenigen, die sich die weglose Mühe machen und via SW- oder W-Grat zum dritthöchsten Punkt der Allgäuer Alpen emporsteigen. Das ist das letztlich Schöne am Bergsteigen: Jeder findet am Ende seinen persönlichen „Playground“, wie es die Briten Mitte des 19. Jahrhunderts wohl ausgedrückt hätten]
[Bild: Tiefblick von der Mädelegabel in den oberen Bereich der furchteinflößenden Trettachrinne, welche allseits von unzugänglichem Niemandsland wie dem mittig erkennbaren Kratzer (2428 m.) eingerahmt wird. Im Hintergrund ist der westliche Abschluss der Hornbachkette rund um den Großen Krottenkopf (2656 m.) zu erkennen, während links hinten (am Horizont) der unverkennbar pyramidale Hochvogel (2592 m.) in den nach wie vor ungetrübten Allgäuer Himmel ragt - Um was für ein landschaftlich ästhetisches und facettenreiches Gebirge es sich doch handelt, im Westen der Nördlichen Kalkalpen können wohl nur die Lechtaler Alpen (diese aber dafür problemlos) einigermaßen mit den Allgäuern mithalten]
[Bild: Auch wenn die Zeiten des Schwarzmilzferner klimawandelbedingt sehr bald gezählt sein werden, hält er sich auch im Jahr 2024 noch einigermaßen wacker, wobei er verglichen mit seiner früheren Ausdehnung natürlich nur mehr ein trauriger Schatten seiner selbst ist. Dieser letzte verbliebene (spaltenfreie) Gletscher der Allgäuer Alpen existiert nur aufgrund der enorm hohen Niederschläge der Region sowie aufgrund der speziellen topographischen Gegebenheiten, wird er doch unter anderem von den Lawinen der nahen Steilflanken von Hochfrottspitze und Mädelegabel gespeist]
[Bild: Beim Abstieg über den Normalweg der Mädelegabel - Erstmals seit der Bockkarscharte bin ich wieder auf einer markierten Route unterwegs und so fliege ich (beseelt von der grandiosen Gratüberschreitung der vergangenen 2 Stunden) förmlich den Südostgrat gen Schwarzmilzferner herunter. Geschenkt wird einem die Mädelegabel dabei jedoch nicht, ist das Terrain doch durchaus anhaltend geröllig-schroff, stellenweise abschüssig und zudem von leichten Kraxelstellen (I) durchsetzt. Bei trockenem Fels und stabilem Wetter wie heute ist das alles gutmütig. Wer sich jedoch bei schlechten Bedingungen und ggf. sogar erschöpft von der bisherigen Begehung des Heilbronner Weges an die Besteigung macht, kann hier schnell in Schwierigkeiten geraten]
[Bild: Tiefblick beim Abstieg von der Mädelegabel in die weltenferne Trettachrinne, welche östlich von dem zerklüfteten Kratzer (2428 m.) begrenzt wird. Rechts (im Bereich der grünen Matten) zeigt sich die sogenannte Schwarze Milz, über die der östliche Teil des Heilbronner Weges zwischen Schwarzmilzferner und Mädelejoch führt (man kann die Wegspur sogar erkennen). Hat man schließlich den Kratzer umrundet und das Joch passiert, ist die Kemptner Hütte nicht mehr weit]
[Bild: Imposant und abweisend ragt die Hochfrottspitze (2649 m.) über dem Schwarzmilzferner auf. Wer sich nicht näher mit diesem tollen Berg beschäftigt hat, wird bei der Querung des Gletschers unterhalb der einschüchternd steilen Ostabstürze in Richtung Bockkarscharte nicht mal darüber nachdenken, wie man wohl auf diesen dritthöchsten Allgäuer Gipfel hinaufkommt. Interessanter dürften für die meisten Begeher des Heilbronner Weges die Steinböcke sein, die hier sehr zahlreich vorkommen]
[Bild: Rückblick über den Südostgrat der Mädelegabel, über den der Normalweg verläuft. Unmittelbar am Beginn bzw. am unteren Ende der (durchgehend markierten) Route ist eine etwas schwierigere Kraxelstelle (I-II, die „Schlüsselstelle“) zu bewältigen, ansonsten handelt es durchgehend um steiles, geröllig-felsiges Gehgelände (max. I) - Für die 200 Hm ab dem Heilbronner Weg sollte man einen insgesamten Mehraufwand von ca. 1 Stunde und 15 Minuten einplanen, wobei der Gipfelaufstieg jedem trittsicheren und fitten Wanderer (mit entsprechenden Reserven und Kraxelerfahrung) grundsätzlich empfohlen werden kann]
[Bild: Unterwegs auf dem Schwarzmilzferner - Die Querung des relativ flachen und spaltenlosen Gletschers (wobei es sich de facto eigentlich nur um ein riesiges Schneefeld handelt) stellt in der Regel für Begeher des Heilbronner Weges keine allzu große Hürde dar. Vorsichtig wie ich bin, hatte ich im Vorfeld sogar Grödel (für den Fall der Fälle) eingepackt. Dieses letztlich unnötige Zusatzgewicht kann man dabei haben, muss man jedoch nicht, wenn man sich (anders als ich) vorher bei einem der Wirte der umliegenden Hütten nach den Verhältnissen erkundigt]
[Bild: Rückblick vom südlichen Ende des Schwarzmilzferner zur Mädelegabel (2645 m.) - Über den markanten Südostgrat im Profil verläuft die Normalroute auf den vierthöchsten Berg der Allgäuer Alpen, während der Heilbronner Weg unterhalb der plattigen Wände im Bogen über den Gletscher führt (man erkennt sowohl die Spur als auch ein paar Wanderer). Erfreulicherweise sind entgegen meiner Befürchtungen (ggf. sogar bedrohliche) Quellwolken auch weiterhin kein Thema und so flaniere ich entspannt der Bockkarscharte entgegen]
[Bild: Ausblick von der Bockkarscharte (2504 m.) über Socktal und Schochenalptal in Richtung Lechtaler Alpen. Während der links erkennbare Muttekopf (2431 m.) regelmäßig von Holzgau aus bestiegen wird, zählen die abweisende Wildmahdspitze (2489 m.) und der Wilde Kasten (2542 m.) zu den eher einsameren Gesellen der Umgebung. Großer Widderstein, Biberkopf und (schon mit deutlichem Abstand) Ellbognerspitze werden aus dem Gebiet zwischen Hochtannbergpass und Holzgau deutlicher öfter angegangen]
[Bild: Abstieg von der Bockkarscharte ins Vordere Bockkar - Der oberste Wegabschnitt unterhalb der Scharte ist an einigen Stellen mit Drahtseilen (A) versichert sowie teilweise abschüssig und geröllig, bei vorhandener Trittsicherheit und trockenem Fels jedoch in der Regel problemlos zu begehen. Da es sich beim Vorderen Bockkar indes um ein absolutes Schneeloch handelt (nordwestliche Ausrichtung und Einrahmung durch hohe, steile Felswände!), halten sich hier in der Regel bis weit in den Hochsommer hinein Altschneefelder. Ohne Steigeisen bzw. Grödel kann man hier im Juni und auch Juli leicht sein blaues Wunder erleben: Am besten beim Hüttenwirt des Waltenbergerhauses anrufen, sich nach den jeweiligen Verhältnissen erkundigen und (je nach Können) ggf. die Tourenplanung anpassen]
[Bild: Beim Abstieg durch das Vordere Bockkar beeindrucken zur Rechten die sogenannten Berge der guten Hoffnung, welche den Abschluss des Hochfrottspitze Westgrates bilden. Der Westgipfel (2388 m.) ist vergleichsweise einfach (I) zu besteigen, während beim höheren Ostgipfel (2415 m.) schon ziemlich kräftig (III) zugepackt werden muss. Alpine Erfahrung, Trittsicherheit, Schwindelfreiheit und Routine im weglosen Fels braucht man in jedem Fall bei beiden Gipfeln. Die Ausblicke von den beiden Bergen der guten Hoffnung auf die Trettachspitze sollen spektakulär sein!]
[Bild: Rückblick beim Abstieg durch das Vordere Bockkar zur Bockkarscharte. Nur allzu häufig können (vor allem frühmorgens und spätabends) hier Steinböcke beobachtet werden, während mittig im Hintergrund stolz die Trutzburg-artige Hochfrottspitze (2649 m.) in den Himmel ragt. Kaum zu glauben, dass ich noch vor wenigen Stunden auf ihrem abweisenden Haupt gestanden habe...]
[Bild: Beim Abstieg durch das Vordere Bockkar zum Waltenbergerhaus beeindrucken die wilden Ostabstürze des Linkerskopfes (2459 m.) hoch über dem Bacherloch. Auch wenn die Mehrheit der (übernachtenden) Wanderer und Bergsteiger zum Waltenbergerhaus aufsteigt, um den Heilbronnner Weg zu begehen oder (z. B.) Mädelegabel oder Trettachspitze zu besteigen, ist der Linkerskopf doch der absolute Blickfang von der Sonnenterrasse]
[Bild: Wie ein Adlernest trohnt das Waltenbergerhaus (2084 m.) hoch über den zum Bacherloch abfallenden, steilen Grasflanken unterhalb der Ausläufer des Hochfrottspitze Westgrates. Als idealer Stützpunkt für Trettachspitze, Heilbronner Weg und Mädelegabel handelt es sich um eine der wichtigsten alpinen Schutzhütten der Allgäuer Alpen. Links im Hintergrund grüßen (von links nach rechts) Oberstdorfer Hammerspitze (2260 m.), Hochgehrenspitze (2251 m.), Alpgundkopf (2177 m.), Griesgundkopf (2164 m.) sowie (rechts hinten) Fellhorn (2038 m.) herüber - Allesamt sehr lohnende Ziele, wobei die bergsteigerisch-touristische Frequentierung dieser Gipfel (vorsichtig ausgedrückt) sehr, sehr unterschiedlich ist]
[Bild: Das 1875 erstmals erbaute und zuletzt von 2015-2017 von Grund auf neugebaute (und entsprechend hochmodern gestaltete) Waltenbergerhaus (2084 m.) verfügt heutzutage über ca. 70 Schlafplätze (zzgl. Winterraum und Notlager) und ist in der Regel von Anfang Juni bis Ende September geöffnet. Für Heilbronner Weg-Aspiranten ist die Hütte oftmals (wenn zum Beispiel zwischen Socktalscharte und Bockkarscharte ein Gewitter oder Ermüdung drohen) die ersehnte Rettung. Für Kletterer stellen Trettachspitze und Hochfrottspitze große, klassische Ziele dar, während auch Tagesgäste nur allzu gerne von Einödsbach heraufsteigen, um die grandiose Aussicht von der Terrasse in Richtung der wilden Steilgrasflanken des Linkerskopfes zu genießen. Für mich ist es der erste Besuch des Waltenbergerhauses (leider habe ich während meiner Studienzeit in Kempten die alte Hütte nicht mehr kennengelernt) und ich bin schon sehr gespannt! Obwohl ich sehr früh dran bin und zeitlich noch locker ins Tal absteigen könnte, habe ich die Tour von vornherein ganz bewusst so konzipiert, dass ich eine Nacht auf dem Waltenbergerhaus verbringen werde. So oder so, einfach weil ich auch diese schöne Hütte einmal so richtig kennenlernen möchte]
[Bild: Atemberaubender Ausblick vom Waltenbergerhaus (2084 m.) zum Linkerskopf (2459 m.) - Unten ist ein Teil des Weges erkennbar, der quer über den unteren Teil des Vorderen Bockkares zum Bacherloch führt. Wie schon bei der Rappenseehütte gefällt mir auch die Umgebung des Waltenbergerhauses landschaftlich extrem gut, steht sie in meinen Augen doch idealtypisch für die besondere Aura der Allgäuer Alpen, für diesen unvergleichlichen Mix aus Steilgras und schroffem Fels, diese alpine Symbiose aus starker touristischer Frequentierung und (wenn man weiß wo und wie) totaler bergsteigerischer Einsamkeit]
[Bild: Ausblick vom Waltenbergerhaus (2084 m.) über die zum Bacherloch abfallenden Steilgrasflanken nach Nordwesten (auf dem Foto wirkt das Gelände deutlich flacher, als es in der Realität ist). Nachdem die letzte „gscheite“ (!) Bergtour in den Allgäuern 8 Jahre her war, haben sich die vergangenen gut 24 Stunden aufgrund der Fülle an Eindrücken so surreal angefühlt, dass es nur schwer in Worte zu fassen ist. Auch wenn ich noch unterwegs bzw. „auf Tour“ bin, bin ich jetzt schon davon überzeugt, dass die Überschreitung der Hochfrottspitze zur Mädelegabel hin (in Verbindung mit dem frühmorgendlich-einsamen Heilbronner Weg und dem landschaftlich wunderbar gelegenen Waltenbergerhaus) zu den abwechslungsreichsten und schönsten Bergtouren zählt, die ich in den Nördlichen Kalkalpen bisher erleben durfte]
[Bild: Bockkarkopf (2609 m.) im Abendlicht vom Waltenbergerhaus (2084 m.) aus gesehen. Mittig ist der Verbindungsweg von der Hütte zur Socktalscharte (via Hinteres Bockkar) zu erkennen, der (äußerst kühn und geschickt angelegt) die schroffen Nordabstürze des Bockkarkopfes an einer Schwachstelle überwindet. Dass man das Waltenbergerhaus vom Heilbronner Weg aus auf zwei möglichen Wegen (Bockkarscharte oder Socktalscharte) erreichen kann, ist in meinen Augen ein Luxus, den man (v. a. aus Sicherheitsgründen) kann gar nicht hoch genug schätzen kann]
[Bild: Ein neugieriger Steinbock inspiziert am nächsten Morgen in unmittelbarer Nähe zur Hütte die Gräser unterhalb des Hochfrottspitze Westgrates. Noch hat er ein paar Wochen Zeit, um sich Reserven für den (aufgrund der Nordstaulagen hier erfahrungsgemäß sehr schneereichen) Winter anzufressen. Ganz so umgänglich wie die Steinböcke im Mont Blanc-Gebiet oder in Teilen der Walliser Alpen ist unser Kollege hier zwar nicht, aber auch er hat gelernt, dass er (zumindest auf deutscher Seite...) von Menschen nicht mehr viel zu befürchten hat - Viel Glück für den Winter, Kumpel!]
[Bild: Der Höchste Schafalpenkopf (2320 m.) leuchtet im ersten Licht des Tages. Dieser (teilweise auch Dritter oder Nordöstlicher Schafalpenkopf genannte) Gipfel stellt (von der Fiderepasshütte kommend) das erste wichtige Etappenziel bei einer Begehung des Mindelheimer Klettersteigs dar. Andere Routen an diesem Berg besitzen dagegen nur mehr historischen Wert. Wie viele Ferratisti wohl auch heute wieder zwischen Fiderepasshütte und Mindelheimer Hütte unterwegs sein werden...?]
[Bild: Liechelkopf (2384 m.) und Elferkopf (2387 m.) im warmen Morgenlicht (im Zoom) vom Waltenbergerhaus - Die Kombination dieser beiden tollen Kleinwalsertaler Gipfel zu einer großen Tour (ggf. in Verbindung mit dem Geißhorn) steht ziemlich weit oben auf meiner Allgäuer Bergtourenliste. Besonders der Elferkopf ist dabei technisch durchaus nicht ohne, führt der Aufstieg doch durch die 1000 Meter hohe (!) Westflanke, welche in weiten Abschnitten von Steilgras (der Name ist hier Programm!) geprägt ist]
[Bild: Beim Abstieg durch das landschaftlich ungemein eindrucksvolle, von unzugänglichen Steilflanken eingerahmte Bacherloch. Speziell das gruselige Schneeloch (links) macht seinem Namen alle Ehre, aber auch die (wirklich steilen) Grasflanken des Linkerskopfes laden nicht gerade dazu ein, in ihnen herum zu stromern! Dass es sich beim Bacherloch um ein hochgradig lawinengefährdetes Gebiet handelt, leuchtet wohl jedem ein. Bei schönem Wetter und allgemein sicheren Verhältnissen handelt es sich jedoch in erster Linie um einen der spektakulärsten Hüttenwege in den Allgäuer Alpen. Teilweise drahtseilversichert (A) geht es vom Waltenbergerhaus zunächst über Grasflanken und Schrofen nach Westen hinab in den eigentlichen Talgrund und anschließend immer auf der östlichen (= im Abstieg rechten) Talseite weiter in nördliche Richtung. Hat man den Talgrund des Bacherloches erreicht, ist der weitere Weg nach Einödsbach nur mehr entspanntes Auslaufen]
[Bild: Rückblick aus dem Talgrund des Bacherloches zum Allgäuer Hauptkamm. Nun ist es nicht mehr allzu weit bis nach Einödsbach bzw. Birgsau, eine große Tour neigt sich langsam aber sicher dem Ende entgegen. Toll wars, einfach großartig. Mit der schon vor vielen Jahren (mit Hilfe des AVF) ausgetüftelten Überschreitung der Hochfrottspitze (2649 m.) ist ein bergsteigerischer Traum für mich in Erfüllung gegangen. Viel zu lange habe ich meinem Wunsch, endlich mal wieder eine richtig alpine Bergtour in den Allgäuer Alpen zu gehen, nicht nachgegeben! Dass ich schon kurze Zeit später im Zug zurück nach München detaillierte Pläne für weitere Abenteuer in der Hornbachkette schmiede, spricht Bände. Dass ich 2016 an der Marchspitze konsequenterweise abgeblitzt bin (= Rückzug aufgrund mangelhafter Vorbereitung und Routenkenntnisse), ist eigentlich eine bergsteigerische Scharte, die ausgewetzt gehört... Fortsetzung folgt]
Gran Paradiso (4061 m.)
12-13. August 2024
[Bild: Beim Aufstieg von Le Breuil (Pont) zum Rifugio Vittorio Emanuele II. mit Blick zurück zur gezackten Cima della Roley (2996 m.) - Zum ersten Mal in meinem Leben bin ich in den Grajischen Alpen und im Nationalpark Gran Paradiso unterwegs. Unser Ziel ist der höchste Berg dieser beiden geographischen Regionen, der Gran Paradiso (4061 m.) - Neben dem Piz Bernina und der Barre des Écrins ist er einer von nur drei 4000ern der Alpen, die nicht Bestandteil von Mont Blanc, Wallis und Berner Alpen sind. Da es sich beim Gran Paradiso um einen der verhältnismäßig leichteren 4000er der Alpen handelt, gilt er als stark frequentiert, wobei die Aussicht vom Gipfel aufgrund der isolierten Lage am Rand der Poebene besonders imposant sein soll. Wir sind gespannt, was uns erwartet...]
