2011 – Sass Rigais (3025 m.) - Überschreitung

stefanmitterer.de



Schwierigkeit:   Ost-Klettersteig:  B/C   -   Südwest-Klettersteig:  B   -  Insgesamt:  F+  oder  L+   (Tour insgesamt T4  oder  W4)

Charakter:  Der Sass Rigais  -  Hauptgipfel der Geislergruppe  -  gehört zu den bedeutendsten Bergen der Dolomiten. Die Überschreitung dieses wuchtigen 3000ers gehört zu den lohnendsten klassischen Bergtouren der nordwestlichen Dolomiten. Beide Klettersteige weisen nur geringe technische Schwierigkeiten auf, dennoch erfordern sie (besonders der Ost-Klettersteig) eine gewisse alpine Erfahrung. Die Klettersteige sind gut gesichert, jedoch müssen immer wieder ungesicherte Felspassagen und leichte Kletterstellen (Schwierigkeitsgrad I) bewältigt werden. Das schroffe und teils ziemlich steile Gelände verlangt absolute Trittsicherheit und Schwindelfreiheit. Sehr erfahrene und versierte Bergsteiger brauchen ggf. kein Klettersteigset, es ist aber jedem anzuraten eins zu verwenden. Bei gutem Wetter bietet diese Tour landschaftlich großartige Eindrücke  -  besonders die Aussicht vom Gipfel des Sass Rigais ist atemberaubend. Insgesamt eine sehr eindrucksvolle  -  wenn auch häufig begangene  -  Klettersteigtour an einem der bekanntesten Berge der Dolomiten.

Gefahren:  Aufgrund der hohen Frequentierung sind die Klettersteige teilweise ziemlich steinschlaggefährdet  -  neben dem obligatorischen Klettersteigset ist ein Helm unbedingt anzuraten. Bei Gewitter sollte man den Berg grundsätzlich meiden, da dann die Drahtseile extrem blitzschlaggefährdet sind. Da man während der Klettersteige immer wieder ungesicherte Felspassagen und leichte Schrofenkletterei (Schwierigkeitsgrad I) zu bewältigen hat, kann die Tour bei Neuschnee oder Vereisung heikel werden.


21. August  -  23. August 2011

Drei-Tages-Tour in die Geislergruppe der Dolomiten zur  Regensburger Hütte (2037 m.) mit Besteigung des Sass Rigais über den Ost-Klettersteig. Abstieg über den Südwest-Klettersteig.

Privat organisierte Tour  -  zusammen mit meiner Mutter Sigrid

[Bild: Sass Rigais 3025 m.  -  Hauptgipfel der Geislergruppe -  rechts daneben die Furchetta]

1. Tag        Endstation Col Raiser Seilbahn  -  Regensburger Hütte

Mit einer Höhe von 3025 Metern ist der Sass Rigais genauso hoch, wie der benachbarte Gipfel der Furchetta. Aufgrund seiner wuchtigen Form gilt er jedoch als Hauptgipfel der Geislergruppe  -  einer nordwestlichen Untergruppe der Dolomiten zwischen Villnöß und Gröden. Die meisten der steilen Felstürme (ladinisch: Odles  -  d.h. Nadeln) und Berge sind nur über Kletterrouten zu bezwingen, so auch die Furchetta. Der Sass Rigais ist dagegen durch zwei Klettersteige erschlossen. Der Ost-Klettersteig beginnt in der Salieresscharte zwischen Sass Rigais und Furchetta und führt von Osten auf den Gipfel. Der etwas leichtere Südwest-Klettersteig kann sowohl von der Regensburger Hütte, als auch von der Mittagsscharte aus gestartet werden. An einem bestimmten Punkt vereinigen sich die beiden Anstiege und führen  von da an einheitlich über die Südwestflanke auf den Gipfel. Zusammen ergeben die beiden Klettersteige eine großzügige und vor allem großartige Überschreitung. Der Sass Rigais zählt zu den bedeutendsten und bekanntesten 3000ern der Dolomiten und bietet eine grandiose Aussicht auf die Zentralalpen  -  sowie auf weite Teile der Dolomiten.

