2009 – Großvenediger (3666 m.)  +  Keeskogel (3291 m.)

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Schwierigkeit:   Großvenediger:   PD  oder  WS   /   Keeskogel:   F  oder  L

Charakter:  Der Großvenediger, die „weltalte Majestät“, ist der stark vergletscherte Hautgipfel der Venedigergruppe in den Hohen Tauern, der fünfthöchste Berg Österreichs und einer der schönsten Gletscherberge der Alpen. Auch wenn Routen aus nahezu allen Richtungen auf den Gipfel führen, ist die Nordroute von der Kürsingerhütte der schönste und landschaftlich eindrucksvollste Weg. Bei gutem Wetter ist dies eine relativ leichte Gletschertour. Man wird kaum Probleme mit den Spalten bekommen, wenn man in der normalerweise immer vorhandenen Spur bleibt. Dennoch verlangt diese Tour vollständige Gletscherausrüstung und (bei einer kleinen Gruppe) das sichere Beherrschen der Spaltenbergungstechniken. Technisch ist dieser Berg wenig schwierig, dennoch ist alpine Erfahrung unbedingt notwendig. Aufgrund seiner herausragenden Stellung innerhalb der Ost - bzw. Zentralalpen besitzt der Großvenediger ein großes Prestige. Zudem ist er das Sehnsuchtsziel vieler Alpinisten und von nahezu allen Gipfel der Nördlichen Kalkalpen deutlich erkennbar. Auf der anderen Seite hat man von seinem Gipfel eine wirklich fantastische Aussicht  -  bei der man weite Teile der Ostalpen überblickt.   Keeskogel: Von der Kürsinger Hütte markierter Steig  -  teilweise über Blockgelände. Trittsicherheit ist unbedingt notwendig. Teilweise müssen leichte Kletterstellen (Schwierigkeitsgrad I.) bewältigt werden. Vom Gipfel hat man eine atemberaubende Sicht auf den Großvenediger.

Gefahren:  Das Obersulzbachkees ist ein weitläufiger Gletscher mit vielen versteckten Spalten. Bei dieser Tour sollte man unbedingt am Seil gehen und in der Spur bleiben. Das Beherrschen mindestens einer Spaltenbergungstechnik ist obligatorisch. Bei Nebel und Verlust der Spur kann die Orientierung rasch zum Problem werden. Die Gipfelwechte kann abbrechen, deswegen sollte man den Gipfel spätestens am frühen Nachmittag wieder verlassen haben. Der luftige Firngrat zum Gipfel ist heikel und verlangt perfekteTrittsicherheit und Schwindelfreiheit. Bei gutem Wetter jedoch kaum objektive Gefahren. Wer die relativ geringen sicher Schwierigkeiten beherrscht, wird keine Probleme bekommen.


6. August - 8. August 2009

Drei-Tages-Tour in die Venedigergruppe (Hohe Tauern) zur Kürsinger Hütte (2558 m.) mit Besteigung des Großvenedigers (3666 m.) sowie des Keeskogels (3291 m.)

Organisiert von Michael Kraus und durchgeführt im Rahmen einer „DAV-Sektion Karpaten – Alpingruppe Adonis-Tour“  (7 Teilnehmer)

[Bild : Der Großvenediger 3666 m. von Norden  -  vom Normalweg des Keeskogels aus gesehen]

[Bild: Großvenediger 3666 m. mit Obersulzbachkees  -  links der Kleinvenediger 3470 m.]

1. Tag        Parkplatz Hopffeldboden  -  Postalm  -  Oberer Keesboden  -  Kürsingerhütte

Wir starten vom Parkplatz Hopffeldboden (1090 m.)  -  oberhalb von Neukirchen am Großvenediger. Man kann auch mit einem Sammeltaxi bis zum Oberen Keesboden (1940 m.) fahren. Wir sind jedoch taff und gehen die ganzen fast 1500 Höhenmeter zu Fuß. Auf breiter Straße, auf der sowohl die Sammeltaxis als auch die Autos fahren, die die Berndlalm beliefern, steigen wir etwa 400 Höhenmeter auf, bis wir die Berndlalm erreichen.