[Bild: Oberhalb der Baumgrenze beim Aufstieg zum Rifugio Vittorio Emanuele II. schweift der Blick zu den zahlreichen unbekannten Trabanten, die den Gran Paradiso umgeben. Links zeigt sich die Punta Fourà (3411 m.) als Endpunkt des kilometerlangen Grates von der Cima della Roley her: Einsames, speziell von deutschsprachigen Bergsteigern so gut wie nie betretenes Terrain, alle Aufmerksamkeit gilt hier dem höchsten Berg der Umgebung]
[Bild: Oberhalb von Le Breuil ragt (wenn man denn dem allgemeinen „Sog“ widerstehen kann und die Blicke gen Westen richtet) ein sehr spannendes Tourenziel namens L'Aouillie (3440 m.) auf. Der (ganz links hinten erkennbare) Gipfel kann direkt von Pont aus via Pian Borgnoz und Cima di Entrelor angegangen werden. Mit allzu vielen Mitmenschen wird man sich den etwas abgelegenen Gipfel dennoch nicht teilen müssen. Die Aussicht auf den direkt östlich gegenüber aufragenden Gran Paradiso dürfte in jedem Fall einmalig sein]
[Bild: Vom Rifugio Vittorio Emanuele II. aus zeigen sich zwei der Gran Paradiso-Trabanten von ihrer schroffen Seite: Der Ciarforon (3642 m.) links wird noch einigermaßen regelmäßig „gemacht“, zumal sich die Schwierigkeiten (Fels bis II/II+, Gletscher) in einem beherrschbaren Rahmen bewegen und man durchaus entsprechende (auch deutschsprachige) Literatur sowie Informationen im Netz findet. Die Besteigung der Becca di Monciair (3545 m.) rechts daneben ist eine andere Geschichte. Eine weitestgehend weglose Besteigung über die Westseite (II-III) ist wohl möglich, wird aber wohl (wen wundert es) nicht allzu häufig durchgeführt]
[Bild: Nicht nur Wanderer und Bergsteiger genießen die warme August-Sonne in der Umgebung des Rifugio Vittorio Emanuele II. - Der Nationalpark Gran Paradiso ist zwar vor allem für seine riesigen Steinbockpopulationen bekannt, aber auch Mankei fühlen sich in dieser 700 km² großen „Wildnis“ pudelwohl]
[Bild: Keine markierten oder gar ausgeschilderten Wege führen durch das öde Niemandsland zwischen Gran Paradiso und Punta Fourà (rechts) - Abgesehen von der Normalroute zum Ciarforon (3642 m.) treiben sich wohl nur einmal alle paar Wochen einsamkeitsliebende Individualisten hier herum. Die überwältigende Mehrheit der Bergsteiger hält sich (in Erwartung einer Gran Paradiso Besteigung am nächsten Tag) im Bereich der Hütte auf und geht (allenfalls) eine Eingehtour auf z. B. den Ciarforon oder die Tresenta]
[Bild: Der Klimawandel nagt mit aller Macht am Ciarforon (3642 m.) - Auftauender Permafrost macht den ehemals eisgepanzerten 3000er zunehmend instabiler, so dass v. a. seine teils enorm stein- und eisschlaggefährdeten Wände und Flanken meist weiträumig gemieden werden. Eine Besteigung erfolgt in der Regel über den Nordostgrat (links im Profil), da dort das entsprechende Risiko deutlich geringer ist]
[Bild: La Tresenta (3609 m.) ist einer der wenigen wirklich hohen 3000er des Gran Paradiso Nationalparks, der mittlerweile gletscherfrei bestiegen werden kann. Aufgrund der moderaten technischen Schwierigkeiten (weglose Kraxelei bis max. I) eignet sich die „elegante Trümmerpyramide“ (Richard Goedeke) auch wunderbar für (alpin erfahrene) Solisten. Dass das Ganze aufgrund der vielsagenden Geröllflanken nicht unbedingt ein im Detail ästhetisch-angenehmes Unterfangen wird, sollte indes jedem klar sein]
[Bild: Ciarforon (3642 m.) in all seiner herben Wildheit von Nordwesten vom Rifugio Vittorio Emanuele II. aus gesehen. Fast im Minutentakt hören wir es aus der Nordwand dumpf poltern. Nein, durch diese abweisende Steilflanke sollte man heutzutage im Sommer besser nicht mehr aufsteigen, sofern man nicht ein fragwürdiges Faible für Russisch Roulette hat]
[Bild: La Tresenta (3609 m.) und Ciarforon (3642 m.) von Nordwesten. Der Ghiacciaio di Moncorvè dazwischen hat sich mittlerweile so weit zurückgezogen, dass er nur mehr für den Aufstieg zum Ciarforon relevant ist. Die Tresenta kann mittlerweile praktisch ohne Firn- / Eiskontakt bestiegen werden]
[Bild: Nordseitig wird das Rifugio Vittorio Emanuele II. von einer kilometerbreiten, abweisenden Felsflanke überragt, die letztlich in der Becca di Moncorvè (3875 m.) mündet. Dieser schroffe Felsturm (rechts hinten erkennbar) wird beim Anstieg zum Gran Paradiso passiert und gleichzeitig von den meisten Seilschaften links liegen gelassen]
[Bild: Im Morgengrauen am Rande der westlichen Ausläufer des Ghiacciaio del Gran Paradiso - Nachdem wir im Dunkeln vom Rifugio Vittorio Emanuele II. zunächst einem blockreichen Pfad nördlich der Hütte gefolgt und anschließend über Geröllflanken, plattiges Moränengelände und ein von Felsflanken eingerahmtes, gerölliges Tal aufgestiegen sind, geht es anschließend eine etwas steilere Firnrinne hoch. Offiziell zählt sie bereits zu den Ausläufern des Gran Paradiso Gletschers, doch aufgrund der inexistenten Spaltengefahr gehen wir noch jeder für sich. Anseilen werden wir erst weiter oben unterhalb des Eselrückens („Schiena d'Asino“) - Im Hintergrund zeigt sich in der Ferne indes zum ersten Mal seine Majestät, der Mont Blanc]
[Bild: Mont Blanc (4806 m.) im ersten Licht des Tages (im starken Zoom) vom Aufstieg zum Gran Paradiso - Auch der höchste Berg der Alpen wird heute sicher wieder regen Besuch erhalten, wobei die Mehrheit der Seilschaften vermutlich vom Refuge du Goûter, vom Refuge des Grands Mulets oder vom Refuge du Cosmique aufsteigen wird. Wer sich dagegen von dieser Seite (also von Italien aus) auf den Weg macht, hat sich in der Regel eine der besonders (!) anspruchsvollen Routen (z. B. Brouillardgrat, Peutéreygrat oder gar Frêneypfeiler) vorgenommen]
[Bild: Berühmte 4000er wie auf einer Perlenschnur (von links nach rechts) aufgereiht: Dent du Géant (4013 m.), Aiguille de Rochefort (4001 m.), Dôme de Rochefort (4015 m.), Grandes Jorasses (4208 m.), Aiguille du Dru (3754 m.) und Aiguille Verte (4122 m.) im warmen Morgenlicht - Namen wie ein Donnerschlag!]
[Bild: Wunderbare Morgenstimmung im Nationalpark Gran Paradiso - Während sich der in diesem Abschnitt nach Nordwesten ausgerichtete Normalweg zum Gran Paradiso noch im Schatten befindet, leuchten die höchsten Spitzen rund um das Aostatal bereits in der Sonne. Links in der Ferne grüßt der Mont Blanc herüber, während sich rechts die wuchtige Felspyramide der Grivola stolz präsentiert. Noch wechseln sich in diesem Abschnitt Firn- und Felspassagen ab, doch das wird sich unterhalb des Eselrückens bald ändern. Mit jedem gewonnenen Höhenmeter übernimmt nun immer mehr das Eis des Ghiacciaio del Gran Paradiso die Oberhand]
[Bild: Grand Nomenon (3488 m.) und Grivola (3969 m.) im Zoom vom Gran Paradiso Normalweg - Die Besteigung der Grivola (Nr. 2 der Grajischen Alpen) ist erheblich anspruchsvoller als die des Gran Paradiso! Da der Berg im Gegensatz zu unserem heutigen Ziel nicht aus granitartigem Gneis besteht, sondern zu großen Teilen aus Kalk- und Glimmerschiefer, ist Steinschlag eine permanente Gefahr an diesem kühnen Felshorn. Der heutige Normalweg führt in der Regel vom Bivacco (Luciano) Gratton über den spaltenreichen Ghiacciaio del Trayo zur Südwand und über sie in gestufter Kletterei (II) zum Gipfel. Wer es anschließend auch wieder heil von diesem wunderschönen Trümmerhaufen herunter schafft, hat im Anschluss von einem echten alpinistischen Abenteuer zu erzählen]
[Bild: Beim Aufstieg zum Eselrücken bleibt aufgrund des moderaten Terrains (anseilen ist hier noch nicht notwendig) viel Zeit, um die umliegende grandiose Bergwelt der Grajischen Alpen in Ruhe auf uns wirken zu lassen. Die Nacht verzieht sich und macht Platz für einen fantastischen Bergtag im Herzen des Nationalparks Gran Paradiso. War die Wettervorhersage für den heutigen Tag (v. a. für den Nachmittag) bis zuletzt noch arg durchwachsen, bin ich nun zunehmend optimistisch, dass uns ein bilderbuchmäßiges Gipfelerlebnis vergönnt sein wird. Nach unserer tendenziell nicht so aussichtsreichen Großvenediger-Besteigung wenige Tage zuvor lechzen wir alle nach „Gipfelsonne“]
[Bild: Unterhalb des Eselrückens ist schließlich der Punkt gekommen, an dem wir das Seil auspacken. Ab hier werden wir nur mehr als Seilschaft über den Ghiacciaio del Gran Paradiso gehen. Zwar hält sich die Spaltengefahr auf der Normalroute sehr in Grenzen (wir werden heute sogar ein paar Solisten sehen), ein besseres Gefühl haben wir als Seilschaft aber definitiv. Von hier aus werden wir zunächst linkerhand (an den Felsen vorbei) über den Gletscher aufsteigen, wobei es im unteren Teil kurzzeitig bis zu 40° Grad Steilheit hat. Ist der Gletscher blank, empfiehlt es sich auf die Felsen auszuweichen. Welchen Weg man hingegen bei gutem Trittfirn (wie in unserem Fall) wählt, ist Geschmackssache]
[Bild: Entspannter Aufstieg über den Ghiacciaio del Gran Paradiso - Links hinten ist bereits der höchste Punkt des Gran Paradiso (4061 m.) erkennbar. Wir hoffen, dass die von Osten vom Ghiacciaio della Tribolazione heraufwirbelnden Wolken den Gipfel ggf. erst einnebeln, wenn wir schon wieder beim Abstieg sind. Daumen drücken ist also angesagt, während wir unbeirrt unseren Aufstieg fortsetzen und zügig an Höhe gewinnen]
[Bild: Beim Aufstieg über den Eselrücken („Schiena d'Asino“) gibt es grundsätzlich (abgesehen von einigen homöopathisch-dosiert platzierten Mini-Spalten) kaum objektive Gefahren, Stück für Stück geht es über den westlichen (Berg-)Rücken des Ghiacciaio del Gran Paradiso aufwärts. Langsam kommt dabei der imposante Hängegletscher-artige Bruch unterhalb des Gipfels, den es rechterhand weiträumig zu umgehen gilt, ins Blickfeld]
[Bild: Um den Gipfel des Gran Paradiso (links oben) zu erreichen, muss man den wilden Gletscherbruch südlich (im Aufstieg rechts) umgehen. Dazu muss ein etwas spaltigeres Gebiet des Ghiacciaio del Gran Paradiso (rechts im Bild, man erkennt ein paar Bergsteiger) durchquert werden, wobei das Ganze bei einigermaßen guten Bedingungen keine größeren Probleme bereiten sollte. Die Aufstiegsspur leitet im Anschluss zum oberen Ende des Eselrückens und zu einem Sattel zwischen Gran Paradiso Gipfelflanke und den südlich oberhalb der Steilabbrüche aufragenden Felszacken der Becca di Moncorvè (rechts). Anschließend geht es eine steile Firnflanke (Vorsicht bei Blankeis!) im Zick-zack empor und unterhalb der breiten Felsschneide des Il Roc bergauf in Richtung Gipfelaufbau - So der Plan]
[Bild: Wirkten der Ciarforon (3642 m.) und die Tresenta (3609 m.) gestern noch imposant und mächtig, wird mit zunehmender Annäherung an den Gipfelaufbau des Gran Paradiso immer deutlicher, um was für einen regionalen König es sich bei unserem heutigen Tourenziel doch handelt! Noch können die beiden Trabanten höhentechnisch einigermaßen mithalten, doch schon bald werden sie zurückstehen müssen, wenn wir uns dem höchsten Punkt der gesamten Grajischen Alpen nähern werden]
[Bild: Auf dem Weg vom Sattel zwischen dem oberen Ende des Eselrückens und den Felstürmen der Becca di Moncorvè (3875 m.) zum Gipfelaufbau steilt der Gletscher noch einmal kurzzeitig deutlich auf. Hier sind gute Verhältnisse und v. a. eine Spur sehr hilfreich, bei Blankeis oder nach intensiven Neuschneefällen kann es hier sehr schnell sehr ernst werden. In unserem Fall geht es völlig unproblematisch quer über die Flanke empor und anschließend unterhalb des Nebengipfels Il Roc (4026 m.) weiter bergauf. Jetzt haben wir es fast geschafft]
[Bild: Finaler Anstieg zur Scharte (auch „Fenetre du Mont Roc“ genannt) zwischen dem sogenannten Madonnengipfel und dem Mittelgipfel. Über einen mäßig steilen Firnhang geht es rasch hinauf zu dem markanten Einschnitt, in dem man (bei trockenem Fels) sinnvollerweise den Großteil seiner Ausrüstung deponiert, sollten die finalen Höhenmeter zum Madonnengipfel oder Hauptgipfel doch grundsätzlich mit leichtem Gepäck möglich sein. Auch lässt es sich im Bereich der Scharte gut (ab-)warten, sollte der Gipfel gerade überbevölkert sein]
[Bild: Endlich Sonne! Ausblick von der Scharte (Fenetre du Mont Roc) zwischen Gran Paradiso Madonnen- und Mittelgipfel nach Osten zum eleganten Torre del Gran San Pietro (3692 m.) und weiter in Richtung Poebene. In der Tiefe lässt sich dagegen bereits ein Teil des riesigen Ghiacciaio della Tribolazione erahnen. Oh wie sehr ich mich schon auf die Aussicht vom Hauptgipfel freue...]
[Bild: Rückblick beim Aufstieg (vom Fenetre du Mont Roc zum Hauptgipfel) zurück zum Gran Paradiso Mittelgipfel (links) und zum Il Roc (rechts daneben). Beide Nebengipfel können in mäßig schwieriger Kletterei (II) relativ schnell bestiegen bzw. „mitgenommen“ werden, wobei dies faktisch wohl nur die obsessivsten Hardcore-Sammler tun werden. Mittig ist die Aufstiegsspur über den oberen Ghiacciaio del Gran Paradiso zu erkennen, während die Becca di Moncorvè (3875 m.) von hier bereits seltsam klein wirkt]
[Bild: Um sowohl den Gran Paradiso Hauptgipfel (4061 m.) als auch den Madonnengipfel (4058 m.) auf möglichst elegante (= auf die empfohlene) Art und Weise zu besteigen, folgt man von der Scharte (Fenetre du Mont Roc) bänderartigen Felsstufen quer nach links durch die Flanke unterhalb des Madonnengipfels, bis man die Scharte zwischen ihm und dem Hauptgipfel erreicht. Von dort geht es zunächst in kurzzeitig steiler, leicht ausgesetzter (aber gutgriffiger) Kletterei (II) auf den Hauptgipfel, bevor man im Anschluss (mit Unterstützung von Stahltritten) steil den Madonnengipfel anvisieren kann. Die meisten Bergsteiger lassen indes den Hauptgipfel aus und steigen stattdessen direkt zum Madonnengipfel auf]
[Bild: Atemberaubender Rückblick vom unteren Ende des Gran Paradiso Hauptgipfels zum Madonnengipfel (4058 m.) - Wir haben es tatsächlich bei allerschönstem Wetter auf den höchsten Berg der gesamten Grajischen Alpen geschafft. Wahnsinn! Rechts sind einige Seilschaften auf dem Gletscher erkennbar, die sich gerade an den Abstieg gemacht haben oder (im Aufstieg) die Scharte Fenetre du Mont Roc ansteuern. Doch für über eine Viertelstunde haben wir die beiden höchsten Gipfel des Gran Paradiso tatsächlich ganz für uns alleine. Was für ein Glück wir doch haben...]
[Bild: Ausblick vom Gran Paradiso (4061 m.) nach Norden in Richtung Walliser Alpen - Rechts in der Ferne ist das gewaltige Massiv des Monte Rosa erkennbar, während links davon Mischabel, Matterhorn, Weisshorn und Dent Blanche in den Himmel ragen. Links zeigt sich stolz die Grivola (3969 m.) mit dem unverkennbaren Grand Combin (4309 m.) schräg rechts dahinter. Nicht zu vergessen sind aber auch die einschüchternden Tiefblicke zum Ghiacciaio della Tribolazione, welcher den wilden Nordosten des Gran Paradiso Massivs dominiert - Eine Aussicht, wie aus dem Flugzeug!]
