2011 – Schneibstein (2276 m.)  +
Hohes Brett (2340 m.)  +  Jenner (1874 m.)

stefanmitterer.de



Schwierigkeit:   Schneibstein:   F  oder  L   /   Hohes Brett:   F+  oder  L+   /   Jenner:  F-  oder  L-   (Tour insgesamt T3/3+  oder  W3/3+)

Charakter:  Bis zum Carl-von-Stahl-Haus breite Wege bzw. Forststraßen ohne Schwierigkeit. Der Schneibstein gilt als einer der am leichtesten zu besteigenden Gipfel der Berchtesgadener Alpen. Von der Hütte führt ein markierter und gut zu begehender Bergpfad auf den Gipfel. Trittsicherheit ist in jedem Fall von Vorteil. Das weite Gipfelplateau des Schneibsteins ist ideal für ein Biwak! Das Hohe Brett ist dagegen eine Ecke anspruchsvoller. Trittsicherheit, Schwindelfreiheit und ein gewisses Maß an bergsteigerischem Können werden verlangt. Beim Aufstieg zum Jägerkreuz einige drahtseilgesicherte Passagen und leichte Kletterstellen (Schwierigkeitsgrad I.)  -  Bei Nässe oder Vereisung unangenehm. Aufgrund der südseitigen Exposition aber meistens gute Verhältnisse. Auch mit Zuhilfenahme der Seilbahn eine gute Tagestour. Vom Gipfel ist der Weiterweg zum Hohen Göll möglich. Der Jenner dagegen ist ein klassischer Seilbahnberg und dementsprechend sind alle Wege in seinem Umkreis breit ausgebaut und absolut problemlos begehbar. 

Gefahren:  Der Aufstieg zum Schneibstein birgt zwar in der Regel kaum Gefahren, es sind aber auch schon an diesem Berg Menschen abgestürtzt und gestorben. Die vielen Markierungen, einfach begehbaren Pfade und anderen Menschen sollten nicht darüber hinweg täuschen, dass man sich trotzdem im Gebirge befindet und auch durch Wetterstürze und Selbstüberschätzung in Gefahr geraten kann. Das Hohe Brett verlangt die beschriebenden bergsteigerischen Grundfähigkeiten, ist aber bei gutem Wetter und passablen Verhältnissen ebenfalls wenig gefährlich. Immerhin sollte man wissen, dass beim Zustieg zum Jägerkreuz durchaus einige steile Passagen bewältigt werden müssen. Sich am Jenner in Gefahr zu bringen, ist dagegen eine Kunst. 


28. Oktober  -  29. Oktober 2011

Zwei-Tages-Tour in die Berchtesgadener Alpen zum Carl-von-Stahl-Haus (1736 m.) mit Besteigung des Schneibsteins (2276 m.)  -  des Hohen Bretts (2340 m.)  -  sowie des Jenners (1874 m.) ohne das Benutzen der Seilbahn (by fair means).

Privat organisierte Tour  -  alleine begangen

Bild: Der Schneibstein 2276 m.  -  vom Jenner aus gesehen]

1. Tag        Parkplatz Königssee  -  Königsbachtal  -  Königsbachalm  -  Carl-von-Stahl-Haus  -  Schneibstein  -  Carl-von-Stahl-Haus

Nach meiner Pidinger Klettersteigtour am Hochstaufen ist dies die zweite Tour dieses Herbstes und zugleich auch die letzte Bergtour des Jahres 2011. Es ist bereits Ende Oktober und die meisten Hütten in den Alpen sind bereits geschlossen. Ich will aber unbedingt noch einmal eine Bergtour mit einer Hüttenübernachtung kombinieren  -  daher fällt meine Wahl schließlich auf das ganzjährig geöffnete Carl-von-Stahl-Haus 1736 am Torrener Joch an der deutsch-österreichischen Grenze in den nordöstlichen Berchtesgadener Alpen. Als kleiner Junge war ich mit meiner Mutter sowohl auf dem Schneibstein, als auch auf dem Hohen Göll 2522 m. Damals hatten wir diesen Berg vom Purtschellerhaus bis zum Stahl-Haus hin überschritten. Insofern habe ich auch das Hohe Brett bereits bestiegen – und da wir die Tour mit der Jenner Seilbahn angingen, ist auch der dritte angepeilte Gipfel kein Neuland für mich. Andererseits sind diese Touren schon lange her und die Erinnerungen kaum mehr präsent – es wird also mal wieder Zeit dem „leichtesten 2000er“ der Berchtesgadener Alpen – dem Schneibstein – aufs Haupt  zu steigen.

