2014 – Urbeleskarspitze (2632 m.) - Nordwestflanke

stefanmitterer.de



Schwierigkeit:   PD  oder  ZS   (T5+  oder  W5+)

Charakter:  Schroffe Kletterei bis II+ (1 Stelle), teilweise II sowie anhaltend I in steilem Schrofengelände. Die Route durch die Nordwestflanke ist (ab Einstieg) durchgehend markiert und kaum zu verfehlen. Sie wird charakterisiert durch Steilschrofen, Felsrippen, Rinnen, Bänderquerungen, Felsstufen sowie Kamine und gestaltet sich äußerst abwechslungsreich. Die Felsqualität ist an den entscheidenden Stellen gut, wobei das Gelände teilweise geröll- und schuttbeladen ist. Der Zustieg erfolgt vom Kaufbeurer Haus auf markiertem (aber steilem) Geröllsteig zunächst in Richtung Bretterspitze Nordostgrat (oberhalb der Schwarzerscharte), wobei die Abzweigung zum Einstieg in die Nordwestflanke nicht ausgeschildert oder markiert ist. Die 900 Hm. Zustieg ab Hinterhornbach zur Hütte führen zunächst als steiler Waldsteig, später über grüne Hänge und Matten bergauf ins Urbeleskar, wobei teilweise Drahtseile (keine Kletter-/KS-Passagen!) angebracht wurden. Schon während des Zustiegs hat man stets freie Sicht nach Westen/Norden. Die Route durch die Nordwestflanke der Urbeleskarspitze ist landschaftlich grandios! Trotz der moderaten Kletterschwierigkeit und relativen Zahmheit der Route erlebt man die wilde, schroffe Felsszenerie der Hornbachkette in Reinform! Die Ausblicke Richtung Hochvogel und Allgäuer Hauptkamm sowie in die Lechtaler Alpen sind (nicht nur vom Gipfel) vom Feinsten! Insgesamt eine große, klassische „Hornbach-Bergtour“ – für Kletterer zu einfach, für Wanderer viel zu schwierig – aber für „echte“ Bergsteiger genau das Richtige!

Gefahren:  Trotz der Tatsache, dass die Route durch die Nordwestflanke markiert ist, bleibt die Tour ein ernstes, alpines Unterfangen! Das souveräne, seilfreie Beherrschen der Kletterschwierigkeiten ist oberstes Gebot! Vollkommene Trittsicherheit, Schwindelfreiheit, Erfahrung im alpinen Fels- und Schrofengelände, Schneefreiheit (nordwestseitige Ausrichtung!), stabiles Wetter sowie gutes Schuhwerk sind elementare Voraussetzungen für ein sicheres Gelingen der Tour. Die Felsqualität ist in der Regel gut (bei guten Bedingungen ist die Nordwestflanke lustvoll zu durchsteigen), teilweise sind Schrofen und Bänder jedoch schuttbeladen und abschüssig! Mit 1550 Hm. sowie 4-5h reiner Gehzeit (bis zum Gipfel) eine typische, durchaus anstrengende Tagestour – entsprechende Kondition ist erforderlich. In der Nordwestflanke ist Steinschlag möglich (Mitnahme eines Helms empfehlenswert!), besonders durch andere Bergsteiger. Im Falle schlechter Bedingungen (Schnee/Eis) wird der Berg hochriskant und sollte (außer man ist entsprechend versiert und ausgerüstet) gemieden werden. Das nahe Kaufbeurer Haus stellt einen Sicherheitsfaktor dar, ist jedoch in der Regel nur an den Wochenenden von Pfingsten bis Anfang Oktober bewartet. Der Zustieg von Hinterhornbach zur Hütte und weiter zur Nordwestflanke ist prinzipiell ungefährlich/unproblematisch.


18. Oktober 2014

Ein-Tages-Tour in die Allgäuer Alpen (Hornbachkette) mit Besteigung der Urbeleskarspitze über den Normalweg (Nordwestflanke). Zunächst Zustieg vom Parkplatz Hinterhornbach zum Kaufbeurer Haus im Urbeleskar. Anschließend Besteigung der Urbeleskarspitze über den Normalweg (Nordwestflanke). Der Abstieg erfolgt auf der Aufstiegsroute.