Nach der Durchquerung der Feltriner Dolomiten und der damit verbundenen Beendigung des Dolomiten Weitwanderwegs Nr. 2 wollen meine Mutter und Ich noch eine anständige Gipfelbesteigung in den Dolomiten machen  -  bestenfalls in Kombination mit einem mittelschweren Klettersteig. Und so fällt unsere Wahl auf den Sass Rigais  -  den Hauptgipfel der Geislergruppe. Nach einer turbulenten Rückreise von Feltre nach Cant del Gal, weiter über San Martino di Castrozza, den Passo di Rolle und quer durch die westlichen Dolomiten  -  erreichen wir schließlich am Nachmittag St. Christina im Grödnertal. Nach 5 Tagen Feltriner Dolomiten und einer anstrengenden Autofahrt entschließen wir uns, heute nicht mehr zur Hütte aufzusteigen, sondern die Seilbahn Col Raiser zu nehmen. Dass unser angepeiltes Hütten – bzw. Gipfelziel kein Geheimtipp ist, wird uns schon am Parkplatz aufgrund der großen Zahl an Autos klar. Das Gebiet südlich der Odle wird von vielen Wanderwegen durchzogen und nebenbei nicht nur von St. Christina, sondern auch von St. Ulrich aus per Seilbahn erreicht. Nach der Seilbahnfahrt machen wir uns schließlich von der Endstation (2107 m.) auf Richtung Regensburger Hütte. Da die Hütte nur etwa 20 Minuten Gehzeit entfernt liegt und man nur etwas mehr als (absteigende) 50 Höhenmeter zu bewältigen hat, sind mit uns auch sehr viele Tagesgäste und Touristen unterwegs.

[Bild: Blick von der Endstation der Col Raiser Seilbahn zu den Geislerspitzen  -  etwas rechts der Bildmitte der Sass Rigais 3025 m.]

Für Berghütten ist eine nahe Seilbahn wie Col Raiser natürlich ein Segen, da ein Großteil der Einnahmen auf eben solche Tagesgäste zurückzuführen ist. Entsprechend weist der Weg zur Hütte keinerlei technische Schwierigkeiten auf und wir haben Zeit die uns umgebenden Berge zu bewundern. Ein breiter Wanderweg führt zunächst über offenes Wiesengelände in einen lichten Bergwald. Nach kurzer Zeit geht es aus dem kleinen Wald heraus und über weite Wiesen – und Graslandschaften leitet der Weg schließlich  -  immer in westliche Richtung  -  zur Regensburger Hütte (2037 m.)

[Bild: Auf dem Weg zur Regensburger Hütte]

[Bild: Regensburger Hütte 2037 m.  -  im Hintergrund Muntejela und Monte Stevia]

[Bild: Über den grünen Matten der Cisles Alm ragen die Geislerspitzen in den Himmel]

[Bild: Kleine Fermeda 2800 m.  -  Große Fermeda 2873 m.  -  Cisleser Odla 2780 m. und Sass de Mesdi 2760 m.  -  von links nach rechts]

[Bild: Rechts der langgezogene Kamm des Muntejela 2644 m.  -  links hinten der Beginn des Val Mont Dal Ega  -  unterhalb der Wolke befindet sich die Wasserscharte]

Diese der autonomen Provinz Bozen gehörende Alpenvereinshütte wird italienisch als Rifugio Firenze bezeichnet und durch die CAI Sektion Florenz von Anfang Juni bis Mitte Oktober bewirtschaftet. Die Regensburger Hütte wurde  in den Jahren 1888/1889 durch die Sektion Regensburg erbaut, wobei Architekt und Finanzier Max Schultze die Hütte erst 1906 an die Sektion übergab. 1921 wurde die Hütte  -  aufgrund der Folgen des Ersten Weltkrieges  -  durch Italien beschlagnahmt. Als Reaktion wurde im Jahr 1930 die Neue Regensburger Hütte in den Stubaier Alpen erbaut. Schließlich erwarb die CAI Sektion Florenz die Hütte, welche sie jedoch 1999 an die Autonome Provinz Bozen abtreten musste (ähnliches geschah mit 24 weiteren vom Staat enteigneten Schutzhütten)  -  2010 lief die Konzession zu deren Führung durch den CAI aus. Die Pachtverträge wurden vorläufig verlängert  -  bis zu dem Tag, an dem sich das Land Südtirol, der CAI und der AVS über die langfriste Verwaltung der Hütte geeinigt haben. 1980 wurde die Hütte umgebaut und renoviert. Aktuell besitzt sie 20 Betten und 70 Lagerplätze, jedoch keinen Winterraum.