[Bild: Ausblick vom Gran Paradiso (4061 m.) über den (noch) gewaltigen Ghiacciaio della Tribolazione zum wunderbaren Torre del Gran San Pietro (3692 m.) - Ein Aufstieg über die Gran Paradiso Ostflanke (ab Bivacco Pol bzw. Bivacco Marcello Gerard Ettore Grappein auf der Balma des Bouquetin) ist wohl möglich (AD, Kletterei bis II und Firn/Eis bis 50° Grad), wird jedoch vergleichsweise selten durchgeführt. Dass man sich bei starker Ausaperung auf allerlei unappetitliche Überraschungen gefasst machen sollte (und die genannten Schwierigkeiten durchaus variabel sind), versteht sich von selbst]
[Bild: Vom höchsten Punkt des Gran Paradiso (4061 m.) aus wirken seine südlichen Trabanten La Tresenta (3609 m.) und Ciarforon (3642 m.) seltsam klein. Im Hintergrund zeigen sich dagegen bereits Teile des mir so unbekannten Vanoise, ganz rechts ist (unterhalb der markanten Wolkenhaube) die wuchtige Grand Casse (3855 m.) zu erkennen, die Nr. 1 des gesamten Gebietes]
[Bild: Der Gran Paradiso (4061 m.) gehört zu den 20 prominentesten (= selbstständigsten) Bergen der gesamten Alpen. Diese enorme geographische Dominanz spiegelt sich in der einmaligen Aussicht wider, die erst im Bereich von Mont Blanc (rechts im Hintergrund) und Wallis wieder höhere Bergmassive erwarten lässt. Doch innerhalb der Grajischen Alpen, welche je nach Definition v. a. Paradiso-Gruppe, Rutor-Gruppe, Vanoise und Charbonnel-Gruppe umfasst, ist er der uneingeschränkte Herrscher]
[Bild: Gipfelglück auf dem höchsten Berg der Grajischen Alpen, dem Gran Paradiso (4061 m.) - Seit vielen Jahren wollte ich diesen (zwar in der Regel stark frequentierten, v. a. jedoch) landschaftlich grandiosen 4000er besteigen und endlich hat es geklappt (und dann auch noch bei absolut perfektem Wetter). Das Leben ist schön! - Wäre dieser wirklich herrliche Teil der Alpen nur nicht so weit weg von zu Hause...]
[Bild: Wieder beim steilen Abstieg vom Gran Paradiso Hauptgipfel in die Scharte zwischen ihm und dem Madonnengipfel (4058 m.) - Der anschließende versicherte (Eisenbügel-)Aufstieg aus der Scharte ist sehr steil, aber bei guten Verhältnissen (wie heute) völlig unproblematisch. Indes dürfte es sich bei dieser Position wohl um einen der fotogensten Spots im Umkreis handeln, angesichts der wildgezackten Gipfeltürme des Paradiso kann einem schon mal der Atem stocken]
[Bild: Ausblick vom Gran Paradiso Madonnengipfel (4058 m.) - Mit zunehmer Aufenthaltsdauer auf dem Gipfel nimmt die Quellwolkenbildung immer weiter zu. Da zudem für den Nachmittag potentiell Gewitter vorhergesagt sind (es sollte ab dem späten Nachmittag tatsächlich intensiv regnen und donnern!), werden wir uns schon bald an den Rückmarsch machen (über 2000 Hm Abstieg stehen uns nun bevor). Vorher genießen wir jedoch noch ein letztes Mal die grandiose Aussicht auf die benachbarten Nebengipfel des Paradiso, die vermutlich nur ganz selten Besuch erhalten]
[Bild: Flugzeugartiger Ausblick vom Gran Paradiso Madonnengipfel (4058 m.) in Richtung Vanoise - Ganz rechts ist das breite Massiv der Aiguille de la Grande Sassière (3751 m.) erkennbar, welche zu den höchsten erwanderbaren Gipfelzielen der gesamten Alpen zählt. Links hinter dem Ciarforon kann man (mit etwas Phantasie) in der Ferne die Pointe de Charbonnel (3752 m.) ausmachen]
[Bild: Na dann machen wir uns mal an den Abstieg zum Rifugio Vittorio Emanuele II. bzw. weiter nach Le Breuil (Pont)! - Vom Madonnengipfel (4058 m.) geht es dafür zunächst in einfacher Kraxelei (I) über den Grat in Richtung Scharte (Fenetre du Mont Roc), wo wir uns wieder anseilen und die deponierte Ausrüstung (Steigeisen, Pickel etc.) abholen. Anschließend geht es wieder auf den Ghiacciaio del Gran Paradiso und bergab Richtung Eselrücken]
[Bild: Tiefblick beim Abstieg zur Scharte (Fenetre du Mont Roc) zwischen Madonnengipfel und Mittelgipfel zum oberen Ende des weltenfernen Ghiacciaio della Tribolazione. Links schaut über der Scharte der unbekannte Cresta Gastaldi (3894 m.) hervor, der wohl nur alle Jubeljahre einmal Besuch erhält - Was für eine spektakuläre Szenerie!]
[Bild: Beim Abstieg über den Ghiacciaio del Gran Paradiso zum Eselrücken („Schiena d'Asino“) - Der Gletscher ist in diesem Bereich vergleichsweise steil, bei Blankeis und/oder ohne Spur kann es hier schnell ziemlich anspruchsvoll werden! Immerhin führt z. B. ein etwaiges Abrutschen im Normalfall nicht zum Tode, da der Gletscher unten im Sattelbereich relativ sanft ausläuft. Im Hintergrund schaut indes ungerührt die zerklüftete Becca di Moncorvè (3875 m.) herüber, ihr sind die zahlreichen Seilschaften (die nur Augen für den Gran Paradiso haben) ziemlich gleichgültig]
[Bild: Abstieg über den Eselrücken - Der Gletscher ist in diesem Bereich sehr flach und so lässt es sich beschwingt dahinflanieren. Die sich stetig intensivierende Quellwolkenbildung macht uns derweil keine Sorgen, das Wetter dürfte noch einige Stunden stabil bleiben. Und den (wirklich absolut perfekten) Gipfelerfolg kann uns nun sowieso keiner mehr nehmen, speziell nach dem Erlebnis am Großvenediger 1,5 Wochen zuvor ein ungemein befriedigendes Gefühl]
[Bild: Rückblick zum imposanten Gletscherbruch unterhalb des Gran Paradiso Gipfelaufbaus. Wer als Ausgangspunkt für eine Besteigung das Rifugio (Federico) Chabod mit anschließendem Aufstieg über den Ghiacciaio del Laveciau gewählt hat, muss darauf achten dass er möglichst großen Abstand zu dem drohenden Hängegletscher hält, welcher jederzeit in Teilen abbrechen kann. Im Normalfall ist die entsprechende Route wenig gefährdet, da in der Regel genug Abstand gehalten wird. Doch speziell bei Nebel und Verlust der Spur kann das Ganze rasch lebensgefährlich werden, wenn man ungewollt zu weit östlich (links) aufsteigt]
[Bild: Im unteren Bereich des Eselrückens gehen wir schließlich vom Seil, alle schwierigen Abschnitte haben wir nun erfolgreich bewältigt. Der weitere Abstieg zum Rifugio Vittorio Emanuele II. durch das von plattigem Morengelände, Blockwerk und vereinzelten Firnrinnen geprägte Tal westlich des Ghiacciaio del Gran Paradiso gestaltet sich kurzweilig und entspannt. Während wir Meter um Meter absteigen, lassen wir den Blick immer wieder über die umliegenden Weiten der Grajischen Alpen schweifen]
[Bild: Wieder beim Rifugio Vittorio Emanuele II. (2732 m.) - Nach einer nur kurzen Pause (wir wollen zeitig ins Tal kommen, da wir den kommenden Wetterumschwung fürchten) machen wir uns sogleich an den Abstieg nach Le Breuil (Pont). Über den umliegenden Bergen (wie hier der Becca di Monciair oder der Punta Fourà) beginnt es immer stärker zu „brodeln“. Letztlich schaffen wir es trocken ins Tal, doch beim anschließenden Zeltaufbau auf dem Campingplatz erwischt uns ein heftiger Regenguss. Wie gut, dass wir den 700 Hm Abstieg von der Hütte in knapp unter einer Stunde abgespult haben... Tagsdarauf machen wir uns auf den Weg nach Gressoney-Saint-Jean, da wir (nach erfolgreicher Akklimatisation am Gran Paradiso) eigentlich die Besteigung der Signalkuppe am Monte Rosa geplant haben. Warum es letztlich nichts daraus geworden ist, wird nachfolgend beschrieben]
[Bild: Abendlicher Ausblick vom Dach der Capanna Giovanni Gniffeti (3647 m.) - Rechts in der Tiefe zeigt sich die Gletscherzunge des zerklüfteten Ghiacciaio del Lys, während rechts in der Ferne (im Abendlicht) der Mont Blanc herübergrüßt. Wohl nur wenige Schutzhütten der Alpen haben so eine spektakuläre Lage wie die Gniffetihütte, auch als eigenständiges Tourenziel ist sie für (im Umgang mit Steigeisen und Pickel erfahrene) Alpinwanderer eine lohnende Option]
[Bild: Das Dach der Alpen, der Mont Blanc (4806 m.) im (sehr starken) Zoom von der Capanna Giovanni Gnifetti (3647 m.) aus gesehen. Eines Tages werde ich den „Weißen Berg“ besteigen, das steht völlig außer Frage. Eines Tages wird es über den Arête des Bosses empor zum höchsten Berg der Alpen gehen. Eines Tages...]
[Bild: Ausblick von der Capanna Giovanni Gnifetti (3647 m.) über den Ghiacciaio del Lys zum namensgebenden Liskamm (4532 m.) - Dass es letztlich nichts mit einem Aufstieg zur Capanna Regina Margherita auf der Signalkuppe (4554 m.) geworden ist, liegt daran, dass wir uns aufgrund der (v. a. für den übernächsten Tag) sehr unsicheren Wetterprognose nicht guten Gewissens dazu entschließen konnten, den Aufstieg zu wagen. Im Rückblick wäre es letztlich sehr gut möglich gewesen, das Wetter sollte tagsdarauf praktisch perfekt werden (und wir werden letztlich ziemlich frustriert den Abstieg nach Staffal antreten) und auch am theoretischen Abstiegstag (von der Signalkuppe) hätte man wohl unter Zuhilfenahme der Seilbahn ab der Punta Indren den Weg wieder heil runter ins Tal geschafft. Da wir als Seilschaft aber noch nicht so viel Erfahrung haben, haben wir es diesmal sicherheitshalber gelassen - Eine Entscheidung, die uns wirklich sehr, sehr schwer gefallen ist und die wir teilweise auch irgendwie bereuen, aber hinterher ist man letztlich immer schlauer und man wächst am Ende des Tages mit solchen Erfahrungen. Dass es mehrere von uns 1-2 Tage später mit Magen-Darm-artigen Symptomen zerlegen sollte, macht die Entscheidung im Rückblick wiederum etwas erträglicher. Nichtsdestotrotz ist dies (nach 2012) nun leider schon der zweite gescheiterte Versuch, einen der 4 höchsten Monte Rosa-Gipfel zu besteigen. Aber wie sagt man so schön: Aller guten Dinge sind bekanntlich 3...]
[Bild: Beim langen (1800 Hm) Abstieg von der Capanna Giovanni Gnifetti via Weilfsch Gaveno nach Staffal - Der strahlend blaue Himmel ist Hohn und versöhnlicher Abschluss eines aufregenden Trips zugleich. Erstmals habe ich Bergtouren rund um das Aostatal in den Grajischen Alpen unternommen und kann mir am Ende mit der erfolgreichen Besteigung des Gran Paradiso (4061 m.) bei bestem Wetter (immerhin) auch eine absolute 4000er-Trophäe ins Tourenbuch schreiben. Letztlich war es jedoch in erster Linie ein wunderbarer, manchmal etwas anstrengender (Lesson learned, da fast täglich Zeltaufbau und Campingplatz-Wechsel...), vor allem jedoch unvergesslicher Westalpen-„Urlaub“. Und dass es am Ende nichts mit dem Monte Rosa geworden ist, so what. Wir kommen wieder! Und dann wird uns keine vermeintlich unsichere Wetterprognose aufhalten können]
Großvenediger (3657 m.)
03-04. August 2024
[Bild: Beim Aufstieg von der Johannishütte zum Defreggerhaus - Wuchtig ragt das Massiv des Großen Happ (3350 m.) über dem wildromantischen Dorfertal auf, wobei sich der Gipfel selbst in dichte Wolken hüllt. Nur der markante Spitz des Kleinen Happ (2855 m.) zeigt sich ungerührt vom (leider) mittelmäßigen Wetter des ersten August Wochenendes]
[Bild: Oberhalb des Zettalunitzachbaches führt der Weg über einen markanten, grasbewachsenen Bergrücken in sehr angenehmer Steigung aufwärts in Richtung Defreggerhaus. Aufgrund des gutmütigen Terrains bleibt viel Zeit, um die umliegenden spektakulären Tauerngipfel zu bewundern. Rechts präsentieren sich stolz die unbekannten Gastacher Wände (3087 m.) während links hinten das markante Horn der Weißspitze (3300 m.) herübergrüßt]
[Bild: Die Weißspitze (3300 m.) zählt im Umfeld des Defreggerhauses zu den eindrucksvollsten Venediger-Trabanten! Dieser schroffe 3000er kann heutzutage von Südwesten (via Eisseehütte und Wallhorntörl) bei guten Verhältnissen ohne Hochtourenausrüstung bestiegen werden. Alpine Erfahrung und Trittsicherheit sollte man aber in jedem Fall haben]
[Bild: Das altehrwürdige Defreggerhaus (2963 m.) ist neben der Neuen Prager Hütte und der Kürsingerhütte einer der drei Hauptstützpunkte für eine Großvenediger-Besteigung. Da es sich hierbei um die höchstgelegene der genannten Schutzhütten handelt und zudem die Route über das Innere Mullwitzkees als technisch vergleichsweise einfach gilt, erfreut sich das Defreggerhaus großer Beliebtheit. Aber auch andere hochalpine Tourenziele wie z. B. die Kristallwand oder die Weißspitze (rechts im Hintergrund) lohnen definitiv eine Übernachtung]
[Bild: Ausblick vom Grat westlich des Defreggerhauses über das Innere Mullwitzkees - Auch wenn die morgige Route Richtung Rainertörl (die vergletscherte Scharte zwischen Hohem Aderl und Rainerhorn im Hintergrund) und weiter zum Großvenediger als eher spaltenarm und wenig steil gilt, handelt es sich doch um eine ernste Hochtour, die vollständige Gletscherausrüstung erfordert. Leider ist die Wettervorhersage für morgen eher mäßig. Analog zu heute dürften auch am ersten August-Sonntag die hohen Gipfel der Hohen Tauern tendenziell in Wolken stecken]
[Bild: Abendstimmung beim Defreggerhaus. Während die Gedanken um die morgige Venediger-Besteigung kreisen, wirbeln graue Wolken um die Zopetspitze (3198 m.) - Rechts hinter dem zackigen Mullwitzköpfl zeigt sich in der Ferne der imposante Hochgall, welchen ich erst vor wenigen Wochen erfolgreich bestiegen habe]
[Bild: Auf dem Weg vom Defreggerhaus zum Inneren Mullwitzkees - Nachdem wir den (teilweise versicherten und steinschlaggefährdeten) Steilabstieg vom Grat unterhalb des Mullwitzaderl auf den Gletscher geschafft haben, machen wir uns trotz der höchstens mittelmäßigen Wetterprognose trotzig auf den Weg Richtung Rainertörl (vielleicht hebt sich die Wolkendecke ja noch...) - Doch leider werden wir am Ende kein Glück haben und stattdessen in die „dicke Suppe“ starren. Indes verläuft der Anstieg über das Innere Mullwitzkees und das oberhalb anschließende Schlatenkees völlig problemlos. Kaum Spalten kreuzen unseren Weg und trotz des (ab dem Rainertörl) dichten Nebels finden wir (u. a. dank der tief ausgetretenen Spur) den Weg zum (erstaunlich breiten!) Gipfelgrat ohne Probleme]
[Bild: Auf dem Gipfel des Großvenediger (3657 m.) - Nach 2009 (damals via Kürsingerhütte) stehe ich zum zweiten Mal auf dem fünfthöchsten Berg Österreichs. Leider ist uns diesmal kein Wetterglück vergönnt und so halten wir uns nicht allzu lang auf dem eisigen Haupt der „weltalten Majestät“ auf. Ich werde wiederkommen (dann vielleicht von der Neuen Prager Hütte kommend), das steht auf jeden Fall fest. Und auch wenn uns die grandiose Aussicht vom westlichen Gletscherdach der Hohen Tauern verwehrt bleibt, sind wir doch stolz über unsere Leistung, handelt es sich doch für die meisten von uns um die erst zweite oder gar erste richtige Hochtour. Eine wettertechnisch eher ruppige Hochtour wie diese muss man erst einmal so „geräuschlos“ bewältigen (dichter Nebel, stellenweise Eisregen). So etwas härtet ab. In uneinladenden Gipfelmomenten wie diesen muss man daher stets auch das Positive sehen, auch wenn das vielleicht erst einmal nicht so einfach fällt]
[Bild: Beim landschaftlich wunderschönen Abstieg vom Defreggerhaus zur Johannishütte und weiter zum Parkplatz oberhalb von Hinterbichl (bei Prägraten) - Wenn man sich einmal von dem im Hinblick auf die Aussicht zweifellos enttäuschenden Gipfelerlebnis löst und sich stattdessen vergegenwärtigt, in was für einer grandiosen Gebirgswelt wir hier im Nationalpark Hohe Tauern unterwegs sind, wird alles vermeintlich Negative wieder relativ]
[Bild: Ausblick beim Abstieg vom Defreggerhaus über das Dorfertal - Die (ab Venediger-Gipfel) strammen ca. 2200 Hm bis ins Tal spulen wir in Windeseile ab, nicht ohne eine ausgiebige Pause beim Spielplatz der idyllisch gelegenen Johannishütte einzulegen]
Großer Bärenkopf (3396 m.) + Hohe Dock (3348 m.) +
Mittlerer Bärenkopf (3359 m.) - Gruberscharten-Biwak
26-28. Juli 2024
[Bild: Beim Aufstieg von Ferleiten zur Schwarzenberghütte beeindrucken die schroffen Nordabstürze des Fuscherkarkopfes (3331 m.) - Dieser mächtige Kalkglimmerschiefer-Geselle bildet den südlichen Abschluss des Ferleitentales (auch Käfertal genannt) und zieht bei einer Besteigung der Hohen Dock die Blicke fast unweigerlich auf sich]
[Bild: Etwa 2100 Hm liegen zwischen der Vögerlalm und dem höchsten Punkt der Hohen Dock (ab dem Parkplatz Ferleiten sind es sogar noch ca. 100 Hm mehr) - Wer (wie wir) in einem Rutsch bis zum Gipfel aufsteigen will, braucht einen langen Atem. Das erste wichtige Etappenziel ist aber zunächst einmal die etwa auf halber Strecke gelegene Schwarzenberghütte]
[Bild: Eine Zentralalpenlandschaft wie aus dem Bilderbuch! Im Bereich der Eichhornruhe leitet der sogenannte Mainzer Weg über herrlich grüne Hänge hinweg, wobei das Rauschen der Wasserfälle im Bereich der Käferleiten immer näher kommt. Das über der Schwarzenberghütte aufragende Felstrapez der Hohen Dock (3348 m.) haben wir dabei stets vor Augen]
[Bild: Eine Besteigung der Hohen Dock (3348 m.) muss man sich ehrlich erarbeiten! Neben der technischen Schwierigkeit (teilweise luftige Kraxelei bis max. I und Drahtseilpassagen B/K2) schlagen hier v. a. die zu bewältigenden Höhenmeter zu Buche. Eine Übernachtung auf der Schwarzenberghütte erleichtert das Vorhaben ungemein, kommt für uns aber leider nicht in Frage. Unser Ziel für die Nacht ist nämlich das zwischen Großem Bärenkopf und Klockerin gelegene Gruberscharten-Biwak (3100 m.) - Immerhin müssen wir dann heute nicht allzu viele Höhenmeter wieder absteigen...]