[Bild : Großer Geiger - gesehen vom Obersulzbachtal - auf dem Weg zur Kürsinger Hütte]

Wir machen eine kurze Pause bei der Berndlalm und genießen die Aussicht auf den Großen Geiger (3360 m.)  -  einen der schönsten und markantesten Berge der Hohen Tauern, sowie auf die Schlieferspitze (3289 m.)  und ihre Trabanten. Ewig können wir jedoch nicht bleiben, wir müssen ja noch über 1000 Höhenmeter aufwärts. Den folgenden Weg kann man im Grunde als Straße bezeichnen. Bis zum Oberen Keesboden ist der Weg mehrere Meter breit. Es sind viele Menschen unterwegs, was aufgrund des unglaublich guten Wetters aber auch nicht verwunderlich ist. Einige Zeit lang geht es nur gerade aus, langsam steigt der Weg an und wir passieren die Schütthof Alm (1629 m.)   -  die Hofrat-Keller Hütte, die Aschamalm sowie die Postalm (1699 m.)  -  Bis zum Oberen Keesboden  (1940 m.) ist der Weg kinderleicht. Blumenwiesen, grüne Bäume und der Obersulzbach prägen das Landschaftsbild. Zudem münden sowohl von links, als auch von rechst andere kleine Bergbäche in den Obersulzbach, welche von den vielen Gletschern gespeist werden. Ab dem Oberen Keesboden (1940 m.) wird der Weg alpiner. Hier kommt auch kein Auto mehr hin.

[Bild: Aufstieg zur Kürsingerhütte]

An der Keeslahnerwand geht es noch etwa 600 Höhenmeter entlang Richtung Hütte, während der Große Geiger ständig zur Rechten ist. Der Weg ist gut markiert und führt manchmal über Geröll und Felsplatten  -  Kletterkenntnisse sind aber nicht gefragt. Zudem erleichtern ein paar Drahtseile und eine Holzbrücke den Weg. Nach insgesamt 6 Stunden Gehzeit erreichen wir die Kürsinger Hütte, eine der ältesten und schönstgelegenen Schutzhütten der Ostalpen! Unser Tagesziel ist erreicht.  

[Bild : Kürsinger Hütte und Großer Geiger]

Die Hütte ist sehr gemütlich. Man merkt dass hier die Bergsteiger gerne hinkommen. Man spürt die Historie dieser Hütte in der Luft. Der Aufenthaltsraum (Essensraum) sowie die Terrasse, auf der man Großvenediger, Großer Geiger und Schlieferspitze, sowie die Spitze der Dreiherrenspitze beobachten kann, sind große Klasse. Nachdem wir ein leckeres Abendessen genossen und noch ein paar Fotos gemacht haben, gehen wir früh in`s Bett, da wir morgen früh raus müssen - morgen ist Gipfeltag!

[Bild: Großvenediger 3666 m. von der Kürsingerhütte]

2. Tag        Kürsingerhütte  -  Obersulzbachkees  -  Venedigerscharte  -  Großvenediger  -  Venedigerscharte  -  Obersulzbachkees  -  Kürsingerhütte 

Der Großvenediger ruft!

Um 5 Uhr stehen wir bereit vor der Tür und machen uns auf den Weg Richtung Obersulzbachkees. Wir folgen dem gut markiertem Weg 902 über Geröll und genießen den Sonnenaufgang.

[Bild: Blick zum Großvenediger 3666 m. und zum zerklüfteten Obersulzbachkees]

Nach etwa 1 Stunde geht es wieder über Geröll bergab und wir sehen in eine Art Mulde vor dem Gletscher, wo bereits andere Gruppen sind und sich für den Gletschergang bereit machen. Dort wollen wir ebenfalls hin.

[Bild: Gletschermulde / Anseilplatz  -  wo die Venediger-Anwärter den Gletscher betretten]

[Bild: Großvenediger mit Nordgrat  -  davor das zerklüftete Obersulzbachkees  -  links der Kleinvenediger]

Als wir die Mulde erreichen gehen wir ans Seil, legen die Steigeisen an und beginnen den Aufstieg über den Gletscher. Der Anblick des Großvenedigers ist einfach atemberaubend, so nah ist er uns. Gut zu erkennen ist der Nordgrat, über den ein anderer schwieriger Anstieg auf den Gipfel führt. Eine Voraussetzung für den Aufstieg zum Großvenediger ist gutes Wetter (was wir haben).