Privat organisierte Tour  -  alleine begangen

[Bild: Urbeleskarspitze 2632 m. von Nordwesten - vom Kaufbeurer Haus]

Hinterhornbach  -  Hennensteig  -  Besen  -  Laubrinner Gschrap  -  Urbeleskar  -  Kaufbeurer Haus  -  Kesselboden  -  Urbeleskarspitze Nordwestflanke  -  Urbeleskarspitze  -  Urbeleskarspitze Nordwestflanke  -  Kesselboden  -  Kaufbeurer Haus  -  Urbeleskar  -  Laubrinner Gschrap  -  Besen  -  Hennensteig  -  Hinterhornbach

Die Urbeleskarspitze (2632 m.) ist der dominierende Berg im östlichen Teil der Hornbachkette und der fünfthöchste Gipfel der Allgäuer Alpen. Der von allen Seiten eindrucksvolle Berg besteht aus (teilweise stark) zerborstenem Hauptdolomit und ist – trotz des teilweise markierten (aber nicht ausgeschilderten) Normalweges – ein wilder Geselle! Besuch erhält die Urbeleskarspitze regelmäßig, auch wenn der Andrang im Vergleich zu Hochvogel und Großem Krottenkopf vergleichsweise bescheiden ausfällt. Die beiden Normalwege (Nordwestflanke II+ und Nordgrat II.) lassen sich gut kombinieren, „viel schöner als [der Nordgrat]“ (Dieter Seibert: AVF Allgäuer und Ammergauer Alpen 2013) ist jedoch die etwas anspruchsvollere Route durch die Nordwestflanke. History-Fact: Ob nun Dr. Gümbel (1854) oder der große Hermann von Barth (1869) der Erstbesteiger ist, weiß nur die Urbeleskarspitze selbst…aber wie schon damals ragt sie zwischen Hochvogel und Lechtaler Alpen in den Himmel und wartet darauf, von „klassischen“ Bergsteigern in Angriff genommen zu werden.

[Bild: Auf dem Gipfel der Urbeleskarspitze 2632 m.]

Goldenes Oktoberwetter und das Semester hat gerade erst begonnen…Zeit für die Hornbachkette, den wildesten Teil der Allgäuer Alpen! Wie schon 1 Jahr zuvor bei meiner Hochvogel-Tour ist auch diesmal Hinterhornbach der Ausgangspunkt – das Ziel ist die mächtige Urbeleskarspitze. Gegen 7 Uhr in der Früh mache ich mich bei wolkenlosem Himmel auf den Weg. Das erste Etappenziel ist zunächst das Kaufbeurer Haus im Urbeleskar.

[Bild: Der Wegweiser in Hinterhornbach gibt die Richtung vor]

[Bild: Der Lohn für's Frühaufstehen: der Hochvogel 2592 m. im ersten Morgenlicht - was für ein eindrucksvoller Berg!]

[Bild: Von Hinterhornbach geht es zunächst (den Beschilderungen folgend) über die Brücke und anschließend auf einer Fahrstraße in den Bergwald. In diesem leitet ein Steig in Kehren bergauf]

[Bild: Oberhalb der Waldgrenze führt der Steig kurzzeitig in unschwieriges Schrofengelände]

[Bild: Der Steig leitet schließlich schräg über einen begrünten Hang um das Karköpfl herum in Richtung Urbeleskar. Im Hintergrund das anvisierte Ziel: die Urbeleskarspitze (2632 m.) mit dem langen Verbindungsgrat zur Zwölferspitze 2416 m.]

[Bild: Über grüne Böden und Hänge geht es in Richtung Urbeleskar. Im Hintergrund die Urbeleskarspitze 2632 m. und die Bretterspitze 2608 m.]

