2012 – Schlieferspitze (3290 m.) - Südwestgrat

stefanmitterer.de



Schwierigkeit:   PD  oder  WS   (T5+/6-  oder  W5+/6-)

Charakter:  Die Besteigung der Schlieferspitze über das Schlieferkar und den Südwestgrat ist eine anspruchsvolle alpine Bergtour und verlangt Kletterei bis zum Schwierigkeitsgrad II. Von der Warnsdorfer Hütte führt ein markierter Pfad über schroffe Blockwerk – und Geröllflächen bis zum Schlieferkar. Anschließend geht es über grobe Felsblöcke und Altschneefelder steil bergauf zum Südwestgrat. Der Gipfelaufbau  -  also die obersten 200 Meter der Schlieferspitze  -  ist aber einem bestimmten Punkt nicht mehr markiert. Zunächst geht es über den Südwestgrat bergauf – bis man die Südwand in ihrem oberen Teil quert und anschließend den Südostgrat erreicht – von wo aus es das letzte Stück in Richtung Gipfel geht. Der unübersichtliche und an einigen Stellen ausgesetzte bzw. brüchige Gipfelaufbau der Schlieferspitze verlangt neben einer gewissen Klettergewandtheit auch alpine Erfahrung sowie absolute Trittsicherheit und Schwindelfreiheit – theoretisch erreicht die leichteste bzw. optimalste Route maximal den Schwierigkeitsgrad II-  /  man sollte jedoch mit Schwierigkeiten bis II (bei Verhauern durchaus bis II+/III-) rechnen. Versierte Bergsteiger brauchen zwar keine Kletterausrüstung – jedoch ist in jedem Fall große Umsicht im Umgang mit dem unaufgeräumten und ausgesetzt-brüchigen Felsgelände notwendig. Steinmänner erleichtern in einem gewissen Rahmen die Orientierung. Die Schlieferspitze  -  höchster Berg des Krimmler Kamms zwischen Obersulzbachtal und Krimmler Achental sowie laut AVF und Willi End „einer der schönsten Gipfel der Venedigergruppe“  -  ist ein einsamer, wild-schroffer und ursprünglicher Berg, der im Winter ab und zu als hochalpine Skitour von der Kürsingerhütte her angegangen, im Sommer jedoch nur selten besucht wird. Die Besteigung dieses abgelegenen 3000ers ist ungemein lohnend, jedoch als Tagestour kaum durchführbar und wirklich nur erfahrenen Bergsteigern anzuraten, die eine Vorliebe für einsame Urgesteins-Zentralalpengipfel haben. Wer die Tour bzw. den Hüttenzustieg „by fair means“ (also ohne Mountainbike bzw. Sammeltaxi) angeht, dem stehen  -  von Krimml bis zum Gipfel der Schlieferspitze  -  gut und gerne 10-11 Stunden reine Gehzeit bevor (etwa 22 Kilometer alleine von Krimml bis zur Warnsdorfer Hütte!)  -  Die Aussicht vom schroffen und weltentrückten Gipfel der Schlieferspitze Richtung Großvenediger, Dreiherrenspitze und Reichenspitze ist atemberaubend.

Gefahren:  Die Schlieferspitze ist ein einziger gewaltiger Trümmerhaufen – Steinschlag und heikel-ausgeapertes bzw. brüchiges Felsgelände sind während des Aufstiegs die größten Gefahren. Die aus der Einsamkeit und Abgelegenheit des Berges resultierenden Schwierigkeiten und Risiken machen den Aufstieg ernsthafter, als es zunächst den Anschein hat. Wer nicht über reichlich alpine Erfahrung verfügt, sollte die Finger von der Schlieferspitze lassen. Da der Berg in der Regel seilfrei angegangen wird, sollte man  -  wenn die Markierungen am Beginn des Gipfelaufbaus  aufhören  -  neben dem Beherrschen des Schwierigkeitsgrades II auch über eine gewisse Orientierungsfähigkeit im unübersichtlichen und steilen Felsgelände verfügen. Der Gipfelaufbau der Schlieferspitze ist an einigen Stellen recht ausgesetzt, abschüssig und heikel-brüchig (wer hierher kommt, sollte mit so etwas umgehen können!)  -  Wer nicht die einfachste Aufstiegslinie (maximal II-) Richtung Südostgrat findet, kann im Zuge unglücklicher Verhauer schnell in gefährliches Absturzgelände kommen. Bei Vereisung oder Schlechtwetter ist die Schlieferspitze grundsätzlich zu meiden! Des Weiteren wird man an diesem Berg in der Regel alleine unterwegs sein – jeder der sich die Schlieferspitze vornimmt, sollte wissen, worauf er sich einlässt. Immerhin lässt sich sagen, dass die Risiken des Aufstiegs weitgehend subjektiver Natur sind. Wer die Schwierigkeiten voll beherrscht, Wetter bzw. Verhältnisse berücksichtigt und den Berg mit Umsicht sowie Konzentration angeht, sollte nicht in größere Schwierigkeiten geraten.


18. Juli  -  19. Juli 2012

Zwei-Tages-Tour in die Venedigergruppe zur Warnsdorfer Hütte mit Besteigung der Schlieferspitze (3290 m.) über den Südwestgrat. Abstieg wie Aufstieg.

Privat organisierte Tour  -  alleine begangen

[Bild: Schlieferspitze 3290 m.  -  von Südwesten]

1. Tag        Krimml  -  Krimmler Wasserfälle  -  Krimmler Achental  -  Krimmler Tauernhaus  -  Warnsdorfer Hütte

Die Schlieferspitze (3290 m.) ist der bedeutendste und höchste Berg des Krimmler Kamms in der Venedigergruppe – zwischen Obersulzbachtal und Krimmler Achental. Der allseits dominierende Berg (4,5 km. Dominanz, 514 m. Schartenhöhe) ist fast vollständig von Gletschern umgeben – im Norden befindet sich das Große Jaidbachkees, im Westen das weltenferne Westliche Jaidbachkees, im Osten das Sonntagskees sowie im Süden das Schlieferkees. Die Schlieferspitze sendet vier ausgeprägte, lange Grate in alle Himmelsrichtungen – der Nordostgrat läuft aus ins Obersulzbachtal, der Südwestgrat zieht sich als sogenannte „Rinderwand“ hinab bis ins Krimmler Achental, an den Nordwestgrat schließt die benachbarte Jaidbachspitze (3100 m.) an und im Verlaufe des Südostgrates liegen in etwa eineinhalb  Kilometer Entfernung die Schliefertürme (Südostturm 3142 m. und Nordwestturm 3126 m.)  -  Die Schlieferspitze ist ein abgelegener, einsamer und  -  nicht zuletzt aufgrund des brüchigen und schroffen Gipfelaufbaus  -  ernsthafter Gipfel. Im Winter wird der Berg ab und zu als hochalpine Skitour von der Kürsingerhütte her angegangen – diese Aufstiegsmöglichkeit führt jedoch über das spaltenreiche Sonntagskees und wird zunehmend (vor allem im Sommer) seltener durchgeführt. Im Sommer hat sich der Aufstieg von der Warnsdorfer Hütte her als Normalweg etabliert, auch wenn der Berg nach wie vor verhältnismäßig selten bestiegen wird. Zwar leitet von der Hütte ein markierter, alpiner Pfad über Sonntags – und Schlieferkar bis zum Südwestgrat, anschließend muss jedoch der brüchige, nicht mehr markierte und teilweise ausgesetzte Gipfelaufbau durchstiegen werden – was alpine Erfahrung und Kletterfähigkeiten im Schwierigkeitsgrad II voraussetzt. Zwar wurden an der Schlieferspitze beispielsweise auch in der Südwand, in der Südwestflanke oder in der Ost – bzw. Nordostwand Routen eröffnet, sie werden jedoch aufgrund der Steinschlaggefahr und des brüchigen Gesteins heutzutage so gut wie nie mehr begangen. Daher zieht es vor allem erfahrene Bergsteiger und Liebhaber ursprünglicher bzw. wild-schroffer Urgesteins-3000er zur Schlieferspitze. Die Schlieferspitze gilt als „einer der schönsten Gipfel der Venedigergruppe“ und die Besteigung dieses imposanten Trümmerhaufens darf wohl zu Recht als eine der eindrucksvollsten und lohnendsten klassischen Bergtouren der Hohen Tauern bezeichnet werden.