[Bild: Aufstieg über das Obersulzbachkees Richtung Venedigerscharte - links der Kleinvenediger 3470 m.]

Nebel kann man sich auf dem weitläufigen Gletscher nicht erlauben. Zudem sollte man hier IMMER am Seil gehen, da es hier und vor allem oben in der Venedigerscharte viele, große Spalten gibt. Wir haben Glück. Das Wetter ist perfekt und wir kommen zügig voran.

[Bild : auf dem Obersulzbachkees  -  von links: Keeskogel, Bachmayrspitze, Schwarzes Hörndl, Pillewizer]

Je näher wir der Venediger-Scharte kommen, desto steiler wird das Gelände. Teilweise ist es bis zu 35° steil.

[Bild: Aufstieg zur Venedigerscharte]

[Bild : gewaltige Wechte des Großvenedigers]

Als wir die Venedigerscharte (3407 m.) erreicht haben offenbart sich uns ein fantastisches Panorama. Neben Rainerhorn (3560 m.) und Schwarzer Wand (3511 m.)  erblicken wir einen anderen Giganten der Alpen am Horizont.

[Bild : Der König von Österreich - der Großglockner 3798 m.]

In der Scharte machen wir keine Pause, sondern gehen direkt weiter Richtung Gipfel  -  immerhin haben wir noch 250 Höhenmeter vor uns. Vorsichtig auf Spalten achtend, kommen wir uns vor wie auf einem Rummelplatz. Unglaublich viele Menschen sind unterwegs. Dies liegt zum einen daran, dass es ein wirklich fantastischer Tag ist und zum anderen daran, dass der Großvenediger ein relativ leicht zu besteigender Berg ist und es drei gleich schwierige Zugangsmöglichkeiten zur Venedigerscharte gibt. Dort treffen sich die Bergsteiger von der Kürsingerhütte, von der Neuen Prager Hütte (2796 m.)  sowie vom Defregger Haus (2962 m.)  Der Großvenediger gehört zu den bekanntesten und am häufigsten bestiegenden Gletscherbergen in den Ostalpen  -  Wir gehen ruhig und entspannt, Schritt für Schritt weiter Richtung Gipfel. Schließlich trennt uns nur noch ein luftiger, schmaler Firngrat vom Gipfel. Stolpern wäre hier nicht ratsam und Gegenverkehr ist ebenfalls lästig. Wir bringen diese heikle Passage aber sicher hinter uns und stehen schließlich auf dem Gipfel des Großvenediger (3666 m.)

[Bild : Auf dem Gipfel]

Wir feiern unseren Gipfelerfolg, wobei es sehr, sehr kalt ist. Wir genießen die irre Aussicht und sehen uns satt. Der Großvenediger ist zweifelsfrei einer der 10 schönsten Aussichtsberge Österreichs.

[Bild : Auf dem Gipfelgrat]

Nach einer ausgiebigen Gipfelrast machen wir uns schließlich auf und gehen den schmalen Gipfelgrat zurück in die Scharte.

[Bild : auf dem Gipfelgrat, im Hintergrund der Großglockner]

Wir suchen uns einen sicheren, windgeschützten Platz und genießen 15 Minuten lang die Aussicht, bevor wir wieder über das Obersulzbachkees absteigen. Der Großglockner grüßt zu uns herüber, während wir uns ausruhen. Nachdem wir 15 Minuten lang Pause gemacht haben, kehren wir über unseren Aufstiegsweg zur Hütte zurück. Wir gehen routiniert und sicher, sind sehr schnell und erreichen zügig den Gletscherrand, ohne dabei zu vergessen die Aussicht zu genießen.

[Bild: Abstieg vom Großvenediger - rechts der Keeskogel 3291 m.]

Ich schaue zurück zum Großvenediger und freue mich über unseren tollen Gipfelerfolg.

Als wir am frühen Nachmittag die Hütte erreichen sind wir ein wenig müde, aber ansonsten voller Glück. Wir haben den Großvenediger bezwungen. 