Nach etwas mehr als 1,5h (inklusive Pausen) erreiche ich schließlich das am Beginn des Urbeleskar gelegene Kaufbeurer Haus. Das von der Ortsgruppe Bad Wörishofen betreute und der DAV Sektion Allgäu-Immenstadt gehörende Alpenvereinshaus der Kategorie I. wurde 1905 erbaut und stellt neben der Hermann-von-Barth-Hütte die einzige echte Bergsteigerunterkunft der Hornbachkette dar. Das Kaufbeurer Haus ist eine Selbstversorgerhütte und nur mit AV-Schlüssel zugänglich! Von Pfingsten bis Anfang Oktober wird die Hütte jedoch an den Wochenenden (einfach) bewartet. Die Hütte verfügt über 50 Plätze im Matratzenlager sowie 14 Plätze im Winterraum (Stand: Juli 2016 waren nur die Winterraum-Plätze verfügbar). Erreicht werden kann das Kaufbeurer Haus in 2-2,5h von Hinterhornbach, in 3-4h von Häselgehr oder in 5-7h (via Enzensperger Weg) von der Hermann-von-Barth-Hütte. Mögliche Gipfelziele im unmittelbaren Umkreis sind die Urbeleskarspitze (2632 m.  -  II+/II.) - die Zwölferspitze (2416 m.  -  II.) - die Bretterspitze (2608 m.  -  alpiner Steig und I.) sowie die Gliegerkarspitze (2575 m.  -  I.) - Das Kaufbeurer Haus ist eine urige, authentische Bergsteigerunterkunft und bietet einen fantastischen Ausblick in Richtung Hochvogel! Die Impressionen im amphitheaterartigen Urbeleskar - eingerahmt von den mächtigen Felswänden der Urbeleskar-, Zwölfer-, Bretter- und Gliegerkarspitze - sind ebenfalls sehr beeindruckend!

[Bild: Das Kaufbeurer Haus 2005 m. im Urbeleskar wird überragt von der Bretterspitze 2608 m. (rechts) und der Urbeleskarspitze 2632 m.]

[Bild: Vom Kaufbeurer Haus leitet der Steig über begrünte Mattenflächen zum Kesselboden - dem geröllgefüllten oberen Teil des Urbeleskar]

[Bild: In Kehren geht es im steilen Geröll aufwärts auf die Urbeleskarspitze zu. Man zweigt vom Steig zur Bretterspitze ab, sobald sich dieser eindeutig nach rechts (Südwesten) wendet]

[Bild: Blick vom Einstieg in die Nordwestflanke der Urbeleskarspitze zur Gliegerkarspitze 2575 m.  -  Deutlich sind die Zick-Zack-Spuren im Geröll zu erkennen, die zum Nordostgrat der Bretterspitze führen]

[Bild: Am Beginn der Route durch die Nordwestflanke. Den Markierungen folgend, geht es über splitterbrüchige Steilschrofen (I) bergauf]

[Bild: Oberhalb der Steilschrofen geht es unschwierig über eine Felsrippe zwischen zwei schluchtartigen Rinnen auf den Bergkörper zu]

[Bild: Nach kurzer Zeit verläuft sich die Felsrippe in der rechten Rinne. In dieser geht es schräg nach links über Schrofen (I) bergauf]

[Bild: Blick zurück über einen Teil der bisherigen Aufstiegsroute (deutlich ist das Dach des Kaufbeurer Hauses zu erkennen). Technisch schwierig ist das Gelände bis dato nicht - ein Fehltritt hat hier aber trotzdem böse Folgen - es ist steil!]

[Bild: Die Stelle, an der man die Rinne nach rechts verlässt, ist nicht zu verfehlen]

[Bild: Ausgesetzt geht es auf geröllbedeckten Felsbändern quer nach rechts durch die Nordwestflanke der Urbeleskarspitze]

[Bild: Einer Himmelsleiter gleich leiten die Felsbänder aufwärts]

[Bild: In schroffem Felsgelände (I-II) geht es in Richtung einer Einbuchtung. Darüber erhebt sich der oberste Gipfelaufbau der Urbeleskarspitze]

[Bild: In kaminartigem Felsgelände (I-II) leiten die Markierungen steil aufwärts]

[Bild: Gutgriffig geht es im Steilfels (I-II) stetig bergauf. Die Orientierung fällt dabei aufgrund der Markierungen sehr leicht]

[Bild: Querung im oberen Teil der Nordwestflanke unmittelbar vor der Schlüsselstelle (Blick zurück!) - die Markierungen zeigen den Verlauf der Route - das Gelände ist ernst und steil!]