[Bild: Schlieferspitze 3290 m.  -  von Süden]

Drei Jahre nach der Besteigung des Großvenedigers will ich wieder eine Tour in der Venedigergruppe unternehmen. Meine Wahl fällt auf die Schlieferspitze (3290 m.)  -  höchster Berg des Krimmler Kamms zwischen Obersulzbachtal und Krimmler Achental sowie einer der formschönsten (aber auch schroffsten bzw. anspruchsvollsten) Gipfel der Gruppe. Angehen werde ich den Berg von der Warnsdorfer Hütte aus und so fahre ich über den Pass Thurn (1274 m.) in den Ober-Pinzgau und weiter nach Krimml. Wer zur Warnsdorfer Hütte will, kann hier theoretisch von einem Sammeltaxi bis zum Krimmler Tauernhaus (oder sogar bis zur Materialseilbahn der Hütte) gebracht werden und die Zustiegsmühen  dadurch massiv verkürzen. Mein Credo lautet jedoch – by fair means – und so mache ich mich zu Fuß auf den Weg Richtung Krimmler Achental. Es steht mir nun ein 5-6-stündiger Aufstieg bevor. Der große Vorteil ist jedoch, dass ich dadurch den berühmten Krimmler Wasserfällen  -  zusammen mit 400.000 anderen Besuchern pro Jahr  -  einen Besuch abstatten kann. Mit 385 Metern Fallhöhe sind sie die höchsten Wasserfälle Österreich – Sie werden gebildet durch die Krimmler Ache und münden in die Salzach, welche wiederrum den Pinzgau entlang Richtung Salzburg und weiter zur Mündung des Inn fließt. Es ist interessant zu wissen, dass das Schmelzwasser des Krimmler Kees irgendwann in die Donau bzw. ins Schwarze Meer gelangen wird.

Vom Parkplatz geht es auf einem breiten und befestigten Wanderweg in Richtung der gewaltigen – vom Achental nach Krimml abbrechenden Steilstufe. In lichtem Bergwald folge ich dem Weg stets rechts (westlich) der Krimmler Wasserfälle  -  welche in den Unteren-, den Mittleren- und den Oberen Achenfall unterteilt werden und über mehrere felsige Steilstufen getrennt voneinander nach Krimml abbrechen  -  immer weiter bergauf.

[Bild: Krimmler Wasserfälle]

Während des Aufstiegs Richtung Krimmler Achental mache ich immer wieder Halt, um bei den Aussichtsplattformen Fotos von den imposanten Wasserfällen zu machen. Ich kann jedem nur empfehlen, die Krimmler Wasserfälle zu besichtigen – sie sind ein wirklich eindrucksvolles Naturschauspiel!

[Bild: Der Weg entlang der Krimmler Wasserfälle Richtung Achental führt durch eine idylische Landschaft  -  im Hintergrund die Kitzbüheler Alpen]

Nach dem Oberen Achenfall wird der Weg deutlich flacher und schließlich erreiche ich den Beginn des langen Krimmler Achentales.

[Bild: Auf einer schottrigen Fahrstraße geht es ins Krimmler Achental]

Dieses Tal bildet die Grenze zwischen den Zillertaler Alpen (Reichenspitzgruppe) im Westen und der Venedigergruppe (Hohe Tauern) im Osten. Es beginnt über Krimml mit den Krimmler Wasserfällen und reicht bis zum Talschluss am Krimmler Kees unterhalb der Dreiherrenspitze (3499 m.)  -  Zahlreiche abgelegene und schwer zugängliche Hochkare, Seitentäler, Schluchten und Gräben begrenzen das Krimmler Achental. Das Tal ist nicht besiedelt, jedoch ab der Steilstufe Almenregion – zahlreiche kleine Bauernhöfe und Almen prägen die überwiegend grüne Landschaft. Als Teil transalpiner Verkehrswege hat das Achental eine lange Tradition. Der Weg durch das Tal über die Birnlücke (2665 m.) bzw. die Krimmler Tauern (2633 m.) über das Windbachtal ins Südtiroler Ahrntal ist ein uralter Alpenübergang, der schon von den Römern benutzt wurde. 1879 wurden vom ÖAV die ersten touristischen Wanderwege angelegt. Bis zum Schengener Abkommen wurden im Bereich der Pässe regelmäßig Grenzkontrollen durchgeführt. Für Wanderer bzw. Bergsteiger sind neben dem Krimmler Tauernhaus (1622 m.) und der Warnsdorfer Hütte (2336 m.) – auch die Richterhütte (2374 m.) sowie die Zittauer Hütte (2330 m.) erstrebenswerte Ziele.

[Bild: Am Beginn des Krimmler Achentales]

Auf einer breiten Schotterstraße  -  welche logischerweise für die das Krimmler Tauernhaus sowie die Warnsdorfer – bzw. Richterhütte beliefernden Autos angelegt wurde, aber auch von Mountainbikern genutzt wird  -  geht es anschließend nahezu eben durch das lange Krimmler Achental (stets links bzw. östlich des Baches) in Richtung Süden. Bei traumhaftem Wetter folge ich entspannt dem – nur hin und wieder sanft ansteigenden – Weg durch das grüne und teilweise bewaldete Tal konstant Richtung Krimmler Tauernhaus.

[Bild: Auf einer schottrigen Fahrstraße geht es durch das lange Achental in Richtung Krimmler Tauernhaus]

An zahlreichen Almen geht es vorbei und schließlich führt die schottrige Fahrstraße in einem Bogen zum in der Mitte des Achentales gelegenen Krimmler Tauernhaus (1622 m.)  -  (Wikipedia)  -  Dieses seit etwa 600 Jahren bestehende Berghaus weiß eine lange und aufregende Geschichte vorzuweisen und hat sich auch in der heutigen modernen Zeit als bedeutende und beliebte Einkehrmöglichkeit für Touristen, Mountainbiker und Bergsteiger bewährt. Seit dem Ausbau des Wasserfallweges entlang der Krimmler Wasserfälle 1901 wuchs der Besucherstrom  -  vor allem auch im Zuge des aufkommenden Fremdenverkehrs  -  stark an. Heutzutage ist das Krimmler Tauernhaus ganzjährig geöffnet und dient in erster Linie als Berggasthaus – dennoch stehen 23 Betten – und 38 Lagerplätze für Übernachtungen zur Verfügung. Tagesgäste sind nämlich mittlerweile die größte Einnahmequelle – aber auch (Ski-)Bergsteiger und Wanderer schätzen nach wie vor die gemütliche Atmosphäre, die lange Tradition bzw. Geschichte und die fantastische (Ausgangs-)Lage des Krimmler Tauernhaus. Die beliebtesten Bergtouren und Hüttenübergangsmöglichkeiten sind heutzutage: Richterhütte (2374 m.)  -  Warnsdorfer Hütte (2336 m.)  -  Zittauer Hütte (2330 m.)  -  Krimmler Tauern (2633 m.) und Birnlücke (2665 m.)

[Bild: Das altehrwürdige Krimmler Tauernhaus 1622 m.]