[Bild: Regensburger Hütte (Rifugio Firenze) 2037 m.]

Erreicht werden kann die Regensburger Hütte von St. Christina, Wolkenstein und St. Ulrich auf einfachen, bezeichneten Wanderwegen  -  ggf. mit Unterstützung einer Seilbahn. Alternativ bieten sich eine Reihe von Hüttenübergängen an, so zum Beispiel der Weg über die Forcella Forces de Sieles zur Puezhütte  -  oder der Übergang über die Forcella della Roa zur Schlüterhütte. Für Bergsteiger sind der Col dala Pieres (2747 m.) und der Sass Rigais (3025 m.) interessante Gipfeloptionen. Kletterer finden dagegen im Bereich der Odle bzw. an den Fermeda-Türmen ihre Kletterrouten. Individualisten zieht es zur Furchetta (3025 m.)  -  zum Torkofel (2967 m.) oder zum Wasserkofel (2924 m.)  -  Von der Hütte hat man eine fantastische Aussicht auf die gesamte Geislergruppe  -  ein Berg im Südwesten ist jedoch ganz klar der Blickfang: Der Langkofel (3181 m.)  -  italienisch: Sasso Lungo  -  einer der imposantesten Berge der gesamten Alpen  -  zeigt von hier eindrucksvoll seine gewaltige, über 1000 Meter hohe Nordostwand. Ob nun Tourist, Wanderer, Bergsteiger oder Kletterer  -  die Regensburger Hütte ist in jedem Fall einen Besuch wert, alleine der Aussicht wegen.

Wir organisieren uns zunächst unsere Plätze in einem der Lager und verbringen anschließend den restlichen Tag vor der Hütte.

[Bild: Monte Stevia 2555 m.]

Als schließlich die letzten Tagesgäste Richtung Col Raiser verschwinden, wird es um die Hütte sogar verhältnismäßig ruhig. Aber natürlich werden wir bei so einem schönen Wetter nicht die Einzigen, die morgen in Richtung Sass Rigais streben. Er ist das Paradeziel in der Umgebung und ich bin schon gespannt, ob wir morgen am Ost-Klettersteig in einen Stau geraten werden.

[Bild: Sass Rigais und Furchetta  -  beide 3025 m. hoch  -  rechts der Beginn des Wasserrinnentals]

2. Tag        Regensburger Hütte  -  Wasserrinnental  -  Salieresscharte  -  Ost-Klettersteig  -  Sass Rigais  -  Südwest-Klettersteig  -  Regensburger Hütte

Am nächsten Morgen machen wir uns früh auf in Richtung Wasserrinnental. Wir hoffen, dadurch dem größten Andrang aus dem Weg zu gehen. Aufgrund des guten Wetters werden heute mit Sicherheit wieder sehr viele Menschen den Sass Rigais besteigen  -  viele auch direkt von Col Raiser aus (als Tagestour)  -  Während Langkofel und Rosengarten von den ersten Sonnenstrahlen beleuchtet werden, folgen wir dem ausgeschilderten Weg über die Cislesalpe Richtung Norden. Über offenes Wiesengelände geht es mäßig ansteigend immer in Richtung des Felsriegels zwischen Sass de Mesdi und Sass Rigais.

[Bild: Der Weg führt über die grünen Matten der Cisles Alm Richtung Norden]

[Bild: Auf dem Weg Richtung Wasserrinnental]

Als wir schließlich die Ebene Plan Ciartier (auch: Plan Ciautier) erreichen, folgen wir der Beschilderung „Sas Rigais Ost/Est  -  Val Salieres  -  Klettersteig Ferrata“ in Richtung Wasserrinnental. Der Weg leitet zunächst an den Fuß des Südostgrates des Sass Rigais und anschließend  -  in Serpentinen  -  über eine begrünte Geröllflanke in das von gewaltigen Felswänden flankierte Wasserrinnental.