Sehr früh breche ich am Morgen des 28. Oktober Richtung Königssee auf. Ich will – anders als 99 % aller anderen Bergsteiger – diese Tour ohne Seilbahn angehen. Daher habe ich heute gleich ein strammes Pensum zu absolvieren. Dichter Nebel empfängt mich am Parkplatz Königssee – noch ist nichts vom traumhaften Herbstwetter zu sehen, dass mir der DAV versprochen hat. Und am Parkplatz muss ich mich auch erst einmal zu Recht finden. Die Umgebung ist natürlich hervorragend ausgeschildert – aber es ist offensichtlich, dass der normale Bergsteiger zur Seilbahnstation geführt werden soll. Der klassische Aufstieg zu Fuß will zunächst mal gefunden werden. Man kann natürlich auch vom Parkplatz Hinterbrand zur Hütte aufsteigen und so etwa 500 Höhenmeter sparen – ich verspüre aber das Bedürfnis die Gipfel ehrlich vom Königssee (vom tiefsten Punkt) aus zu besteigen. Nach einiger Zeit finde ich den richtigen Weg. Zunächst geht es ein kurzes Stück durch den Schönauer Ortsteil Königssee bergauf Richtung Wald. Von den mich umgebenden Bergen ist nichts zu sehen und so vertraue ich den Schildern, welche mir einen 4-5 stündigen Aufstieg zur Hütte prognostizieren. Auf einer Forststraße steige ich zunächst unterhalb der westlichen Ausläufer des Jenners bergauf Richtung Süden. Die erste Etappe auf dem Weg zum Schneibstein ist die – zwischen Jenner und Gotzentalalm gelegene - Königsbachalm  1200 m. Nachdem ich eine gewisse Höhe erreicht habe, bietet sich mir plötzlich ein überraschender Anblick  -  unbewusst habe ich die Nebelgrenze überschritten und habe nun eine ziemlich eindrucksvolle Sicht auf das vom Morgennebel erfüllte Tal. Über dem Nebel ist blauer Himmel  -  die Wettervorhersage war also korrekt  -  zwei traumhaften Herbsttagen in den Berchtesgadener Alpen steht also  nichts mehr im Weg.

[Bild: Das vom Morgennebel erfüllte Tal wird überragt vom Grünstein 1304 m. rechts der Bildmitte  -  links der Watzmann 2713 m.]

Durch teils dichten Bergwald folge ich der Forststraße weiter Richtung Süden. Der Aufstieg vom Königssee zur Königsbachalm weist keine technischen Schwierigkeiten auf und ist sehr gut ausgeschildert. Ich genieße den Aufstieg und die Tatsache, dass mir während des gesamten Aufstiegs bis zur Alm kein Mensch begegnet.

[Bild: Blick zum Watzmann]

Schließlich wendet sich die Forststraße Richtung Südosten.

[Bild: Auf dem Weg zur Königsbachalm]

In zunehmend freier werdendem Gelände erreiche ich nach einiger Zeit schließlich die Königsbachalm (1200 m.)  -  welche zu dieser Zeit bereits geschlossen hat. Die Tourenmöglichkeiten im Umkreis sind vielfältig: Zum einen bietet sich der bekannte Übergang zur Gotzenalm an  -  eine Panoramawanderung par excellence. Es besteht des Weiteren auch die Möglichkeit zur Anlegestelle Kessel am Königssee abzusteigen bzw. wie ich zum Carl-von-Stahl-Haus aufzusteigen. Der Aufstieg zur Königstalalm und weiter Richtung Rothspielscheibe und Fagstein sei an dieser Stelle den Individualisten  -  irgendwann will ich sie mal in Angriff nehmen.

Momentan beschäftigt mich aber der Aufstieg Richtung Schneibstein  -  1000 Höhenmeter fehlen mir noch bis zum Gipfel und so mache ich mich nach kurzer Pause auf Richtung Carl-von-Stahl-Haus. Von nun an bin ich nicht mehr alleine unterwegs. Von Hinterbrand sind bereits Einige zur Alm gewandert und verteilen sich nun in alle Himmelsrichtungen. Die Wegbeschaffenheit im weiteren Verlauf ändert sich unterdessen nicht. Oberhalb der Königsbachalm geht es vom offenen Gelände wieder in mehr oder weniger dichten Bergwald. Während ich auf einer Forststraße immer weiter bergauf steige, weitet sich im Süden mit jedem gewonnenen Höhenmeter das Panorama.