[Bild: Blick beim Aufstieg zur Schwarzenberghütte nach Südosten zu den Gipfeln zwischen Unterer Pfandlscharte und Hochtor (Großglockner Hochalpenstraße). Über die Berge rund um den aussichtsreichen Spielmann (3027 m.) führt der westliche Abschnitt des großartigen Klagenfurter Jubiläumsweges - Eine Tour, die ich unbedingt irgendwann einmal selbst gehen möchte]
[Bild: Bei der urigen Schwarzenberghütte (2269 m.) ist die Hälfte des Aufstiegs zur Hohen Dock geschafft. Während wir uns bei der kleinen Schutzhütte (nur 26 Schlafplätze!) mit einem zuckerhaltigen Getränk stärken, gehen wir in Gedanken schon die weitere Route ab. Der Normalweg auf die Hohe Dock verläuft (ab Remsschartl) über den Südostgrat (links im Profil) und ist durchgehend markiert]
[Bild: Tiefblick beim Aufstieg zur Hohen Dock ins Niemandsland der Fuscherkarkopf Nordabstürze - Hier, zwischen Remsköpfl, Breitkopf, Fuscherkarkopf und Kapuziner, gibt es (abgesehen vom Hohen Gang zum Nördlichen Bockkarkees) keinerlei regelmäßig begangene Steige. Wer sich in diesen wilden Tauern-Flanken rumtreibt, hat sich entweder verlaufen oder etwas Vogelwildes vor]
[Bild: Beim Aufstieg über den Südostgrat der Hohen Dock. Nur an wenigen Stellen steilt die Route so merklich auf, dass die (großzügig installierten) Drahtseile (max. B/K2) auch tatsächlich das Vorwärtskommen erleichtern. Meistens dienen die Versicherungen v. a. der psychischen Beruhigung, ist die Route doch an einigen Stellen etwas ausgesetzt und abschüssig]
[Bild: Da die Hohe Dock (3348 m.) seit vielen Jahrzehnten als „3000er mit Weg“ gilt und entsprechend häufig bestiegen wird, ist die Normalroute weitgehend abgeräumt (von Schutt und Geröll befreit), so dass man sich (frei von Steinschlagsorgen) ganz dem Steigen hingeben kann. Konstant steil leitet die Route empor zum Gipfelgrat, wobei die Ausblicke mit jedem (rasch gewonnenen) Höhenmeter immer besser werden]
[Bild: Tiefblick vom Südostgrat der Hohen Dock zum Nördlichen Bockkarkees, über dem der selten bestiegene, unscheinbare Breitkopf (3154 m.) aufragt. Dahinter zeigt sich indes zum ersten (und nicht letzten) Mal während unserer Tour der höchste Berg Österreichs, der Großglockner (3798 m.) - Auch heute werden sicher wieder viele Bergsteigerinnen und Bergsteiger von Stüdlhütte, Salmhütte und Erzherzog-Johann-Hütte aus zu seinem schroffen Haupt pilgern]
[Bild: Hochalpines Ambiente beim Aufstieg über den Südostgrat der Hohen Dock - Im Angesicht des majestätischen Großglockners (3798 m.) und hoch über dem spaltenreichen Nördlichen Bockkarkees „fliegen“ wir förmlich in Richtung Gipfel]
[Bild: Unterwegs auf dem Gipfelgrat der Hohen Dock (3348 m.) - Links zeigt sich der Große Bärenkopf (3396 m.) mit seiner abweisenden, steinschlagträchtigen Südostflanke. Nach über 2200 Hm (mit schwerem Gepäck) legen wir die letzten Hürden (ein paar Stufen und Erhebungen kurz vor dem Gipfel erfordern noch einmal leichte Kletterei bis I) zwar nicht mehr ganz so dynamisch wie zu Beginn des Aufstiegs zurück, doch angesichts des immer näher kommenden Gipfelkreuzes sind das Details, die letztlich niemanden interessieren]
[Bild: Tiefblick vom Gipfelgrat der Hohen Dock zum Nördlichen Bockkarkees. Dieser von Breitkopf (links), Bärenköpfen und Hoher Dock eingerahmte Gletscher stellt die schnellste Möglichkeit dar, um von der Schwarzenberghütte zur Oberwalderhütte (und vice versa) zu gelangen. Hierbei handelt es sich aber um eine hochalpine, mitunter spaltenreiche Tour, die eine vollständige Hochtouren- bzw. Gletscherausrüstung erfordert]
[Bild: Auf dem Gipfel der Hohen Dock (3348 m.) mit Bick zum benachbarten, durch die Dockscharte (3234 m.) deutlich abgetrennten Großen Bärenkopf (3396 m.) - Links im Hintergrund ist der langgezogene Mittlere Bärenkopf (3359 m.) erkennbar, welchen wir morgen (so der Plan) zur Oberwalderhütte hin überschreiten wollen]
[Bild: Auf dem Gipfel der Hohen Dock (3348 m.) inmitten der Glocknergruppe im Herzen der Hohen Tauern - Schon lange wollte ich diesen formschönen 3000er besteigen, um mich diesem (für mich bis dato so unbekannten) Gebiet zwischen Großem Wiesbachhorn und Pasterze angemessen zu nähern. Auch wenn das Tagesziel, das Gruberscharten-Biwak, noch nicht erreicht ist, so fällt (nach 2200 Hm im Aufstieg und ca. 6 Stunden Gehzeit) nun doch schon einiges an Anspannung ab]
[Bild: Blick von der Hohen Dock (3348 m.) zu den schroffen Südabstürzen von Klockerin (3422 m.) und Hinterem Bratschenkopf (3413 m.) - Wer den Übergang vom Großen Wiesbachhorn (ganz rechts) zur Gruberscharte (ganz links) machen möchte, wird mit diesen beiden stolzen 3000ern zwangsläufig in Berührung kommen. Da das Bratschenkopfkees über einige respektable Spalten und Klüfte verfügt, sollte man diese (technisch relativ einfache) Tour vernünftigerweise nur angeseilt angehen. Eine andere Geschichte ist der Aufstieg von der Schwarzenberghütte zur Gruberscharte via Hochgruberkees (unten). Früher regelmäßig begangen, haben die Ausaperung und (v. a. im Spätsommer) zunehmend wilder werdende Schründe (im Bereich unterhalb der Scharte) diesen Gletscher in gewissen Verruf gebracht]
[Bild: Innehalten und genießen... Da längst alle anderen Bergsteigerinnen und Bergsteiger wieder zur Schwarzenberghütte (bzw. weiter nach Ferleiten) abgestiegen sind, haben wir die Hohe Dock (3348 m.) an diesem Nachmittag ganz für uns alleine. Antizyklisches Bergsteigen nennt man so etwas wohl. Auch auf dem Großen Bärenkopf (3396 m.) im Hintergrund können wir keine Personen (mehr) ausmachen. Das Gebiet rund um die Gruberscharte scheint heute (sofern später niemand von Klockerin und Bratschenköpfen herabgestiegen kommt) uns zu „gehören“]
[Bild: Ausblick von der Hohen Dock (3348 m.) über das Nördliche Bockkarkees zum Großglockner (3798 m.) - Hier, wo die Hohen Tauern am höchsten und die Gletscher (noch) weit sind, zeigen sich die Ostalpen von ihrer alpinsten Seite]
[Bild: Nur einen Katzensprung wirkt die Gruberscharte (3073 m.) von der Hohen Dock (3348 m.) entfernt. Doch um die Biwakschachtel (und damit unser ersehntes Quartier für die Nacht) zu erreichen, müssen wir die (zu) steilen Bereiche und Spaltenzonen des Hochgruberkees südlich (links) umgehen. Ganz bewusst haben wir kein Seil mitgenommen, so dass uns keine andere Wahl bleibt, als die Routenvariante über den Großen Bärenkopf in Angriff zu nehmen]
[Bild: Abstieg von der Hohen Dock in die Dockscharte (3234 m.) - Teilweise steil und abschüssig, erfordern die ca. 100 Hm Abstieg über den Westgrat der Hohen Dock (I-II, Drahtseile bis B/C) einen sicheren Tritt und beherztes Zupacken. Anschließend wird es aus der Scharte immer entlang der Gratschneide auf den Großen Bärenkopf gehen. Die Variante, von der ersten Graterhebung rechterhand (die Nordflanke umgehend) direkt zur Gruberscharte abzusteigen, haben wir schnell verworfen. Zwar wohl weitestgehend spaltenlos, sieht die (stellweise bis 45° Grad steile) zur Scharte herabführende Flanke aufgrund ihrer Blankheit äußerst unfreundlich aus! Die unterhalb gelegenen, wilden Spaltenzonen (rechts im Bild) meiden wir indes selbstverständlich großräumig]
[Bild: Rückblick von der Dockscharte (3234 m.) zur Hohen Dock (3348 m.) - Aufgrund des unzuverlässigen Gesteins sollte man sich hier an die Grate halten und nur dann in Flanken und Wände ausweichen, wenn es unbedingt (!) sein muss]
[Bild: Klockerin, Bratschenköpfe und Großes Wiesbachhorn (im Zoom) vom Großen Bärenkopf aus gesehen. Unten ist (als kleiner, roter Punkt) das Gruberscharten-Biwak (3100 m.) oberhalb der gleichnamigen Scharte erkennbar. Um von hier zur Biwakschachtel zu gelangen, bleibt uns (ohne Seil) keine andere Wahl, als direkt über die (extrem brüchige!) Nordflanke des Großen Bärenkopfes abzusteigen]
[Bild: Ausblick vom Großen Bärenkopf (3396 m.) über das Nördliche Bockkarkees zum alles beherrschenden Großglockner (3798 m.) - Zu dieser fortgeschrittenen Tageszeit dürften so ziemlich alle Bergsteigerinnen und Bergsteiger im weiten Umkreis wieder im Tal (bzw. bei ihrer jeweiligen Hütte) sein. Es ist ein faszinierendes Gefühl, meilenweit in dieser imposanten Gletscherwelt allein zu sein]
[Bild: Beim Abstieg über die Nordflanke des Großen Bärenkopfes zur Gruberscharte. Auch wenn es auf dem Bild nicht den Anschein hat, so sind die 300 Hm doch (v. a. im mittleren Abschnitt) ziemlich steil und aufgrund des unfassbar abschüssigen, splitterbrüchigen Terrains extrem unangenehm. Die Nordflanke des Großen Bärenkopfes ist ein wilder Mix aus (vom abgeschmolzenen Gletscher freigelegten) Schifferplatten, Geröll, Blockschutt und kleinen Felsstufen, die es (in einem undefinierbaren Mix aus Klettern und Rutschen) vorsichtig abzusteigen (I) gilt. Steinschlaggefährdet ist das Ganze ebenfalls und so setzen wir heute zum ersten Mal den Helm auf. Es ist wirklich kein Wunder, warum die Mehrheit der Hochtouristen, die vom Heinrich-Schwaiger-Haus zur Oberwalderhütte (und umgekehrt) unterwegs sind, den Großen Bärenkopf auslassen und (via Östlichem Bärenkopfkees, Westlichem Bärenkopfkees und Keilscharte) weiträumig umgehen]
[Bild: Ausblick von der Nordflanke des Großen Bärenkopfes über das Östliche Bärenkopfkees. Im Hintergrund präsentieren sich stolz der Hocheiser (3206 m.) und das (teilweise von Wolken eingehüllte) Kitzsteinhorn (3203 m.) - Nicht einsehbar ist von hier der einige hundert Meter unterhalb der Gletscherbruchzone liegende Stausee Mooserboden]
[Bild: Nun haben wir es fast geschafft! Etwas oberhalb der Gruberscharte (3073 m.) läuft die Nordflanke des Großen Bärenkopfes schließlich aus, so dass wir (einigermaßen entspannt) das restliche Stück im Geröll abfahren können. Gut erkennbar ist nun auch das kurze Gletscherstück (ca. 75 Meter), das es im Bereich der Scharte zu überqueren gilt (um anschließend an einer passenden Stelle ca. 30 Hm über abschüssiges, steiles Geröll zur Biwakschachtel aufzusteigen). Die Spaltengefahr ist im unmittelbaren Bereich der (nahezu ebenen) Scharte äußerst gering, so dass wir (mit deutlichem Abstand zu den Abbrüchen Richtung Hochgruberkees!) unproblematisch zum Bergmassiv der Klockerin herüberqueren. Tag 1 unseres Glocknergruppen-Abenteuers ist damit erfolgreich bewältigt. Einem entspannten Tagesausklang beim (wahrlich fantastisch gelegenen!) Gruberscharten-Biwak (3100 m.) steht damit nichts mehr im Wege]
[Bild: Ausblick vom Gruberscharten-Biwak (3100 m.) zum Großen Bärenkopf (3396 m.) - Wir sind in ziemlich direkter Linie vom Gipfel zur Scharte abgestiegen. Bei besseren Verhältnissen auf dem Hochgruberkees (= kein Blankeis) kann man wohl auch von der links erkennbaren Erhebung im Ostgrat (oberhalb der Dockscharte) herüberqueren]
[Bild: Wer vom Gruberscharten-Biwak zur Keilscharte (und weiter zur Oberwalderhütte) gelangen will, hat zwei Hauptmöglichkeiten: Entweder (wie wir) gletscherfrei (aber dafür haarsträubend brüchig) den Großen Bärenkopf überschreiten oder alternativ das Östliche und Westliche Bärenkopfkees überqueren. Technisch sehr einfach sowie wesentlich schneller und direkter, sollte im letzteren Fall aber aufgrund der Spaltigkeit des Geländes (siehe Foto) die komplette Hochtourenausrüstung (Seil!) verwendet werden]
[Bild: Ausblick vom Gruberscharten-Biwak (3100 m.) zur Hohen Dock (3348 m.) und zum Großen Bärenkopf (3396 m.) - Etwa 8,5 Stunden haben wir (inkl. aller Pausen) von Ferleiten bis hierher gebraucht. Gut 2400 Hm im Aufstieg und 500 Hm im Abstieg haben wir heute bewältigt]
[Bild: Großvenediger (3657 m.) im Zoom vom Gruberscharten-Biwak (3100 m.) aus gesehen. Auch heute werden wieder zahlreiche Hochtouristen die „weltalte Majestät“ bestiegen haben, zählt der fünfthöchste Berg Österreichs doch zu den absoluten Traumzielen der Ostalpen]
[Bild: Sonnenuntergang beim Gruberscharten-Biwak zwischen Klockerin und Großem Bärenkopf. Ursprünglich hatten wir geplant, morgen früh (vor dem Übergang zur Oberwalderhütte) noch die direkt über der Scharte aufragende, technisch unschwierige Klockerin (3422 m.) zu besteigen. Angesichts der unsicheren Wetterprognose (mögliche Gewitter ab dem frühen Nachmittag!) und der albtraumhaften Aussicht, die Nordflanke des Großen Bärenkopfes zwangsläufig noch einmal bewältigen zu müssen, wollen wir alle Zeit und Energie in einen möglichst schnellen und schmerzlosen Hüttenübergang stecken. Die Klockerin wird ein andermal auf dem Tourenplan stehen]
[Bild: Die Hohe Dock (3348 m.) im letzten Licht des ausgehenden Tages. Im Rückblick hat mir die Überschreitung dieses formschönen Felstrapezes sehr gefallen, war der orientierungstechnisch sehr einfache Aufstieg doch durch zahlreiche spannende Kraxelstellen, Drahtseilversicherungen und einen optisch ansprechenden Gipfelgrat geprägt. Mit Übernachtung auf der Schwarzenberghütte und Abstieg auf der Aufstiegsroute dürfte die Hohe Dock (bei stabilem Wetter und schneefreien Verhältnissen) auch für trittsichere, schwindelfreie und alpin erfahrene Bergwanderer ein mehr als nur erstrebenswertes 3000er-Ziel sein]
[Bild: Nordflanke des Großen Bärenkopfes (3396 m.) im Abendlicht. Morgen früh werden wir uns in erneut ziemlich direkter Linie über diesen unappetitlichen, abschüssig-brüchigen Mix aus Glimmerschieferplatten, Geröll, Blockwerk und Felsstufen nach oben wühlen. Wir hoffen, das Gipfelkreuz in weniger als 1,5 Stunden zu erreichen. Na mal sehen...]