Ich mache zwar eine kleine Pause – nach kurzer Zeit setze ich jedoch den Aufstieg Richtung Warnsdorfer Hütte fort, schließlich habe ich erst knapp die Hälfte der heute zu bewältigenden Höhenmeter bzw. Strecke geschafft.

[Bild: Wegweiser]

[Bild: Krimmler Tauernhaus 1622 m.]

Vom Krimmler Tauernhaus geht es auf der schottrigen Fahrstraße weiter durch das grüne Achental in Richtung Süden. Nach einiger Zeit habe ich schließlich erstmalig das Krimmler Kees mit der darüber aufragenden Dreiherrenspitze (3499 m.) vor Augen. Dieser eindrucksvolle Berg zählt zu den begehrtesten hochalpinen Gipfeln der Hohen Tauern. Während ich der Schotterstraße fast eben immer weiter Richtung Krimmler Kees folge und die Simonyspitzen sowie die Dreiherrenspitze langsam näher kommen, wird mir bewusst, dass ich mit zunehmender Dauer kaum noch Menschen begegne. Abgesehen von einigen Mountainbikern, die mir entgegen kommen, bin ich mehrheitlich alleine unterwegs.

[Bild: Die schottrige Fahrstraße führt durch das grüne Krimmler Achental immer weiter Richtung Südosten  -  im Hintergrund das Krimmler Kees mit den Simonyspitzen 3442 m. und 3473 m  -  dem Umbalköpfl 3426 m. und der Dreiherrenspitze 3499 m.]

Inmitten des idyllischen und zugleich landschaftlich eindrucksvollen Krimmler Achentales folge ich der Schotterstraße immer weiter Richtung Süden und passiere dabei eine Reihe von Almen. Die meiste Zeit geht es direkt neben der Krimmler Ache über weite, grüne Flächen dahin  -  teilweise säumen auch kleine Gruppierungen von Nadelbäumen den Weg.

[Bild: Durch das Achental geht es auf einer Fahrstraße in Richtung Südosten  -  im Hintergrund das Krimmler Kees  -  darüber von rechts nach links: Umbalköpfl 3426 m.  -  Westliche Simonyspitze 3473 m.  -  Östliche Simonyspitze 3442 m. und Vorderer Maurerkeeskopf 3325 m.]

Das zerklüftete Krimmler Kees stets vor Augen – wird die Landschaft nach einiger Zeit deutlich rauer. Aus der grünen und ebenen Talsohle leitet die Fahrstraße schließlich sanft ansteigend durch das begrünte und von mächtigen Felsblöcken durchsetzte Moränengebiet des Krimmler Kees.

[Bild: Kurz vor der Inneren Keesalm 1810 m. wird das Krimmler Achental deutlich rauer]

Kurz vor dem Endpunkt der Fahrstraße und der Materialseilbahn der Hütte erreiche ich eine Wegabzweigung. Auf einem markierten und angelegten Steig geht es von der Fahrstraße in Richtung Osten.

[Bild: Kurz vor der Materialseilbahn der Warnsdorfer Hütte geht es auf einem Steig in östliche Richtung  -  ganz rechts die Nordwand der Dreiherrenspitze 3499 m.]

An grasigen und mit Blockwerk –bzw. Geröll durchsetzten Hängen steige ich langsam bergauf – die mächtige Nordwand der Dreiherrenspitze immer vor Augen.

[Bild: Während des Aufstiegs hat man stets das zerklüftete Krimmler Kees vor Augen  -  deutlich ist der Gletscherschwund zu erkennen]

[Bild: Dreiherrenspitze 3499 m.  -  durch die wilde Nordwand führen einige der ernsthaftesten kombinierten Kletterrouten der Ostalpen]

Nach einiger Zeit führt der Steig in eine weite begrünte und blumenreiche Ebene, die rechts durch einen langgezogenen grasbewachsenen Moränenrücken begrenzt wird.

[Bild: Das Krimmler Kees immer im Blickfeld - erreicht man schließlich diese idylische Wiese, welche durch begrünte Moränenrücken begrenzt wird]

Die Ausblicke auf das  -  zwar stark abgeschmolzene – jedoch nach wie vor  -  eindrucksvolle und zerklüftete Krimmler Kees sind wirklich atemberaubend. Dennoch – wenn man sich überlegt, wie gewaltig der breite Gletscher noch vor 70-80 Jahren gewesen ist, dann wird einem wieder einmal bewusst, dass wir leider nun einmal in einer Zeit der allgemeinen globalen Erwärmung leben. Wir müssen uns an die Veränderungen anpassen, aber auch unsere eigenen Einstellungen und Lebensweisen grundlegend überdenken. Die Alpengletscher waren im 15. Jahrhundert zwar weit stärker abgeschmolzen als heute (dies belegen freigelegte Minenschächte in den Hohen Tauern)  -  dennoch ist es unklar, wann (und ob) die Gletscher jemals wieder wachsen werden. Insofern sollten wir die Gletscher – wie eben auch das Krimmler Kees – in der heutigen Zeit umso mehr als etwas Besonderes sehen, was es so vielleicht irgendwann für lange Zeit nicht mehr geben wird. Der Steig leitet durch die grüne Ebene bis zu einem Wegpunkt – dem sogenannten „Keesboden“ (2020 m.)

[Bild: Wegweiser]

Von hier aus ist die Warnsdorfer Hütte bereits erkennbar, jedoch noch immer etwa 300 Höhenmeter (und ca. 45 Minuten Gehzeit) entfernt. Anschließend folge ich dem markierten Steig über mit Felsblöcken und Geröll durchsetzte begrünte Hänge weiter Richtung Osten.

[Bild: Der Steig leitet über mit Felsblöcken durchsetzte Grashänge in Richtung Warnsdorfer Hütte]

In einigen Kehren geht es über eine grasbewachsene Steilflanke unterhalb des Sonntagskopfes (2526 m.) bergauf.

[Bild: Blick zurück Richtung Nordwesten während des Aufstiegs über die grasbewachsene Steilflanke  -  im Hintergrund die Reichenspitzgruppe]

[Bild: Die Dreiherrenspitze 3499 m. ragt aus dem zerrissenen Krimmler Kees in den Himmel]

Schließlich leitet der mit Felsplatten und Blockwerk befestigte Steig direkt in Richtung Warnsdorfer Hütte.

[Bild: Ich folge dem Steig an steilen Grashängen entlang Richtung Warnsdorfer Hütte]

[Bild: Die Warnsdorfer Hütte 2336 m. liegt aussichtsreich auf einer Schulter - dem Krimmler Kees direkt gegenüber]

Oberhalb steiler Grasflanken folge ich dem Steig bis zu der Felsstufe unterhalb der Hütte, wo ich den Krimmler Törlbach (2310 m.) überquere.

[Bild: Auf den letzten Metern zur Warnsdorfer Hütte]

Anschließend geht es zwischen mächtigen Schieferplatten – bzw. Felsblöcken das letzte Stück des Weges bergauf und nach insgesamt etwa 6 Stunden Aufstiegszeit erreiche ich schließlich die Warnsdorfer Hütte (2336 m.)

[Bild: Warnsdorfer Hütte 2336 m.]