[Bild: Blick ins Steinerne Meer und zum Großen Hundstod 2593 m.]

In der Ferne erkenne ich die weit ausgedehnten Karstflächen des Steinernen Meeres und auch der massige Buckel des Großen Hundstods (2593 m.) zieht meine Aufmerksamkeit auf sich. Nach einiger Zeit windet sich die Forststraße aus dem Bergwald heraus in offenes Gelände.

[Bild: Jenner 1874 m.]

Ich folge dem Weg stetig weiter Richtung Nordosten und genieße das fantastische Panorama.

[Bild: Blick zurück zum Aufstiegsweg  -  in der Ferne das Steinerne Meer, der Große Hundstod 2593 m.  -  Watzmann 2713 m. und Jenner 1874 m.]

An einigen kleineren Almhütten geht es vorbei und schließlich erreiche ich das Schneibsteinhaus (1668 m.)  -  von dort ist es nicht mehr weit bis zum Carl-von-Stahl-Haus, welches ich schließlich gegen Mittag erreiche. Bei perfektem Wetter genieße ich mein Mittagessen und freue mich, dass ich die ersten 1100 Höhenmeter gut bewältigt habe. Der Aufstieg vom Königssee zur Hütte weist zwar keinerlei technische Schwierigkeiten auf, immerhin ist ein gewisses Maß an Kondition erforderlich. Und für mich ist der Tag noch nicht beendet  -  am frühen Nachmittag mache ich mich von der Hütte aus Richtung Schneibstein. Von der Hütte folge ich dem markierten Weg durch eine Latschengewächszone Richtung Südosten.

[Bild: Aufstieg Richtung Schneibstein]

An einigen Steilstufen erschwert Schnee den Aufstieg – einige Stellen sind zwar unschwierig, aber teils rutschig und unangenehm. In teils schroffem Gelände geht es weiter bergauf, bis der Pfad schließlich deutlich an Steilheit verliert. Über teils blockiges Terrain leitet der Weg in die grasige Westflanke des Schneibsteins. In ihr steige ich in vielen Kehren die Flanke bergauf.

[Bild: Über diesen Hang geht es Richtung Gipfel]

Während des Aufstiegs über den stets gut markierten Pfad weitet sich mit jedem Höhenmeter das Panorama und ich lasse mir ausgiebig Zeit. Es ist einer jener goldenen Herbsttage, an denen man eine fantastische Fernsicht hat und jeder Schritt bereitet mir Freude.

[Bild: Blick zurück auf den Aufstiegsweg  -  rechts in der Scharte erkennt man das Carl-von-Stahl-Haus  -  in der Ferne das Berchtesgadener Land]

Kurz vor dem höchsten Punkt geht es noch durch eine mit Schnee gefüllte Mulde und nachdem ich eine letzte schroffe Rampe überwunden habe, stehe ich auf dem Gipfel des Schreibsteins (2276 m.)  -  Zwar ist dies kein besonders prestigeträchtiger Gipfel, aber in jedem Fall ist dies ein Ort, an dem man sich stundenlang aufhalten kann, ohne dass einem langweilig wird. Das breite Gipfelplateau ist ein ausgezeichneter Ort um zu biwakieren (was wohl eine Gruppe Osteuropäer ebenfalls denkt  -  schwer bepackt schlagen sie etwas abseits ihr Lager auf) und so weitläufig, dass jeder für sich einen ruhigen Platz findet. Da es schon nach 3 Uhr ist, sind die größten Menschenmassen bereits Richtung Jenner verschwunden und so kann ich das gigantische Panorama  -  bestehend aus Hochkönig, Hagengebirge, Steinernem Meer, Großem Hundstod, Watzmann, Jenner und Hohem Göll  -  praktisch alleine auf mich wirken lassen.

[Bild: Gipfelfoto]

Letzteres Massiv zeigt von hier seine schroffen, gegen das Bluntautal abstürzenden, Südwände. Ich mache eine ausgiebige Gipfelrast, schieße viele Fotos und plane beim Blick in die Ferne bereits zukünftige Touren. Auch erinnere ich mich an den Tag, als ich mit meiner Mutter auf diesem Gipfel war und ich zum ersten Mal die Berge rund um den Königssee in ihrer ganzen Pracht bewundern durfte   -  Bei dieser Gipfelrast wird mir es wieder bewusst: Die Berchtesgadener Alpen sind meine Heimat und in meinen Augen  -   neben den Dolomiten  -  die schönste Gebirgsgruppe der Alpen.

