2010 – Habicht (3277 m.)  +  Kleine Kalkwand (2547 m.)

stefanmitterer.de



Schwierigkeit:   PD-  oder  WS-   (T4-  oder  W4-)

Charakter:  Der Hogerwurde aufgrund seiner imposanten Gestalt lange für den höchsten Berg Tirols gehalten. Heutzutage gilt er als einer der mächtigsten und eindrucksvollsten Berge der Stubaier Alpen  -  wenn nicht gar der Zentralalpen. Der Aufstieg erfolgt über einen markierten, alpinen Steig in steilem, stark felsigem Gelände. Drahtseile erleichtern an den schierigsten Stellen den Aufstieg. Vielfach ist leichte Kletterei (Schwierigkeitsgrad I.) gefordert. Trittsicherheit, Schwindelfreiheit und ein Mindestmaß alpiner Erfahrung werden ebenfalls verlangt. Der Habichtferner ist spaltenfrei. Aufgrund seiner isolierten Lage hat man vom Gipfel ein wirklich fantastisches Panorama. Insgesamt eine der klassischen und schönsten 3000er Bergtouren in den österreichischen Ostalpen! Die Kleine Kalkwand wird in der Regel über den sogenannten Übungsklettersteig bestiegen. Der Aufstieg von Osten her verlangt nicht ganz einfache Schrofenkletterei bis zum Schwierigkeitsgrad I+ und ist bei Nässe oder Vereisung deutlich anspruchsvoller. Vom Gipfel hat man bei schönem Wetter eine grandiose Aussicht auf den imposanten Gipfel des Habichts.

Gefahren:  Bei Schnee, Vereisung oder Nebel wird der  -  bei guten Verhältnissen relativ einfache  -  Weg heikel und gefährlich. Alpine Erfahrung, Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sind in jedem Fall notwendig. Der Habichtferner bricht Richtung Osten steil in die Tiefe ab! Wer jedoch bei guten Weg - und Wetterverhältnissen den markierten Steig nicht verlässt und die Anforderungen beherrscht, sollte kaum Probleme bekommen. Die Kleine Kalkwand kann relativ leicht bestiegen werden  -  dennoch kann der Aufstieg bei Schneelage/Vereisung oder Nässe ziemlich heikel werden. Ebenso sollte (beim weglosen Aufstieg von Osten) der Umgang mit lockerem Geröll geläufig sein. Alpine Erfahrung ist auch hier unbedingt erforderlich.


27. Juli - 29. Juli 2010

Drei-Tages-Tour in die Stubaier Alpen zur Innsbrucker Hütte (2369 m.) mit Besteigung der Kleinen Kalkwand (2547 m.) sowie des Habichts (3277 m.) - Aufstieg zur Innsbrucker Hütte von der Karalm.

Privat organisierte Tour zusammen mit meiner Großmutter Ingeborg Graef

[Bild: Habicht 3277 m. von Nordosten  -  vom Pinnistal aus gesehen]

1. Tag        Karalm  -  Pinnisjoch  -  Innsbrucker Hütte  -  Kleine Kalkwand  -  Innsbrucker Hütte

Ausgangspunkt ist Neder bei Neustift im Stubaital, unweit von Innsbruck. Im Nordosten mache ich Schlicker Seespitze (2804 m.) und Große Ochsenwand (2700 m.) aus. Auf die Große Ochsenwand führt ein toller Klettersteig. Wir nutzen ein Sammeltaxi, das uns zur Karalm (1747 m.) bringt. Dadurch sparen wir etwa 750 Höhenmeter. Im Osten erkenne ich die Serles (2717 m.)

