2013 – Heilbronner Weg  -  [Winterliche Bedingungen]

stefanmitterer.de



Schwierigkeit:   F+  oder  L+   (T3+/4-  oder  W3+/4-)

Charakter:  Anspruchsvolle, landschaftlich großartige Höhenroute am Hauptkamm der Allgäuer Alpen, die bestens – jedoch nicht durchgehend – versichert (Drahtseile, Eisenleiter – A/K1) von der Rappenseehütte zur Kemptner Hütte (und umgekehrt – alternativ zum Waltenberger-Haus) führt und neben der Watzmann-Überschreitung sowie dem Höllental-Klettersteig auf die Zugspitze wohl die bedeutendste Bergtour der Deutschen Alpen darstellt. Der teilweise exponierte Höhenweg weist bei guten Bedingungen nur geringe technische Schwierigkeiten auf (maximal I/A0) – entscheidend sind vor allem Bergerfahrung, Trittsicherheit und Schwindelfreiheit. Ausgangspunkt für die Tour ist Oberstdorf (alternativ Faistenoy). Auf breiten Fahrstraßen geht es nach Einödsbach und anschließend auf einfachen, bestens ausgebauten und markierten Bergwegen weiter (1000 Höhenmeter) zur Rappenseehütte. Von dort geht es über Mattenhänge und ein kleines Tal in die Große Steinscharte. Anschließend über den oberen Teil des Wiesleskar (Felserhebungen und Geröll) an den Felskörper des Hohen Lichtes. Über eine Schuttflanke und eine felsige Rinne (teilweise Drahtseile) geht es bergauf zu einer Wegverzweigung (Besteigung des Hohen Lichtes 2651 m. – zweithöchster Berg der Allgäuer Alpen – möglich). Hier links ab (Beginn des Heilbronner Weges) und auf schmalem Felsband (Drahtseile) durch das „Heilbronner Törle“ (Felsentor) und über teils abschüssige Platten und Felsflanken in die Kleine Steinscharte (überraschend-freier Blick nach Süden!) – Auf der anderen Seite auf luftigem Felsband (Drahtseil) zum Beginn einer steilen Eisenleiter. Über diese geht es bergauf zum Steinschartenkopf (2615 m.) – höchster Punkt des Heilbronner Weges und sechsthöchster Gipfel der Allgäuer Alpen. Über den Grat (Drahtseile) zunächst ein Stück bergab und anschließend – zahlreiche schroffe Felsflanken querend, zuletzt auf einem Felsband (Drahtseil) – hinab in die Socktalscharte (unterwegs kann über eine Geröllflanke und einen kurzen Grat der Wilde Mann 2578 m. „mitgenommen“ werden). Von der Scharte geht es über mäßig steile Felsplatten (Drahtseile) und Geröllflanken bergauf. Teilweise ausgesetzt wechselt die Route auf die Nordseite und führt (Drahtseile) über ansteigende Felsbänder um den Bergkörper herum. Über leichte Felsstufen und Geröllflanken geht es wieder auf den Grat und über diesen zum Gipfel des Bockkarkopfes (2609 m. – neunthöchster Gipfel der Allgäuer Alpen). Anschließend über den schroffen und teils gerölligen Nordostgrat bergab (Drahtseile) zu einem markanten Band (Drahtseil) – unterhalb von Überhängen. Über ein paar felsige Erhebungen (Versicherungen – toller Blick zur Hochfrottspitze!) geht es abwärts in die Bockkarscharte, wo der Hauptteil des Heilbronner Weges endet. Anschließend auf schönem Steig an Schrofenflanken entlang zum Schwarzmilzferner, einem schneegefüllten Hochkar unterhalb von Hochfrottspitze und Mädelegabel. Von dessen Nordostende (Besteigung der Mädelegabel 2644 m. – vierthöchster Berg der Allgäuer Alpen – möglich) unschwierig über Gletscherschliffe, begrünte Schrofenhänge und geröllreiche Böden (stets gut markierter Bergsteig) zur Schwarzen Milz (grandioser Blick zurück zur Trettachspitze!) – Unterhalb des Kratzers (2428 m.) auf teils erdigem Steig an begrünten Geröll- und Schrofenhängen entlang immer weiter nach Osten. Oberhalb vom Mädelejoch links ab und über geröllige Schrofenhänge sowie grüne Matten zur Kemptner Hütte. Der Abstieg ins Trettachtal erfolgt durch den Sperrbachtobel (stets gute Bergsteige, jedoch teilweise schroff – Drahtseile – bei Nässe unter Umständen rutschig) – zuletzt geht es über simple Fahrstraßen zurück nach Oberstdorf. Wer (wie wir) die Tour in Oberstdorf beginnt und alles zu Fuß geht, muss – bei optimalen Bedingungen (!) – mit einer Gesamtgehzeit von 14-15 Stunden (ohne Pausen)  rechnen – als Tagestour daher extrem anstrengend – am besten auf 3 Tage aufteilen. Dann bleibt auch genug Zeit zu genießen und nebenbei den einen oder anderen Gipfel zu besteigen. Der Heilbronner Weg ist einer der berühmtesten gesicherten Höhenwege der Ostalpen – ein absoluter Bergsteiger-Klassiker und wohl die Paradetour der Allgäuer Alpen! Eine landschaftlich herausragend schöne Höhenroute – mitten im Herzen der Allgäuer Alpen. Eine absolute Königstour, nah dran am höchsten Bergsteigerhimmel, die man irgendwann einmal gemacht haben muss!

Gefahren:  Der Heilbronner Weg gehört nicht nur zu den bekanntesten und beliebtesten, sondern (u.a. deswegen) auch zu den am besten versicherten Höhenwegen der Nördlichen Kalkalpen. Lücken in der Markierung oder beschädigte bzw. veraltete Drahtseile sucht man hier vergebens, zu groß ist die Bedeutung des Heilbronner Weges für die Allgäuer Bergführer. Der Heilbronner Weg weist grundsätzlich bei guten Bedingungen kaum Risiken auf. Das Gelände ist nicht nur an allen heiklen oder schwierigen Stellen durch Drahtseile entschärft, sondern auch entsprechend aufgeräumt – loses Felsmaterial ist weitgehend Mangelware. Beim Heilbronner Weg geht es vor allem darum, dass man die bei schönem Wetter und guten Bedingungen vermeintlich harmlose Höhenroute nicht unterschätzt. Grundlegende Bergerfahrung, Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sind zwingend erforderlich! Richtige Kletterei wird zwar nirgends verlangt (maximal I/A0) – nichtsdestotrotz müssen zahlreiche schroffe, teils ausgesetzte Felsbänder, Geröll- und Schrofenflanken sowie Felsgrate bewältigt werden. Bei schlechten Bedingungen (z.B. wie in unserem Fall Schnee und Vereisung) steigen die Anforderungen und Risiken noch einmal stark an! Bei Gewittergefahr sollte man den Heilbronner Weg grundsätzlich meiden, da dann die zahlreichen Drahtseile für Bergsteiger eine tödliche Gefahr darstellen. Es besteht die Möglichkeit, sowohl in der Socktalscharte, als auch in der Bockkarscharte zum Waltenberger-Haus abzusteigen und so den Höhenweg abzubrechen bzw. zu verkürzen. Wer alle beschriebenen Anforderungen sicher beherrscht, Wetter- und Wegverhältnisse angemessen berücksichtigt, gut ausgerüstet ist (auch was Kleidung angeht – immerhin verläuft der Höhenweg durchgehend zwischen 2400 und 2600 Metern Höhe) und die – vermeintlich einfache – Route mit einer gewissen Portion Demut angeht, der dürfte auf dem Heilbronner Weg nicht in Schwierigkeiten geraten und stattdessen viel Freude an dieser großartigen Höhenroute haben.


