Walliser Alpen 2012 – Breithorn (4164 m.) + Castor (4223 m.) + Liskamm Westgipfel (4479 m.) + Schneedomspitze (4272 m.) + Vincent-Pyramide (4215 m.) + Balmenhorn (4167 m.) + Ludwigshöhe (4341 m.)„Vom Breithorn zum Monte Rosa“ – Walliser 4000er (by fair means) 11. August - 15. August 2012 [Bild: Vincent-Pyramide 4215 m. - gesehen vom Gipfel der Schneedomspitze] Fünf-Tages-Tour in die Walliser Alpen. Aufstieg von Zermatt zur Gandegghütte. Am nächsten Tag Besteigung des Breithorn Westgipfels (by fair means) mit anschließendem Abstieg zum Rifugio Guide della Val D`Ayas. Am darauffolgenden Tag Besteigung und Überschreitung des Castors sowie Besteigung des Liskamm Westgipfels mit anschließendem Abstieg zum Rifugio Quintino Sella. Am nächsten Tag Besteigung und Überschreitung der Schneedomspitze, Querung des Ghiacciaio del Lis orientale und Besteigung der Vincent-Pyramide mit anschließendem Abstieg zur Capanna Gnifetti. Am darauffolgenden Tag Besteigung des Balmenhorns und der Ludwigshöhe mit anschließendem Abstieg über den Grenzgletscher zur Monte-Rosa-Hütte. Von dort über Grenz – und Gornergletscher zur Station Rotenboden des Gornergrates mit anschließender Fahrt nach Zermatt. Walliser Alpen 2012 - Gesamtübersicht organisiert von Oliver Fuhrmann und durchgeführt im Rahmen einer „DAV-Sektion Trostberg – Hochtourengruppe-Tour“ (8 Teilnehmer) [Bild: Schneedomspitze „Il Naso“ 4272 m. und Liskamm Ostgipfel 4527 m. sowie Ghiacciaio del Lys orientale - gesehen vom Aufstieg zur Vincent-Pyramide] 4. Tag Rifugio Quintino Sella al Felik - Ghiacciaio di Felik - Ghiacciaio del Lys occidentale - Schneedomspitze - Ghiacciaio del Lys orientale - Vincent-Pyramide - Ghiacciaio di Garstelet - Capanna GnifettiSchwierigkeit: Schneedomspitze: PD oder WS / Vincent-Pyramide: PD- oder WS- Charakter: Die Westflanke der Schneedomspitze (Il Naso)erreicht – je nach Verhältnissen – eine Firnsteilheit zwischen 40-50° Grad. Zwar meistens (in der Hochsaison) gespurt, aber häufig Blankeis bzw. schlechte Firnverhältnisse. Bei guten Bedingungen kann der Aufstieg über die Westflanke seilfrei durchgeführt werden – bei Blankeis oder schlechten Firnverhältnissen ist dagegen Sicherung über Eisschrauben anzuraten! Dagegen ist vom grundsätzlichen Aufstieg am langen Seil dringend abzuraten, da ein Sturz eines einzelnen Tourenteilnehmers im schlimmsten Fall das Mitreißen aller anderen zu Folge hätte. Steigeisen und Pickel unbedingt erforderlich! Der Zustieg vom Rifugio Quintino Sella erfolgt über den unteren Teil des Ghiacciaio di Felik – anschließend wird das oberste Gletscherbecken des Ghiacciaio del Lys occidentale gequert. Dabei herrscht nur sehr geringe Spaltengefahr, zudem findet man meistens eine gute Spur vor – nichtsdestotrotz ist das Anseilen auf beiden Gletschern unbedingt zu empfehlen. Vom Gipfel der Schneedomspitze hat man eine großartige Aussicht auf die felsige Südwand des Liskamm, über die weiten Gletscherflächen des Ghiacciaio del Lys orientale – bzw. zu den Gipfeln des Monte-Rosa-Massivs – sowie in Richtung Poebene. Abstieg von der Schneedomspitze über den Südrücken und die Ostflanke technisch unschwierig – aber zwischen 35-40° Grad steil. Die Querung des Ghiacciaio del Lys orientale erfolgt – in der Regel – auf einer breiten Spur, dennoch herrscht Spaltensturzgefahr! Besonders westlich der Vincent-Pyramide (bzw. südwestlich des Colle Vincent) einige mit Vorsicht zu behandelnde Riesen-Spalten. Aufstieg zur Vincent-Pyramide über die 30-35° Grad steilen Firnhänge der Nordwestflanke ohne technische Schwierigkeiten – zudem praktisch spaltenfrei. Vom Gipfel der Vincent-Pyramide fantastische Aussicht auf die anderen Gipfel des Monte-Rosa-Massivs – besonders die schroffen Südabstürze von Schwarzhorn, Ludwigshöhe und Parrotspitze hin zu den Gletschern Ghiacciaio delle Piode und Ghiacciaio di Parrot sind sehr beeindruckend. Toller Ausblick über den Ghiacciaio del Lys orientale hin zum Liskamm – darüber hinaus grandioser Ausblick über die schier endlosen Weiten der Poebene. Abstieg von der Vincent-Pyramide zur Capanna Gnifetti über weite Gletscherflächen – bzw. flanken technisch unschwierig – aber spaltensturzgefährdet. Besonders die – teils extrem großen – Querspalten westlich der Vincent-Pyramide sowie die (heikle und äußerst tückische!) Spaltenzone direkt vor der Hütte erfordern große Umsicht und