[Bild: Gruberscharten-Biwak (3100 m.) zwischen Klockerin und Großem Bärenkopf. Bis Ende Juli gab es in 2024 nur ca. ein Dutzend Eintragungen in das „Hüttenbuch“. Offenbar scheinen die meisten Hochtouristen das Biwak beim Übergang vom Heinrich-Schwaiger-Haus zur Oberwalderhütte (und vice versa) links liegen zu lassen bzw. nur als Übernachtungsoption für den Notfall (wofür es prinzipiell auch in erster Linie gedacht ist) in Betracht zu ziehen. Wir haben den Abend in der (für Ostalpenverhältnisse) sehr abgelegenen Biwakschachtel in jedem Fall sehr genossen. Für uns war das Ganze ein echtes Abenteuer in großartiger, einsamer Hochgebirgslandschaft. Danke an meinen Bergkameraden Joscha, für die Begleitung und für die Erlaubnis, sein Foto (vom Biwak) in den Bergblog 2024 zu integrieren]
[Bild: Bevor wir uns am nächsten Morgen an den Aufstieg durch die Nordflanke des Großen Bärenkopfes machen, werfen wir von der Gruberscharte (3073 m.) noch einen Blick hinunter zum Hochgruberkees. Direkte Aufstiege zur Scharte sind aufgrund vogelwilder Bergschründe mittlerweile kaum mehr möglich (entsprechende Eintragungen im Hüttenbuch...) - Wer von der Schwarzenberghütte direkt zur Scharte aufsteigen will, muss kreativ werden und versuchen, die Schründe (im Aufstieg) links (also südwestlich) zu umgehen. Auf entsprechende Überraschungen (steiler Firn, Blankeis, versteckte Querspalten) sollte man dabei gefasst sein]
[Bild: Im unteren (noch relativ harmlosen) Bereich der Nordflanke des Großen Bärenkopfes. Geistig auf das Schlimmste vorbereitet, drehen wir behutsam (Steinschlag möglichst vermeidend) unsere Serpentinen und steigen langsam aber beständig immer weiter aufwärts. Stellenweise müssen leichte Kletterstellen (max. I) im extrem brüchigen und abschüssigen Fels bewältigt werden und etliche Male rutschen wir (innerlich fluchend) ab, doch erstaunlicherweise meistern wir die Nordflanke diesmal deutlich problemloser als noch am Vortag. Da wir uns mental am Vorabend entsprechend vorbereitet hatten, ist die Realität dann letztlich doch deutlich weniger schlimm, als gedacht. Nach etwa 75 Minuten (ab Gruberscharten-Biwak) stehen wir schließlich wieder auf dem Großen Bärenkopf (3396 m.) - Der mit Abstand unangenehmste und schwierigste Teil der heutigen Tour ist damit geschafft. Die Erleichterung ist uns beiden ins Gesicht geschrieben! Und das Wetter spielt auch noch mit]
[Bild: Blick vom Großen Bärenkopf (3396 m.) zur Klockerin (3422 m.) und zu den Bratschenköpfen, welche vom eleganten Großen Wiesbachhorn (3564 m.) überragt werden. Unten ist (etwas oberhalb der Scharte an der Licht-Schatten-Grenze) der kleine rote „Fleck“ des Grubscharten-Biwaks (3100 m.) zu erkennen. Da wir es schneller als gedacht wieder auf den Großen Bärenkopf geschafft haben und das Wetter unerwartet klar ist, beschließen wir eine verdiente (!) Pause auf dem Gipfel zu machen]
[Bild: Hocheiser (3206 m.) und Kitzsteinhorn (3203 m.) von Südosten vom Großen Bärenkopf (3396 m.) aus gesehen. Rechts in der Tiefe ist ein kleiner Teil des Stausee Mooserboden erkennbar, von wo aus in der Regel der Aufstieg zum Heinrich-Schwaiger-Haus (bzw. zum Großen Wiesbachhorn) erfolgt. Das Östliche und Westliche Bärenkopfkees wird dagegen vor allem beim Übergang von der Gruberscharte zur Keilscharte (und umgekehrt) begangen, die nördlichen Abbrüche zum Stausee hin werden dabei aber meist weiträumig gemieden]
[Bild: Bei absolut perfektem Bergwetter auf dem Großen Bärenkopf (3396 m.) inmitten der großartigen Glocknergruppe. Während (rechts der Bildmitte) der Breitkopf (3154 m.) von hier weitgehend unscheinbar ist, präsentiert sich der formschöne Fuscherkarkopf (3331 m.) als markante Felsschneide. Wie gut, dass wir aufgrund des hoch gelegenen Ausgangspunktes (Gruberscharten-Biwak) den Gipfel so früh erreicht haben, bevor die heute unweigerlich entstehenden Quellwolken die Sicht trüben]
[Bild: Großglockner (3798 m.) vom Großen Bärenkopf (3396 m.) aus gesehen. In den Alpen nur vom Mont Blanc an Prominenz (Schartenhöhe bzw. Eigenständigkeit) übertroffen, trohnt der höchste Berg der Hohen Tauern und Österreichs über spaltenreichen Gletschern. In geradezu idealer Aussichtsposition für den uneingeschränkten Herrscher der zentralen Ostalpen befindet sich (oberhalb der Pasterze) unser Ziel des heutigen Tages, die Oberwalderhütte (2973 m.) - Wer genau hinschaut, kann die Hütte (etwa in Bildmitte) auf dem relativ flachen Bergkamm (Hoher Burgstall) ausmachen]
[Bild: Großglockner (3798 m.) im Zoom vom Großen Bärenkopf (3396 m.) - Im Gegensatz zum Glockner werden die nordwestlich (rechts im Bild) gelegenen Trabanten namens Glocknerhorn (3680 m.), Teufelshorn (3677 m.) und Glocknerwand (3721 m.) nur relativ selten bestiegen. Die meisten Alpinisten besteigen diese exklusiven Gipfel (wenn) im Rahmen einer großzügigen Gesamtüberschreitung zum Großglockner hin. Für diese wilde Unternehmung, die im Hinblick auf ihre Länge und Gesamtanforderungen (Kletterei bis IV und extreme Ausgesetztheit) zu den schwierigsten klassischen Grattouren der Ostalpen zählt, sollte man schon ein sehr fähiger Alpinist sein. Der Normalanstieg auf den Großglockner via Erzherzog-Johann-Hütte (II und Firn bis max. 45° Grad) ist dagegen vergleichsweise einfach]
[Bild: Der Große Bärenkopf (3396 m.) zählt aufgrund seiner zentralen Lage inmitten der Glocknergruppe und umgeben von (noch) weiten Gletscherflächen wie dem Nördlichen Bockkarkees zu den großartigsten Aussichtspunkten weit und breit. Entgegen der unsicheren Wetterprognose ist uns der Gipfelaufenthalt glücklicherweise bei allerbestem Wetter und klarer Fernsicht vergönnt. Da uns nun eine (im Vergleich zur Nordflanke) geradezu vergnügte und technisch unschwierige Gratüberschreitung zur Oberwalderhütte (via Mittlerer Bärenkopf und Keilscharte) bevorsteht, sind wir in Hochstimmung! Das Leben ist schön]
[Bild: Auf dem Gipfel des Großen Bärenkopfes (3396 m.) im Herzen der Hohen Tauern mit Blick zum Großglockner]
[Bild: Abstieg vom Hauptgipfel des Großen Bärenkopfes (3396 m.) zum nur wenig selbstständigen Westgipfel (3353 m.) - In der Bildmitte zeigt sich der zu erreichende, markante Einschnitt der Keilscharte (3180 m.) mit dem darüber aufragenden Mittleren Bärenkopf (3359 m.) schräg links darüber. Der Westgrat ist technisch unschwierig (max. I) und genussvoll zu begehen, während in der Ferne der Großvenediger (3657 m.) herübergrüßt]
[Bild: Beim Abstieg vom Großen Bärenkopf zur Keilscharte. Da die Route (landschaftlich äußerst ästhetisch) direkt über dem Nördlichen Bockkarkees (links) und dem Östlichen sowie Westlichen Bärenkopfkees entlang führt, müssen wir in regelmäßigen Abstanden unweigerlich innehalten und die (wirklich) grandiose Aussicht genießen. Speziell aufgrund des relativ gutmütigen, ungefährlichen Terrains handelt es sich hierbei mittlerweile um eine Genusstour par excellence]
[Bild: Im Bereich der Keilscharte gilt es zunächst eine unscheinbare, namenlose Erhebung (ca. 3218 m.) zu überschreiten, bevor dahinter dann der Anstieg zum Mittleren Bärenkopf (3359 m.) erfolgt. Bei der Keilscharte handelt es sich um einen der wichtigsten Übergänge in der Glocknergruppe. Wer es von der Oberwalderhütte zum Heinrich-Schwaiger-Haus (und umgekehrt) auf einigermaßen direktem Wege schaffen will, hat im Grunde genommen nur diese hochalpine Option]
[Bild: Blick beim Aufstieg von der Keilscharte (3180 m.) zum Mittleren Bärenkopf (3359 m.) zurück zum Großen Bärenkopf (3396 m.) - Noch vor einigen Jahren im Bereich der Keilscharte vergletschert, ist die Überschreitung von der Hohen Dock zum Mittleren Bärenkopf längst eine rein felsige Angelegenheit. Noch strecken sich Gletscher wie das Nördliche Bockkarkees (rechts) zwar nach Kräften die Flanken empor, ihre Zeiten sind aufgrund des Klimawandels langfristig aber leider gezählt]
[Bild: Der nur etwa 170 Hm umfassende Aufstieg von der Keilscharte zum Mittleren Bärenkopf führt über einen mäßig steilen Schutt- und Geröllhang, der (technisch vollkommen unschwierig) in zahlreichen Kehren überwunden wird. Dabei bleibt regelmäßig Zeit, um im Rückblick den Großen Bärenkopf (3396 m.) sowie (links im Hintergrund) Klockerin (3422 m.) und Großes Wiesbachhorn (3564 m.) zu bewundern - Hochalpines, aber zugleich moderates Terrain]
[Bild: Atemberaubende Aussicht beim Anstieg zum Mittleren Bärenkopf über das Westliche Bärenkopfkees zum Stausee Mooserboden. Deutlich ist die gewaltige Staumauer mit dem dahinter liegenden Stausee Wasserfallboden zu erkennen, während links das elegante Kitzsteinhorn (3203 m.) keck in den (zunehmend wolkiger werdenden) Himmel ragt]
[Bild: Am Nordgipfel des Mittleren Bärenkopfes (3358 m.) angekommen, zeigt sich erstmals die (für Ostalpenverhältnisse) schier endlose Eismasse des Pasterzenbodens in ihrer ganzen Pracht. Mittig im Hintergrund ist mit dem Johannisberg (3453 m.) eines der beliebtesten klassischen Hochtourenziele der Glocknergruppe erkennbar. Rechts präsentiert sich dagegen die (von hier relativ unscheinbare) Hohe Riffl (3338 m.) als eines der Nährgebiete dieser (noch) gewaltigen Eisfläche]
[Bild: Hocheiser (3206 m.) und Kitzsteinhorn (3203 m.) vom Nordgipfel des Mittleren Bärenkopfes (3358 m.) aus gesehen. Im Gegensatz zum Kitzsteinhorn, welches durch eine ab Kaprun verkehrende Seilbahn touristisch intensiv erschlossen ist, muss man sich den Hocheiser (ab dem Stausee Mooserboden) selbst erarbeiten. Entsprechend ruhiger geht es an diesem stolzen 3000er zu, zumal das östlich direkt gegenüber aufragende Große Wiesbachhorn den Großteil der Bergsteiger magisch anzieht. Speziell im Winter stellt der Hocheiser dagegen (z. B. ab Rudolfshütte) ein spannendes Skitourenziel dar, für das allerdings sehr sichere Lawinenverhältnisse herrschen müssen]
[Bild: Nach einer nur kurzen Pause auf dem Nordgipfel machen wir uns schließlich auf zum 1 Meter höheren Südgipfel des Mittleren Bärenkopfes (3359 m.) - Von dem links erkennbaren de facto Hauptgipfel hoffen wir nämlich eine noch etwas bessere Aussicht über den Pasterzenboden zu haben. Und auch der fantastische Großglockner (3798 m.) wird uns von dort aus noch etwas näher sein. Der Übergang ist technisch unschwierig und in wenigen Minuten geschafft, wobei wir uns bei der kurzen Firnpassage (links) zumindest kurzzeitig etwas konzentrieren müssen, da es linkerhand steil zum Nördlichen Bockkarkees hinabgeht]
[Bild: Vom Mittleren Bärenkopf (3359 m.) aus zeigt sich (fast) das gesamte Ausmaß der schroffen Gratüberschreitung von der Hohen Dock (3348 m.) her. Technisch nicht allzu schwierig, richtet sich die Tour dennoch nur an absolut trittsichere, schwindelfreie und alpin erfahrene Bergsteigerinnen und Bergsteiger! Bei einem Wettersturz gibt es keine gletscherfreien Notabstiege. Entsprechend defensiv und zügig sollte man bei unsicherer Wetterlage unterwegs sein]
[Bild: Unterwegs auf dem Gipfelgrat des Mittleren Bärenkopfes (3359 m.) - Diesen wirklich grandiosen Aussichtspunkt kann man am schnellsten und einfachsten von der Kaiser-Franz-Josefs-Höhe (via Oberwalderhütte) erreichen. Die nur sehr kurze Gletscherpassage westlich der Bockkarscharte (und südlich des Eiswandbichl) ist meist harmlos, praktisch spaltenlos und dürfte in wenigen Jahren sogar ganz verschwunden sein. Mangels allzu kritischer Passagen bleibt also umso mehr Zeit, Großglockner (3798 m.) und Pasterzenboden zu bewundern]
[Bild: Ausblick vom Mittleren Bärenkopf (3359 m.) über den Pasterzenboden. Im Hintergrund präsentieren sich (von links nach rechts) die höchsten Berge bzw. Gipfel der Glocknergruppe: Großglockner (3798 m.), Glocknerhorn (3680 m.), Teufelshorn (3677 m.), Glocknerwand (3721 m.), Teufelskamp (3511 m.), Romariswandkopf (3511 m.), Schneewinkelkopf (3476 m.) und Johannisberg (3453 m.) - Nur in den Ötztaler Alpen ragen die österreichischen Zentralalpen in vergleichbare Höhen, was sich auch in der (noch) gewaltigen Ausdehnung des (Oberen) Pasterzenbodens ausdrückt]
[Bild: Faszinierender Ausblick vom Mittleren Bärenkopf (3359 m.) über den Pasterzenboden. Während man den (in der Bildmitte ersichtlichen) Vorderen Bärenkopf (3249 m.) wohl mittlerweile weitgehend gletscherfrei besteigen kann, bleiben Johannisberg (3453 m.) und Hohe Riffl (3338 m.) klassische, moderate Hochtourenziele von der Oberwalderhütte (bzw. alternativ der Rudolfshütte) aus]
[Bild: Beim Abstieg vom Mittleren Bärenkopf zur Oberwalderhütte begleitet uns rechterhand das vermeintlich endlose Gletschermeer des (Oberen) Pasterzenbodens. Bei dem (dann doch) vergleichsweise guten Wetter heute sind wieder zahlreiche Seilschaften auf dem Gletscher unterwegs. Fast alle haben bzw. hatten entweder den Johannisberg, die Hohe Riffl oder die Rudolfshütte als Ziel. Alternativ bieten sich die äußerst unkompliziert und schnell erreichbaren Spaltenzonen des Pasterzenbodens auch ideal für Spaltenbergungsübungen an]
[Bild: Der imposante Großglockner (3798 m.) dominiert beim Abstieg vom Mittleren Bärenkopf (3359 m.) zur Oberwalderhütte (2973 m.) die Szenerie. Während wir dem angenehm sanft abfallenden Südkamm des Bärenkopfes entspannt Richtung Hütte folgen, lassen wir den Blick über die einschüchternden Nordabstürze des höchsten Berges von Österreich schweifen. Wer genau hinschaut, kann auf dem von der Glocknerwand talwärts führenden Felskamm eventuell das Glockner-Biwak (3205 m.) ausmachen]
[Bild: Ausblick von der Oberwalderhütte über den zwischen Hohem und Mittlerem Burgstall (links) gelegenen Seitenarm der Pasterze in Richtung Johannisberg (3453 m.) - Noch vor Mittag haben wir es zu unserem heutigen Tagesziel geschafft, ein Gewitter wird uns heute also definitiv nicht mehr erwischen. Und so wird uns ungewohnt viel Zeit bleiben, um die Hüttenumgebung zu erkunden, die Sonne zu genießen und Fotos von den prächtigen Gletscherwelten um uns herum zu machen. Auch mal eine ganz angenehme Vorstellung!]