Diese vor dem Krimmler Kees – über dem Talschluss des Krimmler Achentales – gelegene Berghütte gehört der Sektion Warnsdorf/Krimml des ÖAV und wurde im Jahr 1897 eröffnet. 1984 erhielt die Hütte ein Kleinkraftwerk und 1991/1992 wurde sie schließlich saniert und vergrößert. Geöffnet ist die Warnsdorfer Hütte in der Regel von Mitte Juni bis Ende September  -  sie verfügt über 10 Betten – sowie 61 Lagerplätze. Der Winterraum bietet 14 Lagerplätze, ist stets offen und verfügt über Brennholz sowie einen Ofen. Heutzutage erfolgen die meisten Hüttenzustiege vom Krimmler Tauernhaus bzw. von der Inneren Keesalm (Rucksacktransport mit der Materialseilbahn möglich) – der klassische Hüttenzustieg mit dem Ausgangspunkt Krimml schreckt aufgrund der Distanz (über 20 Kilometer) und der Gehzeit von etwa 6 Stunden viele Menschen ab. Das Tourenangebot rund um die Hütte ist vielfältig – jedoch wird für die meisten Gipfel und Hüttenübergänge Hochtouren – bzw. Kletterausrüstung benötigt. Die Übergänge zur Kürsingerhütte (2558 m.) bzw. zur Essener-Rostocker-Hütte (2208 m.) erfolgen über Gletscher und sind dementsprechend nicht für Wanderer oder Alleingänger geeignet. Lohnend ist die Tour zur Birnlücke (2665 m.) bzw. zur Birnlückenhütte (2441 m.) – die sich in Kombination mit dem Lausitzer Weg (Via Vetta d` Italia) – dem Krimmer Tauern und dem Windbachtal zu einer grandiosen Rundwanderung ausdehnen lässt. Der klassische Wandergipfel der Warnsdorfer Hütte ist das Gamsspitzl (2888 m.) oberhalb des Krimmler Törl, von wo aus man eine fantastische Aussicht zum Großvenediger (3662 m.)  -  zum Obersulzbachkees sowie zum Großen Geiger (3360 m.) und zur Dreiherrenspitze (3499 m.) hat. All diese Berge können von der Hütte aus angegangen werden, jedoch sollte man für den Großvenediger über 8,5 Stunden Aufstiegszeit bzw. für den Großen Geiger 8 Stunden einplanen, daher werden diese Berge von der Warnsdorfer Hütte her äußerst selten bestiegen. Gipfel wie die Simonyspitzen, die Maurerkeesköpfe oder die Schlieferspitze sind dagegen schon in etwa 4-6 Stunden Aufstiegszeit zu haben, jedoch ist keines dieser Tourenziele wirklich einfach. Wilde und extrem schwierige bzw. gefährliche Klettertouren wie der Nordostpfeiler der Dreiherrenspitze (Schwierigkeit: D+ und Kletterei bis V-  /  komplizierter Gletscherzugang und Steinschlaggefahr) werden mittlerweile nur noch selten begangen. Die neben dem Gamsspitzl am häufigsten angegangene Tour ist heutzutage die Schlieferspitze (3290 m.)  -  dennoch bleibt ihre Besteigung – aufgrund der Länge, der Brüchigkeit des Gesteins und der Kletterschwierigkeiten bis II – eine ernsthafte Angelegenheit. Die Warnsdorfer Hütte wird häufig von Ausbildungskursen in Anspruch genommen – darüber hinaus ist sie seit 1997 Träger des Umweltgütesiegels (als erste Berghütte des Landes Salzburg)  -  Die Aussicht von der Terrasse der Warnsdorfer Hütte Richtung Krimmler Kees, Dreiherrenspitze und Reichenspitzgruppe ist grandios – dies ist eine der Hütten, bei denen schon der reine Besuch eine lohnendswerte Tour darstellt. Die Warnsdorfer ist trotz der vielen Modernisierungen in den letzten Jahren eine klassische Bergsteigerunterkunft geblieben. Sie richtet sich zwar hauptsächlich an Hochtouristen, Kletterer und erfahrene Bergsteiger – aber auch normale Wanderer werden ihre Freude am Gamsspitzl, der Birnlücke und den Ausblicken Richtung Großvenediger und Dreiherrenspitze finden. Die Warnsdorfer Hütte wird zwar weniger besucht als viele andere Berghütten der Venedigergruppe – doch gerade deswegen findet man hier eine Perle der Ursprünglichkeit inmitten der grandiosen Hochgebirgswelt der westlichsten Hohen Tauern.

[Bild: Dreiherrenspitze 3499 m. und Krimmler Kees]

Nachdem ich mir einen Lagerplatz besorgt und etwas gegessen habe, verbringe ich den restlichen Tag auf der Terrasse vor der Hütte. Die Aussicht zum zerrissenen Krimmler Kees und zu den darüber aufragenden Gipfeln (Maurerkeesköpfe, Simonyspitzen und Dreiherrenspitze) ist wirklich fantastisch.

[Bild: Blick von der Warnsdorfer Hütte in Richtung Krimmler Kees und zur darüber aufragenden Dreiherrenspitze 3499 m.  -  links daneben Umbalköpfl 3426 m. und Westliche Simonyspitze 3473 m.]

Ich unterhalte mich mit dem Hüttenwirt Ernst Meschik über meinen Plan – morgen die Schlieferspitze zu besteigen. Er rät mir, sehr früh aufzubrechen (was ich sowieso vorhatte) – ist aber auch positiv überrascht. Es komme nicht sehr häufig vor, dass so junge Bergsteiger wie ich den Berg alleine angehen würden, immerhin wäre ich diesen Sommer der Erste, der die Schlieferspitze von der Warnsdorfer Hütte aus besteigt. Ob das wirklich stimmt, weiß ich nicht – es motiviert mich aber noch einmal zusätzlich.

[Bild: Dreiherrenspitze 3499 m.]

Am Abend mache ich schließlich noch einige Fotos von der grandiosen Dreiherrenspitze (3499 m.) und dem eleganten Felshorn der Reichenspitze (3303 m.)  -  Da ich morgen noch vor Sonnenaufgang aufbrechen will (und muss) – gehe ich relativ früh schlafen. Der kommende Tourentag verspricht äußerst anstrengend und anspruchsvoll – jedoch auch landschaftlich herausragend schön zu werden.

[Bild: Langsam wird es dunkel über den Ostalpen  -  im Hintergrund die Reichenspitzgruppe]

2. Tag        Warnsdorfer Hütte  -  Sonntagskar  -  Schlieferkar  -  Südwestgrat  -  Schlieferspitze  -  Südwestgrat  -  Schlieferkar  -  Sonntagskar  -  Warnsdorfer Hütte  -  Krimmler Tauernhaus

Am nächsten Morgen steige ich zunächst von der Hütte ein kurzes Stück zum Krimmler Törlbach bergab.

[Bild: Aufbruch von der Warnsdorfer Hütte]

Dort folge ich dem ausgeschilderten Weg Nr. 936 Richtung Schlieferspitze und überquere den kleinen Gebirgsbach. Anschließend geht es zwischen groben Felsblöcken weiter zu der vom Sonntagskopf (2526 m.) nach Südosten ziehenden grasigen Steilflanke. Auf einem erdigen Steig geht es in Serpentinen steil und mühsam bergauf zu einer Anhöhe.

[Bild: Auf einem erdigen Steig geht es eine steile Grasflanke bergauf]

Von dort folge ich dem Pfad weiter über eine kleine grasbewachsene Ebene. Die Markierungen leiten um ein paar markante Felsen herum in ein begrüntes Geröllkar – südwestlich des Krimmler Törlkopf (3063 m.)

[Bild: Auf einem angelegten Pfad geht es durch das begrünte Geröllkar]

Im Folgenden geht es auf dem markierten Pfad über eine grasbewachsene und mit Blockwerk durchsetzte Flanke schräg aufwärts in nordwestliche Richtung.

[Bild: Blick zurück über das begrünte Geröllkar  -  im Hintergrund von rechts nach links: Dreiherrenspitze 3499 m.  -  Umbalköpfl 3426 m.  -  Westliche Simonyspitze 3473 m.  -  Östliche Simonyspitze 3442 m.  -  Vorderer Maurerkeeskopf 3325 m. und Mittlerer Maurerkeeskopf 3283 m.]