[Bild: Großartige Berchtesgadener Alpen: (von links)  Funtenseetauern, Steinernes Meer, Großer Hundstod, Watzmann und Hochkalter]

[Bild: Blick vom weitläufigen Gipfelplateau des Schneibsteins in die Weiten des Hagengebirge  -  in der Ferne der Hochkönig und rechts der Funtenseetauern 2578 m.]

[Bild: Über den Weiten des Hagengebirges ragt der tiefverschneite Hochkönig 2941 m. in den Himmel]

[Bild: Hohes Brett 2340 m.  -  etwas entfernter der Hohe Göll 2522 m.]

Etwas abseits des Gipfels erkenne ich eine Gruppe Steinböcke, welche sich durch meine Anwesenheit kaum stören lassen. Nach einiger Zeit mache ich mich auf den Rückweg zur Hütte. Über die grasige Westflanke steige ich den Pfad bergab Richtung Latschengewächszone und von dort geht es noch ein kurzes Stück weiter zur Hütte.

[Bild: Abstieg zum Carl-von-Stahl-Haus]

Dort sind mittlerweile alle Tagesgäste gegangen, nur noch ein Dutzend Bergsteiger genießt vor der Hütte die letzten Sonnenstrahlen.

[Bild: Blick von der Hütte Richtung Schneibstein]

Nachdem ich mir einen Platz im Lager organisiert habe, nutze ich den restlichen Tag um Fotos zu machen und auf der Terrasse die wunderschöne Aussicht zu genießen. Hier noch ein paar Informationen zur Hütte: Die im Jahr 1923 eröffnete Hütte gehört der Sektion Salzburg des ÖAV,  bietet 22 Zimmer – sowie 70 Lagerschlafplätze und ist (außer an Weihnachten) ganzjährig bewirtschaftet. Die Hütte ist Ausgangspunkt für viele verschiedene Berg – und Skitouren, so zum Beispiel die Große Reib`n und dient auch den vielen Tagesgästen (vom Jenner) als Raststätte. Sie ist mit Sicherheit eine der beliebtesten und meist besuchten Hütten der Berchtesgadener Alpen.   *Anmerkung: Im Jahr 2011 wurde die Hütte umfangreich renoviert und erweitert*

[Bild: Carl-von-Stahl-Haus im Herbst 2011]

[Bild: Über dem Trischübelpass geht langsam die Sonne unter]

[Bild: Es wird Nacht in den Berchtesgadener Alpen]

Nach einem leckeren Abendessen gehe ich recht früh schlafen, da ich am nächsten Tag viel vor habe und ausgeruht sein möchte. Ich spiele mit dem Gedanken, am nächsten Morgen zum Hohen Brett (2340 m.) aufzusteigen und dann die Überschreitung des Göllstocks bis hin zum Purtschellerhaus durchzuführen. Von dort aus würde ich schon irgendwie zum Königssee zurückkommen  -  allerdings werde ich gewarnt, dass auf der nördlichen Seite des Kamms vom Hohen Brett bis hin zum Großen Archenkopf alles vereist sein soll. Ich entschließe mich, in jedem Fall bis zum Hohen Brett aufzusteigen und dann zu entscheiden, wie es weitergeht  -  Wenn es zu gefährlich ist, werde ich am Hohen Brett umkehren und den gleichen Weg zum Königssee wieder zurückgehen.

[Bild: Gute Nacht]  :)

2. Tag        Carl-von-Stahl-Haus  -  Jägerkreuz  -  Hohes Brett  -  Jägerkreuz  -  Carl-von-Stahl-Haus  -  Jenner  -  Königsbachtal  -  Königsbachalm  -  Parkplatz Königssee

Das Hohe Brett (2340 m.) ist der südwestlichste Gipfel des Göllstocks und wird häufig bestiegen  -  auch wenn es von den Anforderungen her schwieriger ist, als der Schneibstein, wird neben Trittsicherheit, Schwindelfreiheit und leichter Kletterei (Schwierigkeitsgrad I.) nichts weiteres verlangt. Früh am Morgen mache ich mich auf, da ich mir noch nicht sicher bin, was mich am heutigen Tag genau erwartet  -  wenn ich die Option Hoher Göll in Angriff nehmen würde, stünde mir ein langer Tag bevor.