[Bild: Der (noch) von Pasterze, Hufeisenbruch und Pasterzenboden eingerahmte Mittlere Burgstall (2933 m.) dürfte wohl zu den exklusivsten Aussichtspunkten im Umkreis zählen. Fast so hoch wie die Zugspitze oder der Hochkönig, ist er im Angesicht des alles dominierenden Großglockners (3798 m.) doch nur ein unbedeutender Zwerg]
[Bild: Mit ca. 105 Schlafplätzen (zzgl. Winterraum und Notlagern) und einer wahrlich spektakulären Lage ausgestattet bzw. gesegnet, gehört die traditionsreiche, urige Oberwalderhütte (2973 m.) zu den wichtigsten Schutzhütten der Glocknergruppe und der Hohen Tauern. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts stellt sie, oberhalb der majestätischen Pasterze gelegen, ein wichtiges Refugium für Hochtouristen dar, die die zentralen 3000er Glocknergruppe besteigen wollen. Nachdem die Oberwalderhütte noch vor einigen Jahren (von der Kaiser-Franz-Josefs-Höhe aus) nur über das spaltenreiche Südliche Bockkarkees erreichbar war, ist der Gletscher mittlerweile so weit abgeschmolzen, dass keine Hochtourenausrüstung mehr notwendig ist. Die (Stand 2024) kurze Gletscherpassage, die es nur mehr zu bewältigen gilt, ist harmlos und dürfte sehr bald auch komplett abgeschmolzen sein. Es ist daher anzunehmen, dass sich das Publikum der Oberwalderhütte (klimawandelbedingt) zunehmend wandeln wird. Zwar werden auch noch in den kommenden Jahrzehnten Hochtouristen von der Hütte aus in Richtung Johannisberg und Hohe Riffl aufbrechen (dafür ist der Pasterzenboden dann doch zu massereich), allerdings wird die Hütte wohl auch immer mehr für „normale“ Bergsteiger und Wanderer attraktiv werden, stellt z. B. der Mittlere Bärenkopf doch ein hochgradig attraktives (und zugleich sehr leicht erreichbares) 3000er-Tourenziel dar]
[Bild: Großglockner (3798 m.) im Zoom von der Oberwalderhütte (2973 m.) aus gesehen. Deutlich ist die markante, vom zerklüfteten Glocknerkees zur Oberen Glocknerscharte führende Pallavicinirinne (Fels bis III und Eis 55-60° Grad) zu erkennen. Aufgrund von exzessivem Steinschlag wird die Rinne im Hochsommer bzw. bei starker Ausaperung kaum mehr begangen, die meisten Alpinisten durchsteigen diese legendäre Führe heutzutage (wenn) eher im Frühjahr, wenn noch genug (aber nicht zu viel!) Schnee in der Rinne liegt. Schon der Zustieg zum Ausgangspunkt (Glockner-Biwak) ist allerdings bereits ein Abenteuer für sich, das sich nur sehr (!) fähige Alpinisten vornehmen sollten]
[Bild: Johannisberg (3453 m.) im Zoom von der Oberwalderhütte aus gesehen. Zahlreiche Anstiege (unterschiedlicher Steilheit und Schwierigkeit) führen via Pasterzenboden auf diesen beliebten 3000er, wodurch er auch für Anfänger bzw. Hochtouren-Novizen ein realistisches und sehr lohnendes Ziel darstellt. Wer sich bei stabilem, klarem Wetter im warmen Morgenlicht von der Oberwalderhütte aus auf den Weg in Richtung Obere Ödenwinkelscharte macht, den Johannisberg als Ziel, ist wahrlich zu beneiden]
[Bild: Östlich der Oberwalderhütte ragt, vom Hohen Burgstall durch das Südliche Bockkarkees abgetrennt, die formschöne Felspyramide des Fuscherkarkopfes (3331 m.) in den Himmel. Der links im Profil ersichtliche, steile Nordwestgrat (II/II+) stellt ein sehr lohnendes Tourenziel ab der Oberwalderhütte dar, zumal bei erfolgreicher Besteigung über den relativ einfachen Südwestgrat (Normalweg) abgestiegen und anschließend die Kaiser-Franz-Josefs-Höhe angesteuert werden kann]
[Bild: Trotz massiv abgeschmolzener Gletscher gehört die wilde Umgebung der Oberwalderhütte nach wie vor zum Imposantesten, was die Ostalpen zu bieten haben. Speziell Großglockner (3798 m.) und Glocknerwand (3721 m.) müssen sich (nicht nur aufgrund ihrer enormen Höhe) auch vor den großen Bergen bzw. Hörnern der Westalpen nicht verstecken]
[Bild: Tiefblick von der Oberwalderhütte zum Südlichen Bockkarkees. Dieser Gletscher stellt (in Verbindung mit der Bockkarscharte und dem dahinter liegenden Nördlichen Bockkarkees) die schnellste Möglichkeit dar, um von hier zur Schwarzenberghütte (und ggf. weiter nach Ferleiten) zu gelangen. Auch beim regelmäßig durchgeführten Übergang zum Heinrich-Schwaiger-Haus via Keilscharte spielt der Gletscher eine wichtige Rolle. Östlich wird das Südliche Bockkarkees indes vom unscheinbaren Breitkopf (3154 m.) flankiert, welcher in der Regel links liegen gelassen wird]
[Bild: Wohl nur wenige Berge im Umkreis bieten eine so spektakuläre Vis-à-vis-Aussichtsloge auf den Großglockner wie der elegante Fuscherkarkopf (3331 m.) - Eines Tages werde ich mir diesen stolzen 3000er definitiv vornehmen und nachprüfen, ob die Vorschusslorbeeren gerechtfertigt sind. Interessant (bzw. eher traurig) wird anzusehen sein, wie viel weiter das Südliche Bockkarkees dann abgeschmolzen sein wird. Schon heutzutage ist der Zugang zur Fuscherkarscharte (links im Bild) deutlich komplizierter, da das Abschmelzen des Südlichen Bockkarkees immer mehr unangenehmes Platten- und Schiefergelände hervorbringt, das z. T. aufwendig versichert werden muss]
[Bild: Morgenstimmung bei der Oberwalderhütte - Solche erhabenen Momente beantworten im Grunde automatisch die Frage, warum Menschen in die Berge gehen. Großglockner (3798 m.), Glocknerwand (3721 m.) und Pasterze im Morgenlicht sind wohl der absolute Inbegriff landschaftlicher Ästhetik]
[Bild: Noch ist keine Seilschaft auf dem majestätischen Pasterzenboden unterwegs, doch schon bald werden wieder zahlreiche motivierte Hochtouristen gen Johannisberg (3453 m.) pilgern. Hoffentlich haben sie die (ab dem späten Vormittag vorhandene) akute Unwettergefahr des heutigen Tages im Hinterkopf. Der gar ruhige Eindruck so kurz nach Sonnenaufgang täuscht nämlich potentiell! Da es für uns heute nach dem Frühstück allerdings nur mehr bergab zur Kaiser-Franz-Josefs-Höhe geht, sind wir tiefenentspannt und können so das Naturschauspiel in aller Ruhe genießen]
[Bild: Der Großglockner (3798 m.) im dezent-rötlichen Morgenlicht. Aufgrund der ziemlich unsicheren Wetterprognose haben sich bereits zahlreiche Seilschaften von der hochgelegenen Erzherzog-Johann-Hütte (3454 m.) frühzeitig auf den Weg zum Gipfel gemacht, in der Hoffnung, das höchstgelegene Gipfelkreuz Österreichs noch vor der Bildung von Quellwolken zu erreichen. Wer sich dagegen von einem tiefergelegenen Ausgangspunkt wie der Stüdlhütte oder der Salmhütte aus auf den Weg machen muss, wird heute wohl leider schlechte Karten haben]
[Bild: Ausblick von der Oberwalderhütte (2973 m.) zum Großglockner um kurz nach 6 Uhr morgens. Dass der höchste Berg Österreichs auch heute wieder zahlreichen Besuch erhalten wird, ist klar. Ob dagegen all die Trabanten zwischen ihm und dem Johannisberg heute einen Menschen sehen werden, darf (nicht zuletzt aufgrund der Gewittergefahr) massiv bezweifelt werden. Bei schlechtem Wetter sind entlegene Gipfel wie die Glocknerwand (3721 m.) nämlich ein Ort zum Fürchten!]
[Bild: Dass der Großglockner (3798 m.) so hoch aufragt, hat er seiner besonderen geologischen Zusammensetzung zu verdanken. Eine besonders widerstandsfähige Kombination aus Prasinit (früher Grünstein genannt) und Chloritschiefer bildet den schroffen Gipfelaufbau und verhindert (im Gegensatz zu so mancher Glimmerschiefer-Ruine in der Umgebung) die allzu rasche Abtragung. Wer genau hinschaut, kann die unterschiedlichen Gesteine, die den Berg (oberhalb des Glocknerkees) bänderartig durchziehen, erkennen]
[Bild: Großglockner (3798 m.) im Zoom von der Oberwalderhütte - Nachdem wir uns ausgiebig am höchsten Berg Österreichs sattgesehen haben, machen wir uns schließlich am frühen Vormittag an den Abstieg zur Kaiser-Franz-Josefs-Höhe. Unseren ursprünglichen Plan, von dort noch via Untere Pfandlscharte bis zum Ausgangspunkt (Ferleiten) zurück zu wandern, haben wir angesichts der Gewittergefahr verworfen. Wir spekulieren darauf, dass uns jemand ab der KFJH mitnehmen wird]
[Bild: Rückblick vom Südlichen Bockkarkees zum Hohen Burgstall, auf dem sich die Oberwalderhütte befindet. Um von der Hütte auf den Gamsgrubenweg (Verbindungsweg zur Kaiser-Franz-Josefs-Höhe) zu gelangen, muss man vom Burgstall eine etwa 200 Meter hohe Felsstufe (Kraxelei bis I und Drahtseile A/B) absteigen. Anschließend wird das völlig harmlose südliche Ende des Gletschers gequert, wobei Hochtourenausrüstung hier absolut nicht notwendig ist. In wenigen Jahren dürfte der An- bzw. Abstieg zur/von (der) Oberwalderhütte komplett gletscherfrei sein]
[Bild: Auf dem Weg zur Kaiser-Franz-Josefs-Höhe - Der Gamsgrubenweg führt dabei primär über die Südwestflanken von Fuscherkarkopf, Freiwandkasten und Freiwandgrat hinweg, wobei das Ganze ab einem bestimmten Punkt (aufgrund des fahrbahnartig ausgebauten Weges) in erster Linie ein entspanntes Schaulaufen hoch über der Pasterze ist. Interessanterweise gibt es in diesem Gebiet (annähernd) zahme Murmeltiere, welche sich von den zahlreichen Wanderern (aufgrund entsprechender Gewöhnung) nicht stören (und z. T. sogar füttern) lassen. Wie man das findet, ist jedem selbst überlassen]
[Bild: Während wir zügigen Schrittes der Kaiser-Franz-Josefs-Höhe entgegenschreiten, werden die Wolken über dem Großglockner (3798 m.) immer dichter und dunkler. Es ist absehbar, dass es innerhalb der nächsten 1-2 Stunden zu einem Wetterumschwung kommen wird. Hoffentlich sind die meisten Bergsteiger mittlerweile wieder vom Gipfelgrat herunter]
[Bild: Kurz vor der Kaiser-Franz-Josefs-Höhe fällt der Blick noch einmal in die Tiefe und zu den traurigen Resten der einst stolzen Pasterze. Auch wenn es sich immer noch um einen (für Ostalpenverhältnisse) gewaltigen Gletscher handelt, ist es doch kein Vergleich zur Mitte des 19. Jahrhunderts, als man von hier noch praktisch ohne großen Höhenverlust zum Glocknermassiv herüberqueren konnte. Es ist kaum vorstellbar, dass noch vor einigen Jahrzehnten einer der Normalanstiege zum Großglockner über die Pasterze und das Hofmannkees (der steile Gletscher schräg links vom Glockner) führte. Diese Route wird heutzutage aufgrund der Ausaperung in der Regel weiträumig gemieden. Indes schaffen wir es schließlich problemlos zur KFJH und werden dort sogar direkt von einem supernetten tschechischen Bergführer bis nach Ferleiten mitgenommen. Unser dreitägiges Bergabenteuer in der Glocknergruppe ist fast perfekt verlaufen, nur die Besteigung der Klockerin war (aus taktischen Überlegungen) diesmal nicht drin. Doch das ist Meckern auf hohem Niveau. Es war schön, nach langen 6 Jahren endlich wieder in der grandiosen Glocknergruppe unterwegs zu sein und ich bin mir sicher, dass es bis zur nächsten Tour in dieser höchsten Gebirgsgruppe Österreichs nicht wieder so lange dauern wird...]
Dremelspitze (2733 m.)
20. Juli 2024
[Bild: Schon früh ist die gewaltige Dremelspitze (2733 m.) beim Anmarsch von Boden (Gemeinde Pfafflar) durch den Angerleboden zu erkennen. Das erste Etappenziel ist zunächst die markant auf einem Sporn oberhalb des Talbodens gelegene Hanauer Hütte (1922 m.) - Wer genau hinschaut, kann die Hütte bereits erkennen]
[Bild: Dremelspitze (2733 m.) von Nordosten von der Parzinnalpe aus gesehen - Einem „mittelalterlichen Dom“ gleich (Zitat: Dieter Seibert, Alpenvereinsführer Lechtaler Alpen), dominiert die (an die großen Berge der Dolomiten erinnernde) Dremelspitze die zentrale Parzinngruppe, an Höhe nur von der Großen Schlenkerspitze übertroffen. Wer diesen stolzen Lechtaler angehen will, muss die (rechts im Bild erkennbare) Westliche Dremelscharte (2434 m.) ansteuern. Sie ist der Ausgangspunkt für die Normalroute und zugleich auch eine der zahlreichen Übergangsmöglichkeiten zur Steinseehütte]
[Bild: Von der Hanauer Hütte aus folge ich einem angenehm zu begehenden Steig durch die herrlich grünen Matten der Parzinnalpe in südliche Richtung, Dremelspitze (2733 m.) und Schneekarlespitze (2641 m.) dabei stets vor Augen. Es ist faszinierend, in einem Gebiet der Nördlichen Kalkalpen unterwegs zu sein, in dem praktisch keiner der Gipfel leicht „zu haben“ ist. Jeder Berg, ob nun Dremelspitze oder Parzinnspitze, Schlenkerspitze oder Bergwerkskopf, will hart erarbeitet (also in der Regel inkl. Kletterei bis max. III) werden]
[Bild: Die Dremelspitze (2733 m.) besteht wie fast alle Gipfel der Parzinngruppe aus Hauptdolomit und erscheint von Norden wie der Inbegriff einer wildgezackten Felspyramide. Dass der Eindruck jedoch aufgrund der fehlenden Tiefeninformation täuscht und das Massiv stattdessen aus einem wilden Mix aus Schluchten, Felstürmen, Pfeilern, Rippen, Graten und Rinnen besteht, wird bei zunehmender Annäherung immer klarer]
[Bild: Die Große Schlenkerspitze (2827 m.) ist die unangefochtene Königin der östlichen Lechtaler Alpen und der Hauptgipfel der Parzinngruppe. Die leichteste Möglichkeit, diesem gewaltigen Felsmassiv aufs zerklüftete Haupt zu steigen, ist die Route vom Galtseitejoch über den Nordgrat (Stelle II+, sonst I-II) - Alternativ kann man sich dem Gipfelaufbau wohl auch via Brunnkarjöchl nähern. Alle anderen Routen (z. B. der Westanstieg zum Hauptgipfel oder die NW-Flanke) haben nur mehr historischen Wert. Das Gestein ist überwiegend bröselig und praktisch alle Felsbänder, Rinnen und Schluchten sind mit Geröll und Schutt bedeckt. Hier hält man sich besser an den „Normalweg“ via Galtseitejoch, wenn einem sein Leben lieb ist]
[Bild: Alpenvereinsführer-Ikone Dieter Seibert beschreibt die Dremelspitze als einen „der schönsten Felsberge der Nördlichen Kalkalpen“. Angesichts der wilden Zerrissenheit des Berges, die ich so nördlich von Inn und Salzach bisher nur rund um das Wimbachtal sowie (teilweise) in der Hornbachkette (Allgäuer Alpen) erlebt habe, eine Aussage, die ich durchaus unterschreiben würde]
[Bild: Blick beim Aufstieg zur Westlichen Dremelscharte zurück zur Parzinnalpe. Links ragt stolz der Namensgeber der regionalen Untergruppe, die Parzinnspitze (2613 m.) in den Himmel. Mittig im Hintergrund grüßt indes die mächtige Kogelseespitze (2647 m.) herüber, welche via Südostrücken vergleichsweise einfach (ohne Kletterei!) bestiegen werden kann. Man könnte sich leicht eine Woche in der Hanauer Hütte einquartieren und jeden Tag eine andere großzügige Tour gehen]
[Bild: Beim Aufstieg von der Hanauer Hütte zur Westlichen Dremelscharte müssen (im oberen Abschnitt) einige steile Geröllflanken bewältigt werden. Zudem erschweren häufig bis weit in den Juli hinein Altschneefelder das Vorankommen. Auch wer „nur“ den Übergang zur Steinseehütte vorhat, sollte in jedem Fall über Trittsicherheit und (je nach Verhältnissen) Leichtsteigeisen (Grödel) verfügen]
[Bild: Beim Aufstieg von der Westlichen Dremelscharte (Ausgangspunkt) zur Dremelspitze - Die Route ist durchgehend (und sehr gut) markiert, allerdings sollte dies nicht über den anhaltend hohen technisch-psychischen Anspruch hinwegtäuschen. Absturzgelände ist fast durchweg gegeben, ebenso wie Kraxelei im Schwierigkeitsgrad I-II. Viele ausgesetzte Stellen im Schwierigkeitsgrad II erfordern sehr sicheres Klettern (im Auf- und Abstieg!) - An mehreren Stellen wird zudem der Schwierigkeitsgrad II+ erreicht. All das in Verbindung mit sehr steilen, bröseligen und abweisenden Schrofen, in denen man extrem auf Steinschlag achten muss, ergibt eine sehr ernste Tour, der man gewachsen sein muss. Tipp: Wer bereits in der ersten kaminartigen Rinne (II-) und/oder dem anschließenden senkrechten Steilaufschwung (II) Probleme hat, sollte hier definitiv umkehren. Es wird nämlich nicht leichter]
[Bild: Atemberaubende Felsszenerie beim Aufstieg zur Dremelspitze! Wer sich die Schneekarlespitze (2641 m.) vorgenommen hat, sollte sich auf anhaltendes Klettergelände II-III (inkl. sehr steiler, brüchigster Schrofen!) einstellen. Dass man (im Gegensatz zur Dremelspitze) auf keinerlei Markierungen und größere Begehungsspuren bauen sollte, versteht sich von selbst. Die Erstbesteigung dieser gruseligen Felsruine erfolgte erst 1896 (!) - Na, wer traut sich?]
[Bild: Unübersichtliches, wildes Felsgelände beim Aufstieg zur Dremelspitze. Die üppigen Markierungen (ganz unten sind welche erkennbar) reduzieren den orientierungstechnischen Anspruch zwar auf ein Minimum, allerdings bleibt der rein klettertechnische Anspruch (allein schon aufgrund der nicht vorhandenen Seilsicherung) durchgehend hoch. Einen Fehler kann man sich an der Dremelspitze nicht erlauben]
[Bild: Durch ein Labyrinth aus Schluchten, Bändern, Felsrippen, Rinnen und Steilstufen geht es (konsequent steil) in die Höhe, wobei immer wieder sehr ausgesetzte Stellen im Schwierigkeitsgrad II-II+ bewältigt werden müssen. Für die ca. 300 Hm ab Westlicher Dremelscharte (bis Gipfel) sollte man etwa 75-90 Minuten Zeit einplanen. Kurz vor dem Gipfel gilt es schließlich, einer der Schlüsselstellen im Schwierigkeitsgrad II+ zu bewältigen, einen glatten und etwas trittarmen Kamin mit verkeilter Platte als Henkelgriff. Im Aufstieg relativ unkompliziert, ist dies wohl v. a. im Abstieg vergleichsweise unangenehm. Tipp: Wer einigermaßen klein und schmal ist, kann sich (Rucksack vorher abnehmen!) neben dem Kamin durch ein schmales Felsenloch zwängen und so die Kletterstelle umgehen]
[Bild: Ausblick von der Dremelspitze (2733 m.) über die weit entfernt wirkenden grünen Matten der Parzinnalpe zur gleichnamigen Parzinnspitze (2613 m.) und zur etwas behäbigen Kogelseespitze (2647 m.) rechts daneben. Ganz links präsentiert sich stolz die abweisende Schneekarlespitze (2641 m.) mit der Steinkarspitze (2650 m.) unmittelbar dahinter]
[Bild: Tiefblick von der Dremelspitze (2733 m.) in das weite Kar, das beim Übergang von der Hanauer Hütte zur Steinseehütte via Östliche (Vordere) Dremelscharte (2470 m.) durchquert wird. Links (in den Wolken) grüßt die lokale Herrscherin, die Große Schlenkerspitze (2827 m.) herüber, während der kilometerlange Verbindungsgrat zwischen ihr und der Hanauerspitze (2553 m.) ganz rechts als Inbegriff von so gut wie nie betretenem Niemandsland ein absolutes Schattendasein fristet]
[Bild: Der südöstlich gegenüber der Dremelspitze aufragende Bergwerkskopf (2728 m.) zählt zu den schönsten Berggestalten der Lechtaler Alpen. Obwohl er optisch ansprechend und prominent direkt über dem Steinsee aufragt und im Sommer (fast) täglich Heerscharen an Wanderern und Bergsteigern von der Hanauer Hütte zur Steinseehütte (sowie vice versa) unterwegs sind, erhält er nur wenig Besuch. Wer eine Besteigung in Betracht zieht, wird sich mit relativ knackigen Schwierigkeiten (Stellen III-, sonst I-II und viel Bruch) konfrontiert sehen. Jedoch kann man sich im Fall einer erfolgreichen Besteigung eine echte „Trophäe“ ins Tourenbuch schreiben. Für jeden bergsteigerischen Lechtal-Liebhaber eine wahre Traumtour!]