18. Oktober  -  20. Oktober 2013

Drei-Tages-Tour in die Allgäuer Alpen mit Begehung des Heilbronner Weges bei winterlichen Verhältnissen. Am ersten Tag zu Fuß von Oberstdorf ins Stillachtal und weiter über Faistenoy, Birgsau, Einödsbach, Petersalpe und Enzianhütte zur Rappenseehütte. Am zweiten Tag Zustieg zum Heilbronner Weg über Große Steinscharte und Wiesleskar. Anschließend Begehung des Heilbronner Weges zur Kemptner Hütte hin. Dabei Besteigung des Punktes (2577 m.) – des Steinschartenkopfes (2615 m.) – des Wilden Mannes (2578 m.) sowie des Bockkarkopfes (2609 m.) – Am dritten Tag Abstieg von der Kemptner Hütte durch den Sperrbachtobel ins Trettachtal. Über Spielmannsau geht es zurück nach Oberstdorf.

Privat organisierte Tour zusammen mit Dominik

[Bild: Steinschartenkopf 2615 m. - Punkt (2577 m.) und Hohes Licht 2651 m.  -  von links nach rechts, vom Wilden Mann 2578 m. aus gesehen]

1. Tag        Oberstdorf  -  Stillachtal  -  Faistenoy  -  Birgsau  -  Einödsbach  -  Petersalp  -  Enzianhütte  -  Rappenseehütte

Der Heilbronner Weg ist eine hochalpine Höhenroute am Allgäuer Hauptkamm und einer der bekanntesten und bedeutendsten gesicherten Höhenwege der Nördlichen Kalkalpen. Er ist Teil des Verbindungsweges von der Rappenseehütte zum Waltenberger-Haus bzw. zur Kemptner Hütte. Erwähnenswert ist, dass nach dem 2. Weltkrieg zwar die Hütten im Wegbereich modernisiert wurden, der eigentliche Heilbronner Weg aber – bis auf die normalen Instandsetzungsarbeiten – über ein Jahrhundert nahezu unverändert blieb. 1985 wurden die Seilsicherungen am Steinschartenkopf durch Blitzschlag zerstört. Im Sommer 2000 wurde der Heilbronner Weg schließlich generalüberholt, neu versichert und modernisiert. Der unter „Charakter“ bereits eingehend beschriebene und bewertete Heilbronner Weg ist einer „der großartigsten alpinen Höhenwege“ (Hans Kaiser – DAV-Sektion Heilbronn) der Nördlichen Kalkalpen und vielleicht „das Bergsteiger Highlight in den Allgäuer Alpen“ (oberstdorf.de) - Ein informativer und aktueller Tourenbericht von bergzeit kann hier nachgelesen werden. Er enthält neben einer Tourenbeschreibung und Bildern auch GPS-Koordinaten, eine Übersichtskarte sowie ein Höhenprofil.

[Bild: Blick vom Steinschartenkopf 2615 m. zum Wilden Mann 2578 m. (links) - rechts über dem Bockkarkopf 2609 m. die Hochfrottspitze 2649 m. und die Trettachspitze 2595 m.]

Nach meinem studiumsbedingten Umzug nach Kempten  ist nun das Allgäu meine neue Heimat. Was liegt da näher, als die berühmteste Tour der Allgäuer Alpen – den Heilbronner Weg – einmal unter die Füße zu nehmen! Gemeinsam mit meinem Mitstudierenden Dominik geht es Freitagnachmittag nach Vorlesungsende nach Oberstdorf (813 m.), wo wir uns zunächst einmal mit Proviant ausstatten, den die angepeilten Hütten – Rappenseehütte und Kemptner Hütte – haben bereits geschlossen und wir wollen in den Winterräumen übernachten. Gegen viertel vor 3 machen wir uns schließlich auf den Weg. Unser heutiges Tagesziel ist die Rappenseehütte (2091 m.) – 5-6 Stunden reine Gehzeit von Oberstdorf entfernt – Na dann, auf geht’s.

[Bild: Beim Parkplatz der Nebelhornbahn in Oberstdorf - rechts im Hintergrund die Skisprungschanze]

Von Oberstdorf wandern wir zunächst auf einfachen Wanderwegen, Schotter- und Fahrstraßen – teilweise durch lichte Wälder – ins Stillachtal (Birgsautal).

[Bild: Auf dem Weg ins Stillachtal]

[Bild: Blick zurück nach Oberstdorf - rechts das Rubihorn 1959 m.]

[Bild: Ohne Worte]

Dort angekommen, haben wir im Folgenden den tief verschneiten Allgäuer Hauptkamm stets vor Augen – das wird morgen eine frostige Tour!

[Bild: Am Beginn des Stillachtales - im Hintergrund der Allgäuer Hauptkamm]

Neben der Fahrstraße folgen wir einem schottrigen Weg taleinwärts nach Faistenoy (904 m.) – Ab hier ist das Tal für den privaten PKW-Verkehr gesperrt, die meisten Bergsteiger und Wanderer – mit Ziel Rappenseehütte, Waltenberger-Haus oder Fellhorn – parken hier.

[Bild: Beim Parkplatz Faistenoy in der Nähe der Fellhornbahn - im Hintergrund der Allgäuer Hauptkamm]

[Bild: Wegweiser bei Faistenoy]

Mit dem Bus lässt sich unterdessen noch bis Birgsau fahren – was wir logischerweise nun zu Fuß anvisieren.

[Bild: Im Stillachtal - im Hintergrund der Allgäuer Hauptkamm mit der Trettachspitze (2595 m.) ganz links]

Auf breiten Schotterwegen geht es nahezu eben durch das von grünen Wiesenflächen geprägte Stillachtal und kurze Zeit später erreichen wir Birgsau (956 m.)

[Bild: Kurz vor Birgsau]

Anschließend folgen wir der schottrigen Fahrstraße weiter taleinwärts, zuletzt leicht ansteigend im Bergwald nach Einödsbach (1115 m.)

[Bild: Auf dem Weg nach Einödsbach]

Dieser südlichste, ganzjährig bewohnte Ort Deutschlands bietet einen grandiosen Ausblick auf das Allgäuer Dreigestirn – Trettachspitze, Mädelegabel und Hochfrottspitze.

[Bild: Trettachspitze 2595 m. - Mädelegabel 2645 m. - Hochfrottspitze 2649 m. - Östlicher Berg der guten Hoffnung 2415 m. - Westlicher Berg der guten Hoffnung 2388 m. und Bockkarkopf 2609 m.  -  von links nach rechts]

[Bild: Trettachspitze 2595 m. - Mädelegabel 2645 m. und Hochfrottspitze 2649 m.  -  von links nach rechts]

[Bild: Einödsbach]

Von hier aus besteht die Möglichkeit durch das Bacherloch zum Waltenberger-Haus aufzusteigen – uns zieht es jedoch weiter nach Südwesten, Richtung Rappenseehütte. Von Einödsbach geht es dazu zunächst an einer grasigen Flanke entlang zum Bacherlochbach, den es zu überqueren gilt.

[Bild: Von Einödsbach geht es an einer Grasflanke entlang zum Bacherlochbach]

Anschließend leitet ein guter Bergsteig im Wald weiter aufwärts.

[Bild: Aufstieg im Bergwald]

Aufgrund der massiven Regenfälle der vergangenen Tage ist der Weg teilweise lehmig und rutschig. Dafür sind Markierung und Beschilderung tadellos – Orientierungsschwierigkeiten sollten selbst bei schlimmstem Wetter nicht aufkommen.

[Bild: Auf dem Weg zur Petersalpe]

Nach kurzer Zeit lichtet sich der Bergwald und wir erreichen die grünen Matten der Petersalpe (1296 m.)