Bei einer mit großen Felsplatten bedeckten Anhöhe habe ich schließlich erstmals freie Sicht auf meinen anvisierten Gipfel  -  noch scheinbar endlos weit weg – ragt die Schlieferspitze als breite Pyramide über den steilen Firnresten des Schlieferkees in den Himmel. Mittlerweile kann ich auch das gesamte Krimmler Kees unterhalb der Maurerkeesköpfe und der Simonyspitzen überblicken. Das Wetter ist klasse – nur die über die Birnlücke ins Achental wabernden Nebelschwaden machen mir ein wenig Sorgen. Nach einer kurzen Pause mache ich mich auf in Richtung Sonntagskar. Über die großen Felsplatten geht es weiter zu einer mäßig steilen Geröllfläche.

[Bild: Über geneigte Felsplatten geht es weiter in Richtung Nordwesten  -  im Hintergrund die Schlieferspitze 3290 m.  -  rechts die Schliefertürme]

Ich folge dem Weg  -  südwestlich der Sonntagsköpfe  -  bis zu einer Anhöhe.

[Bild: Blick von der Anhöhe in Richtung Sonntagskar  -  im Hintergrund die Schlieferspitze 3290 m. mit dem Schlieferkees]

Von dort leiten die Markierungen über Blockwerk ein kurzes Stück bergab. Links von einem mächtigen Felsaufschwung folge ich dem Pfad über Geröll, Schutt und Felsblöcke in nördliche Richtung. Auch wenn die Markierungen immer gut erkennbar sind und der Weg unschwierig zu begehen ist, so verlangt das schroffe und stark felsige Terrain doch Trittsicherheit und in jedem Fall auch gutes Schuhwerk. Teilweise sind die glatten Schieferfelsen nass und etwas unangenehm zu begehen, besonders die schrägen Felsplatten verlangen an einigen Stellen Vorsicht und Konzentration. Insgesamt geht es aber problemlos voran und über weite Blockwerkflächen leiten die Markierungen weiter bis zu einer Geröllflanke. Oben auf der Anhöhe breitet sich das Sonntagskar vor mir aus – dieses weite und ziemlich schroffe Geröllkar muss in seiner ganzen Länge durchquert werden.

[Bild: Blick über das weite Sonntagskar  -  die Schlieferspitze 3290 m. ist noch weit weg]

Von der Anhöhe steige ich zunächst über eine blockreiche Flanke ein kurzes Stück bergab.

[Bild: Dreiherrenspitze 3499 m. mit dem Krimmler Kees]

[Bild: Den ganzen Tag wabern Wolken über die Birnlücke ins Krimmler Achental]

Anschließend folge ich den Markierungen über Geröll, Felsblöcke und Schutt immer weiter in Richtung Norden – die imposante Schlieferspitze stets vor Augen.

[Bild: Der Weg über die weiten Blockwerk - und Geröllflächen des Sonntagskares ist unschwierig, aber mühsam]

Nach einiger Zeit stoße ich auf eine weitere zu bewältigende Schwierigkeit: Mehrmals müssen tückische Altschneefelder überquert werden. Meistens sind sie nicht sehr tief – ein paar Mal sinke ich jedoch bis zum Oberschenkel ein, was zwar ungefährlich – jedoch extrem anstrengend und ärgerlich ist. Zwar führt ein markierter Pfad durch das weite Sonntagskar – häufig suche ich mir jedoch unmittelbar neben dem Weg den sinnvollsten und mir persönlich angenehmsten Weg über diese schroffen Blockwerk – und Geröllflächen, bis ich irgendwann wieder auf den Weg stoße, um ihn nach wenigen Metern erneut zu verlassen. Das anvisierte Ziel Schlieferspitze bzw. der Zugang über das Schlieferkar ist nicht zu verfehlen und so fällt die Orientierung (bei gutem Wetter) relativ leicht.

[Bild: Zunehmend müssen im Sonntagskar auch aufgeweichte und tückische Altschneefelder überquert bzw. sogar umrundet werden  -  rechts die Schlieferspitze 3290 mit dem Schlieferkees  -  links die Rinderwand]

Über scheinbar endlose Geröll – und Blockwerkflächen geht es in einigem Auf – und Ab konstant in Richtung der von der Schlieferspitze nach Südwesten ziehendenden Felswand – der Rinderwand. Südlich des Schlieferkees angekommen, folge ich den Markierungen über einige große Altschneefelder Richtung Nordwesten.

[Bild: Schlieferspitze 3290 m.]

[Bild: Blick zurück über das geröllige - jedoch von zahlreichen Altschneefeldern durchzogene - Sonntagskar  -  im Hintergrund das Krimmler Kees mit den Maurerkeesköpfen, den Simonyspitzen und der Dreiherrenspitze]

Schließlich geht es über Blockwerk und Felsblöcke bergauf ins Schlieferkar. Dieses kleine – aber steile – Hochkar südwestlich der Schlieferspitze wird durch die Rinderwand bzw. den Südwestgrat sowie einen schroffen Felsgrat westlich des Schlieferkees eingerahmt und vom Sonntagskar abgetrennt.

[Bild: Über grobe Felsblöcke - und Platten geht es bergauf ins Schlieferkar]

Über Felsplatten, Geröll und Blockwerk steige ich bergauf ins Schlieferkar. Dort leiten die Markierungen zunächst an den südlichen Rand einer Felswand. Von dort geht es oberhalb eines extrem tiefen und – aufgrund des sehr weichen Schnees – heiklen Altschneefeldes steil bergauf. Der abschüssige Lockerschutt unterhalb der Felsflanke ist etwas unangenehm zu begehen, insgesamt komme ich jedoch gut voran.

[Bild: Am Rand eines großen Altschneefeldes steige ich mühsam aufwärts  -  hier ist Trittsicherheit unbedingt notwendig]

Zwischen dem Ende der der Rinderwand vorgelagerten Felswand und dem oberen Ende des großen Altschneefeldes leiten die Markierungen in unübersichtlichem Felsgelände über große Felsblöcke –und Platten steil bergauf in Richtung des Punktes (3039 m.) – des höchsten Punktes der Rinderwand.

[Bild: Über große Felsblöcke - und Platten geht es im Schlieferkar bergauf]

Direkt unterhalb des Punktes (3039 m.) angekommen, quere ich oberhalb steiler Blockwerk – und Geröllflanken ein steiles Firnfeld.

[Bild: Unterhalb des Punktes (3039 m.) der Rinderwand muss dieses Altschneefeld gequert werden  -  optional kann man es auch umständlich und mühsam rechts umrunden]

Etwas mühsam wechsele ich wieder vom Firn auf felsigen Untergrund.

[Bild: Das durchweg steile und felsige Gelände verlangt trotz der Markierungen Trittsicherheit und alpine Erfahrung]

Südöstlich des Punktes (3039 m.) steige ich schließlich am Rand eines Firnfeldes  -  den Markierungen folgend  -  über grobe Felsblöcke – und Platten steil bergauf und erreiche nach einiger Zeit den Südwestgrat der Schlieferspitze.

[Bild: Über Felsblöcke - und Platten geht es am Rand des oberen Schlieferkeeses zum Südwestgrat  -  rechts die Schlieferspitze 3290 m.]

Dort angekommen, mache ich eine kurze Pause und genieße die Aussicht Richtung Krimmler Kees und zu den darüber aufragenden Gipfeln der Maurerkeesköpfe, der Simonyspitzen und der Dreiherrenspitze. Aber auch die Reichenspitzgruppe im Westen sowie das weltenfern-abgelegene Jaidbachkar im Nordwesten ziehen meine Blicke auf sich.

[Bild: Blick vom Beginn des Südwestgrates der Schlieferspitze in Richtung Westen]

Nach einiger Zeit mache ich mich auf zum Gipfelaufbau der Schlieferspitze.