Erfahrung. Die landschaftlichen Eindrücke und gewaltigen Monotonien in den weiten Gletscherflächen zwischen Liskamm und Vincent-Pyramide (ebenso wie die Gipfelaussichten) sind grandios! Gefahren: Grundsätzlich herrscht auf allen Gletschern – vor allem auf dem Ghiacciaio di Garstelet – Spaltensturzgefahr. Bei schönem (bzw. sicherem) Wetter und guten Firnverhältnissen sind die weiten Gletscherbecken um die Schneedomspitze gewöhnlich gespurt und weitgehend harmlos. Bei Nebel (Whiteout!) jedoch sehr schwierige Orientierung. Die Westflanke der Schneedomspitze kann bei schlechten objektiven Verhältnissen (Blankeis, große Neuschneemengen usw.) ganz schön giftig und für normal belastbare Hochtourengeher rasch unbegehbar werden. Eisschrauben (und das Wissen sie anzuwenden) sollten hier zur Sicherheitsausrüstung gehören – wobei das natürlich nicht heißt, dass man sie vor Ort dann auch zwingend braucht! Der Abstieg von der Schneedomspitze über die – je nach Verhältnissen – 35-40° Grad steile Ostflanke kann bei Lawinengefahr heikel bis unmöglich werden, dann ist die Umgehung der Flanke und der Aufstieg über den gesamten Südostsporn vorzuziehen. Unter Umständen kann der Bergschrund Probleme bereiten! Auf den weiten Gletscherflächen des Ghiacciaio del Lys orientale meistens eine gute Spur – aber teilweise spaltig. Der Aufstieg zur Vincent-Pyramide weist keinerlei objektive Gefahren auf und kann – ebenso wie der Aufstieg zur Schneedomspitze – seilfrei durchgeführt werden. Der Abstieg zur Capanna Gnifetti erfolgt über den durchaus spaltenreichen Ghiacciaio di Garstelet – ein paar Riesen-Spalten können unter Umständen Probleme bereiten – unbedingt auf die Dicke der Spaltenbrücken achten! Umständliche Umgehungen der großen Spalten sind theoretisch möglich – aber sehr lästig. Bis auf Spalten kaum objektive Gefahren. Oberhalb der Hütte befindet sich jedoch eine extrem tückische und heikle Spaltenzone, die zwar teilweise ausgeapert ist – aber immer wieder die Spaltenbergung von Verunglückten erfordert. Auch Bergführer anderer Hochtourengruppen – und sind sie auch noch so versiert – sind davor nicht ausgenommen. Ich kann`s bestätigen! Der Hüttenwirt hatte Recht! Als wir am Morgen vor die Hütte treten, begrüßt uns ein strahlend blauer Himmel – beim Blick Richtung Süden erkennen wir, dass die südlichen Walliser Alpen und die Poebene (alles unterhalb von 3000 Metern) unter einer dichten Wolkendecke liegen. Nur die großen 4000er sind frei von Nebel und Wolken – einem fantastischen Tourentag steht nichts im Wege! Bevor wir aufbrechen, erkundige ich jedoch erst einmal die Umgebung der Hütte (wozu auch Zeit sein muss). Mir wird schnell klar, dass es kaum einen besseren Platz für eine alpine Schutzhütte geben kann. Das Rifugio Quintino Sella thront in herrlicher Lage auf einem Felsplateau – mit vollkommen freier Sicht nach Süden hin! Die Bezeichnung „Wolkenschloss“ trifft es in unserer Situation wohl am besten. Dagegen erkennen wir Richtung Norden eines unserer heutigen Ziele: Die Schneedomspitze 4272 m. (italienisch: „Il Naso“ – die Nase des Liskamm) ragt südlich des Liskamm Ostgipfels – von ihm durch das Colle della Fronte 4239 m. getrennt – als eisiger Firndom in den Himmel - ein nicht sehr selbstständiger 4000er, aber dafür einer von Format. [Bild: Blick in Richtung Liskamm und Schneedomspitze - im Vordergrund der Ghiacciaio di Felik] [Bild: Rifugio Quintino Sella al Felik 3585 m.] [Bild: Rifugio Quintino Sella al Felik 3585 m. - links dahinter der Castor 4223 m. - rechts Liskamm und Schneedomspitze 4272 m.] [Bild: Freier Blick in Richtung Süden] Wir machen uns bereit – montieren die Steigeisen, seilen uns an und machen uns schließlich auf den Weg. Vom Rifugio Quintino Sella folgen wir einer deutlichen Spur über den – in diesem Bereich teilweise aperen – Gletscher ein Stück Richtung Norden (Felikjoch). [Bild: Auch wenn der Ghiacciaio di Felik teilweise ausgeapert und ziemlich spaltenarm ist, sollte man doch unbedingt angeseilt sein - im Hintergrund der Castor 4223 m.] Nach kurzer Zeit wenden wir uns jedoch nach Nordosten und steuern den Firnbuckel links des Punktes 3744 m. an. [Bild: Blick zurück zum Rifugio Quintino Sella al Felik 3585 m.] [Bild: Auf dem Ghiacciaio di Felik - im Hintergrund Liskamm und Schneedomspitze] Über beinahe ebenen Firn geht es entspannt dahin. Mit deutlichem