[Bild : Großer Geiger 3360 m.]

Wir genießen unser wohl verdientes Mittagessen und verbringen den Nachmittag damit zu entspannen, Fotos zu machen und den morgigen Tag zu planen. Am Abend genießen wir noch ein tolles Abendessen und gehen früh, aber zufrieden ins Bett.

3. Tag        Kürsingerhütte  -  Keeskogel  -  Kürsingerhütte  -  Türkische Zeltstadt  -  Oberer Keesboden  -  Parkplatz Hopffeldboden

Heute steht der Keeskogel, ein nördlich vom Großvenediger gelegener 3000er, auf dem Programm. Zudem müssen wir noch zum Oberen Keesboden absteigen (wir haben uns entschlossen, uns beim Abstieg mit dem Taxi zum Parklatz fahren zu lassen)

[Bild: Der Große Geiger 3360 m. wird umgeben vom Obersulzbachkees  -  rechts der Hintere Maurerkeeskopf 3311 m.]

Früh am Morgen steigen wir also in nordöstlicher Richtung aufwärts. Der Weg führt gut markiert über Geröll. Unterwegs entdecken wir Steinböcke, sowie eine Miniausgabe des in England liegenden "stonehenge".

[Bild : Steinböcke am Keeskogel]

Je weiter wir gehen, desto steiler wird der Weg. Bei den letzten etwa 150 Höhenmetern hat man die Wahl : Entweder man steigt rechts über Geröll, oder links über ein Firnfeld bergauf. Ich empfehle den Aufstieg über das Geröll bzw. den Abstieg über das Firnfeld. Trittsicherheit und Bergerfahrung sind hier obligatorisch.

[Bild : Weg zum Keeskogel]

Nach insgesamt etwa 2,5 Stunden stehen wir auf dem Gipfel des Keeskogel.

[Bild: Auf dem Gipfel des Keeskogel]

Wir genießen die Aussicht auf den Großvenediger und machen es uns auf dem weitläufigen Gipfel bequem.

[Bild: Blick zum Obersulzbachkees  -  im Hintergrund die Simonyspitzen 3481 m. sowie die Dreiherrnspitze 3499 m.  -  rechts das Sonntagskees]

[Bild: Blick vom Gipfel des Keeskogel zum Großvenediger 3666 m. und zum Obersulzbachkees, das sich vom Kleinvenediger 3470 m. bis zum Krimmler Törl 2787 m. hinzieht]

Doch jede schöne Zeit hat einmal ein Ende, wir müssen ja noch zum Auto. Und so machen wir uns auf den Weg zurück zur Kürsinger Hütte. Diesmal gehen wir über das Firnfeld hinunter, was schneller geht als über den Grat. Der Weg auf den Keeskogel ist nicht immer ganz leicht zu finden und auch nicht ganz leicht von der Schwierigkeit her, doch für den Bergerfahrenen kein Problem. An der Hütte angekommen, entschließen wir uns nicht den gleichen Weg hinunter zu gehen wie am ersten Tag. Wir gehen den Weg 914 zum Gletschersee hinunter, welcher schwieriger (Drahtseile, manchmal ausgesetzt ...)  -  aber auch abwechslungsreicher ist als der Normalweg. Der Große Geiger grüßt uns zum Abschied.

[Bild : Großer Geiger, Gletschersee]

Unten angekommen, überqueren wir eine Brücke, die uns über den wilden Gletscherabfluss führt. Wir gehen ein Stück weiter und kommen an ein Schild wo wir lesen, dass nach links ein Weg Richtung Großer Geiger führt. Ich weiß sofort, dass ich nicht das letzte Mal hier war. Wir gehen den gut markierten, einfachen Weg weiter und kommen nach etwa 2 Stunden am Oberen Keesboden an. Dort lassen wir uns von einem Taxi zurück zum Parkplatz fahren und gehen noch einmal im Kopf die ganze Tour durch. Es waren 3 magische Tage. Der Großvenediger ist ein wirklich fantastischer Berg. Vielleicht der schönste Gletscherberg der Ostalpen.

Ich blicke zurück. Der Großer Geiger verschwindet um die Ecke.

[Bild : auf dem Weg zum Keeskogel]

 

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