[Bild: Westliches Jaidbachkees  -  ein weltenferner und so gut wie nie begangener Gletscher - westlich der Schlieferspitze]

Den Markierungen folgend, geht es direkt auf der Gratschneide – teilweise auch rechts davon – in leichter Kraxelei über große Felsblöcke – und Platten Richtung Nordosten.

[Bild: Am Südwestgrat geht es über Felsblöcke - und Platten bergauf]

Unmittelbar neben dem Schlieferkees komme ich dem schroffen Gipfelaufbau immer näher – nach kurzer Zeit stoße ich jedoch auf ein (Wegweiser-)Schild, das mich nur noch schmunzeln lässt.

[Bild: Wer bis zu diesem Wegweiser nicht weiß, dass er in Richtung Schlieferspitze unterwegs ist, dem ist echt nicht zu helfen  -  ergänzenswert wäre noch, dass der Kletterschwierigkeitsgrad II beherrscht werden muss] 

Viel wichtiger ist jedoch, dass ab diesem Punkt keine Markierungen mehr vorhanden sind – es liegt nun am erfahrenen Bergsteiger, sich den bestmöglichsten Weg über Südwestgrat, Südwand und Südostgrat zum Gipfel zu suchen.

[Die folgende Beschreibung des weiteren Aufstiegs zum Gipfel der Schlieferspitze soll und kann nicht als ideale Route gelten – gewiss gibt es teilweise einfachere Möglichkeiten, dennoch soll sie einen Eindruck vermitteln, dass man bei der theoretisch einfachsten Route nicht an seine Grenzen kommen sollte – da man dann ganz schnell Probleme bekommen kann]

Von dem Wegweiser geht es knapp unterhalb des Südwestgrates in leichter Kletterei (Schwierigkeitsgrad I) zunächst ein Stück bergauf.

[Bild: In unübersichtlichem Felsgelände steige ich über Felsblöcke - und Platten bergauf]

Nach kurzer verbreitert sich der Grat etwas und in unübersichtlichem Felsgelände steige ich über Blockwerk und Felsplatten hinauf bis zu einer mit Felsblöcken gefüllten Rinne. Diese geht es in Kletterei (Schwierigkeit I+/II-) steil bergauf.

[Bild: Diese mit Felsblöcken - und Platten gefüllte Rinne geht es mühsam und steil bergauf]

In dem ungegliederten Bereich zwischen Südwestgrat und Südwand steige ich anschließend relativ unschwierig über Blockwerk und Geröll mäßig steil bergauf, bis die Überwindung geschichteter Felsblöcke erneut leichte Kletterei verlangt (Schwierigkeitsgrad I+)

[Bild: Das teils unübersichtliche Felsgelände verlangt alpine Erfahrung und eine solide Orientierungsfähigkeit]

Das Gelände ist durchweg steil und abschüssig – einen kapitalen Fehler (z.B. ein „unglückliches“ Abrutschen) darf man sich keineswegs erlauben.

[Bild: Tiefblick zum oberen Teil des Schlieferkeeses  -  im Profil der Südwestgrat]

Dafür ist das Ambiente absolut großartig. Mittlerweile habe ich nämlich auch freie Sicht zum Großvenediger und genieße trotz der Anspannung und Fokussierung die fantastisch-hochalpine Umgebung. Dass ich trotz des ernsthaften Terrains und der schroffen bzw. abschüssigen Kletterstellen relativ locker bleibe, zeigt mir, dass ich mittlerweile gut mit so etwas umgehen kann. Über große Felsblöcke geht es weiter steil bergauf (Schwierigkeitsgrad I) bis ich wieder an den Südwestgrat heran steige.

[Bild: Über gestufte Felsblöcke geht es in leichter Kletterei bergauf]

Direkt auf der Gratkante – erfordert die Überwindung einer aus geschichteten Felsblöcken – bzw. Platten bestehenden Steilstufe große Konzentration (Schwierigkeitsgrad II-)  -  da es nach links zum Westlichen Jaidbachkees steil abbricht.

[Bild: Direkt auf der Gratkante geht es über gestufte Felsplatten - und Blöcke steil bergauf]

Anschließend steige ich rechts des Grates über Felsblöcke unschwierig weiter aufwärts Richtung Gipfel.

[Bild: Über Felsblöcke geht es unschwierig bergauf in Richtung Südwand  -  das Gipfelkreuz ist bereits sichtbar]

Nach einiger Zeit wird mir bewusst, dass ich den oberen Teil der Südwand Richtung Südostgrat queren muss, da ein Weiterkommen auf dem Südwestgrat ohne Seilsicherung irgendwann nicht mehr vertretbar ist. An einer in meinen Augen geeigneten Stelle quere ich schließlich die schroffe und ausgesetzte Südwand. Auch im Nachhinein weiß ich nicht, ob diese Querung zum oberen Teil des Südostgrates richtig war – in jedem Fall ist dies die für mich unangenehmste Stelle des Aufstiegs. Das Gelände ist extrem abschüssig bzw. schroff, der Abstand zwischen den Felsen und den steilen Südabstürzen ist sehr schmal und die Vermeidung extrem ausgesetzter Passagen mithilfe von Blockkletterei (Schwierigkeitsgrad II) verlangt mir nach Stunden des Aufstiegs einiges ab.

[Bild: In der wild-schroffen und brüchigen Südwand der Schlieferspitze]

Schließlich geht es über gestufte Felsblöcke in leichter Kletterei (Schwierigkeitsgrad I) schräg bergauf zum Südostgrat.

[Bild: Über Felsblöcke - und Platten steige ich bergauf zum Südostgrat  -  im Hintergrund das Gipfelkreuz]

Das nahe Gipfelkreuz motiviert mich schließlich noch einmal und nachdem ich den obersten Teil des Südostgrates erreichet habe, ist die Überwindung des letzten Stücks nur noch Formsache. In leichter Blockkletterei (Schwierigkeitsgrad I) geht es auf dem Grat Richtung Gipfel und nach etwas mehr als 4,5 Stunden erreiche ich schließlich den wild-schroffen Gipfel der Schlieferspitze (3290 m.)

[Bild: Gipfelkreuz der Schlieferspitze 3290 m.]

Die Aussicht vom Gipfel ist fantastisch: Im Süden das Krimmler Kees mit den Maurerkeesköpfen, den Simonyspitzen und der Dreiherrenspitze. Weiter Richtung Südwesten erkenne ich die Rötspitze und die Daberspitze. Westlich gegenüber präsentiert sich die Reichenspitzgruppe in all ihrer Wildheit und Eleganz. Grandios ist aber vor allem der Blick zum Großvenediger mit seiner zerklüfteten Nordwestflanke und zum Obersulzbachkees. Zwischen Großvenediger und Maurerkeesköpfen ragt der Große Geiger in den Himmel. Quellwolken verhindern zwar den Fernblick Richtung Glocknergruppe, Dolomiten, Zillertaler Alpen und Ortler Gruppe  -  dafür sind die Tiefblicke vom schroffen Gipfel der Schlieferspitze ins Obersulzbachtal sowie ins Krimmler Achental absolut gigantisch. Beim Blick über die Weiten des Sonntagskares habe ich stets meinen langen Auf – bzw. Abstiegsweg vor Augen. Richtung Nordwesten – und Nordosten kann ich auch Teile des Karwendels, der Chiemgauer Alpen, des Wilden Kaisers und der Berchtesgadener Alpen erkennen. Neben dem Großvenediger sind die – in meinen Augen – spektakulärsten Ausblicke jedoch die, auf die schroffen Grate der Schlieferspitze. Besonders der einsame Nordostgrat aus dem Obersulzbachtal sowie der Nordwestgrat von der Großen Jaidbachspitze her, zeigen, dass es praktisch unendlich viele Kletter – und Hochtouren-Möglichkeiten für erfahrene Individualisten in den Alpen gibt. Ich mache es mir auf dem schroffen Gipfel  -  so gut es geht  -  gemütlich und genieße die Aussicht.