[Bild: Bei der Petersalpe]

[Bild: Blick in Richtung Norden]

Neben der Alm geht es in Serpentinen zunächst einen kurzen grasigen Hang hinauf, anschließend leitet der Weg quer in südwestliche Richtung an bewachsenen Hängen entlang.

[Bild: Blick zurück zur Petersalpe 1296 m. - im Hintergrund der Himmelschrofenzug]

Nach einiger Zeit macht der Weg einen Schwenker und leitet unterhalb markanter Felsflanken quer nach links Richtung Osten.

[Bild: Zwischen Petersalpe und Enzianhütte]

[Bild: Grandioser Blick nach Norden in Richtung Alpenvorland]

[Bild: Dunkelheit legt sich über das Allgäu]

Wir überschreiten eine Geländestufe und erreichen – schon fast bei Dunkelheit – im Bereich des „Känzele“ die Enzianhütte (1780 m.) – Diese auf einem begrünten Absatz an den Ausläufern des Linkerskopfes (2459 m.) gelegene private Bergunterkunft bietet Schlafplätze für 113 Personen, ist von Juni bis Mitte Oktober geöffnet und als Zwischenstation auf dem Weg zur Rappenseehütte von großer Bedeutung. Kurz darauf ist Ende im Gelände – zumindest was Tageslicht angeht. Mitte Oktober geht die Sonne nun einmal schneller unter als im Sommer, da lässt sich nichts machen. Und wer zu so einer Jahreszeit von Oberstdorf zur Rappenseehütte wandern will und erst kurz vor 15 Uhr losgeht, der wird unter Garantie nicht im Hellen ankommen. Egal, wir haben ja Stirnlampen – und so folgen wir dem Weg in völliger Dunkelheit an grasigen Flanken entlang in südwestliche Richtung, wobei teilweise steile Schneefelder gequert werden müssen. Im Bereich des Mußkopfes (1968 m.) überschreiten wir eine markante Geländestufe. Über grasige Erhebungen geht es anschließend weiter in östliche Richtung und schließlich erreichen wir pünktlich zur Prime-Time (20:15 Uhr) die Rappenseehütte (2091 m.) – 5,5 Stunden haben wir inklusive aller Pausen gebraucht, angesichts der Dunkelheit und Schneelage im oberen Bereich eine umso mehr zufriedenstellende Zeit.

[Bild: Ankunft bei der Rappenseehütte]

Die Rappenseehütte (2091 m.) ist eine alpine Schutzhütte (Kategorie I) der DAV-Sektion Allgäu-Kempten. Sie befindet sich hoch über dem Rappenalptal auf einer begrünten Höhe, in der Nähe des Rappensees, eingerahmt von Linkerskopf, Rotgundspitze, Hochgundspitze, Rappenseekopf, Hochrappenkopf und Rappenköpfle. Die Hütte verfügt über 189 Lager, 115 Betten und 30 Winterraumlager – damit ist sie die größte Alpenvereinshütte des DAV und der gesamten Alpen („wohl die größte Berghütte überhaupt.“ – Dieter Seibert, AV-Führer Allgäuer Alpen, 18. Auflage) – Die Hütte ist in der Regel von Mitte Juni bis Mitte Oktober geöffnet. Der erste Hüttenbau wurde 1885 errichtet – aufgrund ihrer stetig wachsenden Beliebtheit (u.a. Heilbronner Weg) wurde die Hütte über die Jahrzehnte immer weiter ausgebaut, erweitert und modernisiert – sodass sie heutzutage die größte Berghütte der Alpen ist. Die Rappenseehütte kann über eine Vielzahl an Wegen erreicht werden: Der am häufigsten begangene Zustieg beginnt in Faistenoy und führt über Birgsau, Einödsbach und Enzianhütte zum Ziel (4-5 Stunden). Alternativ kann die Hütte auch von Prenten (Österreich) her durch das Wiesleskar und die Große Steinscharte erreicht werden (4-5 Stunden). Der kürzeste Zustieg ist der von Lechleiten (Österreich) über die Lechleitner Alm und den Mutzentobel (3 Stunden). Eine längere (und stillere) Alternative zum Zustieg von Einödsbach ist der Weg durch das gesamte Rappenalptal, wobei der Aufstieg zur Hütte an der Schwarzen Hütte (Diensthütte) beginnt und von Westen her („Eselweg“ – 5-6 Stunden) zur Hütte führt. Die alpinen Zustiegsmöglichkeiten zur Rappenseehütte sind zum einen der Heilbronner Weg (entweder vom Waltenberger-Haus – 4 Stunden – oder von der Kemptner Hütte – 5-6 Stunden – her) und zum anderen die Route über Biberkopf, Hochrappenkopf und Rappenseekopf, wobei theoretisch keiner dieser drei Berge bestiegen werden „muss“ (dies ist in jedem Fall die ungewöhnlichste, anspruchsvollste und einsamste Art die Rappenseehütte zu erreichen – Vgl. siehe AV-Karte). Abgesehen von den bereits erwähnten Zustiegs- und Hüttenübergangsmöglichkeiten lohnen auch die Übergänge zum Holzgauer Haus (3 Stunden) sowie zur Mindelheimer Hütte (4-5 Stunden). Die Rappenseehütte ist Ausgangspunkt für eine Reihe reizvoller Bergtouren. Neben der Paradetour – dem Heilbronner Weg – bietet sich die Besteigung folgender Gipfel an: Hohes Licht (2651 m. – zweithöchster Berg der Allgäuer Alpen, 1,5-2 Stunden, schroffe Felssteige, markiert)  -  Biberkopf (2599 m. – 2,5 Stunden, bis I, markiert)  -  Rappenseekopf (2469 m. – 1 Stunde, steinige Bergwege, markiert)  -  Hochrappenkopf (2425 m. – 1-1,5 Stunden, steinige Bergwege, teilweise markiert)  -  Rappenköpfle (2276 m. – 45 Minuten, bis III und Steilgras, weglos)  -  Hochgundspitze (2460 m. – 1,5 Stunden, bis II, weglos)  -  Rotgundspitze (2486 m. – 1-1,5 Stunden, bis II, weglos)  -  Linkerskopf (2459 m. – 1,5-2 Stunden ab Enzianhütte, Steilgras, weglos). Die Rappenseehütte ist also wahrlich ein Paradies für (versierte) Gipfelsammler. Abgesehen von den – durchweg ambitionierten Hüttenübergangs- und Gipfelmöglichkeiten – ist die Gegend um die Hütte schlichtweg auch ein absolutes Kleinod, ein Paradies für Entspannung suchende Tagesgäste und Genusswanderer. Inmitten von Grün, an den Ufern der malerischen Rappenseen, umgeben von schroffen Felsgipfeln – was für eine schöne Vorstellung! Die Aussicht auf die auf der anderen Talseite aufragenden Schafalpenköpfe (Mindelheimer Klettersteig) sowie in Richtung Alpenvorland ist ebenfalls sehr eindrucksvoll. Alles in allem ist dies nicht nur die größte AV-Hütte (bzw. gesamten Alpen), sondern auch die wichtigste Berghütte der gesamten Allgäuer Alpen.

Hans Kaiser (DAV-Sektion Heilbronn) schreibt: „[…] an den Wochenenden quellen die Hütten von Besuchern beinahe über.“ – Von all dem Trubel, der hier an Schönwettertagen zwischen Mitte Juli und Mitte September herrscht, ist nun freilich nichts mehr zu spüren – die Umgebung um die Hütte wirkt wie ausgestorben. Der massive Schneefall der vergangenen Tage war das Zeichen, die Saison für dieses Jahr zu beenden. Nachdem wir den Winterraum gefunden haben (sehr schön und gemütlich! – Ofen, Brennholz und jede Menge Geschirr vorhanden – insgesamt sehr üppig ausgestattet, sogar eine Gitarre gibt es!) – machen wir es uns gemütlich, kochen ein „Festmahl“ und freuen uns, dass wir den heutigen langen Zustieg so gut bewältigt haben. Wir sind schon sehr gespannt, wie viel Schnee morgen am Heilbronner Weg liegen wird. Die Wettervorhersage für den morgigen Tag ist grandios – einer Traumtour steht also vermeintlich nichts im Wege!