[Bild: Knapp unterhalb des Wasserrinnentals  -  im Hintergrund der Beginn des Torkofel Südgrates]

[Bild: Links die Forces de Sieles  -  rechts daneben der Muntejela 2644 m. und anschließend Monte Stevia 2555 m. und Langkofel 3181 m.  -  links im Hintergrund der Col dala Pieres 2747 m.]

In dem von mächtigen Schutt – und Geröllströmen bedeckten Kar geht es auf einem Pfad in nördliche Richtung.

[Bild: Am Beginn des Wasserrinnentals  -  hinten die Furchetta 3025 m.]

Während des Aufstiegs haben wir stets die imposante Furchetta (3025 m.) vor Augen  -  zusammen mit dem Sass Rigais einer der Hauptgipfel der Geislergruppe und einer der begehrtesten Gipfel der Dolomiten insgesamt. Der markierte und durch eindeutige Begehungsspuren immer klar ersichtliche Pfad führt über weite Geröllflächen immer weiter aufwärts Richtung Salieresscharte.

[Bild: Über weite Geröll - und Schuttflächen geht es bergauf]

Beeindruckend sind die das Val Salieres umgebenden Felswände von Sass Rigais und Torkofel (2967 m.)  -  Letzterer kann von der  -  südlich der Kleinen Furchetta (2942 m.) gelegenen  -  Torscharte aus bestiegen werden. Dieser Aufstieg erfordert leichte Kletterei (Schwierigkeitsgrad I+)   -  wobei dieser Berg sehr selten bestiegen wird. Knapp unterhalb der Salieresscharte wird der geröllige Pfad noch einmal etwas steiler.

[Bild: Blick zurück zum Aufstiegsweg durch das Wasserrinnental]

Nach einem anstrengenden Schlussanstieg stehen wir nach etwas mehr als 2 Stunden an der Salieresscharte, welche den Sass Rigais von der Furchetta trennt. Dies ist nicht nur der Ausgangspunkt für den Ost-Klettersteig am Sass Rigais, sondern auch der für eine Besteigung der Furchetta  -  eine alpine Kletterroute, bei der die große Schwierigkeit (reine Kletterschwierigkeit II+) in der Orientierung liegt. Findet man stets die richtige Route, braucht man nicht unbedingt eine Kletterausrüstung  (auch weil das Anbringen mobiler Sicherungsmittel relativ schwierig ist)  -  in der Regel wird man aber  -  gerade beim Abstieg  -  nie ganz die richtige Route erwischen  und dann sollte man u.a. das Abseilen beherrschen. Äußerst versierte Kletterer und Alpinisten können die Furchetta aber solo bzw. seilfrei besteigen  -  dies erfordert aber weitreichende Fähigkeiten sowie eine gute Psyche.

[Bild: Furchetta 3025 m.  -  von der Salieresscharte]

Ob die Furchetta bergsteigerisch wertvoller ist als der Sass Rigais, darüber lässt sich streiten. Aus alpinistischer Sicht ist sie es in jedem Fall. Während unserer Pause in der Salieresscharte genießen wir die Sicht auf die uns umgebenden fantastischen Felsszenerien und bereiten uns schon einmal auf den Klettersteig vor.

[Bild: Der tiefe Spalt zwischen Sass Rigais und Furchetta]

Schließlich machen wir uns auf und steigen von der Scharte über Schrofengelände in wenigen Minuten zum Anseilplatz. Von diesem aus leiten die Markierungen über ungesichertes Gelände (Schrofenkletterei im Schwierigkeitsgrad I) zum Einstieg und dem Beginn der Drahtseile.

[Bild: Über Schrofen geht es zum Einstieg]

[Bild: Teilweise erfolgt der Zustieg auch über Geröllfelder]

Zunächst geht es über einen Aufschwung (B) mäßig steil bergauf.

[Bild: Der Beginn des Ost-Klettersteigs]

[Bild: Mäßig steil geht es im ersten Teil des Klettersteigs bergauf ]

Schon nach wenigen Höhenmetern hat sich die Perspektive auf die Furchetta stark verändert. Nun haben wir auch Einblick in die düstere Nordwestwand, in der namenhafte Kletterer (unter anderem auch Reinhold Messner) viele anspruchsvolle Routen hinterlassen haben. Es folgt eine leichte Querung (A/B)  - bei der wir einen guten Einblick in den unübersichtlichen Gipfelaufbau des Sass Rigais haben.