Abstand zu einigen großen Séracs geht es ein kurzes Stück bergab in eine Firnmulde und anschließend – in kurzem Gegenanstieg – in einem Bogen über einen mäßig steilen Firnhang aufwärts. [Bild: Links von einigen großen Séracs geht es kurz abwärts und anschließend über einen sanft geneigten Firnhang bergauf - im Hintergrund Liskamm und Schneedomspitze] [Bild: In einem Bogen geht es über einen mäßig steilen Firnhang aufwärts] Von dem Firnbuckel nordwestlich des Punktes 3744 m. haben wir schließlich Sicht über den gesamten Ghiacciaio del Lys occidentale. Dieser mächtige Gletscher wird nördlich vom breiten Liskamm-Massiv eingerahmt und ist in seinem mittleren Teil wild-zerklüftet und von gewaltigen Querspalten durchzogen. Zwischen den mächtigen Gletscherbrüchen und der Liskamm Südwand leitet eine deutlich erkennbare Spur über praktisch ebene und scheinbar harmlose Firnflächen in Richtung Schneedomspitze – genau dieser Spur gilt es folgen. [Bild: Ghiacciaio del Lys occidentale - darüber Liskamm Westgipfel 4479 m. - Ostgipfel 4527 m. und Schneedomspitze 4272 m.] Von dem Firnbuckel geht es zwischen den Gletscherbrüchen und der vom Felikjoch in Richtung Liskamm ziehenden Felswand nahezu eben über weite Firnflächen nach Norden. [Bild: Auf dem Ghiacciaio del Lys occidentale] Wir folgen den Spuren in einem großen Rechtsbogen um die Gletscherbrüche des Ghiacciaio del Lys occidentale herum. Bei schlechter Sicht und verwehter Spur kann die Orientierung hier rasch haarsträubend heikel werden – wer zu weit nach rechts (Süden) abkommt, landet im tückischen – von gewaltigen Querspalten und zerklüfteten Brüchen durchzogenen – Mittelteil, aus dem man nur schwer wieder herausfindet. [Bild: Auf dem Weg zur Schneedomspitze Westflanke - links der Liskamm Westgipfel 4479 m. - dann der Ostgipfel 4527 m. - rechts „Il Naso“ 4272 m.] Für uns sind solche Sorgen jedoch ganz weit weg. Bei (wie man in Tirol sagen würde) „absolutem Kaiserwetter“ folgen wir den Spuren über weite und ebene Firnflächen in Richtung Schneedomspitze. Die Impressionen – zur Rechten das endlose Wolkenmeer über Italien (Poebene) und zur Linken die wuchtige Liskamm Südwand – sind unterdessen absolut gigantisch – 4000er-Hochtouren in ihrer klassischen und reinsten Form! [Bild: Blick über die Gletscherbrüche des Ghiacciaio del Lys occidentale zum Wolkenmeer über der Poebene] Die Querung des obersten Gletscherbeckens des Ghiacciaio del Lys orientale gestaltet sich unterdessen vollkommen unproblematisch. Wir sehen keine einzige Spalte (was nichts heißen muss!) – und der Abstand zu den – von weitem – furchterregenden Gletscherbrüchen ist mehr als beruhigend. [Bild: Mit Blick zur Westflanke der Schneedomspitze geht es über den flachen Gletscher] Rechts von einer mittelsteilen Firnflanke geht es schließlich über eine Gletschermulde bis an den Rand der Schneedomspitze Westflanke. [Bild: Schneedomspitze 4272 m.] Dort nehmen wir das Seil ein – die Steilheit der Firnflanke erfordert ein selbstständiges und seilfreies Gehen aller Tourenteilnehmer. In zunächst etwa 35° Grad steilem Firn steige ich – Spuren folgend – schräg nach rechts bergauf. [Bild: Am Beginn der Schneedomspitze Westflanke] Die Westflanke ist mit unangenehmem Bruchharsch bedeckt und teilweise vereist – wodurch große Umsicht erforderlich ist. [Bild: In der steilen Westflanke] Nach einigen Höhenmeter merke ich, wie die Flanke auf gute 45° Grad aufsteilt – immerhin werden die Verhältnisse, je mehr sich die Flanke nach Südwesten wendet, deutlich besser. Unser Tourenleiter Oliver – der voraus gegangen war – lässt mich vorbeiziehen und so setze ich als erster den Aufstieg fort. In 45° (stellenweise ca. 50°) Grad steilem Firn steige ich mühsam – aber zügig – in vielen Serpentinen an einer italienischen Dreiergruppe vorbei. Sie sichern sich über Eisschrauben – was in meinen Augen absolut übertrieben ist – und schauen mir etwas verdutzt (vielleicht sogar etwas missbilligend) nach. [Bild: In der Schneedomspitze Westflanke - links hinten der Castor 4223 m. - rechts oben der Liskamm Westgipfel 4479 m.] Die Anderen sind mittlerweile ein gutes Stück zurückgefallen – ich bin alleine in der weiten Firnflanke und genieße jeden Höhenmeter aus vollem Leib. Im oberen Teil der Westflanke halte ich in nunmehr etwa 30-35° Grad steilem Firn Kurus auf einen markanten Felsgipfel. [Bild: Aufstieg über 35° Grad steile Firnflanken] [Bild: Blick zurück zum Ghiacciaio del Lys occidentale - darüber der Castor 4223 m. - in der Ferne der Mont Blanc 4810 m.] In einigen weiten Kehren steige ich aufwärts bis unter die Felsen. Hier trennen sich die Wege: Der normale Weg über den Passo del Naso Richtung Ghiacciaio del Lys orientale führt rechts weiter, wohingegen es nach links weiter zur Schneedomspitze geht. Daher folge ich einer breiten Spur schräg über einen mäßig steilen Firnhang in nordöstliche Richtung. In einem Bogen steige ich bergauf zu einem überfirnten Rücken. Dort angekommen, erkenne ich in unmittelbarer Nähe den Gipfel der Schneedomspitze – nur mehr ein Firngrat und ein anschließender kurzer Blockgrat trennen mich von seinem Haupt. [Bild: Blick zum Gipfel der Schneedomspitze - links der Liskamm Ostgipfel 4527 m.] Nach Osten hin fällt der Blick dagegen auf die formschöne Vincent-Pyramide (4215 m.) – welche von eisigen Gletscherströmen umgeben ist. Eindrucksvoll ist zudem auch die schroffe Liskamm Südwand. Ohne Umschweife mache ich mich auf in Richtung Gipfel. [Bild: Blick ins weite Gletscherbecken des Ghiacciaio del Lys orientale - Schwarzhorn, Balmenhorn und Vincent-Pyramide - von links nach rechts]] In einem Rechtsbogen geht es über einen Firnrücken zum kurzen Westgrat der Schneedomspitze. Als zunächst breiter Firngrat – der weiter oben ein wenig schmal wird – leitet dieser nach oben. Schließlich steige ich über eine Mischung aus Blockwerk und Schnee aufwärts zum Gipfel der „Nase“ (Il Naso). [Bild: Liskamm Ostgipfel 4527 m. - rechts der Südgrat „Cresta Sella“ AD, Fels bis III] [Bild: Ein Firngrat leitet zum Gipfel] [Bild: Blick zurück über den Firngrat - rechts der Ghiacciaio del Lys occidentale - darüber der Castor 4223 m. - in der Ferne der Mont Blanc 4810 m.] [Bild: Über Blockwerk und Schnee geht es in Richtung Gipfel] [Bild: Ankunft am Gipfel der Schneedomspitze - im Hintergrund Dufourspitze, Zumsteinspitze, Signalkuppe, Parrotspitze, Ludwigshöhe und Schwarzhorn - von links nach rechts] Die Schneedomspitze (4272 m.) ist mein vierter 4000er und ich bin stolz, wie souverän und problemlos in den Aufstieg über die Westflanke – noch dazu in einem respektablen Tempo – bewältigt habe. Während ich die Anderen warte, mache ich es mir auf den warmen Felsblöcken direkt unterhalb des höchsten (überfirnten) Punktes gemütlich. Die Aussicht – welche sich vor mir ausbreitet – ist schlichtweg atemberaubend: Von Nordosten bis Südosten die ganze Parade der Monte-Rosa-Gipfel - Dufourspitze, Zumsteinspitze, Signalkuppe (mit der Capanna Regina Margherita), Parrotspitze, Ludwigshöhe, Schwarzhorn (Corno Nero), Balmenhorn und Vincent-Pyramide mit den langen – und teilweise zerrissenen, jedoch überwiegend von gewaltigen und äußerst eindrucksvollen Gletscherbecken geprägten – Eisströmen Ghiacciaio del Lys orientale, Ghiacciaio di Garstelet und Grenzgletscher (oberster Bereich). Im Süden das endlose Wolkenmeer über der Poebene. Fern im Westen Matterhorn, Dent d’Hérens, Grand Combin und (noch weiter weg) Mont Blanc. Im Norden – direkt gegenüber – schließlich der einschüchternd höhere und vollkommen dominierende Liskamm Ostgipfel. Wahrlich – die Schneedomspitze, so bescheiden sie auch erscheinen mag, ist ein formschöner Eisgipfel (mit einem teilweise felsigen Gipfel für entspannte Sitzpausen!) und ein eigenständiger 4000er. Und die Aussicht auf die Felswände des Liskamm sowie die umliegenden – den Gipfel allseits umfassenden – Gletscherströme ist wirklich grandios! Als einige Zeit später auch die Anderen den Gipfel erreichen, freut sich besonders Oliver über einen – für ihn – neuen 4000er. Wir machen noch einige Zeit Pause und genießen die fantastische Aussicht. [Bild: Blick in Richtung Süden - unten die Gletscherbrüche des Ghiacciaio del Lys orientale] [Bild: Auf dem Gipfel der Schneedomspitze 4272 m. - sie wird überragt vom imposanten Liskamm Ostgipfel 4527 m.] [Bild: Auf der Schneedomspitze 4272 m. - im Hintergrund Dufourspitze, Zumsteinspitze, Signalkuppe, Parrotspitze und Ludwigshöhe - von links nach rechts] [Bild: Signalkuppe 4554 m. - Parrotspitze 4432 m. - Ludwigshöhe 4341 m. - Schwarzhorn 4322 m. - Balmenhorn 4167 m. - Vincent-Pyramide 4215 m. - von links nach rechts] [Bild: Dufourspitze 4634 m. - Zumsteinspitze 4563 m. und Signalkuppe 4554 m. - von links