[Bild : Serles]

Neuschnee liegt am Gipfel, was bedeutet, dass auch der Habicht oben weiß sein wird. Ich vermute das, denn im Pinnistal liegt dichter Nebel und die Gipfel sind nicht sichtbar. Das Sammeltaxi bringt uns zunächst zur Issenangeralm (1366 m.) und weiter zur Pinnisalm (1560 m.)  -  Natürlich kann man auch hier aussteigen und von hier zu Fuß weiter gehen, wir fahren aber noch 200 Höhenmeter weiter hinauf. Zwischen Pinnisalm und Karalm führt nach links ein recht anspruchsvoller Pfad, genannt "Jubiläumssteig" zur Kirchdachspitze (2840 m.)  -  Ein wunderschöner, dolomiten-ähnlicher Berg. Daneben befindet sich die etwas niedrigere Ilmspitze (2692 m.) durch dessen Nord-Westwand extrem schwierige Kletterrouten führen. Auch wir sehen diese gigantische, senkrechte Felsmauer und sind zu tiefst beeindruckt.

[Bild : Ilmspitze Nord-Westwand]

Neben uns fließt der Pinnisbach friedlich zu Tal und langsam kommt unser richtiger Startpunkt in Sicht, die Karalm. Sowohl von der Karalm, als auch von der Pinnisalm kann man den sogenannten "Panoramaweg" zur Elferhütte (2004 m.) oder den schwierigen Klettersteig (Schwierigkeit D) auf die Elferspitze (2505 m.) gehen.

Auch als wir an der Karalm ankommen, ist der Nebel nicht weniger geworden. Der Weg zur Innsbrucker Hütte ist jedoch immer gut markiert und nicht schwer, weshalb ich auch keine Bedenken habe.

Von der Karalm führt der Weg zunächst sanft ansteigend an der linken Talseite, an den "Bockschrofen" vorbei Richtung Süden. Das Pinnistal ist ein wunderschönes grünes Tal, daran kann auch der Nebel nichts ändern. Neben dem Weg liegen überall große Felsblöcke, die irgendwann einmal aus der Ilmspitze Nord-Westwand gebrochen sein müssen.

Ich war gespannt wie meine Oma gehen würde, doch es scheint alles zu passen und wir kommen gut voran. Wir erreichen die Alfairgrube und queren einen kleinen Bach. Der weitere, gut markierte und relativ leichte Weg führt an Grashängen im Rechtsbogen bergauf.

[Bild: auf dem Weg zur Innsbrucker Hütte - im Hintergrund links der Habicht]

Wir erblicken eine Gämse und treffen eine kleine Schafherde. Die letzten 100 Höhenmeter zum Pinnisjoch führen schräg am Hang entlang. Von hier haben wir einen tollen Ausblick auf das Pinnistal, die Pinnisalm und die Karalm, auf Serles und Kirchdachspitze.

[Bild: Ilmspitze im Nebel]

Im Pinnisjoch hat man (bei gutem Wetter) eine fantastische Aussicht auf die Tribulaune, auf die Feuersteine und den Habicht. Im Süd-Osten hängt dicker Nebel, weswegen wir uns auch nicht auf die Bank setzen um die Aussicht zu genießen, sondern suchen im Nebel nach der Hütte, welche nur 100 Meter vom Joch entfernt ist. Wir haben die Innsbrucker Hütte und damit unser erstes Etappenziel erreicht.

[Bild: Blick ins Pinnistal  -  lmspitze, Kirchdachspitze und Serles - von rechts]

Die Innsbrucker Hütte ist eine große, gemütliche Hütte, die durch ihre besondere Lage und gute Erreichbarkeit häufig überfüllt ist. Da wir jedoch unter der Woche kommen und das Wetter nicht besonders toll ist, sind nicht allzu viele Menschen da. Wir belegen unser Zimmer und stärken uns erstmal mit einer warmen Suppe.

Am Nachmittag haben wir uns als Ziel die Kalkwand, den Hausberg der Innsbrucker Hütte gesetzt. Zwar sind die Berge immer noch durch Nebel verhüllt, trotzdem wollen wir uns diesen Gipfel schnappen. Von der Hütte geht es zunächst zum Pinnisjoch zurück und anschließend Richtung Osten weiter. Der markierte Steig führt über Geröll und quert zunächst die Nordwestflanke des Berges. Er ist zwar nicht schwierig, trotzdem sollte man zumindest trittsicher sein. Schließlich erkennen wir im Nebel einen Berg mit Kreuz. Das muss die Kalkwand sein. Sie ist zwar kein bekannter Berg, aber dafür sehr beeindruckend.