[Bild: Winterraum der Rappenseehütte]

[Bild: Im sehr gemütlichen Winterraum der Rappenseehütte lässt es sich aushalten]

2. Tag        Rappenseehütte  -  Große Steinscharte  -  Wiesleskar  -  Punkt 2577 m.  -  Kleine Steinscharte  -  Steinschartenkopf  -  Wilder Mann  -  Socktalscharte  -  Bockkarkopf  -  Bockkarscharte  -  Schwarzmilzferner  -  Kemptner Hütte

Ein strahlend blauer Himmel empfängt uns, als wir am Morgen vor die Hütte treten. Zum ersten Mal sehen wir nun auch die Hüttenumgebung bei Tageslicht – eingerahmt von zahlreichen schroffen Felsgipfel, kann die Rappenseehütte eine wahrlich eindrucksvolle Lage ihr Eigen nennen. Was für ein schöner Ort – und dann auch noch so ruhig!

[Bild: Blick zu den Schafalpenköpfen, über die der Mindelheimer Klettersteig verläuft]

[Bild: Rappenköpfle 2276 m.]

[Bild: Rappenseekopf 2469 m.]

[Bild: Winterraum der Rappenseehütte]

[Bild: Blick nach Norden in Richtung Alpenvorland - rechts hinten der Grünten 1738 m. - ganz links der Höchste Schafalpenkopf 2320 m.]

[Bild: Hochrappenkopf 2425 m. und Rappenköpfle 2276 m.]

[Bild: Rappenseekopf 2469 m. und Hochrappenkopf 2425 m.]

[Bild: Die Rappenseehütte 2091 m. wird überragt von der Rotgundspitze 2486 m. (links) und der Hochgundspitze 2460 m. - jenseits der Großen Steinscharte das Hohe Licht 2651 m. - rechts unten der Kleine Rappensee]

[Bild: Hochrappenkopf 2425 m.]

[Bild: Am Morgen bei der Rappenseehütte - links die Rotgundspitze 2486 m. und rechts die Hochgundspitze 2460 m. - dazwischen die Große Steinscharte 2262 m.]

[Bild: Hochrappenkopf 2425 m.]

Gegen viertel nach 8 machen wir uns schließlich auf den Weg. Jenseits unseres ersten Zwischenzieles – der Großen Steinscharte – erkennen wir die tiefverschneite und eisige Nordwestflanke des Hohen Lichtes. Na, das kann ja was werden. Von der Rappenseehütte folgen wir einer Spur zunächst über mäßig steile Schneehänge (grüne Matten) in östliche Richtung.

[Bild: Blick zurück zur Rappenseehütte 2091 m. - im Hintergrund rechts der Bildmitte die Schafalpenköpfe, über die der Mindelheimer Klettersteig führt]

Weiter oben geht es an der linken Seite eines kleinen Tales zwischen Rotgundspitze und Hochgundspitze an gerölligen Flanken entlang zur Großen Steinscharte (2262 m.)

[Bild: Kurz vor der Großen Steinscharte - rechts das Hohe Licht 2651 m.]

Tipp: Die Scharte ist Ausgangspunkt für eine Besteigung der Rotgundspitze (2486 m.) – Wir setzen unterdessen den Zustieg zum Heilbronner Weg fort und folgen den Markierungen quer über die verschneiten Geröllböden des oberen Wiesleskares in Richtung der Nordwestflanke des Hohen Lichtes.

[Bild: Im Wiesleskar - rechts das Hohe Licht 2651 m. - links der Wilde Mann 2578 m.]

Über einige felsige Erhebungen, zuletzt leicht abfallend, nähern wir uns einer markanten Geröllschneise, die vom Bergkörper des Hohen Lichtes herabzieht.

[Bild: Auf dem Weg zur Nordwestflanke des Hohen Lichtes - ganz links der Steinschartenkopf 2615 m.]

[Bild: Hochgundspitze 2460 m. - Rappenseekopf 2469 m. und Biberkopf 2599 m.  -  von rechts nach links]

[Bild: Am Beginn der Nordwestflanke des Hohen Lichtes]

Im Folgenden geht es sehr (!) anstrengend und mühsam über die von lockerem Pulverschnee bedeckte Geröllschneise bergauf – mit den normalen Anforderungen des Heilbronner Weges (das wird uns nun bewusst) wird das heute nicht viel zu tun haben!

[Bild: Über ein Gemisch aus Lockerschutt und Pulverschnee geht es sehr mühsam bergauf in Richtung der Felsen]

Oberhalb leiten die Markierungen nach rechts und auf ansteigenden Bändern (Drahtseil) sowie durch eine Rinne geht es weiter aufwärts. Der Schnee bereitet uns unterdessen massive Probleme – weniger was die technischen Anforderungen angeht, sondern vielmehr bezogen auf seine Beschaffenheit. Bei jedem Schritt sinken wir mindestens bis zum Knie, sehr häufig sogar bis zum Bauch (!) ein. Da wir uns vielfach regelrecht „durchwühlen“ müssen, kostet uns das Ganze enorm viel Kraft und Anstrengung.

[Bild: Nur ab und zu sind die Markierungen erkennbar]

[Bild: Teilweise sind die Drahtseile unter Schnee begraben]

[Bild: Gewaltige Schneemengen in der Nordwestflanke des Hohen Lichtes]

Ein Stück weiter oben können wir schließlich keinerlei Markierungen mehr ausmachen.

[Bild: In der Nordwestflanke des Hohen Lichtes]

Leicht desorientiert und frustriert von den schlechten Verhältnissen steigen wir durch eine steile Firnrinne in direkter Linie bergauf, oberhalb erkennen wir – nur gut 100 Höhenmeter entfernt – das Gipfelkreuz des Hohen Lichtes, doch extrem steile und vereiste Felsen verhindern einen direkten und weglosen Aufstieg zum zweithöchsten Allgäuer Gipfel.

[Bild: Hier ist Endstation für uns]

Wieder unten erkennen wir, dass wir uns an der Abzweigung – Heilbronner Weg-Hohes Licht befinden. Für das Hohe Licht hätten wir auf Bändern und Schuttflächen die Westflanke quer nach rechts zum Südwestgrat hin queren müssen. Angesichts der Schneemengen (und mit Blick auf die Uhr) wissen wir, dass das diesmal nicht drin ist. Nachdem nach diesem Verhauer alle Orientierungsprobleme beseitigt sind, machen wir uns auf in Richtung Heilbronner Törl – nun beginnt der Heilbronner Weg. Wir queren zunächst eine Firnflanke nach links in nordöstliche Richtung. Nach kurzer Zeit geht es ein paar Meter in der eisigen Nordwestflanke bergauf (Drahtseil).

[Bild: Am Beginn des Heilbronner Weges - links der Wilde Mann 2578 m.]

[Bild: In der Nordwestflanke des Hohen Lichtes - Neuschnee und vereiste Felsen erschweren massiv das Vorankommen]

[Bild: Ohne Drahtseile wäre der Heilbronner Weg noch deutlich schwieriger, als er es bei diesen Bedingungen ohnehin schon ist]

Schließlich folgen wir einem markanten Felsband zum Heilbronner Törl, einem engen Felsentor, durch das alle Begeher des Heilbronner Weges hindurch müssen – auf dem Weg dorthin sinke ich mehrmals bis zur Brust (!) im Schnee ein.

[Bild: Blick zum Heilbronner Törl]

[Bild: Heilbronner Weg - Mitte Oktober 2013]

[Bild: Hohes Licht 2651 m.]