nach rechts] [Bild: Parrotspitze 4432 m. - Ludwigshöhe 4341 m. - Schwarzhorn 4322 m. und Balmenhorn 4167 m. - von links nach rechts] Nach einiger Zeit machen wir uns jedoch schließlich auf den Weg Richtung Ghiacciaio del Lys orientale. Wir dürfen nicht zu viel Zeit verlieren, da sich die Firnverhältnisse auf den weiten Gletscherflächen mit jeder Minute verschlechtern. Das Motto „tenir un bon horaire“ gilt nämlich umso mehr für den teilweise durchaus spaltigen Ghiacciaio di Garstelet – mit seinen Riesen-Spalten (die auch vom Gipfel der Schneedomspitze deutlich zu erkennen sind!) Vom Gipfel der Schneedomspitze geht es – zunächst weiterhin unangeseilt – über einen Firnhang schräg bergab in südöstliche Richtung. [Bild: Vom Gipfel der Schneedomspitze geht es über einen Firnhang schräg nach rechts bergab - unten die Gletscherbrüche des Ghiacciaio del Lys orientale] [Bild: Ein kurzer Blockwerk- und Geröllhang unterbricht das Steigen im Firn - im Hintergrund die Vincent-Pyramide] Nach einem kurzen Blockwerk – bzw. Geröllhang steigen wir über mäßig steile Firnhänge in einem Linksbogen über den Südrücken abwärts und stoßen schließlich auf die Spur vom Passo del Naso (welchen man dann anvisiert, wenn man die Schneedomspitze umgehen will). [Bild: Abstieg zum Ghiacciaio del Lys orientale] [Bild: Ghiacciaio del Lys orientale - hinten Parrotspitze 4432 m. - Ludwigshöhe 4341 m. - Schwarzhorn 4322 m. - Balmenhorn 4167 m. und Vincent-Pyramide 4215 m.] Anschließend geht es quer über die etwa 45° Grad steile Ostflanke des Berges hinab ins Gletscherbecken des Ghiacciaio del Lys orientale. Dieser Abstieg ist technisch unschwierig und – bei den Firnverhältnissen wie wir sie haben – zudem auch objektiv sicher. [Bild: Über die steile Ostflanke der Schneedomspitze geht es bergab Richtung Gletscher - rechts hinten Zumsteinspitze und Signalkuppe] [Bild: Steilabstieg zum Ghiacciaio del Lys orientale] Auf dem Gletscher angekommen, gehen wir auch wieder ans Seil. [Bild: Blick zurück zur Ostflanke der Schneedomspitze] Anschließend folgen wir einer breit ausgetretenen Spur quer über die Weiten des Ghiacciaio del Lys orientale in Richtung Osten. [Bild: Auf dem Ghiacciaio del Lys orientale - Ludwigshöhe, Schwarzhorn, Balmenhorn und Vincent-Pyramide - von links nach rechts] [Bild: Auf den weiten Gletscherflächen des Ghiacciaio del Lys orientale - Schwarzhorn, Balmenhorn und Vincent-Pyramide - von links nach rechts] [Bild: Schneedomspitze 4272 m. und Liskamm Ostgipfel 4527 m.] [Bild: Ludwigshöhe 4341 m. - Schwarzhorn 4322 m. und Balmenhorn 4167 m. - von links nach rechts] Zunächst noch leicht ansteigend, erreichen wir schließlich die ebenen Firnflächen südwestlich des Balmenhorns. [Bild: Die Vincent-Pyramide 4215 m. - ein formschöner Firndom] Wir folgen der Spur noch ein Stück in südöstliche Richtung bis zum Beginn der Nordwestflanke der Vincent-Pyramide. Da wir gut in der Zeit sind, beschließen wir, auch noch diesen 4000er zu besteigen. Da während des Aufstiegs zum Gipfel keinerlei Spaltengefahr herrscht, nehmen wir das Seil erneut ein – jeder geht wieder für sich. [Bild: Vincent-Pyramide 4215 m.] Der Aufstieg über die Nordwestflanke ist technisch vollkommen unschwierig. [Bild: Vincent-Pyramide Nordwestflanke] Über ca. 35° Grad steile Firnhänge steigen wir – zunächst direkt in einem Rechtsbogen, später in Serpentinen – bergauf zum obersten Westrücken. [Bild: Blick zurück zum Liskamm Ostgipfel 4527 m. - links davon die Schneedomspitze 4272 m.] [Bild: Aufstieg über die Nordwestflanke der Vincent-Pyramide] Über einen letzten Firnhang geht es unschwierig empor zum höchsten Punkt. [Bild: Auf den letzten Metern zum Gipfel der Vincent-Pyramide] Die Aussicht vom Gipfel der Vincent-Pyramide (4215 m.) ist fantastisch: Im Nordwesten – als ungewohnt-spitzes Felshorn – der Liskamm Ostgipfel mit dem anschließenden schmalen Firngrat zum Colle del Lys (Lisjoch) hin. Im Norden die wild-schroffen Südabstürze von Schwarzhorn, Ludwigshöhe und Parrotspitze. Leider verhindern dichte Wolken den Blick nach Osten und Süden – dafür präsentiert sich die Vincent-Pyramide als eindrucksvolle Firninsel inmitten von Gletschern (einschüchternder Tiefblick zum Ghiacciaio delle Piode occidentale!). [Bild: Auf dem Gipfel der Vincent-Pyramide 4215 m. - im Hintergrund der Liskamm Ostgipfel 4527 m. - links daneben die Schneedomspitze 