[Bild: Langsam wird es hell im Osten]

Hinter der Hütte folge ich einem angelegten Steig Richtung Norden. An einer Latschenkieferzone entlang leitet der Pfad  über eine begrünte Flanke bergauf. Nach einiger Zeit wird der Aufstieg felsiger.

[Bild: Guten Morgen Gämse]

Durch eine mit Schnee gefüllte Rinne geht es mäßig steil hinauf zu einem großen begrünten Plateau.

[Bild: Watzmann 2713 m.]

Von dort folge ich dem markierten Weg in Richtung der felsigen Südflanke des Hohen Brettes.

[Bild: Blick zu den Südabstürzen des Hohes Bretts]

[Bild: Blick zurück zum bisherigen Aufstiegsweg und in die Berchtesgadener Alpen]

Kurz vor Erreichen der Südflanke folgt die erste etwas schwierigere Stelle  -  beim kurzen Abstieg ins Pfaffenschartl (1900 m.) wird der Weg ziemlich schmal bzw. felsig und verlangt  - vor allem wegen dem hartgefrorenen Schnee  -  absolute Trittsicherheit.

[Bild: Pfaffenschartl]

Nach dieser kleinen Scharte folge ich dem Steig über einige Felsstufen bergauf, bis das Gelände wieder deutlich grüner wird. Über eine begrünte Flanke steige ich in vielen Kehren bergauf und gewinne rasch an Höhe.

[Bild: Aufstieg über die begrünte Geröllflanke]

Zunehmend wird der Weg felsiger und gerölliger. Nach einiger Zeit erreiche ich die Südabstürze und quere  -  teils mit Hilfe von Drahtseilen  -  die felsige Flanke nach links oben.

[Bild: Mit Hilfe von Drahtseilen geht es die Südflanke bergauf]

Nach kurzer Zeit leiten mich die Drahtseile steil nach oben zu einer mit Felsblöcken gefüllten Rinne.

[Bild: Aufstieg durch eine felsige Rinne]

Nachdem ich auch diese in leichter Kraxelei hinter mich gebracht habe, sind es nur noch wenige Meter bis zum sogenannten Jägerkreuz auf 2200 Meter Höhe. Dieser südwestlichste benannte Punkt des Göllstocks ist zwar kein eigenständiger Gipfel, dafür aber ein feiner Aussichtspunkt und für mich der ideale Ort, um eine Pause zu machen bzw. die Aussicht zu genießen.

[Bild: Das Jägerkreuz]

Während meiner Pause studiere ich die letzten 140 Höhenmeter, die nun noch vor mir liegen. Eben jenes letzte Stück nehme ich nach kurzer Zeit dann auch in Angriff, schließlich sind die richtig langen Pausen für die Gipfel gedacht. Über eine geröllige, aber wenig steile Flanke, folge ich dem Weg Richtung Osten.

[Bild: Vom Jägerkreuz ist es nicht mehr weit bis zum Hohen Brett  -  Aufstieg über eine begrünte Geröllflanke]

Mit jedem Meter weitet sich das Panorama und so genieße ich die letzten Meter zum Gipfel in vollen Zügen. An einem ersten kleinen Metallkreuz  geht es vorbei und schließlich führt der Weg über einen weiteren gerölligen Hang in wenigen Minuten zum breiten Gipfelplateau des Hohen Brettes (2340 m.)  -  Sofort gehe ich noch ein Stück weiter Richtung Osten, um mir den weiteren Gratverlauf Richtung  Großer Archenkopf anzusehen  -  wie es mir berichtet wurde, ist auf der Nordseite alles vereist und dementsprechend gefährlich bzw. riskant. Ich entschließe mich, den Hohen Göll auszulassen und auf dem gleichen Weg zurück zum Königssee abzusteigen.

[Bild: Hoher Göll 2522 m.  -  der weitere Weg zu seinem Gipfel ist vereist und dementsprechend riskant]

Da ich nun Gewissheit habe, mache ich auf dem Gipfel des Hohen Brettes ausgiebig Rast und genieße das weite Panorama. Ohne Mühe kann ich jeden Berg im Umkreis identifizieren und mir wird bewusst, wie viele tolle Touren ich in diesem Gebirge noch vor mir habe. Ich bleibe weit über eine Stunde am Gipfel und erfreue mich an der fantastischen Aussicht.