Kurz nach dem Heilbronner Törl passiert uns der zweite Verhauer des heutigen Tages. Erneut können wir keine Markierungen ausmachen und erneut versuchen wir es mit einem Aufstieg anstatt mit einer Querung. In leichter Kletterei (II-/teilweise vereister Fels) besteige ich den zwischen Kleiner Steinscharte (2541 m.) und Hohem Licht (2651 m.) gelegenen Punkt (2577 m.)

[Bild: Aufstieg zum Punkt 2577 m.]

[Bild: Auf dem Gipfel des Punktes (2577 m.) - links der Wilde Mann (2578 m.) - rechts in der Ferne die Pyramide des Hochvogels 2592 m.]

In wenigen Minuten stehe ich auf dem höchsten Punkt, blicke vom Gipfelgrat zur gegenüber liegenden Eisenleiter am Steinschartenkopf (2615 m.), fluche und gehe zurück zu Dominik, der sich schwerer tut und nicht bis zum höchsten Punkt aufsteigt.

[Bild: Blick zum Hohen Licht 2651 m.]

[Bild: Wilde Impressionen - rechts die eisige Nordwestflanke des Hohen Lichtes]

Rasch geht es wieder abwärts und ich frage mich, warum mir nicht sofort klar geworden ist, dass es hier nie im Leben hochgehen kann – angesichts der widrigen Bedingungen, die einen  irgendwann in gewissem Maße abstumpfen lassen, aber vielleicht auch gar nicht so unverständlich. Was soll’s – einen weiteren (wenn auch namenlosen und höchst unscheinbaren) Gipfel im Tourenbuch.

[Bild: Abstieg vom Punkt 2577 m.]

Nach dieser kleinen Exkursion machen wir uns – nun auch wieder auf der richtigen Route – auf den Weg zur Kleinen Steinscharte. Dazu queren wir zunächst eine steile Firnflanke nach links (teilweise vereise Felsplatten). Nachdem wir einige steile und anspruchsvolle Firnrinnen überquert haben, leiten die nun wieder sichtbaren Markierungen schräg nach rechts über Platten bergauf in die sonnenbeschienene Kleine Steinscharte (2541 m.)

[Bild: Anspruchsvolles, kombiniertes Gelände - im Hintergrund der Steinschartenkopf 2615 m.]

[Bild: Kurz vor der Kleinen Steinscharte]

Dort angekommen, bietet sich uns ein überraschender (und befreiender) Blick in die Lechtaler Alpen.

[Bild: Blick in Richtung Zentralalpen - links der Große Krottenkopf 2656 m.]

[Bild: Blick in die Lechtaler Alpen]

Nun auf der anderen Seite des Hauptkammes, geht es auf einem luftigen Band (Drahtseil) unterhalb der plattigen Gratschneide rasch weiter zum klettersteigtechnischen Highlight des Heilbronner Weges – der berühmten Eisenleiter.

[Bild: Auf einem Band geht es weiter zur Eisenleiter - rechts der Große Krottenkopf 2656 m.]

Über diese steigen wir zügig empor zum höchsten Punkt der gesamten Höhenroute – dem Gipfel des Steinschartenkopfes (2615 m.)

[Bild: Aufstieg zum Steinschartenkopf]

Die Aussicht von diesem sechsthöchsten Berg der Allgäuer Alpen ist weit und grandios. Ich bin angesichts der uns umgebenden, tief-verschneiten Weiten der Allgäuer- und Lechtaler Alpen für einen Moment sprachlos! – kurzzeitig komme ich mir vor wie in einem Traum.

[Bild: Auf dem Steinschartenkopf 2615 m. - im Hintergrund der zweithöchste Berg der Allgäuer Alpen, das Hohe Licht 2651 m.]

Doch dann holt mich die Realität wieder ein. Wir dürfen uns keine lange Pause gönnen, wir müssen weiter – denn der Weg zur Kemptner Hütte ist noch sehr weit! Wir überschreiten den Gipfel und folgen dem Grat auf der anderen Seite ein Stück bergab.

[Bild: Blick zum Wilden Mann 2578 m.]

[Bild: Tiefblick ins Wiesleskar - links hinten der markante Biberkopf 2599 m.]

In stark felsigem und vereistem Gelände (teilweise abschüssig) steigen wir vorsichtig weiter abwärts und queren anschließend eine verschneite Felsflanke in nördliche Richtung.

[Bild: Blick zurück über den Abstiegsweg vom Steinschartenkopf]

[Bild: In der Flanke zwischen Steinschartenkopf und Wildem Mann - rechts unten die Socktalscharte 2446 m. mit dem darüber aufragenden Bockkarkopf 2609 m.]

Den unmittelbar links über uns aufragenden Wilden Mann (2578 m.) nehme ich aber natürlich trotzdem mit – wenn auch für Hohes Licht und Mädelegabel keine Zeit bleibt, die paar Höhenmeter sind in jedem Fall drin. Und so steigen wir über einen firnbedeckten Geröllhang in wenigen Minuten bergauf zum Gipfelgrat.

[Bild: Aufstieg zum Wilden Mann]

Während Dominik sich das letzte Gratstück spart, steige ich über die – etwas luftige – Schneide in wenigen Minuten zum höchsten Punkt. Mit dem Wilden Mann (2578 m.) habe ich damit bereits den dritten Gipfel des Tages bestiegen. Wie schon vom Steinschartenkopf ist die Aussicht auch diesmal äußerst eindrucksvoll, wenn auch nicht mehr so überraschend und befreiend wie zuvor.

[Bild: Auf dem Wilden Mann 2578 m.]

[Bild: Blick zum Bockkarkopf 2609 m. - darüber die Hochfrottspitze 2649 m. sowie links daneben die Trettachspitze 2595 m. - rechts der Große Krottenkopf 2656 m.]

[Bild: Blick vom Wilden Mann 2578 m. zum Steinschartenkopf 2615 m. - rechts das Hohe Licht 2651 m. - links die Lechtaler Alpen]

[Bild: Blick in Richtung Zentralalpen - rechts die Lechtaler Alpen]

[Bild: Tiefblick ins Wiesleskar - die elegante Pyramide ist der Biberkopf 2599 m.]

Wieder bei Dominik, steigen wir über den schneebedeckten Geröllhang abwärts und queren anschließend im Firn nach links zum Grat. Auf diesem, später auf einem teilweise ausgesetzten Felsband (Drahtseil), geht es bergab in die Socktalscharte (2446 m.) – über der sich unser nächstes Ziel – der Bockkarkopf (2609 m.) – aufbaut.

[Bild: Auf dem Weg in die Socktalscharte]

[Bild: Bockkarkopf 2609 m.]

Von der Socktalscharte aus besteht die Möglichkeit, durch das Hintere Bockkar zum Waltenberger-Haus abzusteigen (1 Stunde) und so den Heilbronner Weg abzubrechen bzw. zu verkürzen. Für uns kommt das natürlich nicht in Frage – unser Ziel ist die Kemptner Hütte und so machen wir uns zunächst auf in Richtung Bockkarkopf. Von der Scharte geht es – den Markierungen folgend – über eine plattige Felsflanke (leichte Kraxelei, Drahtseile) bergauf zu einem Geröllhang.

[Bild: Den Drahtseilen folgend, geht es über den plattigen Grat bergauf]

Über diesen steigen wir hinauf zum Grat, welchem wir daraufhin Richtung Gipfel folgen.

[Bild: Über Geröll und Schutt geht es unschwierig bergauf]

[Bild: Blick in Richtung Zentral- und Lechtaler Alpen]

Nach einem kurzen Zwischenabstieg leiten die Markierungen (teilweise ausgesetzt) erneut nach links auf die schattige Nordseite und mit Hilfe von Drahtseilen geht es in einem Bogen über ansteigende Felsbänder um den Bergkörper herum, wobei uns erneut große Schneemengen zu schaffen machen.