4272 m.] [Bild: Auf der Vincent-Pyramide 4215 m. - rechts im Hintergrund Schwarzhorn, Ludwigshöhe und Parrotspitze] [Bild: Richtung Süden bleibt uns die Sicht durch die Wolken verwehrt - links unten die Capanna Gnifetti 3647 m.] [Bild: Die imposanten Südabstürze von Schwarzhorn, Ludwigshöhe und Parrotspitze - diese Steilflanken werden aufgrund der Brüchigkeit und Ausaperung selten angegangen] Nach relativ kurzer Zeit machen wir uns wieder an den Abstieg über die Nordwestflanke. Zwar erkundet Oliver vorher noch den möglichen Abstieg zur Punta Giordani (4046 m.) – aufgrund der dichten Wolken in dieser Richtung bleiben wir jedoch bei der uns bekannten Aufstiegsspur. Über die mäßig steilen Firnhänge der Nordwestflanke geht es unschwierig bergab in das ebene Plateau nordwestlich der Vincent-Pyramide bzw. südwestlich des Balmenhorns. [Bild: Abstieg von der Vincent-Pyramide - links im Hintergrund der imposante Liskamm Ostgipfel 4527 m.] [Bild: Ghiacciaio del Lys orientale - links die riesigen Querspalten - im Hintergrund Schneedomspitze 4272 m. und Liskamm Ostgipfel 4527 m.] [Bild: Balmenhorn 4167 m. und Schwarzhorn 4322 m.] Dort – wo sich alle Aufstiegsspuren von der Capanna Gnifetti Richtung Schneedomspitze, Liskamm, Grenzgletscher, Signalkuppe und Vincent-Pyramide treffen und die Gletscher Ghiacciaio del Lys orientale sowie Ghiacciaio di Garstelet fließend ineinander übergehen – seilen wir uns erneut an und beginnen den Abstieg zur Hütte. [Bild: Riesige Querspalten inmitten des Gletschers] [Bild: Schneedomspitze 4272 m. und Liskamm Ostgipfel 4527 m.] Der Ghiacciaio di Garstelet ist spaltenreich – besonders die gigantischen Querspalten in seinem oberen Bereich erfordern erhöhte Konzentration. Zwar sind die – teils schmalen – Spaltenbrücken (auch heute) von dutzenden Bergsteigern erprobt worden, eine Garantie –dass sie nicht brechen – gibt es jedoch nicht. Immerhin können wir die mehrere Meter breiten und „bodenlosen“ Spalten ohne Probleme bzw. Zwischenfälle überqueren. [Bild: Im Bereich der gewaltigen Querspalten] Anschließend steigen wir unschwierig über weite Firnhänge in Richtung Süden bergab. [Bild: Abstieg über den Ghiacciaio di Garstelet] Die eindrucksvollen Séracs der Vincent-Pyramide zu unserer Linken, die wilden Gletscherbrüche bzw. Spalten des Ghiacciaio del Lys orientale zu unserer Rechten sowie die mächtigen Wolkenformationen direkt vor uns – bilden den landschaftlichen Rahmen. [Bild: Gigantische Séracs der Vincent-Pyramide] Über 30-35° Grad steile Firnhänge geht es immer weiter bergab – teilweise müssen kleinere Spalten überquert werden – bis schließlich eine Felsinsel inmitten der Gletscherflächen in Sicht kommt. Diese Felsinsel ist unser Ziel – denn die Capanna Gnifetti (unser heutiges Tagesziel) befindet direkt auf/an ihr. Über einen spaltenreichen – und bereits ziemlich aufgeweichten – Firnhang steigen wir bergab. [Bild: Abstieg über den spaltenreichen Ghiacciaio di Garstelet - die Capanna Gnifetti befindet sich an der Felsinsel rechts der Bildmitte] Anschließend leitet die breit ausgetretene Spur über weite Firnflächen direkt in Richtung der Felsinsel. [Bild: Auf dem Weg zur Capanna Gnifetti] Währenddessen überholen wir einen Bergführer mit seiner Gruppe. Vor der Capanna Gnifetti wartet schließlich noch eine besonders heikle und tückische Spaltenzone auf uns. Diese Spaltenzone ist zwar teilweise ausgeapert – jedoch sind viele der Spalten mit Schnee gefüllt und dadurch verdeckt. Erschwerend kommt hinzu, dass sie Spalten (aufgrund von Blankeis und extrem hartem Firn) hoffnungslos glatte Wände haben. Viele der Spalten haben nur sehr dünne Brücken, manche erscheinen von oben hart und solide (aufgrund der obersten – jedoch häufig dünnen – Blankeisschicht) – besitzen darunter jedoch nur eine instabile Schneeschicht, wodurch ein Einbrechen höchst wahrscheinlich ist. Meistens gibt es eine deutliche und verhältnismäßig optimale Spur über diese Spaltenzone (der man unbedingt folgen sollte!) – welche aber von vielen ignoriert wird. Mit Vorsicht, Umsicht und Konzentration überqueren wir – bei bereits sehr stark aufgeweichtem Firn – die heikle Spaltenzone und erreichen schließlich die Felsinsel, an deren südlicher Seite die Capanna Gnifetti direkt an den Felsen „klebt“. [Bild: Inmitten der heiklen Spaltenzone - kurz vor der Capanna Gnifetti] Unmittelbar