[Bild: Gipfelaufbau des Sass Rigais]

Unvermittelt endet das Drahtseil. Wir steigen über gerölliges und teils brüchiges Gelände weiter und erreichen schließlich die Schlüsselstelle des Ost-Klettersteiges: Eine senkrechte Wandstufe (B/C)  -  die durch Eisentritte entschärft ist.

[Bild: Diese Wandstufe ist die Schlüsselstelle des Ost-Klettersteigs]

[Bild: Tiefblick in der mit Eisentritten gesicherten Steilstufe]

Nach dieser schwierigsten Stelle verliert der Klettersteig deutlich an Steilheit.

[Bild: Über Schrofengelände geht es drahtseilgesichert bergauf]

In mäßig schwieriger Kletterei (A/B und B) führt der Steig durch Kamine und über Schrofengelände bergauf.

[Bild: Die beeindruckende Furchetta 3025 m.]

Eine tiefe Einbuchtung im Fels wird mit einem beherzten Schritt überwunden. Nach einem anschließenden Steilaufschwung (B) endet das Drahtseil erneut. Es folgt eine schroffe Rinne, die in leichter Kletterei (Schwierigkeitsgrad I) durchstiegen wird.

[Bild: In leichter Kletterei geht es die geröllige Rinne bergauf]

Oberhalb der Rinne geht es wieder drahtseilgesichert in steilem Schrofengelände (A/B) bergauf.

[Bild: Im mittleren Teil des Klettersteigs  -  oberhalb der Geröllrinne]

[Bild: Der schroffe und abweisende Gipfel der Furchetta 3025 m.]

Nach einer letzten Felsstufe erblicken wir erstmalig das Gipfelkreuz des Sass Rigais.

[Bild: Der oberste Gipfelaufbau des Sass Rigais]

Über die folgende Geröll – und Schotterflanke geht es in Serpentinen ungesichert bergauf Richtung Gipfel.

[Bild: Grandiose Felsszenerien: Furchetta 3025 m. und Torkofel 2967 m.  -  in der Ferne die Fanesgruppe]

Kurz vor dem höchsten Punkt folgt noch eine letzte Drahtseilsicherung (A/B)  -  in stark felsigem Gelände geht es mäßig steil die letzten Meter in Richtung Gipfelkreuz.

[Bild: Knapp unterhalb des Gipfels]

Gegen Mittag stehen wir schließlich auf dem höchsten Spitze der Geislergruppe.

[Bild: Auf dem Gipfel des Sass Rigais 3025 m.]

Und auch wenn wir nicht die Ersten am Gipfel sind, so haben wir doch während des gesamten Aufstiegs keine anderen Bergsteiger getroffen. Offensichtlich wird der Sass Rigais mehrheitlich über den leichter erreichbaren Südwest-Klettersteig bestiegen. Gemeinsam mit einigen anderen Leuten machen wir es uns auf dem breiten Gipfel gemütlich und genießen die fantastische Aussicht: Im Nordosten erkenne ich neben dem langgezogenen Kamm der Aferer Geisler den mächtigen Peitlerkofel (2875 m.)  -  Besonders eindrucksvoll ist der Blick auf die nahe Furchetta (3025 m.)  -  welche sich von hier aus besonders unnahbar zeigt. Weiter Richtung Süden erkenne ich die mächtige Felsburg der Sella  -  mit dem Piz Boè (3152 m.) als höchste Spitze und der Marmolada (3343 m.) im Hintergrund. Rechts daneben präsentiert der imposante Langkofel (3181 m.) seine gewaltigen Nordostabstürze. Weiter südwestlich erkenne ich in der Ferne den Rosengarten und daneben das ausgedehnte Plateau der Seiser Alm um den Schlern (2563 m.)  -  Im Südosten kann ich zudem noch die Silhouetten von Civetta, Monte Pelmo, Antelao, den Tofanen, Sorapiss, Monte Cristallo und der Fanesgruppe erkennen. Eindrucksvoll sind aber auch die Tiefblicke in die grünen Landschaften des Villnößtales bzw. zur Cisles Alm. Insgesamt ein wirklich herausragend schönes Panorama, das wir bei bestem Wetter bewundern dürfen.