[Bild: Schroffes, vereistes Gelände - Drahtseile entschärfen die Abschüssigkeit]

[Bild: Aufstieg zum Bockkarkopf]

[Bild: Impressionen vom Heilbronner Weg bei winterlichen Verhältnissen - unten ist unsere Spur erkennbar - im Hintergrund der Wilde Mann 2578 m.]

[Bild: Trettachspitze 2595 m. - der steilste und eleganteste Felsberg der Allgäuer Alpen]

[Bild: Freier Blick nach Norden]

Oberhalb der Abbrüche ins Hintere Bockkar geht es schließlich über ein paar leichte Felsstufen und schneebedeckte Geröllflanken wieder auf den Grat.

[Bild: Über den Grat geht es weiter in Richtung Gipfel - links Trettachspitze 2595 m. und Hochfrottspitze 2649 m.]

[Bild: Auf dem Heilbronner Weg, im Herzen der Allgäuer Alpen]

Kurz darauf stehen wir auf dem Bockkarkopf (2609 m.) – dem vierten und letzten Gipfel des heutigen Tages. Während wir uns auf Steinschartenkopf und Wildem Mann jeweils nur gut 5 Minuten aufgehalten haben, dehnen wir diese Gipfelrast etwas aus. Eine gute Viertelstunde verbringen wir auf dem Bockkarkopf und lassen die uns umgebenden Bergwelten der Allgäuer- und Lechtaler Alpen in Ruhe auf uns wirken.

[Bild: Trettachspitze 2595 m. - Mädelegabel 2645 m. und Hochfrottspitze 2649 m. (von links nach rechts) - rechts der Große Krottenkopf 2656 m.]

[Bild: Auf dem Bockkarkopf 2609 m. - links das Hohe Licht 2651 m.]

[Bild: Blick in Richtung Lechtaler Alpen]

[Bild: Auf dem Bockkarkopf 2609 m. - links Trettachspitze, Mädelegabel und Hochfrottspitze]

[Bild: War doch gar nicht so schwer, oder - links Mädelegabel 2645 und Hochfrottspitze 2649 m. - neben meinem rechten Bein der Große Krottenkopf 2656 m.]

Schließlich machen wir uns wieder auf den Weg – immer noch ist es ein gutes Stück zur Kemptner Hütte. Vom Gipfel des Bockkarkopfes geht es zunächst über den eisigen Nordostgrat (Drahtseile) ein Stück bergab. Kurzzeitig verlieren wir erneut die Markierung aus den Augen, steigen fälschlicherweise ein Stück zu weit nach links Richtung Vorderes Bockkar ab, können unseren Fehler jedoch schnell wieder korrigieren. Bei solch harten Bedingungen ist selbst die Wegfindung auf einer der am besten markierten Höhenrouten der gesamten Ostalpen eine große Herausforderung, vor allem wenn man die Gegend noch nicht kennt! Im Folgenden steigen wir über den Grat, ein paar felsige Erhebungen überschreitend, weiter abwärts. Ein markantes Band (Drahtseil) – unterhalb von Überhängen – vermittelt den Weiterweg. Zuletzt geht es über den durchgehend versicherten Grat sanft abwärts in die Bockkarscharte (2504 m.) – über der sich die imposante Hochfrottspitze (2649 m.), einer der ganz großen Berge der Allgäuer Alpen, in den Himmel erhebt.

[Bild: Abstieg in die Bockkarscharte - links die wuchtige Hochfrottspitze 2649 m. - rechts der Große Krottenkopf 2656 m.]

Tipp: Der sehr lohnenswerte, jedoch anspruchsvolle Südwestgrat (Stelle II+/III-, ansonsten II und I, steile und brüchige Schrofen, sehr selten begangen) beginnt knapp oberhalb der Scharte. Für uns ist dieser Grat heute natürlich kein Thema, wir sind froh, wenn wir endlich in der Kemptner Hütte ankommen. Immerhin – mit dem Erreichen der Bockkarscharte (Abstieg durch das Vordere Bockkar zum Waltenberger-Haus möglich) haben wir praktisch alle technischen Schwierigkeiten der heutigen Tour bewältigt. Der Heilbronner Weg endet (beginnt) an der Bockkarscharte, insofern haben wir den Kern der Tour schon einmal geschafft. Nun steht uns nur noch ein langer Hatscher bevor.

[Bild: Wegweiser in der Bockkarscharte]

Die Aussicht in Richtung Lechtaler- und Zentralalpen ist unterdessen nach wie vor großartig! 2,5 Stunden sind es laut Wegweiser noch bis zur Kemptner Hütte – mal sehen!

[Bild: Blick in die Lechtaler Alpen - rechts das Hohe Licht 2651 m.]

Von der Bockkarscharte folgen wir einem guten Bergsteig an Schrofenhängen entlang zum Schwarzmilzferner. Dieses ganzjährig mit Schnee gefüllte Hochkar unterhalb von Hochfrottspitze und Mädelegabel gilt es zu überqueren.

[Bild: Schwarzmilzferner - im Hochsommer ist dies ein ausgeapertes, teilweise von schmutzigem Geröll bedecktes Firnfeld - links die Mädelegabel 2645 m.]

[Bild: Lechtaler Alpen]

Von dessen Nordostende (Besteigung der Mädelegabel 2644 m. – vierthöchster Berg der Allgäuer Alpen – möglich) geht es anschließend über felsige Schrofenhänge und Gletscherschliffe abwärts zu den ebenen Flächen der „Schwarzen Milz“ (im Sommer laden hier grüne Wiesenflächen und sogar ein kleiner See zum verweilen ein).

[Bild: Abstieg zur Schwarzen Milz - im Hintergrund der Kratzer 2428 m. (im Schatten) sowie die grandiose Pyramide des Großen Krottenkopfes 2656 m.]

[Bild: Blick zum berühmtesten Steilgrasberg der Allgäuer Alpen, der Höfats 2258 m. - links in der Ferne der Große Daumen 2280 m.]

Über schneebedeckte Erhebungen (mittlerweile gibt es sogar eine Spur – offensichtlich hat jemand vor kurzem die Route vom Waltenberger-Haus zur Kemptner Hütte bewältigt) geht es weiter in östliche Richtung, wobei es zunehmend dunkel wird.

[Bild: Deutlich ist der weitere Wegverlauf unterhalb des Kratzers (2428 m.) zu erkennen]

Schließlich haben wir noch einmal einen fantastischen Blick zurück zur eleganten Trettachspitze (2595 m.) – Auch dieses „Matterhorn der Allgäuer Alpen“ steht auf meiner To-do-Liste. Irgendwann in den kommenden 2-3 Jahren will ich da rauf!

[Bild: Mädelegabel 2645 m. und Trettachspitze 2595 m.]

Schließlich senkt sich Dunkelheit über die Welt. Unterhalb der Felsruinen des Kratzers (2428 m.) folgen wir dem teilweise erdigen Weg an begrünten Geröll- und Schrofenhängen entlang immer weiter in östliche Richtung. Währenddessen stoßen wir auf die größte Steinbockherde, die wir beide jemals gesehen haben. Es müssen gut und gerne 40 Tiere sein. Erst als wir uns ihnen unmittelbar nähern, machen sie uns den Weg frei. Die haben wohl auch nicht damit gerechnet, dass um diese Zeit hier noch jemand vorbei kommt! Offenbar haben sie hier im Bereich des Kratzers (welcher sehr selten bestiegen wird, vom Weg über steile Geröll- und Grashänge – teilweise I – zu erreichen) eines ihrer bevorzugten Reviere.