nachdem wir jedoch die Felsen erreicht haben, hören wir einen Schrei von der Spaltenzone her. Kurz darauf – laute Hilferufe. Oliver eilt zusammen mit einigen anderen erfahrenen Bergsteigern sofort in Richtung der Hilferufe. Da Nebel die Sicht erschwert, können wir nur erahnen, was sich etwas weniger als 100 Meter entfernt abspielt. Es ist jedoch offensichtlich, dass jemand in eine Spalte gefallen sein muss. Es dauert sehr lange – schließlich erreichen aber alle Beteiligten sicher die Felsinsel. Es stellt sich heraus, dass ausgerechnet der Bergführer – welchen wir kurz zuvor überholt hatten – an der Spitze seiner Gruppe in eine Spalte gefallen war. Seine Gruppe – weder mit Steigeisen ausgerüstet, noch mit so einer Situation vertraut – war vollauf damit beschäftigt ihn zu halten. Da die Bergsteiger mit „sehr speziellen Knoten“ (sagen wir mal so – es war alles andere als vorbildlich gemacht!) angeseilt waren (und sie sich aufgrund des enormen Zuges praktisch kaum lösen ließen), musste von Oliver und den anderen Bergsteigern sehr umständlich – improvisiert werden und unter Verwendung relativ komplizierter Spaltenbergungs - / Fixierungs – und Knotentechniken gelangt es schließlich, den Bergführer wieder an die Oberfläche zu bringen. Bis auf einige blutige Schrammen, einen gewaltigen Schrecken (genauso wie seine Tourenteilnehmer!) – und die peinlich Gewissheit, dass er vor seinem Spaltensturz (bezogen auf das Anseilen und das Nicht-Verwenden von Steigeisen seiner Klienten) einige grobe Fehler gemacht hatte – ist er zum Glück heil davon gekommen. Nach diesem unerwarteten – aber gut ausgegangenen – Zwischenfall, geht es über die Felsinsel zur nahen Hütte. Die Capanna Giovanni Gnifetti (3647 m.) – auch bekannt als Rifugio Gnifetti ist eine alpine Schutzhütte des CAI (Sezione di Varallo Sesia). Sie befindet sich auf/an einer Felsrippe zwischen Ghiacciaio del Lys orientale und Ghiacciaio di Garstelet an der Südseite des Monte-Rosa-Massivs. Die Capanna Gnifetti ist in der Regel von Mitte März bis Anfang Mai sowie von Mitte Juni bis Mitte September geöffnet. Sie verfügt über 143 Betten, 31 Notlager sowie einen Winterraum (12 bzw. 14 Lagerplätze) – andere Quellen geben 277 bzw. 280 Betten – / Lagerplätze an. Die Hütte wurde im Jahr 1876 errichtet und bis zur heutigen Zeit stetig umgebaut, erweitert und modernisiert (letztmals 1981). Namensgeber der Hütte ist der italienische Pfarrer und Bergsteiger Giovanni Gnifetti – 1801 in Alagna geboren und 1867 in St. Etienne gestorben – der sich vor allem um die Erschließung der Monte-Rosa-Gruppe verdient gemacht hat. Die Hütte ist ausschließlich über Gletscher erreichbar – jedoch sind die Zustiege von Süden (von Alagna Valsesia bzw. Tschavai) her, mit Hilfe von Seilbahnen massiv zu verkürzen. Üblicherweise wird die Seilbahnstation Punta Indren (3260 m.) angesteuert, anschließend der Ghiacciaio d`Indren zum Rifugio Cittá di Mantova (3470 m.) gequert – und daraufhin über den unteren Teil des Ghiacciaio di Garstelet die Hütte erreicht. Dies setzt natürlich eine gewisse Vor-Akklimatisation voraus. Wer sich nicht lumpen lassen will – die markierten und ausgeschilderten Wege von Tschavai (mehrere Möglichkeiten – z.B. über das Hochlicht 3185 m. – mindestens 1800 Höhenmeter) oder von Alagna Valsesia (bis zu 2500 Höhenmeter Aufstieg!) erfordern eine ausgezeichnete Kondition. Alternativ kann die Capanna Gnifetti natürlich auch vom Rifugio Quintino Sella (entweder im Zuge einer Liskamm-Überschreitung – oder über die Schneedomspitze bzw. den Passo del Naso) – von der Monte-Rosa-Hütte (über den zerrissenen Grenzgletscher) oder von der Capanna Regina Margherita (im Zuge der Überschreitung Dufourspitze-Zumsteinspitze-Signalkuppe) her erreicht werden. Die Capanna Gnifetti ist aufgrund ihrer Lage einer der wichtigsten Ausgangspunkte für 4000er-Touren in den Walliser Alpen – und natürlich speziell für Touren im Monte-Rosa-Massiv. Die wichtigsten und beliebtesten Touren bzw. Gipfel sind: Signalkuppe (Capanna Regina Margherita – das höchste Gebäude Europas!) – Zumsteinspitze, Parrotspitze, Ludwigshöhe, Schwarzhorn, Balmenhorn, Vincent-Pyramide, Punta Giordani, Schneedomspitze, Liskamm Ostgipfel (bzw. Liskamm-Überschreitung). Anspruchsvoll sind darüber hinaus die Überschreitung der Zumsteinspitze hin zur Dufourspitze (und eventuell weiter zum Nordend) – der