[Bild: Blick von der Dremelspitze (2733 m.) nach Südwesten zum höchsten Berg der gesamten Lechtaler Alpen (links im Hintergrund), zur Parseierspitze (3036 m.) - Das herrlich grüne Hochkar links („Oberes Gebäud“) vermittelt indes den landschaftlich grandiosen Übergang von der Steinseehütte zum Württemberger Haus (und umgekehrt). Die Lechtaler Alpen gehören wohl zu den Gebirgsregionen der Ostalpen, die sich mit am besten für mehrtägige Hüttentouren eignen]
[Bild: Auf dem Gipfel der Dremelspitze (2733 m.) im Herzen der Parzinngruppe in den Lechtaler Alpen - Zu lange war ich nicht mehr in dieser Perle der Nördlichen Kalkalpen (wenn nicht gar der Ostalpen) unterwegs. Nach der heutigen Tour habe ich mir fest vorgenommen, in den kommenden Jahren wieder verstärkt Touren zwischen Arlberg und Plansee zu unternehmen. Die Auswahl an landschaftlich unvergesslichen Bergabenteuern in den Lechtalern ist nämlich schier grenzenlos]
[Bild: Wieder zurück in der Westlichen (Vorderen) Dremelscharte (2434 m.) - Beim Blick zurück zur Dremelspitze (2733 m.) kann man sich kaum vorstellen, dass (unterstützt durch Markierungen, andernfalls müsste man sich aufgrund der extrem verwickelten Route und zwangsläufiger Verhauer wohl auf den Grad III-V einstellen) eine Kletterroute nicht schwieriger als II+ durch dieses Felslabyrinth empor führt. Großes (!) Kompliment an die Erstbesteiger Otto Ampferer und Wilhelm Hammer (der Name war Programm), die 1896 (alpinhistorisch sehr spät für eine Erstbesteigung) erstmals auf der Dremelspitze standen. Das waren damals schon wilde Hunde...]
[Bild: Tiefblick von der Westlichen Dremelscharte (2434 m.) zum Steinsee (2222 m.) mit dem imposanten Bergwerkskopf (2728 m.) schräg links dahinter. Auch wenn ich nur zu gerne von hier zur Steinseehütte absteigen würde (um tagsdarauf zum Beispiel den Bergwerkskopf oder die Parzinnspitze in Angriff zu nehmen), so muss ich doch heute wieder bis ins Tal (Boden) absteigen und nach Hause fahren. Für mich wird es heute also auf dem Aufstiegswerk via Hanauer Hütte wieder retour gehen]
[Bild: Beim Abstieg von der Westlichen Dremelscharte zur Parzinnalpe (rechts). Links präsentiert sich mit der wuchtigen Parzinnspitze (2613 m.) ein weiterer äußerst lohnender Gipfel (einige Stellen II, sonst I), der dem Gebiet sogar seinen Namen gegeben hat. Die Parzinnspitze lässt sich ideal mit der Steinkarspitze (2650 m.) oder auch der (mittig im Hintergrund erkennbaren) Kogelseespitze (2647 m.) kombinieren. Glücklich ist derjenige, der sich (bei gutem Wetter) ein paar Tage rund um Hanauer Hütte und/oder Steinseehütte „austoben“ kann]
[Bild: Beim Abstieg von der Westlichen Dremelscharte zurück zur Hanauer Hütte beeindruckt die Große Schlenkerspitze (2827 m.) in all ihrer abweisenden Imposanz. Auch diesen absoluten Hauptgipfel der östlichen Lechtaler Alpen werde ich eines Tages besteigen, daran besteht für mich kein Zweifel. Technisch auf dem Papier ähnlich schwierig wie die Dremelspitze, dürfte die Schlenkerspitze aufgrund des Fehlens von Markierungen orientierungstechnisch vermutlich deutlich anspruchsvoller sein. Einem am Gipfel der Dremelspitze getroffenen (und alpinistisch unfassbar starken) Bergsteiger zufolge sei die Kletterei an der Dremelspitze indes „tausendmal ernsthafter“. Na ja, es ist wie so häufig wohl auch hier eine Geschmacksfrage...]
[Bild: Ein letzter demütiger Blick zurück zur Dremelspitze (2733 m.), bevor es zielstrebig zurück zur Hanauer Hütte und zu einem großen Spezi (!) geht. Touren wie die heutige geben mir letztlich wohl am ehesten das Gefühl ein „echter“ Bergsteiger zu sein. Ich werde vermutlich niemals ein Kletterer sein, der im Grad V und aufwärts überhängende Wände durchsteigt, aber das ist ok. Solange ich in der Lage bin, bis zum Grad IV (im Aufstieg) und III (im Abstieg) sicher zu klettern, bin ich potentiell in der Lage 99 % der für mich interessanten Gipfel zu besteigen]
[Bild: Kurz bevor ich den Parkplatz in Boden (Gemeinde Pfafflar) erreiche, schickt die Dremelspitze (2733 m.) noch mal einen letzten Abschiedsgruß herüber. Das war eine sehr coole (aber für mich auch brettharte) Tour! Klettertechnisch war das für mich heute im Abstieg (ungesichert) zwar noch nicht das Maximum, aber doch fast. Da das Gelände an der Dremelspitze für eine Seilsicherung eher nicht geeignet ist (Steinschlag!), sollte hier jeder sehr sicher und souverän klettern können. Über in Summe ca. 2,5-3 Stunden (Auf- und Abstieg ab Westlicher Dremelscharte) muss hier jeder Griff und Tritt sitzen. „Kopfscheu“ zu werden, sollte man zwingend vermeiden. Und dass man die Tour KEINESFALLS bei schlechtem Wetter oder suboptimalen Verhältnissen (nasser Fels etc.) unternehmen sollte, versteht sich selbst. Ansonsten gilt: Wer einen wilden, ungemein formschönen Lechtaler Riesen besteigen und sich dabei wie ein Kletterer fühlen will, wird an der Dremelspitze seine schiere Freude haben]
Hochgall (3436 m.) - Nordwestgrat
14-15. Juli 2024
[Bild: Ausblick zur Durreckgruppe beim Aufstieg von Rein in Taufers zur Kasseler Hütte (Rifugio Roma). Links präsentiert sich stolz der namensgebende Hauptgipfel der schroffen Gebirgskette, das Durreck (3135 m.) - Der leichteste Anstieg auf diesen imposanten, im Italienischen „Cima Dura“ genannten Gipfel verläuft über den Südostrücken (II) und erfordert aufgrund des brüchigen Gesteins und der relativen Abgelegenheit viel alpine Erfahrung]
[Bild: Hochgall (3436 m.) von der Kasseler Hütte (2276 m.) aus gesehen - Auch wenn lediglich etwas weniger als 1200 Hm zwischen Hütte und Gipfelkreuz liegen, so scheint die höchste Spitze der Rieserfernergruppe doch unendlich weit weg. Den im Italienischen „Monte Collalto“ oder einfach nur „Collalto“ genannten Hochgall umgibt seit jeher eine besondere Aura und beim Anblick seiner einschüchternd steilen Grate und Flanken kann man sich kaum vorstellen, dass sich auch der versierte Normalbergsteiger diesem alpinistischen Traumziel (mit der entsprechenden Demut) nähern kann]
[Bild: Der Hochgall (3436 m.) zieht unweigerlich (fast) alle Blicke von der Kasseler Hütte auf sich. Auch wenn sich meist nur eine kleine Minderheit der Übernachtungsgäste diesen Koloss von Berg als Ziel vornimmt und sich die meisten Wanderer bzw. Bergsteiger stattdessen einfacheren (aber genauso lohnenden!) Touren wie dem Schneebiger Nock, dem Lenkstein oder dem Arthur-Hartdegen-Weg zuwenden, so kann sich doch keiner der fast schon hypnotischen Anziehungskraft des Collalto entziehen]
[Bild: Rein in Taufers (Italienisch: Riva di Tures) ist der Inbegriff eines von Bergen eingeschlossenen Bergdorfes! Durreckgruppe und Rieserfernergruppe tragen entscheidend zum spektakulären Ambiente der hochgelegenen, nur über eine steile Straße ab Sand in Taufers erreichbaren Südtiroler Ortschaft bei]
[Bild: Das Umfeld der Kasseler Hütte (2276 m.) mit dem Hochgall (3436 m.) als absolutem Blickfang lässt erahnen, warum die kleine Rieserfernergruppe, „eingequetscht“ zwischen Zillertaler Alpen, Venedigergruppe und Dolomiten, zu den absoluten Perlen der Ostalpen gehört... Wie gut, dass die Region in Form des Naturpark Rieserferner-Ahrn über einen einigermaßen soliden Schutzstatus verfügt]
[Bild: Hochgall (3436 m.) im Zoom von der Kasseler Hütte - Deutlich hebt sich in der Bildmitte das (von hier leicht pyramidenartig wirkende) Graue Nöckl (3084 m.) ab. Dieser unscheinbare Nebengipfel bildet den Beginn des imposanten Nordwestgrates, über den die klassische Normalroute (II+/II und B/K2) verläuft, welche in der alpinen Literatur mit PD+ bis AD- bewertet wird. Alle anderen Anstiege sind (zum Teil deutlich) schwieriger und auch objektiv gefährlicher]
[Bild: Der Hochgall (althochdeutsch für der „hohe glänzende Berg“) besteht aus erosionsbeständigem, gneisartigem Tonalit, was ihm seine enorme Höhe und Steilheit verleiht. Der Inbegriff von Steilheit war früher auch die Eisklettertour durch die Nordwand (hier im Bild), bis sie schließlich im Zuge von allgemeiner Ausaperung und dem Abschmelzen der Gletscher (vorsichtig ausgedrückt) unpopulär wurde. Heutzutage wird die Nordwand in der Regel weiträumig gemieden]
[Bild: Abendstimmung bei der Kasseler Hütte (2276 m.) inmitten der herrlichen Rieserfernergruppe - Wer weiß, welche heimlichen Boulder-Juwelen sich rund um Hochgall und Schneebiger Nock verstecken...?]
[Bild: Abendstimmung bei der Kasseler Hütte (2276 m.) mit Blick zum grandiosen Hochgall (3436 m.) - Ein wenig nervös bin ich schon, als ich mich (aufgrund eines geplanten frühen Aufbruchs morgen) vergleichsweise früh schlafen lege. Eine (von den bergsteigerischen Gesamtanforderungen her) so anspruchsvolle Tour habe ich alleine schon seit längerer Zeit nicht mehr absolviert. Ich bin gespannt, wie sich die Kletterei am steilen Nordwestgrat und die Routenfindung gestalten werden und hoffe, dass auch das Wetter einigermaßen mitspielen wird. Die entsprechende Vorhersage ist zwar grundsätzlich gut, aber schauerartige Unwetter ab dem mittleren bis späten Nachmittag sind in den westlichen Ostalpen zumindest nicht gänzlich ausgeschlossen. Das sollte mich zeitlich-räumlich zwar vermutlich nicht tangieren, aber ich habe es in jedem Fall trotzdem im Hinterkopf. Mit das Schlimmste, was einem am (teilweise drahtseilversicherten) Hochgall Nordwestgrat nämlich passieren kann, ist ein Wettersturz. Es gibt keinerlei Notabstiege und bei nassem oder gar vereistem Fels ist man dort schnell in einer lebensgefährlichen Mausefalle... Hoffen wir mal nicht, dass es soweit kommt]
[Bild: Auf dem Weg zum Hochgall Nordwestgrat. Es gilt zunächst, dem Arthur-Hartdegen-Weg ein kurzes Stück (ca. 20 Minuten Gehzeit) bis zu einem markanten Bachlauf zu folgen. Dort angekommen, zweigt rechterhand der Zustieg zum Grauen Nöckl ab (nicht beschildert oder markiert!) - Im Folgenden geht es sanft ansteigend über grüne Matten, Gletscherschliffe und Blockwerk in südöstliche Richung bergauf, den markanten Wildgall dabei stets vor Augen]
[Bild: Herrliche Hochgebirgswildnis im Herzen der Rieserfernergruppe - Auch wer nicht eine Besteigung von Hochgall (oder gar Wildgall!) ins Auge gefasst hat, wird an einer Erkundung des weitläufigen Hochkares zwischen Hochgall und Magerstein seine schiere Freude haben. Da der Übergang von der Kasseler Hütte nach Antholz (via Antholzer Scharte) ein paar hundert Hm Luftlinie weiter westlich verläuft, ist man hier (abgesehen von allfälligen Hochgall-Aspirantinnen) in der Regel ganz alleine für sich]
[Bild: Mit zunehmender Höhe wird (im Angesicht von Hochgall und Wildgall) das Terrain immer rauer, felsiger und alpiner. Links erkennt man das (von hier markante) Graue Nöckl (3084 m.) und damit den Beginn des Hochgall Nordwestgrates. Es gilt nun, linkerhand über mäßig steiles Blockwerk, Platten und Geröll den Westgrat des Grauen Nöckl anzuvisieren. Es gibt zwar regelmäßig Stoamandl und Begehungsspuren, ein gewisses Gespür für den Aufstieg des „geringsten Widerstandes“ (um Energie zu sparen) ist aber sehr hilfreich. Mit zunehmer Höhe wird der Westgrat zum Grauen Nöckl immer steiler und technisch anspruchsvoller. Im oberen Teil müssen dabei einige ausgesetzte Stellen im Schwierigkeitsgrad I-II (wer nicht die optimalste Linie findet, sollte sich auf einen glatten IIer einstellen) bewältigt werden. Teilweise wird der Grat direkt überklettert, teilweise muss in die brüchigen Flanken ausgewichen werden. Häufig handelt es sich um absolute No-Fall-Zone und damit gewissermaßen um einen ersten Test: Wer sich nämlich schon beim Aufstieg zum Grauen Nöckl plagt und ernsthaft schwertut, der sollte es mit dem eigentlichen Hochgall Nordwestgrat vielleicht doch besser sein lassen]
[Bild: Magerstein (3273 m.) und Schneebiger Nock (3358 m.) von Nordosten vom Aufstieg zum Grauen Nöckl. Bei beiden Gipfeln handelt es sich um klassische, technisch mäßig schwierige Hochtourenziele, die sowohl von der Kasseler Hütte aus als auch von Süden via Rieserfernerhütte häufig und gerne angegangen werden. Wer die beiden Gipfel gar zu einer großzügigen Kombi-Tour verbindet und das gesamte Bergmassiv U-förmig überschreitet, hat sich eine der wahrscheinlich schönsten Hochtouren in der weiten Umgebung ausgesucht. Indes dürften die Zeiten des rasant schrumpfenden Westlichen Rieserferners in wenigen Jahrzehnten gezählt sein]
[Bild: Auch wenn der Hochgall (3436 m.) der uneingeschränkte Herrscher der Rieserfernergruppe ist, so wird er in Punkto Wildheit (nomen est omen), Schwierigkeit und Exklusivität vom angrenzenden Wildgall (3273 m.) doch klar geschlagen. Um diesen abweisenden Zacken in sein Tourenbuch schreiben zu können, sollte man sich eine lange, in brüchigem Fels verlaufende Kletterroute im Schwierigkeitsgrad III. zutrauen, die noch dazu objektiv gesehen nicht ungefährlich (Steinschlag!) ist. Oft wird der Wildgall nicht „gemacht“ und das hat seine Gründe...]