[Bild: Auf dem Gipfel des Hohen Bretts 2340 m.]

[Bild: Blick ins Steinerne Meer  -  rechts der Große Hundstod, in der Ferne die Hohen Tauern mit dem Großvenediger 3662 m.]

[Bild: Watzmann 2713 m.]

[Bild: Ein fantastischer Herbsttag in den Berchtesgadener Alpen]

[Bild: Gipfelimpressionen]

Nach einiger Zeit mache ich mich an den Abstieg  -  bei solch einem goldenen Herbstwetter fällt es mir schwer, den Gipfel zu verlassen. Auch hätte ich gerne die Tour Richtung Göll fortgesetzt  -  bei den schlechten Bedingungen ist aber wohl das Beste, wenn ich den gleichen Weg Richtung Königssee absteige. Über die geröllige Westflanke des Hohen Brettes steige ich zügig bergab zum Jägerkreuz. Von dort geht es teils mit Hilfe der Drahtseilversicherungen zuerst die die geröllige Rinne und anschließend die  -  teilweise leicht ausgesetzten  -  Südabstürze schräg bergab.

[Bild: Abstieg Richtung Carl-von-Stahl-Haus]

Auf der begrünten Flanke unterhalb der Südwände mache ich eine kurze Pause und genieße erneut die Aussicht. Über das Pfaffenschartl, die anschließenden begrünten Geröllhänge und die mit Schnee gefüllte Rinne geht es weiter bergab Richtung Hütte. Gegen Mittag verlasse ich schließlich die Latschengewächszone und stehe wieder bei der Hütte. Gemeinsam mit vielen Tagesgästen nehme ich eine kleine Mahlzeit zu mir und überlege mir, wie es weitergehen soll. Eigentlich wollte ich auch noch zum Jenner aufsteigen, da ich aber beim Anblick der vielen Tagesgäste (welche zu 75 % vom Jenner kommen) die Lust verliere, steige ich am frühen Nachmittag entschlossen Richtung Schneibsteinhaus ab.

[Bild: Carl-von-Stahl-Haus mit Hohem Brett]

Dort zeigt er sich aber wieder  -  mein Ehrgeiz  -  und so mache ich mich doch auf Richtung Jenner. Von der Hütte geht es auf einem breiten und ganz für die Bedürfnisse der einfachen Wanderer angelegten Pfad in Richtung einer Latschengewächszone.

[Bild: Auf dem Weg zum Jenner]

Mit der Ruhe ist es jetzt natürlich vorbei, mich stört dies aber nicht  -  ich habe meine zwei tollen Gipfel praktisch für mich alleine gehabt, was man als großes Glück bezeichnen könnte. In einem großen Bogen geht es durch die Latschengewächszone, wobei man  -  im Rückblick  -  einen fantastischen Blick Richtung Schneibstein hat. Nach einiger Zeit läuft der Weg auf eine breite Schotterstraße aus. Da das Jennermassiv von unzähligen Wegen und Pfaden erschlossen ist, weiß ich nicht, ob dies der Hauptweg Richtung Carl-von-Stahl-Haus ist  -  denkbar schöner ist in jedem Fall mein Aufstieg vom Schneibsteinhaus. Über diese Straße geht es ziemlich eintönig und mühsam Richtung Jenner. Im Norden erkenne ich die Mitterkaseralm und weiter im Tal das Berchtesgadener Land. Darüber erhebt sich etwas weiter entfernt das Untersbergmassiv. Ich erreiche unterdessen die Seilbahnstation am Jenner auf etwa 1800 Meter Höhe, mache dort aber keine Pause, sondern folge gleich den Massen Richtung Gipfel.

[Bild: Jenner Seilbahnstation mit dem Hohen Brett 2340 m. im Hintergrund]

Von der Seilbahnstation führt ein einfacher Wanderweg in etwa 10-15 Minuten auf den Gipfel. Kurz vor dem Gipfel gibt es die Aussichtskanzel, von der man den berühmten Ausblick auf den Königsee, das Steinerne Meer und den Watzmann hat. Von dort leiten Holzstufen und Drahtseile (damit wirklich jeder hochkommt) zum Gipfel, welchen man so gut wie nie leer vorfinden wird. Auch wenn der Jenner einer je(n)ner Berge ist (welch Wortspiel), wie ich sie eigentlich gar nicht leiden kann, ist die Aussicht dennoch gigantisch: Hohes Brett, Schneibstein, Hagengebirge, Steinernes Meer, Großer Hundstod, Königssee, Watzmann, Hochkalter und das Berchtesgadener Land  -  dieser exzessiv erschlossene Berg hat wahrlich ein fulminantes Panorama.