[Bild: Kleine Kalkwand]

Über einen mühseligen Geröllweg geht es in Serpentinen aufwärts. In einer Scharte angelangt, sind wir nicht sicher, wo wir hin gehen sollen. Da sich der Berg mit Kreuz rechts befindet, wenden wir uns nach Westen. Wir studieren die Karte. Es ist kein anderer Gipfel im Umkreis mit Kreuz eingetragen, als die Kalkwand. Nach links führt der Weg weiter in Richtung des Ilmspitz-Klettersteig. Irgendwann komme ich noch einmal zur Innsbruckerhütte und dann werde ich diesen Klettersteig machen, der von Klettersteig-Papst Eugen Hüsler ja so hoch gelobt wurde.

[Bild: Kalkwand]

Wir wenden uns also nach rechts. Schnell wird mir jedoch klar, dass etwas nicht stimmen kann. Es ist kein Weg vorhanden. Vor uns befindet sich nur ein ausgesetzter Grat. Mangels Alternativen wenden wir uns diesem Grat zu. Ich gehe jeweils voraus und suche einen passablen Weg, der  stets heikel am Grat entlang führt. Eine Kletterstelle I+ muss bezwungen werden, ehe wir im Nebel auf dem Gipfel stehen. An dieser Stelle muss ich meiner Oma ein großes Lob ausstellen und mich auch ein bisschen entschuldigen, dass wir uns so quälen mussten.

Oben angekommen, bin ich ein wenig traurig, da der Nebel uns die Sicht vermiest. Normalerweise hätte man von hier einen fantastischen Ausblick auf den Habicht. Uns hält es jedoch nicht lange am Gipfel.

[Bild: Auf dem Gipfel der Kleinen Kalkwand 2547 m.]

Der Abstieg ist nicht weniger mühselig. Da wir keine Lust haben über den ausgesetzten Grat zurück zu gehen, versuchen wir uns an einer Art Geröll-Rinne in Richtung Norden. Wir schaffen es zwar auch hinunter  -  aber ein Genuss ist es nicht, da der Boden verdammt rutschig ist. Die Rinne mündet etwas unterhalb der Ausgangsscharte. Wir sind heilfroh, dass wir es unbeschadet wieder auf den normalen Weg geschafft haben. Kurz vor der Hütte hole ich noch einmal die Karte raus. Und nun wird mir bewusst, was schief gelaufen ist. Wir waren nicht auf der Kalkwand. Wir haben ihren Nachbargipfel, die Kleine Kalkwand (2547 m.) bezwungen. Normalerweise erreicht man diese nur über den Übungsklettersteig von Südwesten her. Wir haben sozusagen einen komplett neuen und nicht empfehlenswerten Weg über den Ostgrat auf die Kleine Kalkwand gefunden.

[Bild: Innsbrucker Hütte 2369 m.]

Als wir wieder bei der Hütte ankommen stellen wir fest, dass die Tagesgäste mittlerweile wieder abgestiegen und jetzt die Bergsteiger unter sich sind. Eine Gruppe will morgen genau wie ich auf den Habicht und bespricht den morgigen Tag. Eine andere Gruppe kommt von der Bremerhütte. Sie sind den bekannten Stubaier Höhenweg gegangen. Meine Oma unterdessen bespricht mit mir den morgigen Tag. Ich werde früh aufstehen und Richtung Gipfel starten. Meine Oma wird ausschlafen und mir nach dem Frühstück langsam entgegen kommen. Als wir die Planung abgeschlossen haben, genießen wir das ausgezeichnete Essen der Innsbruckerhütte. Ich gehe aber recht früh ins Bett, da der morgige Tag anstrengend zu werden verspricht.

2. Tag        Innsbrucker Hütte  -  Habicht  -  Innsbrucker Hütte

Als ich aus dem Fenster schaue, sehe ich nichts außer grauem, trüben Nebel. Die Prognose für diesen Tag ist allerdings relativ gut, weshalb ich mich auch vorbereite und um etwa 5:45 Uhr starte. Hinter der Hütte steht ein Wegweiser, der mich auf den richtigen Weg bringt.