[Bild: Ein Anblick, bei dem man erst einmal unweigerlich den Atem anhält: Ausblick vom Grauen Nöckl (3084 m.) über den unteren und mittleren Abschnitt des Hochgall Nordwestgrates - Leider ist der Gipfel mittlerweile von Quellwolken eingehüllt worden, doch vielleicht heben sie sich ja noch in den kommenden Stunden. Nun heißt es jedoch erst einmal, sich nicht vom düsteren Ambiente einschüchtern bzw. entmutigen zu lassen und sich (nach einer kurzen Pause) unbeirrt an den Aufstieg zu machen]
[Bild: Tiefblick vom Grauen Nöckl (3084 m.) zum entlegenen Hochgall-Ferner (Vedretta di Collalto), der heutzutage nur mehr (sehr) selten Besuch erhält. Auch der langgezogene Grat in der Bildmitte, der das Hochgallmassiv mit dem Riesernock (2937 m.) verbindet, ist felsgewordene Terra Incognita]
[Bild: Wildes, hochalpines Ambiente am Hochgall Nordwestgrat! Wer den höchsten Berg der Rieserfernergruppe besteigen möchte, sollte sich in so einem abweisenden Terrain zumindest nicht unwohl fühlen. Entscheidend für einen Erfolg am Hochgall ist (neben der obligatorischen alpinen Erfahrung, absoluten Trittsicherheit und Schwindelfreiheit) u. a. auch die Fähigkeit, sich sicher, zügig und v. a. seilfrei im Kletterschwierigkeitsgrad II. zu bewegen. Wer am Hochgall Nordwestgrat längere Passagen absichern möchte, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit in arge Zeitnot geraten]
[Bild: Unterwegs im unteren Abschnitt des Hochgall Nordwestgrates - Nachdem rund um das Graue Nöckl zunächst einige sehr ausgesetzte und längere IIer-Passagen (inkl. einer steilen Drahtseilpassage) zu bewältigen waren, geht es anschließend (meist direkt auf dem Grat, teilweise auch in den Flanken) technisch etwas einfacher (I-II) bergauf. Allerdings hat es praktisch keine echte Gehpassage, man ist praktisch durchgehend zumindest am Kraxeln. Wer dem Ganzen allerdings (sowohl von der Schwierigkeit her als auch im Hinblick auf das düstere Setting) gewachsen ist, wird am festen, gutgriffigen Fels seine Freude haben und vergnügt Zug um Zug nach oben klettern. Allerdings sei hier auch noch einmal explizit betont, dass zahlreiche längere IIer-Stellen bewältigt (und dann v. a. auch wieder sicher abgestiegen) werden müssen. Zudem dürfte wohl an kurzen Stellen der Grad II+ erreicht werden (ohne eine exakte Zuordnung vorzunehmen). Exponiertheit ist fast durchgehend gegeben und einen Fehler kann man sich hier praktisch zu keiner Zeit erlauben]
[Bild: Auch wenn der Fels am Hochgall Nordwestgrat meist fest (gneisartiger Tonalit!) und genussvoll zu packen ist, so muss man sich doch stets auf lose Felsblöcke einstellen. Jeder Tritt und Griff will überprüft werden. Gerade jedoch im mittleren (nicht ganz so steilen) Gratabschnitt ist es jedoch v. a. ein (für mich) vergnügtes Kraxeln über eine einmalig schöne Gratschneide hinweg. Nach oben hin steilt der Nordwestgrat dann noch einmal gehörig auf, so dass unterhalb des Vorgipfels zwei längere Drahtseilpassagen (B / K2) bewältigt werden müssen. Ohne diese müsste man hier irgendwo im Bereich IV-/IV klettern, was wohl für mich und die meisten der Hochgall-Aspiranten (analog zu den Fixseilen bzw. Tauen an so manchem 4000er) eine Nummer zu hoch wäre]
[Bild: Geschafft! Auf dem Gipfel des Hochgall (3436 m.) - Was für ein Moment. Auch wenn mir diesmal kein strahlend blauer Himmel vergönnt ist, so ist dieses entrückte Gipfelerlebnis doch irgendwie intensiver, als die meisten anderen in meinem Leben. Das war ein ziemlich hartes Stück Arbeit, auch wenn die eigentliche Kür mit dem langen, langen Abstieg nach Rein in Taufers (inkl. anschließender Heimfahrt) natürlich erst noch bevorsteht. Exakt 4 Stunden und 40 Minuten habe ich ab Kasseler Hütte (inkl. einiger längerer Pausen) gebraucht. Doch das ist in diesem Moment nebensächlich. Beschwingt mache ich es mir neben dem Gipfelkreuz gemütlich, lasse den Blick in die Tiefe schweifen und hoffe, dass sich dann doch noch die eine oder andere Wolke verzieht...]
[Bild: Ausblick vom Hochgall (3436 m.) zur Durreckgruppe und in Richtung Zillertaler Alpen. Weit, weit weg erscheint von hier der Talort Rein im Taufers (ob ich wohl mit einem entsprechend starken Objektiv mein Auto erkennen könnte?) - Faszinierend und einschüchternd zugleich ist dagegen der Ausblick über die Untiefen der Hochgall Nordwand. Immer wieder höre ich Felsblöcke gen Hochgall-Ferner poltern. Es ist kein Wunder, dass kein vernünftiger Mensch mehr im Sommer diese höllisch abweisende Steilflanke durchsteigt]
[Bild: Ausblick vom Hochgall (3436 m.) in Richtung Reichenspitzgruppe und Venedigergruppe. Wie schön es doch wäre, von hier aus (einem Vogel gleich) elegant zu Tal zu schweben (wie viele Bergsteiger wohl schon derlei Gedanken hatten...) - Glücklicherweise hat es rechtzeitig noch einmal etwas aufgerissen, so dass mir dann doch einige spektakuläre Nah- und Tiefblicke in die atemberaubend steile Umgebung des Hochgall vergönnt sind. Immer wieder fällt der Blick hinab zum Hochgall-Ferner und zum wildgezackten Grat, der den Hochgall mit dem Trabanten Riesernock verbindet]
[Bild: Vermeintlich unscheinbar, fast dezent wirkt der Wildgall (3273 m.) vom alles dominierenden Hochgall. Doch dieser Eindruck täuscht! Im Gegensatz zum Hochgall ist am Wildgall nämlich alles naturbelassen. Kein Drahtseil entschärft die (theoretisch) klettertechnischen Schlüsselpassagen. Wer keine lang anhaltenden, steinschlaggefährdeten IIIer klettern (und absichern) und mit durchaus vorhandenem objektivem Risiko nicht leben kann, sollte die Finger von diesem schroffen Vasallen lassen. Spektakulär ist sein Anblick in jedem Fall, ob nun von unten oder eben von ganz oben, vom höchsten Punkt der gesamten Rieserfernergruppe]
[Bild: Ausblick vom Hochgall (3436 m.) zu den benachbarten Ohrenspitzen, über die die Staatsgrenze von Italien und Österreich verläuft. Wer diese vergleichsweise unbekannten 3000er angehen will, dem steht in Form der Barmer Hütte (auf Osttiroler Boden) die ideale Ausgangsbasis zur Verfügung. Und auch für den lohnenden Lenkstein (3236 m.) bietet sich diese Berghütte (gewissermaßen als österreichisches Pendent zur Kasseler Hütte) als gemütlicher Ausgangspunkt an]
[Bild: Tiefblick vom Hochgall (3436 m.) zum Antholzer See, neben dem sich ein großes Biathlon-Stadion (Südtirol Arena bzw. Arena Alto Adige) befindet. Auch wenn die Wolken zum Teil sehr düster und bedrohlich wirken, so gibt es doch keinen Grund in Hektik zu verfallen. Eine Wetterverschlechterung steht glücklicherweise nicht unmittelbar bevor. Nach einer ausgiebigen Gipfelrast mache ich mich schließlich gegen halb 1 an den Abstieg. Über 1900 kräftezehrende Hm (davon ca. 700 Hm durchgehend anspruchsvolles Kletter-Terrain bis unterhalb vom Grauen Nöckl) stehen mir nun bevor. Na denn, es nützt ja nichts - Auf geht's!]
[Bild: Beim (vorsichtigen) Abstieg über den Hochgall Nordwestgrat - Aufgrund des fast durchgehend steilen, anspruchsvollen Geländes ist man beim Abstieg nicht wirklich schneller als noch wenige Stunden zuvor in die andere Richtung. Gedanklich abschalten bzw. in den Autopilotmodus schalten, ist keine Option. Absolute Konzentration und Ernsthaftigkeit sind, zumindest bis zum flachen Karboden (Bereich der markanten Gletscherseen), zwingend erforderlich. Glücklicherweise hat sich auch die Wolkendecke wieder soweit (verlässlich und dauerhaft) gehoben, so dass auch der Schneebige Nock (3358 m.) wieder in seiner ganzen Erhabenheit herüberschauen kann]
[Bild: Rückblick vom mittleren Abschnitt des Hochgall Nordwestgrates zum (Vor-)Gipfel - Das Foto gibt die Steilheit des Geländes ganz gut wieder, auch links und rechts vom Grat lauern gähnende, gar unfreundliche Abgründe. Wahrscheinlich wäre ein Abstieg nach Norden auf den Hochgall-Ferner an manchen Stellen (mit viel Improvisation und alpinistischem Geschick) möglich, allerdings erschien der Gletscher an vielen Stellen (v. a. im Bereich der Schründe) seltsam unterhöhlt und blank. Zudem ist er in weiten Teilen sehr steil sowie gebietsweise von fiesen Querspalten durchzogen. Dass permanenter Steinschlag aus den Flanken droht, versteht sich von selbst. Ein „blinder“ Notabstieg auf den Gletscher ist in keinem (!) Fall zu empfehlen, v. a. nicht, wenn man alleine bzw. ohne vollständige Hochtourenausrüstung unterwegs ist]
[Bild: Wieder beim Grauen Nöckl (3084 m.) angekommen, offenbart sich im Rückblick die ganze Imposanz des Hochgall Nordwestgrates. Irre! Es ist wirklich kaum zu glauben, dass diese wilde Schneid den kombinierten Schwierigkeitsgrad II+/II und B/K2 nicht überschreitet. Was für ein Ritt! Nach dem bewältigten Nordwestgrat steht nun der Abstieg vom Grauen Nöckl bevor, was sich letztlich (wohl auch aufgrund langsam nachlassender Kräfte) länger ziehen wird als gedacht]
[Bild: Atemberaubender Ausblick beim Abstieg vom Grauen Nöckl zum Magerstein (links) und zum Schneebigen Nock. Es ist wirklich erschreckend, wie stark der Westliche Rieserferner in den vergangenen drei Jahrzehnten abgeschmolzen ist. Es wird wohl nicht mehr allzu lange dauern, dann wird die Magerstein-Überschreitung komplett ohne Hochtourenausrüstung möglich sein]
[Bild: Beim Abstieg vom Grauen Nöckl fällt das Gehen nicht immer leicht, zu sehr begeistert der Blick zum südlich angrenzenden Wildgall (3273 m.) - Dieser technisch wohl anspruchsvollste Hauptgipfel der Rieserfernergruppe ist nur etwas für fortgeschrittene Allround-Bergsteiger mit umfassender alpinistischer Erfahrung und solider Kletterhistorie]
[Bild: Nun ist der angenehm flache Karboden nicht mehr weit! Nur mehr (geschätzt) 200 Hm müssen (in Form unkritischer Blockkraxelei bis max. I) bewältigt werden. Nun geht nichts mehr schief, alle Hauptschwierigkeiten liegen hinter mir. Auch wenn noch ein weiter (Rest-)Abstieg nach Rein (und dann natürlich noch die anschließende Heimfahrt) bevorsteht, bleibt nun zumindest etwas mehr Zeit, um den gegenüber stolz aufragenden Schneebigen Nock (3358 m.) angemessen zu würdigen. Auch heute sind wieder einige Bergsteiger bzw. Gruppen von der Kasseler Hütte aufgebrochen, um ihn zu besteigen. Wie es ihnen wohl ergangen ist...?]
[Bild: Ein letzter Blick von der Kasseler Hütte (2276 m.) zurück zum mächtigen Hochgall (3436 m.), bevor es unmittelbar an den Abstieg nach Rein in Taufers geht. Ich wiederhole mich, aber angesichts der Dimensionen, angesichts von Form, Aufbau und Struktur des Berges ist es mir schleierhaft, wie sich (trotz Drahtseilentschärfungen an den theoretisch schwierigsten Stellen am Nordwestgrat) auch Normalbergsteiger (wie ich) den Hochgall zutrauen dürfen. Für mich war das heute ein großer persönlicher Triumph! Auch wenn ich körperlich-fitnesstechnisch definitiv NICHT in Bestform bin, so habe ich doch die eine oder andere entsprechende Schwäche mit Erfahrung und Routine ausgleichen können. Technisch und vom allgemeinen Setting her (ein wilder, abweisender Felsgrat mit durchgehend steiler IIer-Kletterei sowie raue, zum Teil düstere Wetterverhältnisse) ist mir die Tour tatsächlich relativ leicht gefallen. Und das ermutigt mich doch ungemein für die Zukunft]
[Bild: Ciao Kasseler Hütte! Auch wenn die (im Italienischen) Rifugio Roma (di alla Vedrette di Ries) oder z. T. auch Hochgallhütte genannte Unterkunft von außen eher schlicht und zweckmäßig wirkt, habe ich mich in ihr doch sehr wohlgefühlt. Das lag einerseits am urig-altmodischen Inneren (viel Holz, enge Treppen, schummriges Licht und viele Antiquitäten), das einen in der Zeit einige Jahrzehnte zurückversetzt, andererseits an den unglaublich netten Hüttenwirtsleuten rund um Silvia Seeber. Dass die Familie Seeber die Hütte seit den späten 50er-Jahren (!) betreibt, merkt man. Dies ist eine jener Schutzhütten. Und das spürt man. Wäre ich ein Einheimischer aus der Region, ich wäre zu Recht stolz auf „meine“ Kasseler Hütte. Bis zum nächsten Mal!]
[Bild: Von Rein in Taufers (ca. 1600 mH) erscheint der Hochgall (3436 m.) Welten entfernt! Kaum zu glauben, dass ich vor einigen Stunden noch auf diesem höchsten Punkt der gesamten Rieserfernergruppe gestanden habe. Als ich an einem klaren Herbsttag im Oktober 2021 den Arthur-Hartdegen-Weg in all seiner goldenen Lärchenpracht erleben durfte und damals (de facto) zum ersten Mal in Kontakt mit dieser herrlichen Gebirgsgruppe kam, schwor ich mir, den majestätischen Hochgall irgendwann einmal zu versuchen. Zu sehr faszinierte mich schon damals seine Schroffheit, seine an einen Schweizer 4000er erinnernde Imposanz, die man in den Ostalpen nur bei wenigen 3000ern so deutlich spürt. Dass es nun (keine 3 Jahre später) tatsächlich klappen sollte, hätte ich damals nicht für möglich gehalten (wie es halt so oft mit bergsteigerischen Traumzielen ist...) - Ich bin dankbar (v. a., dass ich es auch heil wieder bis zum Auto geschafft habe) und freue mich schon auf weitere „Urgesteins-Abenteuer“ in den Zentralalpen im Stile eines Hochgall. Die Latte liegt allerdings nun ziemlich alto!]
Scheiblingkogel (2289 m.)
29. Juni 2024
[Bild: Ausblick beim Aufstieg von der Roßberghütte (1000 m.) zur Tennengebirgshochfläche - Über dem Klausgraben ragt rechterhand der unscheinbare, stark bewaldete Straberg empor. Auf dem liebevoll gepflegten Leo-Ertl-Steig geht es in angenehmer Steigung (stellenweise mit Leitern versichert) unterhalb der massigen Schwerwand bergauf. Unser Ziel ist der aussichtsreiche Scheiblingkogel (2289 m.) am Nordostrand der weiten Karsthochfläche]
[Bild: Im Übergangsbereich von der Schwer zur Karsthochfläche zeigt sich der Scheiblingkogel (2289 m.) als vermeintlich kühnes Felshorn. Auch wenn es nicht den Anschein hat, so leitet der markierte Steig doch vergleichsweise unkompliziert und wenig mühsam über das zerklüftete, teils schrofige Gelände hinweg. Das anvisierte Zwischenziel ist der Sattel links zwischen Scheiblingkogel und Schwerwand]
[Bild: Nun sind es nur mehr ca. 250 Hm bis zum höchsten Punkt - Beschwingt folgen wir dem geschickt angelegten Leo-Ertl-Steig über teilweise grasbewachsene Karsterhebungen in Richtung Gipfelaufbau. Abgesehen von einer kleinen Gruppe, die uns beim Aufstieg unmittelbar oberhalb der Roßberghütte entgegen gekommen ist, sind wir heute im weiten Umkreis die einzigen Bergsteiger. Das Tennengebirge gilt (abgesehen vom südlichen Teil oberhalb von Werfenweng) als vergleichsweise wenig besucht]
[Bild: Faszination Karstplateau! Ausblick vom Sattel zwischen Scheiblingkogel und Schwerwand über den östlichen Teil des Tennengebirges. In der Ferne kann man mit dem Bleikogel (2411 m.) einen der höchsten Gipfel der Gebirgsgruppe erkennen. Um dorthin zu gelangen, muss man von hier einen (sehr) weiten Umweg via Wenger Scharte gehen. Eine direkte Querfeldein-Route gibt es (zumindest offiziell) nicht]
[Bild: Scheiblingkogel (2289 m.) von Nordosten - Unschwierig geht es von hier über „klassisches“ Karstterrain in ziemlich direkter Linie gen Gipfelaufbau. Teilweise sind kurze Zwischenabstiege notwendig, letztlich vergehen die finalen 200 Hm aber wie im Flug. Zuletzt leitet eine mäßig steile Schrofenflanke empor zum weiten Gipfelplateau mit großem Kreuz]
[Bild: Ausblick vom Scheiblingkogel (2289 m.) über das östliche Tennengebirge - Oberhalb der weltenfernen Tiefen Grub'n (unten) steigt das zerklüftete Plateau beständig an, um letztlich in den Randgipfeln namens Bleikogel (2411 m.) und Fritzerkogel (2360 m.) zu kulminieren. Beide können ebenfalls auf markierten Steigen via Laufener Hütte bzw. Dr. Heinrich-Hackel-Hütte bestiegen werden und stellen sehr lohnenswerte Tourenziele dar]
[Bild: Inmitten der karstigen Weiten des Tennengebirges stellt die grasbewachsene Gipfelflanke des Scheiblingkogels ein ziemliches Unikum dar. Hier lässt es sich aushalten! Links im Hintergrund zeigen sich indes die Südabstürze zwischen Raucheck und Tiroler Kogel, während rechts im Hintergrund (im Dunst) der Watzmann herübergrüßt]
[Bild: Blick vom Scheiblingkogel (2289 m.) über den Aufstiegsweg nach Nordosten - Links unten präsentiert sich die (von hier unscheinbare) Schwerwand (2212 m.), welche zum Klausgraben in schwindelerregenden Felswänden abbricht (Nordgrat = IV). Die Normalroute von Süden ist dagegen deutlich leichter (I), jedoch weglos]
[Bild: Vom Scheiblingkogel (2289 m.) aus kann man im Rahmen einer mehrere Stunden andauernden Wanderung (die der Durchquerung des Steinernen Meeres alle Ehren macht!) das Gebiet oberhalb der Werfener Hütte erreichen. Ganz links zeigt sich mit dem eleganten Werfener Hochthron (2363 m.) der vielleicht markanteste Gipfel des Tennengebirges. Mittig im Hintergrund ragt dagegen mit dem stolzen Raucheck (2430 m.) die höchste Erhebung dieser herrlichen Gebirgsgruppe in die Höhe. Eines Tages werde ich mich diesen schönen Tourenzielen von Süden nähern, für eine Ausdehung der heutigen Tour nach Süden hin fehlt uns leider die Zeit]
[Bild: Kurz bevor wir uns auf der Aufstiegsroute (Leo-Ertl-Steig) wieder an den Abstieg zurück zur Roßberghütte machen, fällt der Blick noch einmal über die östliche Hochfläche des Tennengebirges. Ob nun Steinernes Meer oder Hagengebirge, Loferer oder Leoganger Steinberge, Reiter Alm oder nun (für mich erstmalig) Tennengebirge: Karstplateaus üben auf mich seit jeher eine besondere Faszination aus und ich hoffe sehr, auch Dachstein und Totem Gebirge mittelfristig (endlich) einen Besuch abstatten zu können - Das Tennengebirge hat mich in jedem Fall nicht zum letzten Mal gesehen...]