lange und heikle Abstieg über den zerrissenen Grenzgletscher zur Monte-Rosa-Hütte sowie verschiedene anspruchsvolle kombinierte Kletter – bzw. Hochtouren auf die umliegenden 4000er. Zwar ist die Hütte – vor allem während Schönwetterphasen in der Hochsaison (Mitte Juli – Ende August) – meist hoffnungslos überfüllt (Nähe zur Seilbahnstation Punta Indren! - die Capanna Gnifetti ist eine der am meisten frequentierten Hütten der gesamten Westalpen!), dafür trifft man hier in der Regel auf Gleichgesinnte – auf Bergsteiger und Alpinisten, die klassische Hochtouren mögen und sich hier – mitten im vergletscherten Hochgebirge – zu Hause fühlen. [Bild: Rifugio Capanna Giovanni Gnifetti 3647 m.] Wie schon an den vergangenen zwei Abenden – hüllt sich auch diesmal die Hütte in dichte Wolken. Beschweren können wir uns aber nun wirklich nicht – so lange wir tagsüber auf den Gletschern/Gipfeln schönes Wetter haben, ist mir die Aussicht von den Hütten relativ egal. Immerhin bietet sich uns von der Terrasse hin und wieder ein eindrucksvoller Tiefblick auf den unteren Teil des Ghiacciaio di Garstelet. Deutlich zu erkennen ist die vom Rifugio Cittá di Mantova über den Gletscher führende Trasse. Die Capanna Gnifetti ist eine ziemlich große und weitläufige Hütte (am Anfang verlaufe ich mich zweimal!) – aber gut organisiert, sauber/ordentlich sowie vollkommen auf die Bedürfnisse von Hochtourengruppen ausgerichtet. Während meines Aufenthalts in der Hütte nehme ich eine Vielzahl an Sprachen war (wobei natürlich italienisch dominiert) – ähnlich wie am Mont Blanc – zieht es die Menschen aus ganz Europa zum Monte Rosa. Interessant sind zudem auch die Toiletten: Vor den Plumpsklo-Kabinen stehen große Wasserkanister. Man nimmt sich jeweils einen mit in seine Kabine (je nachdem wie viel Wasser darin ist, sind die teilweise echt schwer!) und spült damit – anders geht es in dieser Höhe nicht. Unterdessen diskutieren wir den morgigen Tag – Oliver hat sich vergeblich um Schlafplätze in der Capanna Regina Margherita (auf der Signalkuppe) bemüht („in the kitchen – on the floor – in the breakfast-room“), dadurch wird es nichts aus einer möglichen Überschreitung von der Zumsteinspitze hin zur Dufourspitze. Wir fassen den Entschluss, morgen noch das Balmenhorn sowie die Ludwigshöhe zu besteigen und anschließend über den Grenzgletscher zur Monte-Rosa-Hütte hin abzusteigen. Oliver hat den Grenzgletscher bereits zweimal begangen, kennt sich also verhältnismäßig gut aus. Dennoch warnt er uns ausdrücklich vor diesem Gletscher – zählt er doch zu den spaltenreichsten, heikelsten und am stärksten zerrissenen Gletschern der Walliser Alpen – wenn nicht gar der gesamten Westalpen. Ihm (ebenso wie mir) wäre es lieber gewesen, über die höchsten Monte-Rosa-Gipfel nach Zermatt zurückzukehren. Uns bleibt jedoch keine andere Wahl. Am Abend lichten sich schließlich teilweise die Wolken und geben den Blick frei auf den wild-zerklüfteten unteren Teil des Ghiacciaio del Lys orientale – und auch die Vincent-Pyramide ist hin und wieder zu erkennen. Hinsichtlich des Wetters machen wir uns keine allzu großen Sorgen – schließlich soll noch den gesamten nächsten Tag bestes Hochtourenwetter herrschen. Da aber bereits morgen Abend ein deutlicher Wetterumschwung bevorstehen soll, ist es vielleicht gar nicht verkehrt, schon morgen diese 4000er-Hochtour zu Ende zu bringen. Schließlich möchte man auch nicht bei Gewitter, Sturm oder Nebel auf Europa`s höchstem Gebäude festsitzen. Nachdem schließlich der Tourenplan für morgen steht, gibt es relativ bald Abendessen. Nach nun etwa 3,5 Tagen in den Walliser Alpen – und 5x 4000ern – fühle ich mich so fit und voller Tatendrang, wie noch nie. Daher blicke ich dem morgigen Tag mit eher gemischten Gefühlen entgegen – wenn aber tatsächlich ein deutlicher Wetterumschwung bevorsteht, dann hätten wir es kaum besser treffen können. Auch wenn es morgen nicht in allerhöchste Höhen hinaufgehen wird, so freue ich mich doch sehr auf das, was noch kommen wird. [Bild: Ghiacciaio del Lys orientale] [Bild: Blick über den Ghiacciaio di Garstelet zur Vincent-Pyramide 4215 m. - links der wild-zerklüftete Ghiacciaio del Lys orientale] [Bild: Am Gipfel der Schneedomspitze 4272 m. - links die Vincent-Pyramide 4215 m.] [Bild: Am Morgen beim Rifugio Quintino Sella al Felik 3585 m. - Blick in Richtung Süden] |