[Bild: Allgäuer Hauptkamm]

Ein Stück oberhalb (südwestlich) vom Unteren Mädelejoch (es ist mittlerweile stockfinster) wenden wir uns schließlich nach links und steigen über grasige Schrofenhänge bergab. Zwar verlieren wir Anfangs Weg und Markierung immer wieder aus den Augen, langsam aber sicher wird der Schnee jedoch weniger. Nach einiger Zeit leitet der Weg über grüne Matten („Nachtböden“) geradeaus in nördliche Richtung und schließlich erreichen wir gegen 20 Uhr endlich unser Ziel – die Kemptner Hütte (1844 m.) – Inklusive aller Pausen und Verhauer haben wir bei den Bedingungen heute knapp 11,5 Stunden gebraucht.

Die Kemptner Hütte (1844 m.) ist eine alpine Schutzhütte (Kategorie I) der DAV-Sektion Allgäu-Kempten. Sie befindet sich auf Wiesenböden nordöstlich des Kratzers (2428 m.) – oberhalb des Sperrbachtobels. Die Hütte verfügt über 190 Lager, 100 Betten und 26 Winterraumlager – damit ist sie eine der größten Alpenvereinshütten des DAV und der gesamten Alpen. Die Hütte ist in der Regel von Mitte Juni bis Mitte Oktober geöffnet. Der erste Hüttenbau wurde 1891 errichtet – aufgrund ihrer stetig wachsenden Beliebtheit (u.a. Heilbronner Weg und E5) wurde die Hütte über die Jahrzehnte immer weiter ausgebaut, erweitert und modernisiert – sodass heutzutage etwa 300 Menschen in der Kemptner Hütte übernachten können. Erreicht werden kann die Hütte entweder aus dem Lechtal von Holzgau her (3,5-4 Stunden) oder – klassischerweise – von Norden, von Oberstdorf bzw. Spielmannsau her (2,5-3 bzw. 3,5-4 Stunden). Abgesehen davon kann die Kemptner Hütte auch von zahlreichen anderen Hütten aus erreicht werden: Waltenberger-Haus (3,5 Stunden) und Rappenseehütte (5-6 Stunden – Heilbronner Weg), Prinz-Luitpold-Haus (9-10 Stunden), Edmund-Probst-Haus (9-10 Stunden), Hermann-von-Barth-Hütte (4 Stunden) und Kaufbeurer Haus (9-10 Stunden) sind mögliche Ausgangs-/Zielpunkte für Wanderer und Bergsteiger. Die Kemptner Hütte liegt sowohl auf dem Europäischen Fernwanderweg E5, als auch auf der Via Alpina – damit ist sie auch ein bedeutendes Etappenziel für Weitwanderer. Neben der wohl berühmtesten Allgäu-Tour – dem Heilbronner Weg – kann die Hütte auch mit den bereits erwähnten Hüttenübergangsoptionen auftrumpfen, die jedoch allesamt relativ anspruchsvoll und teils ziemlich lang sind. Doch nicht nur Weitwanderer kommen bei der Kemptner Hütte auf ihre Kosten, ist sie doch Ausgangspunkt für eine Reihe großartiger Bergtouren. Es bietet sich die Besteigung folgender Gipfel an: Kratzer (2428 m. – 2 Stunden, steile Gras- und Geröllflanken, teils I, weglos)  -  Muttlerkopf (2368 m. – 1,5 Stunden, markierte Bergsteige)  -  Öfnerspitze (2576 m. – 2-2,5 Stunden, II-III und viele steile Schrofen von Westen über „Schaferloch“ oder I und brüchiges Gestein aus dem Öfnerkar, weglos)  -  Fürschießer (2271 m. – 1,5 Stunden, erst markierte Steige, zuletzt wegloses Gelände)  -  Krottenspitze (2551 m. – 2,5 Stunden, leichtester Anstieg über „Schaferloch“ und Scharte zwischen Krottenspitzen und Öfnerspitze, I-II, weglos, zahlreiche schwierige Kletterrouten – z.B. Krummer Turm 2477 m. oder die gesamte Gratüberschreitung IV)  -  Hornbachspitze (2533 m. – 2,5 Stunden, über Öfnerkar, Geröll und felsige Grate, weglos)  -  Großer Krottenkopf (2656 m. – höchster Berg der Allgäuer Alpen, 3 Stunden, markierte Bergsteige, Geröll, Schrofen und schuttbedeckte Felsplatten – alternativ der Nordgrat, bis III, erreichbar aus dem Öfnerkar). Weitere Gipfel, die von der Kemptner Hütte aus erreichbar sind, sind z.B. die Ramstallspitze (2533 m.) – der Strahlkopf (2388 m.) – das Rothorn (2393 m. – auch Rothornspitze) – die Jöchelspitze (2226 m.) sowie dutzende weitere Berge in der Hornbachkette sowie in Richtung Edmund-Probst-Haus bzw. Prinz-Luitpold-Haus. Allerdings ist der überwiegende Teil dieser Gipfel nur weglos zu erreichen (siehe AV-Führer Allgäuer Alpen) und daher entsprechend ernsthaft. Die Kemptner Hütte ist also nicht nur ein Traumziel für – ambitionierte – Bergsteiger und Gipfelsammler, sie teilt sich auch zusammen mit Rappenseehütte und Waltenberger-Haus den berühmten Heilbronner Weg, die absolute Königstour der Allgäuer Alpen. Zudem ist sie als erstes Etappenziel des E5 (zwischen Oberstdorf und Memminger Hütte, Lechtaler Alpen) sowie als Stützpunkt auf der Via Alpina von elementarer Bedeutung für die Weitwanderer. Aber auch Tagesgäste und Genusswanderer werden an der eindrucksvollen Hüttenumgebung (tolle Aussicht auf Kratzer, Krottenspitzen, Öfnerspitze und Muttlerkopf!) ihre Freude haben. Die Kemptner Hütte ist eine der größten und bedeutendsten Berghütten des DAV, ein jederzeit lohnendes Ziel – Heilbronner Weg, E5, Via Alpina und Großer Krottenkopf rufen!

Nachdem wir nach einigem Suchen schließlich den Winterraum finden (1. Stock – Einstieg über eine Leiter), stellen wir überrascht und erfreut fest, dass wir diesen Abend nicht alleine verbringen werden.

[Bild: Eingang des Winterraumes]

Neben zwei Kletterern, die morgen im Bereich der Krottenspitzen bzw. Öfnerspitze eine Route begehen wollen (ein konkretes Ziel haben sie seltsamerweise noch nicht), treffen wir im Winterraum noch auf eine etwas größere Gruppe, die heute über das Waltenberger-Haus und die Schwarze Milz die Kemptner Hütte erreicht hat (Danke für die schöne Spur!) – das morgige Ziel ist unterdessen die Hermann-von-Barth-Hütte (2129 m.) in der Hornbachkette, wobei eventuell auch der Große Krottenkopf (2656 m.) bestiegen werden soll. Nur allzu gerne würde ich mich ihnen anschließen, aber im Gegensatz zu den anderen müssen wir schließlich morgen wieder zurück nach Oberstdorf. Gemeinsam verbringen wir einen schönen Abend, unterhalten uns über vergangene Touren und genießen die urige Atmosphäre des Winterraums der Kemptner Hütte.

3. Tag        Kemptner Hütte  -  Sperrbachtobel  -  Trettachtal  -  Spielmannsau  -  Oberstdorf

Auch am nächsten Morgen empfängt uns blauer Himmel als wir vor die Hütte treten.

[Bild: Kratzer 2428 m. - ein äußerst eindrucksvoller Berg und dennoch sehr selten bestiegen]

[Bild: Kemptner Hütte 1844 m.]