[Bild: Blick nach Norden  -  rechts ein Teil des Obersulzbachtales]

[Bild: Blick über das weite Sonntagskar zum Krimmler Kees  -  darüber die Maurerkeesköpfe, die Simonyspitzen und die Dreiherrenspitze 3499 m.  -  ganz rechts die Rötspitze 3496 m.]

[Bild: Blick Richtung Westen zur Reichenspitzgruppe]

[Bild: Blick zum Großvenediger 3662 m. und zum Obersulzbachkees  -  links der Keeskogel 3291 m.  -  rechts der Große Geiger 3360 m.  -  im Vordergrund das Sonntagskees]

[Bild: Blick ins Obersulzbachtal  -  im Hintergrund der Keeskogel 3291 m.  -  rechts Kleinvenediger 3468 m. und Obersulzbachkees  -  im Profil der einsame Nordostgrat der Schlieferspitze, welcher das Große Jaidbachkees und das Sonntagskees voneinander trennt]

[Bild: Auf dem Gipfel der Schlieferspitze 3290 m.]

Nach etwa 20 Minuten mache ich mich an den Abstieg  -  Nun heißt es – auch wieder heil von diesem gewaltigen Trümmerhaufen herunter zu kommen.

[Bild: Auf dem Gipfel der Schlieferspitze - inmitten der großartigen Hochgebirgswelt der Venedigergruppe]

In leichter Blockkletterei steige ich zunächst ein Stück auf dem Südostgrat bergab – nach kurzer Zeit geht es jedoch über gestufte Felsblöcke schräg abwärts in die Südwand. Erstaunlicherweise fällt mir der Abstieg wesentlich leichter als der Aufstieg. Vermutlich liegt dies daran, dass ich das Gelände nun (mehr oder weniger) kenne – vor allem jedoch sind die vereinzelt stehenden Steinmänner im Abstieg wesentlich besser zu erkennen, als während des Aufstiegs. Nichtsdestotrotz bleibt die Querung der brüchigen und schroffen Südwand (an der geeigneten Stelle) eine relativ anspruchsvolle Unternehmung, bei der man den Schwierigkeitsgrad II sicher beherrschen sollte. Es liegt am erfahrenen Bergsteiger, den vertrauenswürdigsten Begehungsspuren zu folgen und die optimalste Route zu finden.

[Bild: In der schroffen und brüchigen Südwand der Schlieferspitze]

Schließlich steige ich links des Südwestgrates über brüchiges Blockwerk und Geröll steil bergab bis zu der Steilstufe – direkt auf der Gratschneide. Nachdem ich auch diese Stelle überwunden habe, geht es anschließend in dem ungegliederten Bereich zwischen Südwestgrat und Südwand mäßig steil abwärts – jedoch verlangt das brüchig-schroffe und abschüssige Blockgelände ständige Umsicht und Konzentration.

[Bild: Links des Südwestgrates geht es über Blockwerk und Geröll steil und abschüssig bergab]

Über Felsplatten, Blockwerk und Geröll steige ich links der Gratschneide immer weiter abwärts, bis ich schließlich wieder den (sehr amüsanten) Wegweiser und die Markierungen erreiche. Zwar scheint das Schlieferkees ideal ins Sonntagskar auszulaufen – und ich überlege mir, direkt und weglos über die mäßig steilen Firnflanken abzusteigen – ich bleibe jedoch auf der bekannten und markierten Route. Ich will jetzt beim Abstieg nichts mehr riskieren und werde den „Umweg“ über das Schlieferkar nehmen.

[Bild: Schlieferspitze 3290 m.]

Den Markierungen folgend, geht es auf der Gratschneide – teilweise auch links davon – in leichter Kraxelei über Felsplatten und Blockwerk abwärts.

[Bild: Abstieg durch das Schlieferkar]

Südöstlich des Punktes (3039 m.) der Rinderwand angekommen, steige ich – teilweise über aufgeweichten Firn, teilweise über Blockwerk – in einem Bogen bergab. Da ich den Verlauf des Weges bzw. der Markierungen während des Abstiegs relativ gut einsehen kann, suche ich mir teilweise auch weglos meine eigene Abstiegsroute durch die weiten Blockwerkflanken des Schlieferkares. In diesem geht es über Felsblöcke, Geröll und Schutt sowie teilweise auch über aufgeweichte Altschneefelder immer weiter bergab.

[Bild: Blick zurück zur Schlieferspitze 3290 m.]

Schließich leiten die Markierungen von der Rinderwand weg Richtung Südosten und in einem Bogen geht es über weite Blockwerk – und Geröllflächen ins Sonntagskar.

[Bild: Über Blockwerk und einzelne Altschneefelder geht es in einem Bogen zurück ins Sonntagskar]

[Bild: Sonntagskar  -  darüber die Schliefertürme und Teile des Schlieferkees]

Wie schon beim Aufstieg – folge ich anschließend nicht stur den Markierungen durch das Kar, sondern teilweise geht es weglos über die weiten Blockwerk –und Geröllflächen in Richtung Süden (vor allem dann, wenn ich tiefe bzw. aufgeweichte – und daher tückische – Altschneefelder umrunden muss)

[Bild: Auf dem Weg zurück durch das Sonntagskar  -  im Hintergrund das Krimmler Kees mit den Maurerkeesköpfen und den Simonyspitzen]

[Bild: Schlieferspitze 3290 m.  -  von Süden]

Schließlich leiten die Markierungen über eine blockreiche Flanke bergauf zu einer Anhöhe. Die imposante Dreiherrenspitze stets im Blickfeld – folge ich dem gerölligen Pfad ein kurzes Stück bergab.

[Bild: Von der Anhöhe geht es ein kurzes Stück bergab in eine geröllige Senke  -  im Hintergrund das Krimmler Kees mit den Simonyspitzen und der Dreiherrenspitze]

Über die anschließende Blockwerk – und Geröllfläche geht es hinauf zu der Anhöhe – rechts des vom Kleinen Sonntagskees nach Südwesten herabziehenden Felskammes. Beim Blick zurück präsentiert sich noch einmal die fantastische Schlieferspitze in all ihrer Pracht – als breite Trümmerpyramide ragt sie über den Weiten des Sonntagskares in den Himmel.

[Bild: Schlieferspitze 3290 m. und Schliefertürme  -  von Süden]

Den Markierungen folgend – geht es anschließend auf einem gerölligen Pfad  -  einige Blockwerkflanken querend  -  fast eben bis zu einer Anhöhe. Von dort steige ich über eine grasbewachsene und mit Blockwerk durchsetzte Flanke schräg bergab in ein begrüntes Geröllkar – südwestlich des Krimmler Törlkopf.

[Bild: Blick über das begrünte Geröllkar zum Krimmler Kees - mit den Maurerkeesköpfen, den Simonyspitzen und der Dreiherrenspitze]

Ich durchquere das grasbewachsene Hochkar und um ein paar markante Felsen leiten die Markierungen herum bis zu einer kleinen grasbewachsenen Ebene. Von einer Anhöhe steige ich schließlich auf einem erdigen Steig in Serpentinen steil bergab zum Krimmler Törlbach.

[Bild: Warnsdorfer Hütte 2336 m.  -  dahinter das Krimmler Kees mit Östlicher Simonyspitze 3442 m.  -  Westlicher Simonyspitze 3473 m.  -  Umbalköpfl 3426 m. und Dreiherrenspitze 3499 m.]