[Bild: Blick Richtung Nordwesten]

[Bild: Aferer Geisler und Peitlerkofel  -  in der Ferne die Zentralalpen]

[Bild: Furchetta 3025 m. und Torkofel 2967 m.  -  dahinter in der Ferne Fanesgruppe und Tofanen]

[Bild: Rechts der Langkofel 3181 m.  -  Links die Sella und dahinter die Marmolada 3343 m.  -  in der Ferne die Pala]

[Bild: Blick nach Westen zu den angrenzenden Odle  -  in der Ferne der Schlern 2563 m.]

Nach einer langen Gipfelrast machen wir uns schließlich an den Abstieg. Vom Gipfel geht es zunächst entlang der Drahtseile ein Stück über den luftigen und schmalen Grat bergab (A)

[Bild: Abstieg vom Gipfel  des Sass Rigais]

Nach einer kurzen Unterbrechung geht es im Zick-zack den Grat weiter hinunter (A)  -  Schließlich wechselt der Klettersteig vom Grat in die Wand.

[Bild: Abstieg vom Grat in die Südwestwand des Sass Rigais  -  unten die grünen Matten der Cislesalpe]

[Bild: Abstieg über die geröllige und teils abschüssige Südwestflanke]

Über einige steile Felsstufen (A/B) leiten die Drahtseile bergab und nach einigen Querungen (A) im schroffen und gerölldurchsetzten Gelände erreichen wir eine Abzweigung.

[Bild: Über einige steile Felsstufen geht es  -  stets drahtseilgesichert  -  bergab]

Wir wählen natürlich den Südwest-Abstieg Richtung Regensburger Hütte und nicht den Weg (Villnößer Einstieg  -  Schwierigkeit B/C) zur Mittagsscharte. In Serpentinen steigen wir über die schroffe und teils abschüssige Südwestflanke auf markiertem Pfad bergab.

[Bild: Abstieg über die geröllige Südwestflanke]

Schließlich geht es über begrünte Schrofenhänge in einer langen Querung zum Beginn des nächsten Teils des Klettersteigs.

[Bild: Blick zurück zum Sass Rigais]

Wir folgen den Drahtseilen über zunächst mäßig steiles Gelände (A) zum oberen Ende einer steilen Felsflanke. Diese geht es in einem Bogen mit einigen entschlossenen Tritten bergab (B) zu einer kleinen Holzbrücke.

[Bild: Im zweiten Teil des Südwest-Klettersteigs]

Nach dieser wird das Gelände wieder flacher. In einer gerölligen Rinne und zwischen zwei Felsblöcken geht es das letzte Stück des Südwest-Klettersteigs bergab (A) in Richtung der von der Mittagsscharte nach Südosten ziehenden Schlucht.

[Bild: Durch eine geröllige Rinne geht es bergab]

In dieser geht es auf einem markierten Pfad über Geröll und Schutt in Richtung Plan Ciartier.

[Bild: Abstieg in der von der Mittagsscharte nach Südosten ziehenden Schlucht  -  im Hintergrund die Forces de Sieles]

Während des Abstiegs haben wir stets die über der Forces de Sieles aufragenden Berge Muntejela (2644 m.) und Col dala Pieres (2747 m.) im Blick. Während ich die umliegenden Berge betrachte, wird mir bewusst, wie unglaublich viele Möglichkeiten sich mir in den Dolomiten noch bieten. Diese fantastische Gebirgsgruppe hält noch so viele Berge, Höhenwege und Klettersteige  -  aber auch einsame und unbekannte Gipfel  -  bereit, dass man sie in einem einzelnen Leben nicht alle begehen und besteigen kann. Am untersten Ende der Schlucht führt der Weg schließlich über ein Schotterfeld wieder in die grünen Ebenen des Plan Ciartier. Nach kurzer Zeit mündet der Weg wieder auf den heute Morgen begangenen Aufstiegsweg Richtung Wasserrinnental. Wir wenden uns nach Südwesten und über die grünen Weiten der Cisles Alm geht es entspannt zurück zur Regensburger Hütte.