Warnung!  -  Bei normalen Verhältnissen bzw. Bedingungen ist die Besteigung des Habichts nicht schwer. Ein trittsicherer Bergwanderer wird den Gipfel relativ sicher erreichen. Findet man allerdings wie ich Neuschnee, Vereisung oder Nebel vor, werden die Verhältnisse sofort hoch-alpin und anspruchsvoll. 

[Bild: Wegweiser]

Von der Hütte führt ein markierter Steig zunächst Richtung Westen. Zwar behindert der Nebel meine Sicht, ich komme aber gut voran. Auf dem Weg sehe ich mehrmals Gedenktafeln für verunglückte Bergsteiger, was nicht wirklich optimistisch stimmt. Je weiter ich komme, desto alpiner wird der Steig. Neben dem Nebel machen mir nun auch Neuschnee und Vereisung zu schaffen. Ich hatte es am vorherigen Tag ja vermutet. Noch ist es nicht problematisch. Aber je höher ich jedoch komme, desto schwieriger wird es die Markierungen auszumachen. Drahtseile entschärfen immerhin die schwierigsten Felspassagen.

[Bild: Neuschnee und Vereisung + Nebel = deutlich schwierigere Bedingungen]

Ich bin der Erste, der an diesem Tag versucht den Gipfel zu erklimmen und vermutlich auch der Erste seit 2-3 Tagen. Über Blockgelände und Platten steige ich routiniert und sicher weiter. Doch es passiert genau das, was ich vermeiden wollte. Ich versteige mich. Anstatt rechts über die Blockflanke aufzusteigen, versuche ich es links. Nach 10 Minuten wird mir jedoch klar, dass ich wohl kaum auf dem richtigen Weg sein kann. Aber als ich das erkenne, ist es zu spät um umzukehren, da ich den Rückweg auch nicht ausmachen kann. Mir bleibt nur die Flucht nach oben. Durch eine 50° steile Rinne kämpfe ich mich nach oben, wobei 40 cm. Neuschnee und rutschiger Untergrund, bzw. bröckeliger Fels die Sache deutlich erschweren. Wie hieß es im Ratgeber: "Der Steig führt über Felsplatten und hohe Blockflanken, in denen Nässe, Vereisung oder Neuschnee sofort recht anspruchsvolle, hochalpine Verhältnisse schaffen ..."  Kann ich nur zustimmen. Bergwanderer mit schwachen Nerven sollten bei Verhältnissen wie ich sie vorfand nicht aufsteigen. Als ich die heikle Rinne hinter mich gebracht habe (wobei ich froh bin, dass ich meinen Eispickel dabei habe), befinde ich mich auf etwa 3000 Meter Höhe und zudem fast wieder auf dem Normalweg. Zur linken erkenne ich den Vorgipfel des Habichts. Nach kurzer Zeit befinde ich mich auf Höhe des harmlosen und spaltenfreien Habichtferners.

[Bild: Blick auf den Gipfel des Habicht  -  davor der Habichtferner]

Es ist im Grunde kein richtiger Gletscher, eher ein großes Firnfeld. Ich steige über den Grat ein Stück weiter und überquere den Mini-Gletscher in Richtung Hauptgipfel. Plötzlich reißen die Wolken auf und ich blicke auf ein Wolkenmeer unter mir. Zwar habe ich keine Sicht auf das, was unterhalb von 3000 Meter Höhe passiert, dennoch war allein diese Aussicht die Mühen auf jeden Fall wert. Hier begehe ich jedoch den zweiten Schnitzer. Anstatt links in der Flanke des Habichts aufzusteigen, wage ich mich an den Ostgrat, da er mir objektiv sicherer erscheint. Im Rechtsbogen steige ich am Rand des Habichtferners aufwärts, bis ich mich auf dem Ostgrat befinde. Doch auch hier wird mir schnell klar, dass ich mich erneut im Weg geirrt habe. Ich steige dennoch vorsichtig über den nur 1,5 Meter breiten Grat Richtung Gipfel, der immer näher kommt. 