[Bild: Das klassische Jenner-Panorama: der Königssee mit dem Watzmann im Hintergrund]

[Bild: Berchtesgadener Land]

Und solange derart überlaufene Berge seltene Ausnahme bleiben, ist es all denen auch zu gönnen, für die die 80 Höhenmeter zum Gipfel bereits genug sind. Mit meinen schweren Bergschuhen fühle ich mich aber trotzdem wie ein Fremdkörper und so verlasse ich den Gipfel nach wenigen Minuten. Kurz vor der Seilbahnstation fällt mir ein Pfad auf, der rechts durch die Jenner Südflanke bergab führt. Ohne groß zu überlegen, verlasse ich den breiten Aufstiegsweg und folge dem unbekannten Pfad.

[Bild: Blick zum Schneibstein 2276 m.]

Der durch die grasige Südflanke des Jenner führende Weg ist klar vorgegeben und eine weniger begangene  -  aber keinesfalls unbekannte  -  Alternative bzw. Abkürzung.

[Bild: Abstieg vom Jenner  -  im Hintergrund der Schneibstein]

Zwischen Latschengewächsen und kleineren Ansammlungen von Nadelbäumen steige ich zügig bergab. An einer Alm geht es vorbei und schließlich befinde ich mich wieder auf der altbekannten Forststraße, die von Hinterbrand über die Königsbachalm zum Carl-von-Stahl-Haus führt. 2,5 – 3 Stunden sagen mir die Wegweiser bis zum Königssee voraus  -  so trödele ich nicht und steige auf den breiten Straßen in kurzer Zeit zur Königsbachalm ab.

[Bild: Abstieg zur Königsbachalm  -  im Hintergrund der Watzmann]

Dabei habe ich stets den Watzmann im Blick und der Wunsch reift in mir, diesen fantastischen Berg in naher Zukunft zu überschreiten. Der restliche Abstieg von der Alm bis zum Königssee verläuft überraschend schnell. Zunächst geht es noch ein kurzes Stück über die Forststraße Richtung Hinterbrand, nach kurzer Zeit führt der Pfad von der Straße weg und durch die vom Herbst gefärbten Wälder westlich des Jenners  -  hoch über dem Königssee.

[Bild: Bergtouren im Herbst haben etwas Besonderes]

Auch wenn die Verlockung der Seilbahn groß ist, dieser Aufstieg/Abstieg vom Königssee zur Königsbachalm ist wirklich lohend, aber nur im Herbst  -  im Sommer dürfte man dem nicht so viel abgewinnen. Nach einiger Zeit verlasse ich den Bergwald. Durch den Schönauer Ortsteil Königssee geht es in wenigen Minuten zum Parkplatz. Nachdem ich meine Bergsachen im Auto verstaut habe, gönne ich mir einen kurzen Bummel durch die  -  bis zum Erbersten mit Kitsch vollgestellten  -  Gassen am Königssee. Schnell wird mir jedoch bewusst, dass dieser Ort in Zukunft höchstens als Ausgangspunkt für weitere Bergtouren in diesem fantastischen Gebirgsteil dienen wird. Die Tour zum Schneibstein, zum Hohen Brett und sogar zum Jenner war in jedem Fall eine wunderbare Sache, die man aber unbedingt außerhalb der Hauptsaison (vor Juli / nach Mitte September) angehen sollte, dann hat man auf jeden Fall mehr davon! Das Fazit, dass nach diesen zwei Tagen steht ist dies, dass auch Touren, die nicht den spektakulären Gipfel bieten, die nicht durch einsame Landschaften führen, oder die nicht auf gewisse Weise außergewöhnlich sind, erlebnisreich sein können  -  diese Tour fällt in jedem Fall  -  zum richtigen (Jahres-)Zeitpunkt  -  unter die Kategorie „einfach, aber schön“. 

[Bild: Blick vom Parkplatz Königssee zum Hohen Brett 2340 m.  -  links im Hintergrund der Hohe Göll]

 

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