[Bild: Blick zurück zum Sass Rigais]

[Bild: Auf dem Weg zurück zum Rifugio Firenze  -  im Hintergrund rechts der Langkofel 3181 m.]

Während des Abstiegs über den Südwest-Klettersteig sind uns relativ viele Menschen entgegengekommen  -  das war zu erwarten. Aber beim Aufstieg über das Wasserrinnental und den Ost-Klettersteig waren wir die Einzigen  -  bei fantastischem Wetter  /  Mitte August  -  da hat sich der frühe Aufbruch am Morgen in jedem Fall gelohnt. Wieder bei der Hütte angekommen, verbringen wir den restlichen Tag damit zu entspannen und Fotos von den umliegenden Bergen zu machen. Von der Regensburger Hütte aus gesehen, kann man sich unterdessen kaum vorstellen, dass der Sass Rigais verhältnismäßig leicht zu besteigen ist  -  die große Menge an Eisen macht`s letztendlich möglich.

3. Tag        Regensburger Hütte  -  Parkplatz Col Raiser Seilbahn

Da wir am ersten Tag die Seilbahn genommen haben, steigen wir heute anständigerweise zu Fuß ins Tal ab.

[Bild: Der Langkofel 3181 m. leuchtet im ersten Morgenlicht  -  rechts daneben der Plattkofel 2964 m.  -  in der Ferne der Rosengarten]

Von der Regensburger Hütte geht es auf breiter Fahrstraße über offenes Almgelände Richtung Süden bergab. Nach kurzer Zeit führt die Straße in ein lichtes Waldstück und in diesem geht es von nun an konsequent in Richtung Südwesten.

[Bild: Abstieg von der Regensburger Hütte nach St. Christina]

Wir passieren einen kleinen See und ein paar Holzhütten und nehmen schließlich eine Abzweigung.

[Bild: Ein letzter Blick zurück zu den Geislerspitzen  -  in der Mitter der Sass Rigais 3025 m.]

Anschließend geht es parallel zum Fahrweg auf einem schmalen Waldpfad weiter bergab. Nach kurzer Zeit mündet dieser wieder auf die breite Fahrstraße und auf dieser geht es entlang der Col Raiser Seilbahnmasten das letzte Stück in Richtung Parkplatz  -  den imposanten Langkofel immer im Blickfeld.

[Bild: Blick von der Talstation der Col Raiser Seilbahn zum Langkofel 3181 m.]

Abschließend kann ich sagen, dass der Sass Rigais ein wirklich lohnender Berg ist. Die Klettersteige (besonders der Ost-Anstieg) sind spannend, führen durch beeindruckende Felsszenerien und sind gleichzeitig nur mäßig schwierig. Es gibt natürlich längere, schwierigere und durchaus auch eindrucksvollere Vie Ferrate in den Dolomiten  -  der Sass Rigais vereint aber einige besondere Eigenschaften: Er ist der Hauptgipfel der Geislergruppe und eine der bedeutendsten Spitzen der „Bleichen Berge“. Er bietet eine grandiose Aussicht und zudem laufen beide Klettersteige direkt am höchsten Punkt aus  -  von daher ist dies eine sehr schöne Bergtour, bei der man dem größten Andrang (zu entsprechender Jahreszeit  -  aber auch zur richtigen Uhrzeit) durch ein bisschen Taktik entgehen kann. Alles in allem eine gemäßigte und zugleich fantastische Klettersteigtour  -  in wilder Umgebung.

[Bild: Auf dem Gipfel des Sass Rigais 3025 m.]

[Als kleine Anekdote: Bei der anschließenden Fahrt nach Hause wollen wir eigentlich noch  -  zum Abschluss  -  Pizza essen gehen. Seltsamerweise finden wir aber (in Italien) auf dem Weg nach Hause keine Pizzeria. So landen wir beispielsweise einmal in einer seltsamen Sportsbar die nur Tiefkühlpizzen serviert  -  oder wir geraten an den stolzen Betreiber einer „Ristorante Pizzeria“, welcher uns mitteilt, dass sie nur am Wochenende Pizza servieren würden. So enden großartige Tage in den Dolomiten auf kuriose Weise.]

 

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