[Bild: Muttlerkopf 2368 m. - Öfnerspitze 2576 m. und Krottenspitzen  -  von rechts nach links  ]

[Bild: Winterraum der Kemptner Hütte]

Tatsächlich bin ich ein wenig traurig, dass wir heute schon wieder nach Oberstdorf zurück müssen – allerdings merke ich, dass mir die Strapazen des gestrigen Tages (den Großteil der Spurarbeit hatte ich erledigt) doch ganz massiv in den Knochen stecken. Lust auf den Großen Krottenkopf hätte ich schon, aber irgendwie fehlt mir die Frische. Dominik möchte sowieso absteigen, von daher konkretisieren sich mögliche Gipfelüberlegungen erst gar nicht. Gegen viertel vor 10 machen wir uns schließlich an den Abstieg. Von der Kemptner Hütte steigen wir zunächst auf gutem Bergweg über grasbewachsene Flanken in einem Bogen abwärts und überqueren kurz darauf den Sperrbach.

[Bild: Von der Kemptner Hütte geht es bergab zum Sperrbach]

Rechts oberhalb des Baches leitet der Weg anschließend in nordwestliche Richtung hinab in den Sperrbachtobel.

[Bild: Am Beginn des Sperrbachtobels]

In dieser wilden, von gewaltigen Steilflanken eingerahmten Schlucht geht es an der rechten Seite auf einem schroffen Felsensteig (Drahtseile – teilweise abschüssiges Geröll, bei Nässe rutschig!) unterhalb steiler Wände bergab.

[Bild: Im Sperrbachtobel]

[Bild: Vorsicht ist bei Nässe im Sperrbachtobel immer angebracht]

Weiter unten wird das Tal langsam breiter.

[Bild: Blick zurück durch den Sperrbachtobel zum Muttlerkopf 2368 m.]

[Bild: Am unteren Ende des Sperrbachtobels]

An zunehmend bewachsenen Flanken leitet der Steig schließlich abwärts in die Schlucht und wir müssen den Sperrbach erneut überqueren – wobei die Brücke offenbar abgebaut wurde (vermutlich damit sie über den Winter nicht weggerissen wird). Auf der anderen Seite geht es erneut ein kurzes Stück bergauf zum „Knie“ (1381 m.) – einem schönen Aussichtspunkt.

[Bild: Blick vom „Knie“ zum Himmelschrofenzug - es ist unverkennbar Herbst geworden]

Nach einer kleinen Pause setzen wir den Abstieg fort. Wir folgen dem Weg über bewachsene Flanken erneut bergab zum Sperrbach, wobei sich die Überquerung (ohne Brücke) diesmal etwas abenteuerlich gestaltet.

[Bild: Sperrbach]

Auf der anderen Seite geht es auf gutem Bergweg in einen Wald („Breitenwald“) und in diesem in nördliche Richtung.

[Bild: Sanft abfallend leitet der Weg durch den Bergwald ins Trettachtal]

Wir befinden uns nun im Trettachtal, welches von der Trettach durchflossen wird.

[Bild: Herbst in den Allgäuer Alpen]

Nach einiger Zeit wird aus dem Bergweg im Bereich der Talstation der Materialseilbahn (der Kemptner Hütte) eine schottrige Fahrstraße. Nun sind es noch etwa 9 Kilometer bis zu unserem Auto. Über weite, landschaftlich sehr schöne Wiesenflächen und durch lichte Wälder geht es entspannt (wenn auch etwas zäh) über Spielmannsau (toller Blick zurück zur Trettachspitze!) nach Oberstdorf.

[Bild: Spielmannsau im Trettachtal]

[Bild: Blick zurück zur Trettachspitze 2595 m.]

[Bild: Auf dem Weg zurück nach Oberstdorf]

Inklusive aller Pausen haben wir von der Kemptner Hütte bis zum Parkplatz an der Nebelhornbahn 3,5 Stunden gebraucht.

[Bild: Wieder zurück in Oberstdorf]

Henrich Bauregger schreibt über den Heilbronner Weg, dass an schönen Tagen  „mit einem Verkehrsaufkommen von bis zu 400 Begehern gerechnet werden“ muss (Heinrich Bauregger – Die schönsten Klettersteige zwischen Berchtesgaden und Allgäu). Und Dieter Seibert bezeichnet ihn schlicht als „außergewöhnlich beliebt“ (Dieter Seibert – Alpenvereinsführer Allgäuer Alpen, 18. Auflage). Nun, beide haben natürlich Recht – wer an einem wolkenlosen Sonntag im August oder September die Eisenleiter am Steinschartenkopf emporsteigt, wird unter Garantie das darauf folgende Gipfelglück mit anderen Bergsteigern teilen müssen. Wer den Heilbronner Weg aber außerhalb der Saison, vielleicht sogar unter der Woche und dann ggf. auch noch bei etwas härteren Wegverhältnissen geht, wird die Tour (mit etwas Glück) ganz für sich alleine haben. Sicherlich waren in unserem Fall die Bedingungen – vor allem zwischen Wiesleskar und Kleiner Steinscharte – echt grenzwertig. Im Rückblick neigt man sehr häufig dazu, letztlich erfolgreich absolvierte Bergtouren zu „glorifizieren“ – und ja, es war alles in allem eine landschaftlich herausragend schöne Tour! Nichtsdestotrotz gab es Momente in der Nordwestflanke des Hohen Lichtes, wo ich kurz vor der völligen Frustration und Verzweiflung stand (es ist einfach extrem bitter, alle paar Schritte bis zur Brust in „bodenlosen“ Schnee einzusinken). Ich persönlich weiß nun, dass es keine Schande ist, eine vorgenommene Tour aufgrund widriger Verhältnisse aufzugeben und eine alternative Tour anzugehen (in unserem Fall hätten sich zahlreiche tolle Gipfel rund um die Rappenseehütte als Ausweichoption angeboten). Trotzdem bin ich auch stolz, dass wir uns durchgebissen und nicht aufgegeben haben, dass wir eine anspruchsvolle Höhenroute bei sehr schwierigen Bedingungen erfolgreich bewältigt haben – rückblickend fällt die Bewertung der Tour daher ambivalent aus. Logischerweise spiegelt dieser Bericht nicht die „normalen“ Anforderungen und Eigenschaften der gesamten Tour wieder – haben wir doch weder Rappensee- und Kemptner Hütte von innen kennengelernt (nur die Winterräume), Hohes Licht und Mädelegabel nicht bestiegen, zwischen Einödsbach und Kemptner Hütte keinen einzigen Menschen getroffen und zudem den Heilbronner Weg sowie die umliegenden Weiten der Allgäuer- und Lechtaler Alpen bei höchst winterlichen Verhältnissen erlebt. Trotz der Strapazen und Mühen gibt es einige Momente während der Tour, die ich nicht missen möchte und die sich mir ins Gedächtnis eingebrannt haben. Dazu zählen zum einen die Gipfelrast auf dem Steinschartenkopf (was für ein befreiendes Gefühl!) – die Gipfelrast auf dem Bockkarkopf und der Moment kurz nach Verlassen der Bockkarscharte – allesamt großartige Augenblicke! An dieser Stelle auch ein großes Lob an Dominik! – der nicht nur den Ofen im Winterraum der Rappenseehütte stets perfekt unter Kontrolle hatte, sondern die Tour auch insgesamt exzellent gemeistert hat, Chapeau! Alles in allem ist der Heilbronner Weg sicherlich einer der eindrucksvollsten Höhenwege der Nördlichen Kalkalpen. Man kann sagen was man will, aber diese Königstour der Allgäuer Alpen gehört in das Tourenbuch eines jeden Bergsteigers! Die landschaftlichen Eindrücke, die man während dieser direkt über den Allgäuer Hauptkamm führenden Höhenroute erlebt, sind wahrlich vom feinsten! Schlicht und ergreifend – ein zeitloser Klassiker!

[Bild: Zwischen Bockkarscharte und Schwarzmilzferner - Blick in Richtung Lechtaler- und Zentralalpen]

 

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