[Bild: Die Schlüsselstelle: Eine 5-m-Platte (II+) die man z.B. entlang des Risses überwinden kann]

[Bild: Der Gipfel ist nah! Gerölligen Bändern folgend, geht es sanft ansteigend die letzten Meter bergauf zum Kreuz - 3,5h habe ich (inklusive Pausen) von Hinterhornbach aus gebraucht]

[Bild: Momente des tiefen Luftholens und der inneren Ruhe...Gipfelglück auf der Urbeleskarspitze 2632 m.  -  Rechts neben dem Kreuz die Bretterspitze 2608 m. mit der Hornbachkette schräg dahinter]

[Bild: Ein befreiendes Gefühl: Auf dem Gipfel der Urbeleskarspitze 2632 m.  -  Im Hintergrund (links) der Hochvogel 2592 m.]

[Bild: Blick von der Urbeleskarspitze nach Südwesten über die wild-schroffe Hornbachkette zum Allgäuer Hauptkamm]

[Bild: Hochvogel 2592 m.]

[Bild: Höfats 2259 m.  -  Kleiner Wilder 2306 m. und Großer Wilder 2379 m. mit dem weiten Wildenkar - von links nach rechts]

[Bild: Tiefblick nach Hinterhornbach - dann machen wir uns mal an den Abstieg! Rechts der Hochvogel 2592 m. und links die Höfats 2259 m.]

[Bild: Blick beim Abstieg zur Bretterspitze 2608 m. (deutlich ist die Spur im Geröll zu erkennen) und zur Gliegerkarspitze 2575 m. rechts daneben. Links erkennt man zwei Bergsteiger im Aufstieg zur Urbeleskarspitze]

[Bild: Bänderquerung beim Abstieg durch die Nordwestflanke der Urbeleskarspitze]

[Bild: Steiles, brüchiges Schrofengelände - nicht schwierig, aber fies!]

[Bild: Blick zurück zur großen Einbuchtung im oberen Teil der Nordwestflanke. Man erkennt zwei weitere Bergsteiger beim Abstieg]

[Bild: Abstieg durch die Urbeleskarspitze Nordwestflanke zum Kaufbeurer Haus]

[Bild: Blick zurück zur Urbeleskarspitze]

[Bild: Der Hochvogel 2592 m. ist DER Blickfang beim Kaufbeurer Haus]

[Bild: Blick nach Norden zur einsamsten Untergruppe der Allgäuer Alpen - zur Rosszahngruppe]

[Bild: Blick zurück zum Kaufbeurer Haus 2005 m. und zur Urbeleskarspitze 2632 m.]

[Bild: Entspannter Abstieg über die grünen Hänge und Böden des unteren Urbeleskar nach Hinterhornbach. Im Hintergrund die einsame Rosszahngruppe]

[Bild: Der imposante Hochvogel 2592 m. überragt Hinterhornbach]

[Bild: Wieder beim Auto im schönen Hinterhornbach]

Fazit: Die Hornbachkette hat mich nicht zum letzten Mal gesehen! Die Besteigung der Urbeleskarspitze über die Nordwestflanke ist ungemein lohnend und abwechslungsreich. Wer auf große, wuchtige Felsgipfel steht und erst bei IIer Stellen auflebt, zugleich aber Markierungen nicht missen mag, der wird bei dieser Tour fündig. Die Aussicht vom Gipfel ist bei gutem Wetter absolut fantastisch und wird einem unweigerlich neue Tourenideen einbringen! Vor Allgäuer Modebergen wie Hochvogel, Mädelegabel und Großem Krottenkopf muss sich die Urbeleskarspitze definitiv nicht verstecken - im Gegenteil: Hier sind die Bergsteiger noch unter sich. Insgesamt eine klassische, anspruchsvolle Genusstour erster Güte!

[Bild: Auf dem schroffen Gipfel der Urbeleskarspitze. Rechts der höchste Punkt (2632 m.) mit Gipfelsteinmann]

 

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