[Bild: Ostgrat des Habicht]

Der Blick nach rechts in die Nord-Westflanke des Habichts erzeugt jede Menge Schauer. Über 1000 Meter ist diese Steilflanke hoch. Die Ostgrat-Variante des Gipfelaufstiegs ist zwar umständlicher, jedoch eigentlich nicht falsch. Wer trittsicher, schwindelfrei und erfahren ist, wird am kurzen Ostgrat viel Freude finden. Eine Kletterstelle (Schwierigkeitsgrad II.) muss bezwungen werden. Mit Sicherheit ist dieser Anstieg, bei den Bedingungen wie ich sie habe, ein fantastisch hochalpiner, nicht allzu schwieriger Gratanstieg. Kurz vor dem Gipfel erkenne ich zur Linken Drahtseile. Ich weiche nach links aus und gehe die letzten 25 Höhenmeter wieder den Normalweg. Gegen 10:00 Uhr stehe ich schließlich nach 4 Stunden auf dem Gipfel des 3277 Meter hohen Habichts.

[Bild: Gipfelfoto]

Normalerweise braucht man für den Aufstieg 3 Stunden. Die schwierigen Verhältnisse und die Tatsache, dass ich mich einmal bzw. eigentlich zweimal verstiegen habe und mir den Weg komplett selbst suchen musste, haben dies verhindert. Die Aussicht vom Gipfel ist atemberaubend: Freie Sicht nach allen Seiten.

[Bild: Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein]

Im weiten Umkreis gibt es keinen höherer Berg als den Habicht. Kein Wunder, dass er lange als höchster Berg von ganz Tirol galt. Im Süden erkenne ich die Spitze des mächtigen Pflerscher Tribulaun (3097 m.) und weit dahinter mache ich die Dolomiten aus (zumindest den Langkofel kann ich erkennen)  -  Im Westen grüßen die anderen großen Stubaier Berge herüber:  Ruderhofspitze (3474 m.) - Schrankogel (3497 m.) - Feuersteine (3267 m.) - Wilder Freiger (3418 m.) und das Zuckerhütl (3507 m.)

[Bild: Stubaier Alpen - in der Mitte der Wilde Freiger 3418 m.  -  ganz rechts das Zuckerhütl 3507 m.]

[Bild: Wilder Pfaff 3458 m.  -  Zuckerhütl 3507 m.  -  und Pfaffenschneide 3498 m.  -  von links]

[Bild: Ruderhofspitze 3474 m.  -  Schrankogel 3497 m.  -  Westliche Seespitze 3354 m. und Östliche Seespitze 3416 m.  -  von links]

Im Westen erkenne ich die Zillertaler Alpen. Auf dem geräumigen Gipfel ist sehr viel Platz. Ich lehne mich ans Kreuz und genieße die Aussicht. Einsames Glück! Nach etwa 10 Minuten am Gipfel erkenne ich einen kleinen, schwarzen Punkt auf dem Ostgrat. Es ist ein anderer Bergsteiger, der meinen Spuren folgt und in Richtung Gipfel strebt. Nach kurzer Zeit steht er gemeinsam mit mir auf dem Gipfel. Klar, alleine auf einem Gipfel stehen, das hat schon was. Aber gemeinsam mit jemand anderem die Freude zu teilen, ist vielleicht noch schöner. Sein Name ist Benni Klose. Wir plaudern ein bisschen und tauschen uns aus. Nach einer halben Stunde am Gipfel entschließen wir uns gemeinsam wieder abzusteigen.

[Bild: Blick auf den Habichtferner  -  vom Gipfel aus gesehen]

Als wir den Habichtferner überquert haben und ein Stück abgestiegen sind, lichtet sich der Nebel. Nach und nach wird die Sicht freier. Das dies gewisse Vorteile mit sich bringt, wird mir schnell klar.