Ursprünglich hatte ich geplant, an diesem Tag auch direkt bis nach Krimml abzusteigen. Als ich jedoch wieder bei der Warnsdorfer Hütte eintreffe und erst einmal etwas esse, wird mir schnell klar, dass das zeitlich und konditionell nicht zu schaffen ist. Zu Fuß nach dieser anstrengenden Tour heute auch noch 5-6 Stunden durch das gesamte Krimmler Achental zurückzuwandern – dazu bin ich konditionell noch nicht in der Lage. Ich erkundige mich beim Hüttenwirt Ernst Meschik über die Abfahrtszeiten des Fahrtaxis, welches mehrmals täglich vom Krimmler Tauernhaus nach Krimml fährt. Dies wäre die einzige Möglichkeit, heute noch nach Krimml zu gelangen – da sich zudem langsam dichte Regenwolken über dem Alpenhauptkamm bilden, heißt jetzt die Devise: Runter in`s Tal – um jeden Preis! Doch leider erfahre ich, dass das letzte Taxi zu einem Zeitpunkt abfahren soll, den ich kaum schaffen kann. Ich stelle mich gezwungenermaßen auf eine weitere Übernachtung ein – da hat der Hüttenwirt plötzlich eine fantastischen Idee: Er will mir sein Mountainbike leihen, damit ich es rechtzeitig zum Krimmler Tauernhaus schaffe. Es befände sich bei einer kleinen Materialhütte zwischen Äußerer – und Innerer Keesalm – direkt rechts neben der Fahrstraße. Ich könne es nehmen und beim Krimmler Tauernhaus abgeben. Ohne weiter Zeit zu vergeuden, mache ich mich sofort an den Abstieg. Ich danke dem Hüttenwirt für diese unerwartete Hilfe und mache mich in der Art eines Bergläufers auf den Weg ins Krimmler Achental. Von der Warnsdorfer Hütte geht es über die aus Felsplatten – und Blöcken bestehende Steilstufe zunächst bergab zum Krimmler Törlbach. Von dort folge ich dem angelegten Steig an grasbewachsenen Flanken entlang in westliche Richtung.

[Bild: Blick zurück zur Warnsdorfer Hütte]

Während des Abstiegs verdüstern sich die Wolken über der Dreiherrenspitze immer mehr. Hatte es während des Abstiegs von der Schlieferspitze noch so ausgesehen, als würden die Quellwolken (welche sich über den Tag gebildet hatten) harmlos bleiben, so ist das sich anbahnende Gewitter nun offensichtlich. Da es nun auch kein Zurück mehr gibt, sprinte ich förmlich zu Tal. Immer wieder fängt es ganz leicht an zu tropfen – kurioserweise scheint es, als würde ich mit dem Gewitter um die Wette rennen. Der mit Felsplatten – und Blockwerk befestigte Steig leitet schließlich zum höchsten Punkt einer grasbewachsenen Steilstufe.

[Bild: Abstieg in Serpentinen über die grasbewachsene Steilstufe]

In einigen Kehren geht es über diese bergab und anschließend führt der Steig über mit Felsblöcken und Geröll durchsetzte Hänge weiter Richtung Westen bis zum „Keesboden“ (2020 m.)

[Bild: Dreiherrenspitze 3499 m. und Krimmler Kees]

Ich folge dem Weg durch die anschließende grüne und blumenreiche Ebene, bis ich mit einem Mal überrascht und zugleich erfreut feststelle, dass das Wetter doch noch einmal kurzfristig schön geworden ist. Es scheint, als wäre bei dieser Tour schlechtes Wetter auch am Ende kein Thema.

[Bild: Bei noch relativ gutem Wetter folge ich dem angelegten Steig über grüne Ebenen nach Westen bergab]

Auf dem angelegten und markierten Steig geht es schließlich an grasigen und mit Geröll – bzw. Blockwerk durchsetzten Hängen konstant abwärts zur Fahrstraße – in der Nähe der Materialseilbahn.

[Bild: Abstieg zur Fahrstraße  -  auch über der Reichenspitzgruppe bilden sich langsam dunkle Wolken]

Wieder auf der schottrigen Fahrstraße – folge ich dieser an der Inneren Keesalm vorbei Richtung Nordwesten. Ich suche nach einer kleinen Hütte rechts am Wegesrand - wenn ich sie nicht finde, habe ich vermutlich bald ein Problem.

[Bild: Noch ist das Wetter über dem Achental relativ schön  -  über dem Krimmler Kees und der Dreiherrenspitze 3499 m. bilden sich jedoch zunehmend dunkle Gewitterwolken - der kommende Wetterumschwung ist offensichtlich]

Glücklicherweise finde ich jedoch ohne Schwierigkeiten die Materialhütte und mit dem Mountainbike geht es anschließend durch das Achental in Windeseile zurück zum Krimmler Tauernhaus.

[Bild: Ohne dieses Mountainbike hätte es noch ein richtig mieser (bzw. nasser) Tag werden können]

Zwar stehe ich unter Zeitdruck – und das kommende Gewitter über dem Alpenhauptkamm sitzt mir im Nacken – dennoch genieße ich die Fahrt mit dem Mountainbike zurück zum Tauernhaus. Zwar werde ich nie ein richtiger Mountainbiker werden – der Vorteil, den diese Hightech-Fahrräder aber (bezogen auf lange Forst – / Fahr – und Schotterstraßen) mit sich bringen, ist aber unbestreitbar.

[Bild: Über der Dreiherrenspitze braut sich ein Gewitter zusammen]

Als ich schließlich beim Krimmler Tauernhaus eintreffe, beginnt es mit einem Mal sinnflutartig zu regnen. Über dem Krimmler Kees und der Dreiherrenspitze (und den gesamten Ostalpen) entlädt sich ein gewaltiges Gewitter (das in Österreich teilweise auch kleinere Überschwemmungen nach sich ziehen sollte). Glücklicherweise habe ich das Tauernhaus noch rechtzeitig erreicht – in zweifacher Hinsicht. Als es wenig später bei strömendem Regen mit dem „Nationalparktaxi“ (Wanderbus) durch das Achental zurück nach Krimml geht – frage ich mich, wie es wohl jetzt erst am Gipfel der Schlieferspitze aussehen muss.

[Bild: Über dem Krimmler Kees und den Zentralalpen entlädt sich ein gewaltiges Gewitter]

Abschließend kann ich sagen, dass die Besteigung der Schlieferspitze (3290 m.) von der Warnsdorfer Hütte her, eine wirklich eindrucksvolle – jedoch auch reichlich alpine und anspruchsvolle – Bergtour ist. Zwar gibt es in der Venedigergruppe (und den Hohen Tauern) höhere –, prestigeträchtigere – und vor allem bekanntere Berge, jedoch genau das macht den Reiz dieser wilden und imposanten Spitze aus. Die Besteigung der Schlieferspitze ist eine Tour für erfahrene und einsamkeitssuchende Individualbergsteiger, die sich auch im unmarkierten, brüchig-schroffen und ausgesetzten Felsgelände wohl fühlen, darüber hinaus den Kletterschwierigkeitsgrad II sicher beherrschen und eine Vorliebe für ursprüngliche bzw. wild-schroffe Urgesteins-Zentralalpen-3000er haben. Die Schlieferspitze ist ein abgelegener, einsamer und  -  aufgrund des schroffen Gipfelaufbaus und der langen Zustiege  -  ernsthafter Berg. Nichtsdestotrotz ist sie „einer der schönsten Gipfel der Venedigergruppe“ und die Besteigung dieses imposanten Trümmerhaufens darf zu Recht als eine der lohnendsten und eindrucksvollsten-klassischen Bergtouren der Venedigergruppe und der Hohen Tauern bezeichnet werden.

[Bild: Auf dem schroffen und weltentrückten Gipfel der Schlieferspitze 3290 m.  -  im Hintergrund Großvenediger, Obersulzbachkees, Großer Geiger und Maurerkeesköpfe]

 

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