Unterwegs treffen wir auf eine größere Gruppe, die das schlechte Wetter offensichtlich in der Hütte abgewartet hat und nun Richtung Gipfel strebt. Wir steigen sehr schnell ab. Über steile Geröllflanken geht es immer weiter abwärts.

[Bild: Benni Klose]

Ein paar Drahtseile erleichtern den Abstieg. Wir treffen eine zweite Gruppe, bestehend nur aus älteren Herren aus England. Es ist eine lustige Truppe. Sie erklären uns, dass sie in etwa 3 Wochen den Stubaier Höhenweg gehen wollen und dabei alle großen und wichtigen 3000er besteigen wollen. Es ist ziemlich komisch, Engländer "Schrankogel" oder "Wilder Freiger" sagen zu hören :)

[Bild: Die vierköpfige englische Gruppe sowie mein Bergsteiger-Freund Benni Klose]

Auch sie wollen noch auf den Gipfel, sagen aber, dass sie ihn nicht um jeden Preis bezwingen wollen und wahrscheinlich wieder umkehren werden. Nun kommt auch die Innsbruckerhütte wieder in Sicht und der Blick ins Gschnitztal ist zum ersten Mal komplett frei.

[Bild: Innsbrucker Hütte]

Wir gehen den Weg zurück und erreichen gegen 13:00 Uhr die Hütte. Ich bin froh, dass schließlich alles gut gegangen ist. In der Hütte wartet bereits meine Oma. Sie erzählt mir, dass sie bis zum Rand des Habichtferners aufgestiegen ist, dort aber umgekehrt ist. Ich bin tief beeindruckt, dass sie es so weit geschafft hat. Zwar ist sie bei deutlich besseren Sichtverhältnissen gegangen als ich, dennoch ist ihre Leistung fantastisch.

[Bild: meine Sektion war anscheinend auch schon einmal hier]

Mein Gipfel-Freund Benni sitzt mit uns gemeinsam am Tisch und plaudert ein bisschen mit meiner Oma. Er muss leider heute noch nach Gschnitz absteigen. Ich bin ziemlich froh den Tag gemütlich in der Hütte ausklingen zu lassen und erst morgen absteigen zu müssen. Wir tauschen E-mail Adressen und vielleicht kommt es irgendwann wieder zu einer gemeinsamen Tour. Ansonsten steht diesen Nachmittag nichts mehr an.

[Bild: Blick auf die Tribulaune:  Schwarze Wand 2917 m.  -  Gschnitzer Tribulaun 2946 m.  -  Pflerscher Tribulaun 3097 m.  -  von links]

Ich entspanne mich und genieße das Erreichte: Die Besteigung des Habichts.

3. Tag        Innsbrucker Hütte  -  Pinnisjoch  -  Karalm

Heute steht der Abstieg zur Karalm auf dem Programm.

[Bild: Noch einmal ein schönes Bild von der Innsbrucker Hütte 2369 m.]

Wir steigen natürlich den gleichen Weg wie am ersten Tag hinunter. Das Wetter ist mittelmäßig. Es regnet zwar nicht und Nebel gibt es auch nicht, aber es ist dennoch kein besonders schöner Tag. Den Habicht im Rücken, Kalkwand, Ilmspitze und Kirchdachspitze zur Rechten steigen wir auf gut markiertem Weg bergab.

[Bild: Blick auf den Habicht beim Abstieg]

Wir sind beide froh als die Karalm in Reichweite kommt, da bei meiner Oma erste Ermüdungserscheinungen auftreten und mein rechtes Knie schmerzt, da mir beim Aufstieg zum Habicht eine Steinplatte auf eben jenes gefallen ist. Gemeinsam mit einem Italiener und seiner Tochter erreichen wir die Karalm.

[Bild: Karalm]

Als das Sammeltaxi den Weg zur Alm herauf gefahren kommt, schiebt sich heimlich still und leise der Nebel wieder in das Pinnistal. Wir verstauen unsere Rucksäcke im Taxi, steigen ein und wollen einen letzten Blick auf den Habicht werfen. Er ist im Nebel verschwunden [...]

 [Bild: Kalkwand (links) und Kleine Kalkwand]

 

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